Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.927/2014
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2014
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2014


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_927/2014

Urteil vom 26. Januar 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber von Roten.

Verfahrensbeteiligte
1. Kanton St. Gallen,
vertreten durch den Vorsteher des Departementes
des Innern,
2. Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Y.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Armin Linder,
Beschwerdeführer,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) des Kantons Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Rechtsweg zur Bestimmung der interkantonal zuständigen Erwachsenenschutzbehörde
(Beistandschaft),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
21. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________, geboren 1996, stand unter der alleinigen elterlichen Sorge
seiner Mutter. Er zeigte gewisse Verhaltensauffälligkeiten, die ab Juli 1999 in
Spitälern und anderen Institutionen abgeklärt wurden. Am 6. September 2006
ordnete die Vormundschaftsbehörde R.________ (SZ) eine Beistandschaft als
Kindesschutzmassnahme an. A.________ war danach teils vorübergehend zwecks
Abklärungen, teils auf Dauer in Heimen und Schulen oder bei Pflegefamilien
untergebracht. Seine Mutter wechselte mehrfach ihren Wohnsitz.

A.b. Am 3. August 2011 übernahm die Vormundschaftsbehörde S.________ (SG) die
Beistandschaft für A.________. Sie entzog dessen Mutter die Obhut und
bestätigte dessen Fremdplatzierung. Zu seinem neuen Beistand B.________ und zur
Pflegefamilie C.________ in T.________, Gemeinde U.________ (TG), wo er ab
September 2011 seine freien Wochenenden und die Ferien verbrachte, konnte
A.________ in der Folge eine tragfähige und vertrauensvolle Beziehung aufbauen.

A.c. Auf Anordnung der Vormundschaftsbehörde S.________ (SG) trat A.________ im
Dezember 2012 in das Kantonale Jugendheim D.________, in V.________ (SG), ein,
um dort die obligatorische Schulzeit abzuschliessen und einen Beruf zu
erlernen.

A.d. Im Oktober 2013 verlegte die Mutter von A.________ ihren Wohnsitz von
S.________ (SG) nach W.________ (SH), wo auch A.________ am 21. November 2013
angemeldet wurde.

A.e. A.________ schrieb am 19. Dezember 2013 an die für die Gemeinde S.________
(SG) zuständige KESB X.________, dass er weder die Wochenenden bei seiner
Mutter verbringen noch Kontakt mit ihr haben wolle, sondern seine Lehre im
D.________ abschliessen und dort in der Wohngruppe bleiben wolle. Er brauche
sicher bis Ende der Lehre weiterhin einen Beistand. Die KESB X.________ teilte
der KESB des Kantons Schaffhausen am 24. Januar 2014 mit, dass die
Beistandschaft für A.________ mit der Volljährigkeit von Gesetzes wegen
aufgehoben werde, es aber sinnvoll sei, bis zur Beendigung der Lehre eine
Erwachsenenschutzmassnahme anzuordnen. Dafür sei die KESB des Kantons
Schaffhausen zuständig, da A.________ seinen Wohnsitz seit Oktober 2013 in
W.________ (SH) habe.

B.

B.a. Am xx.xx.2014 wurde A.________ volljährig. Auf diesen Zeitpunkt hin
schloss die KESB X.________ die Beistandschaft für A.________ förmlich ab
(Beschluss vom 18. Februar 2014).

B.b. Die KESB des Kantons Schaffhausen lud A.________ am 7. Februar 2014 zu
einer Besprechung seines Unterstützungsbedarfs ein. A.________ bestätigte sein
zuvor schon gegenüber der KESB X.________ geäussertes Anliegen mit Schreiben
vom 21. Februar 2014 und ergänzte, er wolle die Wochenenden im D.________ oder
bei seiner Pflegefamilie in T.________ verbringen. Die KESB des Kantons
Schaffhausen sagte den Besprechungstermin am 26. Februar 2014 wieder ab, weil
sie sich als örtlich nicht zuständig erachtete. Sie teilte der KESB Y.________
am 5. März 2014 mit, ihrer Ansicht nach habe A.________ einen selbstständigen
Wohnsitz in V.________ (SG) begründet. Die KESB Y.________ bestritt ihre
Zuständigkeit, da der Aufenthalt im Jugendheim D.________ zu Ausbildungszwecken
keinen Wohnsitz in V.________ (SG) begründe.

B.c. Mangels Einigung unterbreitete die KESB des Kantons Schaffhausen die Frage
der Zuständigkeit am 19. März 2014 dem Obergericht als kantonaler
Beschwerdeinstanz. Zur Stellungnahme eingeladen, beharrte die KESB Y.________
auf ihrer Unzuständigkeit.

