Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.976/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_976/2014

Urteil vom 30. Juli 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi,
nebenamtliche Bundesrichterin van de Graaf,
Gerichtsschreiberin Griessen.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Rita Gettkowski,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Affentranger,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Eheschutz,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 24.
Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die Eheleute A.A.________ (geb. 1967) und B.A.________ (geb. 1973) heirateten
2004 und wurden Eltern der gemeinsamen Tochter C.A.________ (geb. 2006).
A.A.________ hat fünf voreheliche Kinder, drei (volljährige) Kinder leben in
U.________, zwei Kinder kamen mit ihr in die Schweiz, D.________ (geb. 1995)
und E.________ (geb. 1997).

B. 
Am 6. September 2012 beantragte A.A.________ beim Bezirksgericht Willisau den
Erlass von Eheschutzmassnahmen. Mit Entscheid vom 21. Januar 2014 erklärte das
Bezirksgericht Willisau die Parteien als berechtigt, nach Aufhebung des
gemeinsamen Haushalts weiterhin und für unbestimmte Zeit getrennt zu leben
(Ziff. 1). Die gemeinsame Tochter C.A.________ unterstellte es der Obhut von
B.A.________ (Ziff. 2) und erteilte ihm im Sinne von Art. 307 ZGB die Weisung,
sich zu einer spezialisierten Fachperson in Erziehungsberatung zu begeben
(Ziff. 3). Weiter regelte das Bezirksgericht Willisau das Besuchsrecht von
A.A.________ (Ziff. 4) und hielt die für C.A.________ bereits errichtete
Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB aufrecht (Ziff. 5). Die
weitergehenden oder anderslautenden Anträge der Parteien wies das
Bezirksgericht Willisau ab (Ziff. 6). Die Parteien hatten die Gerichtskosten je
zur Hälfte und ihre eigenen Parteikosten je selbst zu bezahlen. Aufgrund der
A.A.________ bewilligten unentgeltlichen Rechtspflege ging ihr hälftiger
Gerichtskostenanteil zu Lasten des Staates und ihre Rechtsvertreterin wurde von
der Bezirksgerichtskanzlei Willisau entschädigt (Ziff. 7).

C. 
Gegen diesen Entscheid erhob A.A.________ beim Kantonsgericht des Kantons
Luzern am 3. Februar 2014 Berufung und beantragte die Aufhebung der Ziff. 2, 3,
4, 6 und 7 bzw. die Zuteilung der gemeinsamen Tochter C.A.________ unter ihre
Obhut und die Regelung der damit zusammenhängenden Folgen (Besuchsrecht von
B.A.________ sowie dessen Verpflichtung zu Unterhaltsbeiträgen für sie
persönlich und das Kind). Mit Urteil vom 24. Oktober 2014 wies das
Kantonsgericht des Kantons Luzern die Berufung ab (Ziff. 1). A.A.________
gewährte es die unentgeltliche Rechtspflege (Ziff. 2). Zudem bestätigte es die
bezirksgerichtliche Kostenverlegung. Die Gerichts- und Beweiskosten des
Berufungsverfahrens hatten die Parteien wiederum je hälftig und ihre eigenen
Kosten selbst zu tragen (Ziff. 3).

D. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 10. Dezember 2014 beantragt A.A.________
(Beschwerdeführerin) dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts des
Kantons Luzern vom 24. Oktober 2014 aufzuheben, die gemeinsame Tochter
C.A.________ unter ihre Obhut zu stellen und die Sache zur Neubeurteilung der
übrigen Trennungsfolgen (Besuchsrecht, Unterhaltsbeiträge) an das
Bezirksgericht Willisau zurückzuweisen. Zudem ersucht die Beschwerdeführerin
für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege.

 Am 19. Januar 2015 stellte B.A.________ (Beschwerdegegner) ein Gesuch um
superprovisorische Anordnung eines Ferienbesuchsrechts für die erste
Februarwoche 2015. Mit Verfügung vom 20. Januar 2015 ist das Bundesgericht auf
dieses Gesuch mangels Zuständigkeit nicht eingetreten.

