Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.978/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_978/2014

Urteil vom 27. März 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Ausserschwyz.

Gegenstand
Kombinierte Beistandschaft,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz,
Kammer III,
vom 4. November 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (geb. 1961) betreibt seit 1992, in den letzten Jahren in einem
Teilpensum, die B.________ AG, in U.________ (SZ). Infolge gesundheitlicher
Probleme bezieht er seit Juni 2010 eine Dreiviertelsrente der
Invalidenversicherung. Die damalige Vormundschaftsbehörde U.________ errichtete
für den Betroffenen eine Beiratschaft nach alt Art. 395 Abs. 1 und 2 ZGB
(Beschluss vom 14. Februar 2012) und eine Beistandschaft nach alt Art. 393
Ziff. 2 ZGB (Beschluss vom 14. August 2012). Der Betroffene wehrte sich gegen
die Einschränkung seiner Handlungsfähigkeit. Die Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Ausserschwyz holte daraufhin beim
Sozialpsychiatrischen Dienst des Kantons Schwyz ein Gutachten zur Frage der
Urteils- und Handlungsfähigkeit ein (Expertise vom 27. Mai 2014).

 Mit Beschluss vom 27. August 2014 hob die KESB die am 14. Februar und 14.
August 2012 angeordneten altrechtlichen Massnahmen auf. Stattdessen ordnete sie
eine kombinierte Beistandschaft an (Begleitbeistandschaft nach Art. 393 ZGB,
Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 und 395 ZGB und
Mitwirkungsbeistandschaft nach Art. 396 ZGB). Im Einzelnen wurde die
eingesetzte Amtsbeiständin beauftragt, A.________ bei der Gestaltung seines
sozialen Umfelds beratend zur Seite zu stehen, ihn in gesundheitlichen Dingen
zu begleiten sowie in administrativen und, soweit notwendig, in rechtlichen
Verfahren zu vertreten, sein Einkommen und Vermögen sorgfältig zu verwalten,
ihm einen angemessenen monatlichen Beitrag zu seiner Verfügung zu überweisen,
bei veränderten Verhältnissen nötigenfalls Anpassungen der behördlichen
Massnahmen zu beantragen und der KESB alle zwei Jahre einen
Rechenschaftsbericht einzureichen. Des Weitern entzog die Behörde dem
Betroffenen den Zugriff auf die von der Beiständin verwalteten Konten und
benannte Rechtsgeschäfte, bei denen die Mitwirkung der Beiständin erforderlich
sein würde.

B. 
A.________ erhob Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit dem
Rechtsbegehren, der Beschluss der KESB vom 27. August 2014 sei aufzuheben.
Einem in der Vernehmlassung der KESB gestellten Antrag folgend hiess das
kantonale Gericht die Beschwerde insoweit gut, als der Beschluss eine
Begleitbeistandschaft vorsah (Beratung zur Gestaltung des sozialen Umfeldes und
Begleitung in gesundheitlichen Belangen; Entscheid vom 4. November 2014).

C. 
A.________ führte am 10. Dezember 2014 Beschwerde in Zivilsachen gegen den
Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts vom 4. November 2014 und erneuerte
den Antrag auf Aufhebung der Beistandschaft.

 Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 und 2
BGG, Art. 90 BGG). Er betrifft den Kindes- und Erwachsenenschutz (Art. 72 Abs.
2 lit. b Ziff. 6 BGG) und damit eine Zivilsache nicht vermögensrechtlicher
Natur. Der Beschwerdeführer ist im Lichte von Art. 76 BGG legitimiert. Auf die
fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) erhobene Beschwerde ist insoweit
einzutreten.

2. 
Die Beschwerdeschrift muss sich mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids
auseinandersetzen und aufzeigen, welche Rechte der beschwerdeführenden Partei
verletzt sein sollen (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245). Das
Bundesgericht prüft eine allfällige Verletzung verfassungsmässiger Rechte nicht
von Amtes wegen, sondern nur, wenn entsprechende Rügen ausdrücklich erhoben und
begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234). Wird
eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, genügt es nicht, einen abweichenden
Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr muss in der Beschwerdeschrift dargelegt
werden, inwiefern die betreffende Feststellung willkürlich oder durch eine
andere Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG zustande gekommen ist (vgl.
BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252 und 1.4.3 S. 255) und inwiefern die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
in fine BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S. 22).

3. 
Strittig sind die von der KESB am 27. August 2014 angeordneten
erwachsenenschutzrechtlichen Massnahmen, soweit das kantonale Gericht sie
bestätigt hat.