B.d. Am 26. Mai 2014 erliess die Gemeinde U.________ (TG) eine
Gefährdungsmeldung an die KESB des Kantons Schaffhausen, zumal A.________ seine
Lehre abgebrochen habe, auf sich allein gestellt sei und nur über eine
Notunterkunft (keinen Wohnsitz) bei der Familie verfüge, bei der er für die
Wochenenden platziert gewesen sei. Sie ersuchte dringend um Anordnung einer
Beistandschaft. Die KESB des Kantons Schaffhausen leitete das Gesuch an die am
Aufenthaltsort zuständige KESB Z.________ weiter, die auf eine
Erwachsenenschutzmassnahme verzichtete mit der Begründung, die Gemeinde
U.________ (TG) berate und unterstütze A.________ im Rahmen der freiwilligen
Sozialarbeit.

B.e. Mit Entscheid vom 21. Oktober 2014 stellte das Obergericht des Kantons
Schaffhausen fest, dass die KESB des Kantons Schaffhausen zur Errichtung einer
Beistandschaft für A.________ nicht zuständig sei. Es überwies die Sache zur
weiteren Prüfung an die für das im Februar 2014 eingeleitete Verfahren als
zuständig erscheinende KESB Y.________ und teilte den Entscheid zusätzlich der
KESB Z.________ mit.

C. 
Mit Eingabe vom 24. November 2014 beantragen der Kanton St. Gallen
(Beschwerdeführer) und die KESB Y.________ (Beschwerdeführerin) dem
Bundesgericht, es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin für das im
Februar 2014 eingeleitete erwachsenenschutzrechtliche Verfahren in Sachen
A.________ nicht zuständig ist, und es sei die für A.________ per Februar 2014
zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde zu bestimmen. Unter
"Prozessuales" beantragen die Beschwerdeführer eventualiter, dass die
Beschwerde als Klage des Kantons St. Gallen gegen den Kanton Schaffhausen
entgegenzunehmen sei (S. 5 Ziff. 6 der Beschwerdeschrift). Es sind die
kantonalen Akten, hingegen weder von der KESB des Kantons Schaffhausen
(Beschwerdegegnerin) noch vom Kanton Schaffhausen Vernehmlassungen eingeholt
worden.

Erwägungen:

1. 
Streitigkeiten zwischen Kantonen über die Zuständigkeit ihrer
Vormundschaftsbehörden zur Weiterführung einer Beistandschaft hat das
Bundesgericht bisher auf Klage hin entschieden (Art. 120 Abs. 1 lit. b BGG; BGE
137 III 593 E. 1.1 S. 594 f.). Es stellt sich die Frage, ob das am 1. Januar
2013 in Kraft getretene Erwachsenenschutzrecht (Art. 360 ff. ZGB; AS 2011 725,
S. 767) daran etwas geändert hat. Sollte es eine Behörde zum Erlass einer
Verfügung über die interkantonale Zuständigkeit von Erwachsenenschutzbehörden
ermächtigen, dann ist die Klage unzulässig und gegen die Verfügung
letztinstanzlich die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 120 Abs. 2
BGG).

2. 
Eine Verfügungskompetenz der gerichtlichen Beschwerdeinstanz in Fragen der
interkantonalen Zuständigkeit leiten die Beschwerdeführer aus Art. 444 ZGB ab.
Streitig ist dessen Auslegung (E. 3), aber auch die Auslegung von Art. 120 Abs.
2 BGG (E. 4). Massgebend für jede Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut
der fraglichen Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene
Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung
gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind
(Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf die Entstehungsgeschichte,
auf den Zweck der Norm, auf die ihr zugrunde liegenden Wertungen und auf den
Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Gesetzesmaterialien sind zwar
nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, den Sinn der Norm
zu erkennen. Nach der Rechtsprechung darf die Auslegung vom klaren Wortlaut
eines Rechtssatzes nur dann abweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen,
dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche triftigen
Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus dem Sinn und Zweck der
Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen ergeben.
Entscheidend ist danach nicht der vordergründig klare Wortlaut einer Norm,
sondern der wahre Rechtssinn, welcher durch die anerkannten Regeln der
Auslegung zu ermitteln ist (BGE 140 III 289 E. 2.1 S. 292).