 Mit Schreiben vom 10. Februar 2015 reicht der Beschwerdegegner dem
Bundesgericht zwei erstinstanzliche Entscheide (Entscheid des Bezirksgerichts
Willisau vom 29. Januar 2015 betreffend vorsorgliche Massnahmen; Entscheid des
Bezirksgerichts Kulm vom 28. Januar 2015 betreffend eine Sistierung des
Besuchsrechts) ein.

 Es sind die kantonalen Akten, in der Sache jedoch keine Vernehmlassungen
eingeholt worden.

Erwägungen:

1. 

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Eheschutzentscheid, mithin
ein Endentscheid in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1, Art. 90
BGG; zur Qualifikation als Endentscheid BGE 133 III 393 E. 4 S. 395 f.). Vor
Bundesgericht strittig ist noch die Obhutszuteilung über die gemeinsame Tochter
C.A.________ sowie die Anordnung einer Vertretung des Kindes; die Beschwerde
ist deshalb streitwertunabhängig zulässig. Die Beschwerdeführerin ist als
unterlegene Partei des vorinstanzlichen Verfahrens zur Beschwerde berechtigt
(Art. 76 Abs. 1 lit. a und b BGG). Auf die fristgerecht erhobene Beschwerde ist
insofern einzutreten.

1.2. Eheschutzmassnahmen gemäss Art. 172 ff. ZGB sind vorsorgliche Massnahmen
im Sinne von Art. 98 BGG (BGE 134 III 667 E. 1.1 S. 668; 133 III 393 E. 5.1 und
5.2 S. 396 f.). Mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche
Massnahmen kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, namentlich des
Willkürverbots gemäss Art. 9 BV gerügt werden. Auch die Anwendung von
Bundesgesetzen prüft das Bundesgericht im Rahmen von Art. 98 BGG nur auf
Willkür hin (Urteil 5A_261/2009 vom 1. September 2009 E. 1.2, nicht publ. in:
BGE 135 III 608). Für die Geltendmachung der Verletzung verfassungsmässiger
Rechte gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E.
1.4.2 S. 254). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine
kurz gefasste Darstellung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte
bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt
worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und,
soweit möglich, belegte Rügen; auf ungenügend begründete Rügen und rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 135
III 232 E. 1.2 S. 234; 134 I 83 E. 3.2 S. 88). Will die Beschwerdeführerin die
Verletzung des Willkürverbots rügen, reicht es sodann nicht aus, die Lage aus
ihrer eigenen Sicht darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen
Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Es ist im Einzelnen darzutun,
inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der
angefochtene Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen
Mangel leidet (BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53; 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das Vorbringen von Tatsachen
und Beweismitteln, die erst nach dem angefochtenen Entscheid zutage getreten
oder entstanden sind (sog. echte Noven), kann von vorneherein nicht durch das
weitergezogene Urteil veranlasst worden sein und ist im bundesgerichtlichen
Verfahren unzulässig (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 135 I 221 E. 5.2.4 S.
229; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.). Der Bericht der Beiständin von C.A.________
über deren angeblich nach dem Entscheid der Vorinstanz verschlechterten
Gemütsverfassung stellt ein echtes Novum dar und ist daher für das
Bundesgericht unbeachtlich. Zudem nimmt das Bundesgericht keine neuen Beweise
ab, weswegen das entsprechende Editionsbegehren unzulässig und darauf nicht
einzutreten ist (vgl. BGE 133 IV 293 E. 3.4.2 S. 295 f.; Urteil 5A_339/2009 vom
29. September 2009 E. 2.4; je mit Hinweisen). Ebenfalls echte Noven und daher
unbeachtlich sind die vom Beschwerdegegner eingereichten Entscheide des
Bezirksgerichts Willisau und des Bezirksgerichts Kulm vom 29. resp. 28. Januar
2015.