3.1. Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Beistandschaft, wenn eine
volljährige Person wegen einer geistigen Behinderung, einer psychischen Störung
oder eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustandes ihre
Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen kann (Art. 390 Abs. 1
Ziff. 1 ZGB). Die Behörde umschreibt die Aufgabenbereiche der Beistandschaft
(Personensorge, Vermögenssorge, Rechtsverkehr) entsprechend den Bedürfnissen
der betroffenen Person (Art. 391 Abs. 1 und 2 ZGB).

3.2. 

3.2.1. Zur Abklärung des in Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB vorausgesetzten
Schwächezustandes und dessen Auswirkungen in den einschlägigen Lebensbereichen
haben KESB und kantonales Gericht auf das Gutachten des Sozialpsychiatrischen
Dienstes vom 27. Mai 2014 abgestellt. An tatsächliche Feststellungen, welche
die Vorinstanz in Würdigung der Expertise getroffen hat, ist das Bundesgericht
grundsätzlich gebunden (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. oben E. 2).

3.2.2. Der Sachverständige stellte im Untersuchungsgespräch einen leicht bis
mittelgradig auffälligen Zustand fest, aufgrund dessen allein sich keine
spezifische psychiatrische Diagnose stellen lasse; die Befunde passten jedoch
gut zu einer anamnestisch diagnostizierten schizoaffektiven Störung. Mit Blick
auf die in (manischen und depressiven) Phasen verlaufende und mit Denkstörungen
einhergehende Gesundheitsbeeinträchtigung sei davon auszugehen, dass die
Urteils- und Handlungsfähigkeit des Exploranden stark schwanke. So dürfte er
zumeist imstande sein, für sich selber zu sorgen, was Wohnen, Kleidung und
Nahrung betreffe, und überschaubare Aufträge, die er als Selbständigerwerbender
erhalte, zu erledigen. Hingegen neige er im Rahmen seiner psychischen
Erkrankung offenbar dazu, "gelegentlich impulsiv, unüberlegt oder unsinnig viel
Geld auszugeben oder in unüberlegte Geschäfte einzubringen". Aufgrund der
Denkstörungen sei er auch nicht in der Lage, komplexe finanzielle und
geschäftliche Belange selbständig zu bewältigen. Bei uneingeschränktem Zugang
zu Vermögenswerten bestehe die Gefahr, dass der Explorand Geld verschwende; er
sei aber fähig, Einkünfte zu verwalten, die er für seine gewohnte Lebenshaltung
benötige. Eine regelmässige medikamentöse Behandlung vermöchte den
gesundheitlichen Zustand wahrscheinlich mittelfristig zu stabilisieren; danach
könnte dem Exploranden möglicherweise auch wieder vermehrt Kontrolle über sein
Einkommen und seine Vermögenswerte eingeräumt werden.

3.2.3. Das kantonale Gericht hielt unter anderem fest, die Befürchtung des
Beschwerdeführers, seine Verfügungsrechte über eigene Mittel würden übermässig
eingeschränkt, sei unbegründet; die Beiständin werde notwendige und angemessene
persönliche und geschäftliche Auslagen bewilligen. Die Begleitbeistandschaft
für die Bereiche soziales Umfeld und gesundheitliches Wohl sei - dem
übereinstimmenden Antrag der Parteien entsprechend - aufzuheben. Ein gänzlicher
Verzicht auf erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen sei mit Blick auf die
Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers jedoch nicht angezeigt. Allenfalls
werde ein (gefestigt) günstiger künftiger Verlauf eine andere Beurteilung
veranlassen.

4. 

4.1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass die Vorinstanz einen Vorfall vom
Frühsommer 2012 erwähnt, der seinerzeit zu einer gut einmonatigen
fürsorgerischen Unterbringung geführt hat. Die Sache dürfe ihm nicht gleichsam
ewig vorgehalten werden. Der Vorgang ist zwar im Sachverhaltsabschnitt des
angefochtenen Urteils erwähnt; im Rahmen der Erwägungen, in welchen die
Notwendigkeit der strittigen Massnahmen dargelegt wird, spielt er aber keine
Rolle. Da die den angefochtenen Entscheid tragende Begründung schlüssig ist
(dazu unten E. 4.2 und 4.3), steht nicht zu befürchten, die Vorinstanz habe
ihrem Entscheid in bundesrechtswidriger Weise unwesentliche Tatsachen
zugrundegelegt.

4.2. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, das psychiatrische
Gutachten vom 27. Mai 2014 sei nicht beweiswertig. Die Vorinstanz habe es
hingenommen, dass die KESB Beweisregeln und den Untersuchungsgrundsatz
verletzte (vgl. Art. 446 Abs. 1 und 2 ZGB); dadurch habe sie auch den
Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt (Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs.
2 BGG).