3. 
Die Auslegung von Art. 444 ZGB ergibt Folgendes:

3.1. Mit der Marginalie "Prüfung der Zuständigkeit" bestimmt Art. 444 ZGB, dass
die Erwachsenenschutzbehörde ihre Zuständigkeit von Amtes wegen prüft (Abs. 1),
und die Sache, soweit sie sich nicht für zuständig hält, unverzüglich der
Behörde überweist, die sie als zuständig erachtet (Abs. 2). Zweifelt sie an
ihrer Zuständigkeit, so pflegt sie einen Meinungsaustausch mit der Behörde,
deren Zuständigkeit in Frage kommt (Abs. 3). Kann im Meinungsaustausch keine
Einigung erzielt werden, so unterbreitet die zuerst befasste Behörde die Frage
ihrer Zuständigkeit der gerichtlichen Beschwerdeinstanz (Abs. 4). Der Wortlaut
für sich allein lässt nicht auf eine Kompetenz der gerichtlichen
Beschwerdeinstanz schliessen, mit bindender Wirkung über die Zuständigkeit
einer anderen Erwachsenenschutzbehörde als derjenigen, die sie angerufen hat,
zu entscheiden. Denn die Erwachsenenschutzbehörde prüft "ihre Zuständigkeit"
(Abs. 1: "sa compétence"; "la propria competenza") und unterbreitet "die Frage
ihrer Zuständigkeit" (Abs. 4: "la question de sa compétence"; "la questione
della propria competenza") der gerichtlichen Beschwerdeinstanz. Der
Prüfungsgegenstand ändert im Verlaufe des Verfahrens nicht.

3.2. Die Entstehungsgeschichte der Bestimmung belegt freilich, dass nicht
restlos klar war, was die Erwachsenenschutzbehörde der gerichtlichen
Beschwerdeinstanz unterbreitet.

3.2.1. Der Bericht mit Vorentwurf (VE) für ein Bundesgesetz über das Verfahren
vor den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden vom Juni 2003 wollte, dass die
gerichtliche Aufsichtsbehörde inner- und auch interkantonale Kompetenzkonflikte
entscheidet (Art. 4 VE) und deren Entscheid mit der eidgenössischen Berufung
angefochten werden kann (Art. 60 VE). Der nach damaligem Recht bestehende Weg
der staatsrechtlichen Klage wurde zur Erledigung von interkantonalen
Kompetenzkonflikten zwischen Erwachsenenschutzbehörden als langwierig,
kompliziert und schwerfällig und insgesamt als unzweckmässig erachtet (S. 10
des Berichts zu Art. 4 VE). Der Bericht mit Vorentwurf sah eine Ergänzung des
Bundesrechtspflegegesetzes (OG) betreffend Entscheide in
Kompetenzstreitigkeiten vor. Danach war zulässiges Bundesrechtsmittel die
Berufung und zur Berufung befugt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde,
welche ihre Zuständigkeit behauptet oder bestreitet und vor der letzten
kantonalen Instanz unterlegen ist (S. 38 f. des Berichts zu Art. 60 VE). Im
Vernehmlassungsverfahren wurde die Regelung betreffend inner- und
interkantonale Kompetenzkonflikte als teilweise unklar bezeichnet und eine
Ergänzung bzw. Überarbeitung angeregt (Zusammenstellung der Vernehmlassungen:
Vorentwurf für ein Bundesgesetz über das Verfahren vor den Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörden, Oktober 2004, S. 29 und S. 130 ff.).

3.2.2. Die Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht) vom 28. Juni 2006 hat auf
das Verfahrensgesetz verzichtet, die darin enthaltenen wesentlichen
Verfahrensgrundsätze jedoch für den Kindes- und Erwachsenenschutz im Sinn eines
bundesrechtlich vereinheitlichten gesamtschweizerischen Standards im
Zivilgesetzbuch verankern wollen (BBl 2006 7001 S. 7022 Ziff. 1.3.10). Wie im
Vorentwurf sollten die inner- und interkantonalen Kompetenzkonflikte geregelt
werden. Laut Botschaft bindet der Zuständigkeitsentscheid der angerufenen
Beschwerdeinstanz grundsätzlich auch die Behörde des anderen Kantons, der
unterliegende Kanton ist jedoch berechtigt, gegen diesen Entscheid beim
Bundesgericht zivilrechtliche Beschwerde zu führen (BBl 2006 7001 S. 7076 f. zu
Art. 444). Der Entwurf sah in Art. 444 Abs. 4 vor, dass die zuerst befasste
Behörde "die Angelegenheit" ("l'affaire"; "la controversia") der gerichtlichen
Beschwerdeinstanz unterbreitet, wenn im Meinungsaustausch keine Einigung
erzielt werden kann (BBl 2006 7139 S. 7163).

3.2.3. Auf Antrag seiner Kommission beschloss der Ständerat den Wortlaut von
Art. 444 Abs. 4 des Entwurfs dahin gehend zu ändern, dass die zuerst befasste
Behörde "die Frage ihrer Zuständigkeit" ("la question de sa compétence") der
gerichtlichen Beschwerdeinstanz unterbreitet. Für die Kommission erläuterte
Ständerat Bonhôte die Präzisierung mit den Worten: "l'instance judiciaire de
recours doit bien trancher la question de la compétence et non le fond en
l'occurence" (AB 2007 S 840). Der Nationalrat stimmte dem Beschluss des
Ständerates diskussionslos zu (AB 2008 N 1539). Beweggrund für die Präzisierung
des Ständerats war indessen nicht so sehr die Sorge, dass die gerichtliche
Beschwerdeinstanz über die Zuständigkeitsfrage hinaus gleich in der Sache
entscheidet. Vielmehr ist es offenbar darum gegangen, dass die
Beschwerdeinstanz des einen Kantons nur über die Nichtzuständigkeit der Behörde
ihres eigenen Kantons verbindlich entscheiden, hingegen nicht einem anderen
Kanton die Zuständigkeit vorschreiben kann (so mit Hinweis auf Prot. Komm. SR,
27./28.8.2007, S. 31 f.: Hermann Schmid, Erwachsenenschutz, Kommentar, 2010, N.
3 zu Art. 444 ZGB).