2. 
Strittig ist vorliegend die Obhutszuteilung über die gemeinsame Tochter
C.A.________.

2.1. Das mit der "Regelung des Getrenntlebens" (Marginalie zu Art. 176 ZGB)
befasste Eheschutzgericht trifft nach den Bestimmungen über die Wirkungen des
Kindesverhältnisses die nötigen Massnahmen, wenn die Ehegatten minderjährige
Kinder haben (Art. 176 Abs. 3 ZGB).

2.2. Am 1. Juli 2014 sind die neuen Bestimmungen zur gemeinsamen elterlichen
Sorge in Kraft getreten. Aus der gemeinsamen elterlichen Sorge kann ein
Elternteil jedoch nicht das Recht ableiten, das Kind auch tatsächlich zur
Hälfte betreuen zu können (Botschaft zur Änderung des Schweizerischen
Zivilgesetzbuches [Elterliche Sorge] vom 16. November 2011, BBl. 2011 9077,
Ziff. 1.5.2 S. 9094). Das Gericht kann nach wie vor einem Elternteil die
alleinige Obhut zuteilen. Die hierzu von der Praxis zum bisherigen Recht zur
Zuteilung der Obhut im Eheschutz wie auch der alleinigen elterlichen Sorge bei
Scheidung entwickelten Kriterien bleiben anwendbar (Urteile 5A_46/2015 vom 26.
Mai 2015 E. 4.4.2 und 4.4.3; 5A_266/2015 vom 24. Juni 2015 E. 4.2.2.1; INGEBORG
SCHWENZER/MICHELLE COTTIER, in: Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, 5. Aufl.
2014, N. 4 und 5 zu Art. 298 ZGB).

2.3. Nach der Rechtsprechung hat das Wohl des Kindes Vorrang vor allen anderen
Überlegungen, insbesondere den Wünschen der Eltern. Vorab muss die
Erziehungsfähigkeit der Eltern geklärt werden. Ist diese bei beiden
Elternteilen gegeben, sind vor allem Kleinkinder und grundschulpflichtige
Kinder demjenigen Elternteil zuzuteilen, der die Möglichkeit hat und dazu
bereit ist, sie persönlich zu betreuen. Erfüllen beide Elternteile diese
Voraussetzungen ungefähr in gleicher Weise, kann die Stabilität der örtlichen
und familiären Verhältnisse ausschlaggebend sein. Schliesslich ist - je nach
Alter der Kinder - ihrem eindeutigen Wunsch Rechnung zu tragen. Diesen
Kriterien lassen sich die weiteren Gesichtspunkte zuordnen, namentlich die
Bereitschaft eines Elternteils, mit dem anderen in Kinderbelangen
zusammenzuarbeiten oder die Forderung, dass eine Zuteilung der Obhut von einer
persönlichen Bindung und echter Zuneigung getragen sein sollte (vgl. BGE 136 I
178 E. 5.3 S. 180 f.; 115 II 206 E. 4a S. 209; Urteile 5A_46/2015 vom 26. Mai
2015 E. 4.4.2; 5A_972/2013 vom 23. Juni 2014 E. 3, in: FamPra.ch 2014 S. 1025
f.; 5A_319/2013 vom 17. Oktober 2013 E. 2.1, in: FamPra.ch 2014 S. 179 f.;
5A_157/2012 vom 23. Juli 2012 E. 3.1, in: FamPra.ch 2012 S. 1096 f.).