4.2.1. In diesem Zusammenhang wiederholt der Beschwerdeführer (sinngemäss) das
bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren gestellte Begehren, das Gutachten sei
wegen Verletzung des ärztlichen Berufsgeheimnisses aus dem Recht zu weisen; er
habe seine Einwilligung zur Begutachtung zurückgezogen. Aus der gesetzlichen
Verpflichtung, an einer Begutachtung mitzuwirken (vgl. Art. 448 Abs. 1 erster
Satz ZGB; Auer/Marti, Basler Kommentar, ZGB I, 2014, N. 4 zu Art. 448 ZGB und
N. 5 zu Art. 449 ZGB), folgt jedoch ohne Weiteres, dass die begutachtete Person
auch nachträglich nicht frei ist, über die Verwendung der gutachtlich erhobenen
Daten zu bestimmen.

 Des Weitern rügt der Beschwerdeführer, das Gutachten sei ihm nicht "zur
Kontrolle über die Richtigkeit" vorgelegt worden, weshalb er nicht dagegen habe
vorgehen können. Beteiligungsrechte sind indessen nicht verletzt: Im Rahmen der
Anhörung zu in Aussicht genommenen erwachsenenschutzrechtlichen Vorkehrungen
(Art. 447 Abs. 1 ZGB) kann sich der Betroffene auch zu allfälligen Mängeln der
Beweisgrundlagen äussern.

4.2.2. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, der Gutachter habe
einzelne Punkte seiner Lebensgeschichte unzutreffend dargestellt (so
hinsichtlich der Besitzverhältnisse des Betriebes und während der Kindheit
Erlebtem; vgl. auch die Erklärung des Bruders des Beschwerdeführers vom 3.
Dezember 2014). Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben. Denn die
angeführten Punkte sind nicht geeignet, die entscheidungserheblichen
Schlussfolgerungen des Gutachters zu beeinflussen. Somit entfällt diesbezüglich
auch die Möglichkeit einer offensichtlich unrichtigen Feststellung des
entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch die Vorinstanz (vgl. oben E. 2
a.E.).

 Überdies beanstandet der Beschwerdeführer gewisse Formulierungen in der
Expertise, aus welchen er eine - die beweisrechtliche Verwertbarkeit
ausschliessende - Befangenheit des Gutachters ableitet (vgl. BGE 137 V 210 E.
2.1.3 S. 231). Indessen ist es zum einen keineswegs so, dass der
Sachverständige in den betreffenden Passagen eine voreingenommene, negative
Haltung gegenüber dem Beschwerdeführer zum Ausdruck gebracht hat. Zum andern
führt der Beschwerdeführer nicht aus, inwiefern aus seiner Sicht die monierten
Ausführungen den Beweiswert des Gutachtens in Frage stellen könnten.

4.2.3. Das kantonale Gericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass das
psychiatrische Administrativgutachten vom 27. Mai 2014 beweiskräftig und im
strittigen Zusammenhang verwertbare Entscheidungsgrundlage ist.

4.3. Schliesslich beruft sich der Beschwerdeführer darauf, er leiste als
Berufsmann gute Arbeit. Dies mache die strittigen Massnahmen überflüssig. Seine
- von keiner Seite bestrittenen - beruflichen Fähigkeiten ändern jedoch nichts
daran, dass bestimmte aktenkundige Verhaltensweisen, die ihrerseits Folge der
ausgewiesenen psychischen Beeinträchtigung sind, seine wirtschaftliche Existenz
gefährden. Vor allem die Gefahr des impulsiven, unüberlegten Ausgebens
namhafter Geldbeträge und die erheblich eingeschränkte Fähigkeit, komplexe
finanzielle und geschäftliche Belange selbständig zu bewältigen (vgl. oben E.
3.2.2), begründen eine Hilfsbedürftigkeit im Sinne von Art. 388 Abs. 1 und 390
Abs. 1 Ziff. 1 ZGB, die mit darauf abgestimmten erwachsenenschutzrechtlichen
Massnahmen aufzufangen ist. Die vom kantonalen Gericht bestätigten Vorkehren
gehen nicht über diesen Zweck hinaus. Das Mandat der Beiständin zielt vor allem
darauf ab, Ausgaben zu verhindern, die dem wirtschaftlichen (und persönlichen)
Fortkommen des Beschwerdeführers schaden. Die Vorinstanz hat zutreffend
ausgeführt, dass der Beschwerdeführer finanzielle Verpflichtungen, die
geschäftlich erforderlich oder auch sinnvoll sind, unter Mitwirkung der
Beiständin weiterhin eingehen kann (vgl. Art. 388 Abs. 2 ZGB).

5. 
Nach dem Gesagten ist die kombinierte Vertretungs- und
Mitwirkungsbeistandschaft im vorinstanzlich bestätigten Umfang rechtens. Die
Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 700.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Ausserschwyz und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. März 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Traub

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