3.3. Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass zumindest die
Meinungsbildung in der ständerätlichen Kommission für Rechtsfragen und
anschliessend in den Räten den heutigen Wortlaut von Art. 444 Abs. 4 ZGB als
bewusst gewollt bestätigt. Dieser Wortlaut lässt für sich allein nicht auf eine
Kompetenz der gerichtlichen Beschwerdeinstanz schliessen, mit bindender Wirkung
über die Zuständigkeit einer anderen Erwachsenenschutzbehörde als derjenigen,
die sie angerufen hat, zu entscheiden. Für die Regelung interkantonaler
Kompetenzkonflikte bietet Art. 444 Abs. 4 ZGB von daher gesehen keine
eindeutige Gesetzesgrundlage.

3.4. Die Ansichten in der Lehre dazu sind freilich geteilt:

3.4.1. Eine Minderheit nimmt an, dass die Beschwerdeinstanz eines Kantons nur
über die Nichtzuständigkeit der Behörde des eigenen Kantons verbindlich
entscheiden kann ( SCHMID, a.a.O., N. 3, und DANIEL STECK, in: Andrea Büchler
et al., FamKomm Erwachsenenschutz, 2013, N. 11, und in: Daniel Rosch et al.,
Erwachsenenschutzrecht, 2. Aufl. 2015, N. 10, je zu Art. 444 ZGB).

3.4.2. Nach der Mehrheitsmeinung entscheidet die zuerst angerufene gerichtliche
Beschwerdeinstanz auch in Fragen der interkantonalen Zuständigkeit und ist der
unterliegende Kanton berechtigt, den Entscheid mit der Beschwerde in
Zivilsachen anzufechten. An diesem Grundsatz, der die Logik und Einfachheit für
sich hat, ändert auch die ständerätliche Präzisierung des Wortlautes nichts (so
FRANÇOIS BOHNET, Autorités et procédure en matière de protection de l'adulte,
in: Olivier Guillod et al., Le nouveau droit de la protection de l'adulte,
2012, S. 78 N. 121 f., und AUER/MARTI, B asler Kommentar, 2014, N. 28 zu Art.
444 ZGB; gl.M. MEIER/LUKIC, Introduction au nouveau droit de la protection de
l'adulte, 2011, N. 104 S. 48; PATRICK FASSBIND, Erwachsenenschutz, 2012, S.
107; HÄFELI, Grundriss zum Erwachsenenschutzrecht, 2013, N. 31.12 S. 277 f.;
STEINAUER/FOUNTOULAKIS, Droit des personnes physiques et de la protection de
l'adulte, 2014, N. 1085b S. 481; je mit Hinweisen, vorab auf die Botschaft).

3.4.3. Vereinzelt wird hervorgehoben, dass dem unterlegenen Kanton die
Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offen steht, die Klage nach Art.
120 Abs. 1 lit. b BGG hingegen nicht mehr zulässig ist ( KOKES [ Hrsg.],
Praxisanleitung Erwachsenenschutzrecht, 2012, Rz. 189 S. 30; gl.M. WURZBURGER,
Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 10, und SPÜHLER, Bundesgerichtsgesetz.
Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 15, je zu Art. 120 BGG).

3.5. Das Bundesgericht hat sich mit der Frage noch nicht befasst. Entgegen
vereinzelter Lehrmeinungen betrifft BGE 137 III 593 die Bestimmung der
interkantonal zuständigen Vormundschaftsbehörde und damit einen altrechtlichen
Fall. Das Bundesgericht hat darauf ausdrücklich hingewiesen und festgehalten,
dass im zu beurteilenden Fall die neue Regelung über die Prüfung der
Zuständigkeit gemäss Art. 444 ZGB nicht anwendbar ist, wonach laut Botschaft
interkantonale Zuständigkeitskonflikte nicht mehr auf dem Klageweg dem
Bundesgericht, sondern der kantonalen gerichtlichen Beschwerdeinstanz
unterbreitet werden sollen, deren Entscheid wiederum mit Beschwerde in
Zivilsachen vor Bundesgericht angefochten werden kann (BGE 137 III 593 E. 1.2
S. 595 mit Hinweis auf die Botschaft, BBl. 2006 7001 S. 7076 f. zu Art. 444).
In der blossen Wiedergabe des Botschaftstextes liegt keine Stellungnahme zur
vorliegenden Streitfrage. Klar Stellung genommen hat hingegen das
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Im veröffentlichten Urteil vom 3.
Dezember 2013 erklärte es die KESB Glarus für zuständig zur Fortführung von
bereits angeordneten Kindesschutzmassnahmen und verpflichtete die KESB Glarus
zur Übernahme der Beistandschaft (SOG 2013 Nr. 4 S. 18 ff.).