2.4. Bei der Beurteilung der für die Obhutszuteilung massgebenden Kriterien
verfügt das Sachgericht über grosses Ermessen (BGE 115 II 317 E. 2 und E. 3 S.
319; Urteile 5A_266/2015 vom 24. Juni 2015 E. 4.2.2.2; 5A_848/2014 vom 4. Mai
2015 E. 2.1.2). Auf Willkürbeschwerde hin greift das Bundesgericht deshalb nur
ein, wenn das Sachgericht grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten
Grundsätzen abgewichen ist, wenn es Gesichtspunkte berücksichtigt hat, die
keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn es umgekehrt rechtserhebliche
Umstände ausser Acht gelassen hat. Der Ermessensentscheid muss sich als im
Ergebnis offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (
BGE 132 III 97 E.1 S. 99 mit weiteren Hinweisen).

2.5. 

2.5.1. Die Vorinstanz hat zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Parteien als
Ergänzung zu dem von der Erstinstanz eingeholten Zuteilungsbericht einen
weiteren Zuteilungsbericht eingeholt. Die Beschwerdeführerin rügt - wie bereits
vor der Vorinstanz - formelle Mängel des zweiten Zuteilungsberichts. Die
Vorinstanz hat sich mit der formellen Kritik der Beschwerdeführerin am zweiten
Zuteilungsbericht von F.________ eingehend auseinandergesetzt und dargelegt,
weshalb auf den ersten und zweiten Zuteilungsbericht abgestellt werden kann.
Mit der Begründung der Vorinstanz setzt sich die Beschwerdeführerin nicht
auseinander. Sie wiederholt vielmehr die bereits vor der Vorinstanz erhobene
Kritik und zeigt nicht auf, inwiefern die Vorinstanz mit dem Abstellen auf den
zweiten Zuteilungsbericht das Willkürverbot verletzt haben soll. Weder ist zu
beanstanden, dass die Zweitgutachterin zur Erstellung des Zuteilungsberichts
Einblick in den Zuteilungsbericht der Erstgutachterin hatte noch dass sie im
Rahmen der Ergänzung des Zuteilungsberichts mit der Beschwerdeführerin keinen
Kontakt mehr aufgenommen hatte, da sich die Gutachterin im Rahmen der Ergänzung
mit dem Familiensystem des Beschwerdegegners befasste. Das rechtliche Gehör ist
ein prozessualer Anspruch, welcher die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer
Stellungnahme zu den Ergänzungen der Zweitgutachterin wahrnehmen konnte.
Inwiefern der zweite Zuteilungsbericht in sich selbst widersprüchlich sein
soll, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf. Ebenso wenig legt sie dar,
inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz zur Erziehungsfähigkeit der
Beschwerdeführerin bezüglich der beiden älteren Kinder in formeller Hinsicht
die Verwertbarkeit des zweiten Zuteilungsberichts beeinflussen könnten. Die
formellen Rügen der Beschwerdeführerin am zweiten Zuteilungsbericht erweisen
sich als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist.

2.5.2. 

2.5.2.1. In formeller Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin weiter, dass der
Tochter C.A.________ keine Prozessvertretung bestellt worden sei. C.A.________
sei die schwächste Partei im Prozess und die Vorinstanz hätte ihr zwingend von
Amtes wegen eine Prozessvertretung bestellen müssen.

2.5.2.2. Die Beiständin von C.A.________ informierte die Vorinstanz mit Eingabe
vom 25. September 2014, dass sie dem Familiengericht Kulm am 18. September 2014
beantragt hatte, eine Verfahrensbeistandschaft für C.A.________ zu bestellen.
In der Folge prüfte die Vorinstanz von Amtes wegen, ob für C.A.________ eine
Prozessvertretung anzuordnen sei. Sie sah von der Anordnung einer
Prozessvertretung ab, mit der Begründung, im Zuge der beiden kantonalen
Verfahren seien umfangreiche, insbesondere gutachterliche Abklärungen
vorgenommen worden, in welche das betroffene Kind involviert gewesen sei. Auch
vor Kantonsgericht sei es angehört worden. Mit einem Brief habe sich
C.A.________ persönlich an das Gericht gewandt und habe ihre Meinung kundgetan.
Das Verfahren stehe kurz vor dem Abschluss und die Meinung von C.A.________ sei
genügend in den Prozess eingebracht worden.