4. 
Die Subsidiarität der Klage gegenüber der Beschwerde setzt gemäss Art. 120 Abs.
2 BGG voraus, dass eine Behörde ermächtigt ist, durch Verfügung zu entscheiden,
und dass sich diese Ermächtigung aus einem anderen Bundesgesetz als dem BGG
ergibt.

4.1. Aus dem Wortlaut von Art. 120 BGG kann geschlossen werden, dass das
Bundesgericht die in Abs. 1 genannten Kompetenzkonflikte und Streitigkeiten auf
Klage als einzige Instanz beurteilt, ausser der Tatbestand gemäss Abs. 2 ist
erfüllt. Dieser Ausschluss der Klage gemäss Art. 120 Abs. 2 BGG wurde erst im
Ständerat auf Antrag der Kommission für Rechtsfragen diskussionslos in die
Vorlage aufgenommen (AB 2003 S 913) und im Nationalrat diskussionslos
verabschiedet (AB 2004 N 1615). Die Entstehungsgeschichte liegt insoweit im
Dunkeln. Ohne Vorbild war die Regelung indessen nicht. Der Grundsatz der
Subsidiarität der Klage galt bereits im Bundesrechtspflegegesetz von 1943 ( VON
WERDT, in: Hansjörg Seiler/Nicolas von Werdt/Andreas Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 18 zu Art. 120 BGG). In diesem Sinne
beurteilte das Bundesgericht gemäss Art. 83 lit. b OG in der ursprünglichen
Fassung eine Klage in staatsrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kantonen nur,
wenn eine Kantonsregierung seinen Entscheid anruft und nicht nach besondern
bundesgesetzlichen Vorschriften der Bundesrat zuständig ist (BS 3 531, S. 554),
d.h. die Befugnis zur Entscheidung nicht durch eine ausdrückliche oder sich aus
der Ordnung unmittelbar ergebende Vorschrift eines Bundesgesetzes dem Bundesrat
übertragen ist ( BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, 1950, S. 301 Ziff. III/1).
Praxisgemäss war in Streitigkeiten zwischen Vormundschaftsbehörden
verschiedener Kantone die staatsrechtliche Klage gemäss Art. 83 lit. e OG
ausgeschlossen, wenn der Vormundschaftsbehörde ein Beschwerderecht zukam (z.B.
Art. 378 Abs. 2 ZGB in der Fassung von 1907/12; AS 24 233, S. 331) und gegen
den Beschwerdeentscheid das ordentliche zivilrechtliche Rechtsmittel zur
Verfügung stand (BGE 81 I 43 E. 1 S. 44 ff.; 131 I 266 E. 2.2 S. 268).

4.2. Im Verhältnis zwischen Bundesbehörden und Kantonen sehen verschiedene
Bundesgesetze im Sinne von Art. 120 Abs. 2 BGG vor, dass eine Bundesbehörde
ermächtigt ist, gegenüber einem Kanton einen Kompetenzkonflikt oder eine
Streitigkeit durch eine Verfügung verbindlich zu entscheiden, die der Kanton
auf dem Beschwerdeweg anzufechten berechtigt ist (z.B. Art. 108 des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer, DBG, SR 642.11, betreffend
Feststellung des Veranlagungsortes; für weitere Beispiele mit Hinweisen auf die
Rechtsprechung: WURZBURGER, a.a.O., N. 16 zu Art. 120 BGG). Im Verhältnis
zwischen Bundesbehörden und Kantonen ist die Klage insoweit nur einschränkend
zuzulassen und der Beschwerdeweg vorzuziehen (BGE 136 IV 139 E. 2.4 S. 143).
Als heikel erscheinen dagegen Verfügungskompetenzen im Verhältnis zwischen den
Kantonen. Der Kanton kann gegenüber dem andern Kanton nicht hoheitlich handeln.
Abweichende bundesgesetzliche Regelungen im Sinne von Art. 120 Abs. 2 BGG sind
im Verhältnis unter den Kantonen wenig sachgerecht und kaum vorstellbar (
KIENER, Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, in: Pierre
Tschannen [Hrsg.], Neue Bundesrechtspflege, BTJP 2006, 2007, S. 222 f.; MOOR/
POLTIER, Droit administratif, vol. II: Les actes administratifs et leur
contrôle, 3. Aufl. 2011, S. 681). Denn in einem Bundesstaat ist es von
zentraler Bedeutung, dass die Kantone als souveräne Gliedstaaten ihre
Streitigkeiten untereinander direkt vor dem Bundesgericht als neutrale Instanz
in einem Verfahren anhängig machen können, welches die Gleichberechtigung der
Parteien sicherstellt. Dies entspricht denn auch der ratio legis von Art. 120
BGG (Urteil 2E_3/2009 und 2E_4/2009 vom 11. Juli 2011 E. 2.1).

4.3. Mit Blick auf die rechtsstaatlichen Bedenken müssen an die
Gesetzesgrundlage im Sinne von Art. 120 Abs. 2 BGG hohe Anforderungen gestellt
werden, wenn es um das Verhältnis zwischen Kantonen geht. Anwendungsfälle sind
selten und betreffen nicht die Einräumung eigentlicher Verfügungskompetenzen an
einen Kanton für die Erledigung der in Art. 120 Abs. 1 BGG genannten
Kompetenzkonflikte und Streitigkeiten mit einem anderen Kanton, sondern
Anfechtungsverfahren ohne Vorliegen einer Verfügung. Wie erwähnt (E. 4.1),
räumte Art. 378 ZGB des Vormundschaftsrechts von 1907/12 der
Vormundschaftsbehörde der Heimat im Verhältnis zur Vormundschaftsbehörde am
Wohnsitz ihres Angehörigen in einem anderen Kanton ein Beschwerderecht ein. Ein
Beispiel für ein Anfechtungsverfahren findet sich im Bundesgesetz über die
Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG, SR
851.1) einlässlich geregelt. Der Wohn- oder der Aufenthaltskanton, der vom
Heimatkanton die Rückerstattung von Unterstützungskosten verlangt, zeigt diesem
den Unterstützungsfall an (Art. 31 Abs. 1 ZUG). Wenn ein Kanton den Anspruch
auf Kostenersatz nicht anerkennt, muss er beim fordernden Kanton Einsprache
erheben (Art. 33 Abs. 1 ZUG). Anerkennt der fordernde Kanton die Einsprache
nicht, so muss er sie unter Angabe der Gründe und ausdrücklicher Anrufung
dieses Artikels abweisen (Art. 34 Abs. 1 ZUG), und der Abweisungsbeschluss wird
rechtskräftig, wenn der einsprechende Kanton nicht bei der zuständigen
richterlichen Behörde des Kantons Beschwerde erhebt (Art. 34 Abs. 2 ZUG). Das
Verfahren kommt somit ohne hoheitliche Verfügung aus, doch hat die Anzeige im
Sinne von Art. 31 Abs. 1 ZUG insofern rechtsgestaltende Wirkung, als sie den
Kanton, an den sie gerichtet ist, rechtskräftig zum Kostenersatz verpflichtet,
wenn dieser nicht Einsprache erhebt und einen allfälligen Abweisungsbeschluss
nicht mit Beschwerde bei der kantonalen Gerichtsbehörde und zuletzt beim
Bundesgericht anficht (BGE 136 V 351 E. 2 S. 352 ff.).

4.4. Ein vergleichbares Anfechtungsverfahren, geschweige denn die Einräumung
einer Verfügungskompetenz in interkantonalen Kompetenzkonflikten, wird mit Art.
444 ZGB nicht geschaffen. Wenn die Erwachsenenschutzbehörde ihre Zuständigkeit
von Amtes wegen prüft und die Frage ihrer Zuständigkeit der gerichtlichen
Beschwerdeinstanz unterbreitet, ist in deren Entscheid vom Gesetzeswortlaut her
keine Verfügung über die Zuständigkeit einer anderen Erwachsenenschutzbehörde
in einem anderen Kanton zu erblicken. Auch die Überweisung der Sache im Sinne
von Art. 444 Abs. 2 ZGB an die Erwachsenenschutzbehörde hat keinerlei
rechtsgestaltende oder bindende Wirkung und überlässt es der
Erwachsenenschutzbehörde, ob sie die Sache an die Hand nehmen oder an eine
andere Behörde weiter überweisen will oder ob sie einen Meinungsaustausch mit
der anderen Behörde über die Zuständigkeit durchführen und im Fall der
Uneinigkeit die Frage ihrer Zuständigkeit der gerichtlichen Beschwerdeinstanz
unterbreiten will ( BOHNET, a.a.O., S. 77 N. 119; AUER/MARTI, a.a.O., N. 17 zu
Art. 444 ZGB). Aus den erwähnten rechtsstaatlichen Gründen bedürfte es einer
klaren und eindeutigen Gesetzesgrundlage, wenn die gerichtliche
Beschwerdeinstanz des einen Kantons die Zuständigkeit einer
Erwachsenenschutzbehörde in einem anderen Kanton mit bindender Wirkung soll
bestimmen dürfen. Daran fehlt es Art. 444 Abs. 4 ZGB.