2.5.2.3. Nach Art. 299 Abs. 1 ZPO ordnet das Gericht wenn nötig die Vertretung
des Kindes an und bezeichnet als Beistand eine in fürsorgerischen und
rechtlichen Fragen erfahrene Person. Das Gericht hat von Amtes wegen zu prüfen,
ob das Kind durch einen Beistand vertreten werden muss, insbesondere in den in
Art. 299 Abs. 2 lit. a bis c ZPO genannten Situationen. Jedoch selbst in den
Fällen nach Art. 299 Abs. 2 ZPO hat das Gericht weder automatisch einen
Beistand zu bezeichnen noch ist es verpflichtet, hierüber eine formelle
Entscheidung zu treffen; vielmehr handelt es sich um eine Möglichkeit, die im
Ermessen des Gerichts liegt (Urteile 5A_744/2013 vom 31. Januar 2014 E. 3.2.3;
5A_465/2012 vom 18. September 2012 E. 4.1.2 mit Hinweisen). Beantragt hingegen
das urteilsfähige Kind die Ernennung eines Beistandes, hat das Gericht diesem
Antrag zu entsprechen (Art. 299 Abs. 3 ZPO; 5A_744/2013 vom 31. Januar 2014 E.
3.2.3 mit Hinweisen). Mit den Erwägungen der Vorinstanz setzt sich die
Beschwerdeführerin nicht auseinander. Sie zeigt damit auch nicht auf, inwiefern
nach mehrmaliger Anhörung von C.A.________ das Kindeswohl im vorliegenden
Verfahren nicht hinreichend gewahrt worden wäre und damit die Vorinstanz
willkürlich von der Anordnung einer Prozessvertretung für C.A.________
abgesehen hätte. Auf die Rüge ist nicht einzutreten.

2.6. 

2.6.1. Bei der Beurteilung der Frage der Obhutszuteilung legte die Vorinstanz
ihren Fokus auf die Zuteilungskriterien der Erziehungsfähigkeit, die
Betreuungsmöglichkeiten und den Kindeswillen.

 Hinsichtlich der Erziehungsfähigkeit kam die Vorinstanz zum Schluss, dass
keine der Parteien voll erziehungsfähig sei, erachtete aber gestützt auf die
beiden Zuteilungsberichte die Erziehungsfähigkeit beim Beschwerdegegner besser
gewahrt. Sie führte aus, bei der Beschwerdeführerin sei zwar von einer
warmherzigen emotionalen Person auszugehen, die aber bei einer mittelfristigen
Perspektive C.A.________ nicht die notwendigen Leitlinien und Strukturen für
ein eigenverantwortliches Erwachsenenleben bieten könne. Aus den missglückten
Erfahrungen mit ihren vorehelichen Kindern dürften entsprechende Rückschlüsse
gezogen werden. Der Beschwerdegegner vermöge seiner Tochter auf der emotionalen
Ebene weniger zu bieten als die Beschwerdeführerin, er laufe aber angesichts
seiner Verwurzelung in Beruf und Familie nicht Gefahr, mit C.A.________
kleinkindlich umzugehen oder sie gar als emotionalen Partnerersatz an seiner
Seite zu wissen. Bezüglich letzterem Gesichtspunkt sei nicht zu verkennen, dass
die Beschwerdeführerin sowohl von der beruflichen und familiären Seite her
wenig verankert sei und C.A.________ für sie zu viel des Lebenssinns und
-inhalts darstellen könnte. Darauf deute die Tendenz, ihre Tochter
"kleinkindlich" zu behandeln; dies werde auf die Dauer nicht möglich sein, da
sich C.A.________ ohnehin von der Mutter werde ablösen wollen und müssen. In
dieser Beziehung sei die eher vernunftgeprägte Seite des Beschwerdegegners mit
seinem strukturierten Leben von Vorteil. Die Zweitgutachterin habe das
Spannungsfeld zwischen emotionaler Zuwendung und Strukturiertheit insofern auf
den Punkt gebracht, als zu einer gesunden emotionalen Entwicklung unabdingbar
eine differenzierte und anregende Förderung und adäquate Forderung der
geistigen Fähigkeiten gehörten.

 Zur Möglichkeit und Fähigkeit der Parteien zur persönlichen Betreuung hielt
die Vorinstanz fest, der Beschwerdeführerin, die keiner Erwerbstätigkeit in
grösserem Umfang nachgehe, komme diesbezüglich ein Vorteil zu. Der
Beschwerdegegner sei jedoch bei seiner Bereitschaft zu behaften, sein
Arbeitspensum auf 60-80 % zu reduzieren. Der Beschwerdegegner werde zwar auch
mit einem eingeschränkten Pensum C.A.________ nicht vollumfänglich betreuen
können. Seine Mutter könne jedoch entsprechende Betreuungsaufgaben übernehmen.
Sie sei befähigt, bereit dazu und habe C.A.________ bereits zu Zeiten des
gemeinsamen Zusammenlebens der Parteien immer wieder betreut. Der
Beschwerdegegner könne zudem auch einen Mittagstisch organisieren oder
C.A.________ könne bei Nachbarn essen gehen. Damit sei Gewähr geboten, dass
C.A.________ umfassend und ihrem Wohl entsprechend betreut werden könne.
Angesichts des Umstands, dass sie bereits die Primarschule besuche, sei sie
weniger abhängig von der persönlichen Betreuung eines Elternteils. Durch einen
Mittagstisch im Dorf oder durch die Betreuung bei Nachbarn eröffne sich für
C.A.________ auch die Möglichkeit, mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen und
nicht auf einen Elternteil fixiert zu sein.

 Schliesslich hielt die Vorinstanz zur Willensäusserung von C.A.________ fest,
diese habe sich für eine Obhutszuweisung an die Mutter ausgesprochen. Der im
Zeitpunkt der diversen Anhörungen noch nicht acht Jahre alt gewesenen
C.A.________ sei jedoch die Urteilsfähigkeit zur Obhutsfrage abzusprechen. Im
ergänzenden Gutachten habe die Zweitgutachterin geäussert, dass C.A.________
von der Mutter in den Elternkonflikt miteinbezogen werde und es insbesondere
auffällig sei, dass diese das Kind mit ihrer Anwältin sprechen lasse. Ein Kind
in einem Loyalitätskonflikt wie dem vorliegenden, verursacht durch die
Streithaltung beider Eltern, sowie dem Ausgesetztsein ungefilterter Emotionen
durch die Mutter, könne nur sehr erschwert einen gesunden eigenen Willen
bilden. Das Schreiben, welches C.A.________ selber der Vorinstanz am 12.
September 2014 durch die Anwältin der Mutter habe einreichen lassen, erwecke in
seiner Gesamtheit den Eindruck einer klaren Fremdbestimmung.

2.6.2. Mit der Begründung der Vorinstanz setzt sich die Beschwerdeführerin nur
ansatzweise auseinander. Sie zählt einige Aspekte der Zuteilung der Obhut auf,
die ihrer Ansicht nach von der Vorinstanz hätten anders gewichtet werden müssen
oder nicht berücksichtigt worden sein sollen, zeigt aber nicht auf, inwiefern
bei der Prüfung der Zuteilungskriterien verfassungsmässige Rechte verletzt bzw.
Tatsachen willkürlich festgestellt worden wären. Damit setzt sie einfach ihre
Gewichtung der Zuteilungskriterien dem Entscheid der Vorinstanz entgegen. Dabei
verkennt sie, dass wichtigstes Zuteilungskriterium die Erziehungsfähigkeit
bildet, und die von ihr stärker gewichteten Zuteilungskriterien erst sekundär
in eine Gesamtbeurteilung einzubeziehen sind. Inwiefern die Vorinstanz indessen
bei der Beurteilung der Erziehungsfähigkeit der Parteien in Willkür verfallen
sein soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Insbesondere verstösst es
nicht gegen das Willkürverbot, wenn die Vorinstanz die erzieherischen
Leistungen der Beschwerdeführerin mit Bezug auf ihre vorehelichen Kinder
D.________ und E.________ in die Beurteilung ihrer Erziehungsfähigkeit
miteinbezogen hat. Diesbezüglich hat die Vorinstanz festgestellt, dass die
Beschwerdeführerin mit den beiden älteren Kindern, die im Berufs- und
Alltagsleben nicht hätten richtig Fuss fassen können, erhebliche Probleme
gehabt habe und habe, und es Gefährdungsmeldungen seitens der Behörden gegeben
habe. Gemäss Gutachten sei die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht in der
Lage, eigene Anteile an den Problemen der älteren Kinder zu sehen, und die
Schwierigkeiten von D.________ und E.________ seien keineswegs alleine auf die
Entwurzelung aus ihrem Heimatland zurückzuführen. Die Beschwerdeführerin habe
es bezüglich ihres Sohnes verpasst, in der Schule Präsenz und Zuverlässigkeit
zu zeigen, und es unterlassen, dessen Beistand eigenaktiv auf
Unterstützungsmöglichkeiten anzusprechen. Dabei habe sich die Gutachterin nicht
von den Verhaltensweisen der beiden Halbgeschwister von C.A.________ leiten
lassen, sondern auf die fehlende Kooperation der Beschwerdeführerin verwiesen.
Aus den Akten ergibt sich denn auch, dass für beide Kinder eine Beistandschaft
errichtet sowie D.________ zeitweilig fremdplatziert werden musste, E.________
eine Fremdplatzierung drohte und er verhaltensauffällig ist. Gestützt darauf
ist es nicht willkürlich anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin trotz ihrer
warmherzigen emotionalen Art nicht in der Lage ist, C.A.________ mittelfristig
die notwendigen Leitlinien und Strukturen für ein eigenverantwortliches
Erwachsenenleben bieten zu können, und das Kindeswohl mittel- und langfristig
beim Beschwerdegegner besser gewahrt ist, selbst wenn seine Erziehungsfähigkeit
gemäss beiden Zuteilungsberichten ebenfalls nicht vollständig gegeben ist.
Daran ändert auch nichts, dass allenfalls die persönliche Betreuung bei der
Beschwerdeführerin vorteilhafter wäre. Gemäss Feststellungen der Vorinstanz
kann die Betreuung aber auch beim Beschwerdegegner durch Reduktion seines
Arbeitspensums sowie mit Hilfe seiner Mutter gewährleistet werden. Dabei hat
die Vorinstanz nicht verkannt, dass das Arbeitspensum bislang noch nicht
reduziert worden ist, sondern der Beschwerdegegner dieses erst noch zu
reduzieren haben wird. Dazu kommt, wie die Vorinstanz richtig ausführt, dass
die persönliche Betreuung bei einem schulpflichtigen Kind nicht mehr im
gleichen Masse zu gewichten ist wie bei einem Kleinkind. Inwiefern die
Vorinstanz die Willensäusserung von C.A.________ zu wenig gewürdigt haben soll,
erläutert die Beschwerdeführerin nicht und ist denn auch nicht ersichtlich,
setzt sich die Vorinstanz mit der Willensäusserung von C.A.________ doch auf
mehr als zweieinhalb Seiten detailliert auseinander. Rechtsprechungsgemäss geht
die Vorinstanz davon aus, dass einem Kind von weniger als acht Jahren die
Urteilsfähigkeit hinsichtlich der Frage der Obhutszuteilung abzusprechen ist
(vgl. BGE 131 III 553 E. 1.2.2 S. 556 f.; Urteile 5A_119/2010 vom 12. März 2010
E. 2.1.3; 5A_482/2007 vom 17. Dezember 2007 E. 3.1; 5C.293/2005 vom 6. April
2006, E. 4.2, in: FamPra.ch 2006 S. 760). Zudem ist es nicht willkürlich
anzunehmen, dass C.A.________ bei den gegebenen Umständen einem
Loyalitätskonflikt ausgesetzt ist und sie deshalb in der Willensbildung
beeinträchtigt ist. Die Beeinträchtigung in der freien Willensbildung kommt
denn auch in dem von C.A.________ selbst verfassten Schreiben zum Ausdruck,
dessen Wortwahl nicht einem achtjährigen Kind entspricht und dessen Inhalt
teilweise im Widerspruch zu den gutachterlichen Feststellungen zum Verhältnis
von C.A.________ zum Beschwerdegegner steht. Zusammengefasst ist nicht
ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar
aufgezeigt, inwiefern die Vorinstanz die Zuteilungskriterien willkürlich
beurteilt hätte, dabei verfassungsmässige Rechte verletzt oder den Sachverhalt
in unhaltbarer Weise festgestellt haben sollte, sodass sich der
Ermessensentscheid der Vorinstanz als im Ergebnis offensichtlich unbillig, als
in stossender Weise ungerecht erweisen würde. Es besteht daher für das
Bundesgericht keinen Anlass, in den Ermessensentscheid der Vorinstanz
einzugreifen.

2.6.3. 

2.6.3.1. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die Vorinstanz habe sich
mit ihrer begründeten Kritik am Erstgutachten nicht auseinandergesetzt und es
unterlassen, das Erstgutachten kritisch zu würdigen.

2.6.3.2. Aus Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich die Pflicht der Behörde, ihren
Entscheid zu begründen (BGE 136 I 229 E. 5.2; 124 I 49 E. 3a S. 51; je mit
Hinweisen). Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen
Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen
ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid
wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass
sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und
ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In
diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen
sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl.
BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; 138 I 232 E. 5.1 S. 237; 133 III 439 E. 3.3 S.
445; je mit Hinweisen).

2.6.3.3. Aus dem vorinstanzlichen Entscheid ergibt sich, dass die Vorinstanz
sich mit den dort wiedergegebenen Kritikpunkten der Beschwerdeführerin am
Erstgutachten auseinander gesetzt und die Berichterstattung der Erstgutachterin
über die Obhutszuteilung als im Wesentlichen umfassend und in sich stimmig
bezeichnet hat. Die Beschwerdeführerin führt in der Beschwerdeschrift nicht
aus, mit welchen von ihr erhobenen Kritikpunkten sich die Vorinstanz nicht
auseinandergesetzt und dadurch Art. 29 Abs. 2 BV verletzt haben soll; der
Verweis auf die von ihr erhobene Berufung vom 3. Februar 2014, in welcher sie
sich nochmals ausführlich mit dem Erstgutachten auseinandergesetzt haben will,
ist unzulässig. Aus dem Umstand, dass die Vorinstanz in Ergänzung zum
Erstgutachten einen weiteren Zuteilungsbericht eingeholt hat, hat sie zudem zum
Ausdruck gebracht, dass sie sich mit der Kritik der Beschwerdeführerin am
Erstgutachten durchaus auseinandergesetzt und dieses kritisch gewürdigt hat.

3. 

3.1. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die
Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat die
Gegenpartei jedoch für das bundesgerichtliche Verfahren nicht zu entschädigen,
da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist.

3.2. Dem Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege kann
nicht entsprochen werden. Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, muss die
über weite Strecken appellatorische Beschwerde als von Anfang an aussichtslos
betrachtet werden. Damit erfüllt ihr Gesuch die Voraussetzungen für die
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht (Art. 64 Abs. 1 BGG) und ist
abzuweisen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Juli 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Griessen

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