4.5. Abstriche von den Anforderungen an die Gesetzesgrundlage im Sinne von Art.
120 Abs. 2 BGG rechtfertigen die von der Lehre angeführten
verfahrensökonomischen Überlegungen nicht, die für die Beschwerde in
Zivilsachen und gegen die Klage in interkantonalen Zuständigkeitsstreitigkeiten
sprechen sollen.

4.5.1. Eingewendet wird, die Ermittlung des Sachverhalts im Klageverfahren sei
aufwändig und schwerfällig. Weshalb dies so sein sollte, ist nicht recht
einzusehen. Das Bundesgericht hat im Fall einer Klage die genau gleichen
Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhalts, wie sie für eine verfügende Behörde
bestehen (vgl. nur Art. 36 ff. BZP i.V.m. mit Art. 120 Abs. 3 BGG). Es kommt
hinzu, dass in interkantonalen Zuständigkeitskonflikten die Tatsachengrundlage
häufig unbestritten ist und über den Beizug der Akten hinaus oftmals keiner
weiteren Beweiserhebung bedarf (z.B. BGE 137 III 593 E. 2 S. 596; 129 I 419 E.
2.1 S. 421). Zu berücksichtigen ist auch, dass gemäss Art. 444 Abs. 4 ZGB
bereits eine gerichtliche Beschwerdeinstanz den für die Zuständigkeit
massgebenden Sachverhalt abgeklärt hat.

4.5.2. Der Klageweg hat gegenüber dem Beschwerdeweg einen Vorteil, was die
Beteiligung Dritter angeht. Ohne Änderung der heute geltenden Rechtsprechung
sind Streitverkündung und Nebenintervention im Verfahren der Beschwerde in
Zivilsachen vor Bundesgericht nicht zulässig (Urteil 4A_360/2012 vom 3.
Dezember 2012 E. 1), im Klageverfahren hingegen ausdrücklich vorgesehen (Art.
15 f. BZP i.V.m. Art. 120 Abs. 3 BGG). Ein Interesse an einer Teilnahme könnte
der vom Entscheid unmittelbar betroffene A.________ haben, der an einem
Verfahren gemäss Art. 444 ZGB nicht beteiligt ist ( AUER/MARTI, a.a.O., N. 29
zu Art. 444 ZGB; BOHNET, a.a.O., S. 78 f. N. 123). Soweit er ein eigenes
rechtliches Interesse glaubhaft zu machen vermag, kann seine Intervention im
Klageverfahren zwischen Kantonen gerichtlich zugelassen werden ( WURZBURGER,
a.a.O., N. 8 zu Art. 120 BGG).

4.5.3. Der Klageweg hat gegenüber dem Beschwerdeweg den weiteren Vorteil, dass
die Rechtskraft des Urteils auf einen am kantonalen Verfahren gemäss Art. 444
Abs. 4 ZGB nicht beteiligten Dritten - hier den Kanton Thurgau - ausgedehnt
werden könnte. Immerhin steht aufgrund des Sachverhalts fest, dass A.________
seit September 2011 eine vertrauensvolle und tragfähige Beziehung zu einer
Pflegefamilie unterhält (Bst. A.b), bei der er sich nach Erreichen der
Volljährigkeit weiterhin aufzuhalten gedachte (Bst. B.b) und zu der er nach
Abbruch der Lehre auch sofort zurückgekehrt ist (Bst. B.d). Diese Pflegefamilie
wohnt im Kanton Thurgau, so dass ein Wohnsitz von A.________ daselbst und die
Zuständigkeit der thurgauischen Erwachsenenschutzbehörden nicht ohne weiteres
verneint werden können (vgl. D. STAEHELIN, Basler Kommentar, 2014, N. 16 und N.
19i zu Art. 23 ZGB). Ein Mehrparteienverfahren, das kantonal nicht bestanden
hat, lässt sich auf dem Klageweg einfacher als auf dem Beschwerdeweg
bewältigen, sei es, dass der klagende Kanton die Klagen häuft, oder sei es,
dass das Gericht zum Streite einen Dritten beilädt, der Partei wird (Art. 24
Abs. 2 BZP i.V.m. Art. 120 Abs. 3 BGG; VON WERDT, a.a.O., N. 22 zu Art. 120
BGG). Ohne Anpassung der Rechtsprechung wäre der Einbezug eines am Verfahren
bisher nicht beteiligten Dritten erst vor Bundesgericht im Rahmen einer
Beschwerde in Zivilsachen praktisch ausgeschlossen (vgl. Urteile 5A_372/2011
vom 4. Oktober 2011 E. 2.1.2 und 5A_809/2011 vom 15. März 2012 E. 2.3).

4.6. Die zugunsten des Beschwerdewegs angeführten Gründe der Verfahrensökonomie
erweisen sich bei näherer Betrachtung als nicht ganz stichhaltig. Gegen den
Klageweg wird mitunter auch die Gefahr eines dauerhaften negativen
Kompetenzkonfliktes heraufbeschworen, zumal in einem Fall wie dem vorliegenden,
wo drei Kantone die Zuständigkeit ihrer Erwachsenenschutzbehörden offenkundig
aus finanziellen Gründen ablehnen. Abgesehen davon, dass diese Gefahr
ungeachtet des zulässigen Rechtsweges bestehen kann, wird sie zum einen
beseitigt werden, sobald ein Kanton Geldleistungen im Rahmen der Sozialhilfe
erbringen muss und einem anderen Kanton weiterverrechnen will. Zum anderen
besteht wie im bisherigen Vormundschaftsrecht die Pflicht aller Behörden,
negative Kompetenzkonflikte möglichst zu vermeiden. Denn die Betreuungslücken,
die für den Schutzbefohlenen während der allenfalls langwierigen "Suche" nach
der zuständigen Behörde entstehen, müssen als Übel angesehen werden, das dem
Schutzzweck des Erwachsenenschutzrechts widerspricht. Das Wohl der
beistandsbedürftigen Person fordert vielmehr, dass die Wohnsitzregeln
unformalistisch ausgelegt werden ( SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 1984, N.
40 zu Art. 376 ZGB).

4.7. Insgesamt ist in Art. 444 Abs. 4 ZGB keine bundesgesetzliche Ermächtigung
im Sinne von Art. 120 Abs. 2 BGG zu erblicken, die es der gerichtlichen
Beschwerdeinstanz eines Kantons gestattete, die Zuständigkeit der
Erwachsenenschutzbehörde eines anderen Kantons mit bindender Wirkung zu
bestimmen, und die dadurch die Klage in Streitigkeiten über die interkantonale
Zuständigkeit von Erwachsenenschutzbehörden unzulässig machte. Den negativen
Kompetenzkonflikt zwischen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin
haben die jeweiligen Kantone auf dem Klageweg gemäss Art. 120 Abs. 1 lit. b BGG
auszutragen. Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.

5. 
Im Eventualantrag verlangen die Beschwerdeführer, ihre Eingabe als Klage des
Kantons St. Gallen gegen den Kanton Schaffhausen entgegenzunehmen.

5.1. Aus nachstehenden Gründen bleibt die Frage offen, ob Klage und Beschwerde
in der gleichen Rechtsschrift eingereicht werden dürfen (so KARLEN, Das neue
Bundesgerichtsgesetz, 2006, S. 64) oder in separaten Eingaben zu erheben sind
(so WURZBURGER, a.a.O., N. 15 a.E., und SPÜHLER, a.a.O., N. 15, je zu Art. 120
BGG).

5.2. Parteien des Klageverfahrens sind die Kantone. Deren prozessuale
Vertretung obliegt in der Regel der Regierung bzw. dem Regierungsrat als
oberster Exekutivbehörde, welche den Kanton von Verfassungs wegen nach aussen
vertritt (Art. 71 Abs. 2 KV/SG, sGS 111.1; Art. 67 lit. a KV/SH, RB 101.000;
BGE 136 IV 139 E. 1.3 S. 141; WURZBURGER, a.a.O., N. 8 zu Art. 120 BGG). Soweit
es zulässig ist, dass eine nachgeordnete Behörde namens des Kantons handelt,
hat sie ihre Vertretungsbefugnis explizit darzutun, sei es durch einen
entsprechenden speziellen Ermächtigungsbeschluss der Kantonsregierung oder
durch Angabe der sie zur Prozessführung namens des Kantons berechtigenden
kantonalen Vorschriften (vgl. BGE 137 V 143 E. 1.1 S. 145). Daran fehlt es hier
sowohl auf der Kläger- wie auf der Beklagtenseite. Denn es ist weder
ersichtlich noch dargetan, inwiefern der Kläger allein durch den Vorsteher des
Departementes des Innern und der Beklagte durch die kantonale KESB rechtsgültig
vertreten werden können, ganz abgesehen davon, dass auf der Beklagtenseite der
Kanton Schaffhausen in der Klageschrift förmlich nicht einmal als Partei
bezeichnet wird. Ein Anspruch auf Ergänzung und Verbesserung dieses Mangels der
Klagebegründung besteht nicht (Art. 1 Abs. 2 BZP i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und 5
BGG; BGE 134 II 244 E. 2.4 S. 247 f.).

5.3. Aus den dargelegten Gründen ist auf die Klage nicht einzutreten.

6. 
Auf die Beschwerde und auf die Klage kann nicht eingetreten werden.
Gerichtskosten sind gemäss Art. 66 Abs. 4 BGG nicht zu erheben. Eine
Parteientschädigung ist nicht geschuldet, da auch keine Vernehmlassungen
eingeholt wurden (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Auf die Klage wird nicht eingetreten.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
sowie dem Kanton Schaffhausen, vertreten durch den Regierungsrat (...), und der
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Z.________ (...) schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Januar 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: von Roten

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben