Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.898/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_898/2014

Urteil vom 18. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Leu,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Nichteröffnung Konkurs (Art. 190 SchKG),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Bern, Zivilabteilung, 2. Zivilkammer,
vom 13. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Am 20. Mai 2014 ersuchte die A.________ AG (Beschwerdeführerin) beim
Regionalgericht Oberland um Eröffnung des Konkurses über die B.________ AG
(Beschwerdegegnerin) gestützt auf Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG
(Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung wegen Zahlungseinstellung),
allenfalls gestützt auf Art. 190 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG (Konkurseröffnung ohne
vorgängige Betreibung wegen betrügerischer Handlungen). Mit Entscheid vom 8.
Juli 2014 wies das Regionalgericht das Gesuch ab.

B. 
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 21. Juli 2014 Beschwerde an das
Obergericht des Kantons Bern. Sie verlangte die Aufhebung des Entscheids des
Regionalgerichts und die Eröffnung des Konkurses über die Beschwerdegegnerin,
allenfalls die Rückweisung an das Regionalgericht. Mit Entscheid vom 13.
Oktober 2014 wies das Obergericht die Beschwerde ab.

C. 
Am 14. November 2014 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde in Zivilsachen an
das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt die Aufhebung des Entscheids des
Obergerichts und die Eröffnung des Konkurses über die Beschwerdegegnerin;
allenfalls sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen.

 Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist binnen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) ein kantonal
letztinstanzlicher Endentscheid des als Rechtsmittelinstanz urteilenden
Obergerichts (Art. 75 und Art. 90 BGG) in einer Konkurssache (Art. 72 Abs. 2
lit. a BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen steht ohne Rücksicht auf den
Streitwert zur Verfügung (Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG).

1.2. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f.
BGG geltend gemacht werden. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht
grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. für Ausnahmen Abs.
2 dieser Norm) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid
Recht verletzt. Es befasst sich aber nur mit formell ausreichend begründeten
Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104 f.). In der Begründung
ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht
verletzt. Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren
Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen
nicht (BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584 mit Hinweisen). Strengere Anforderungen
gelten bei der Rüge der Verletzung von Grundrechten. Entsprechende Rügen müssen
in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2
BGG; BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400 f.; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit
Hinweisen).

1.3. Der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn die Feststellung offensichtlich
unrichtig - d.h. willkürlich (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die
Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97
Abs. 1 BGG). Bei der Rüge der offensichtlich unrichtigen
Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE
134 II 244 E. 2.2 S. 246; 137 II 353 E. 5.1 S. 356). Das Bundesgericht prüft in
diesem Fall nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte
Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es
nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen).

 Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich
(Art. 9 BV), wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels
offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und
entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf
der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen
gezogen hat. Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der
eigenen Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen, belegt keine Willkür
(BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen).

2. 
Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
durch das Regionalgericht.

2.1. Vor Obergericht hatte die Beschwerdeführerin diesbezüglich geltend
gemacht, das Regionalgericht habe das rechtliche Gehör verletzt, indem es ihr
an der Konkursverhandlung nicht ermöglicht habe, auf eine 41-seitige
schriftliche Stellungnahme und 24 Beilagen der Beschwerdegegnerin angemessen zu
reagieren.

 Das Obergericht hat erwogen, dass die Beschwerdeführerin entgegen ihren
Behauptungen (prozess-) rechtlich nicht gänzlich unerfahren sei. Dies ergebe
sich aus ihren Eingaben, in denen sie sich z.B. zur Legitimation, zum
Untersuchungsgrundsatz oder zur Beweislast äussere, und die sie teilweise mit
bundesgerichtlicher Rechtsprechung und Lehrmeinungen unterlegt habe. Von einer
rechtlich unerfahrenen Partei wären solch detaillierte Darlegungen nicht zu
erwarten. Die Beschwerdeführerin sei auf dem Papier an der Konkursverhandlung
zwar nicht anwaltlich vertreten gewesen, faktisch indes im Rahmen des
regionalgerichtlichen und des obergerichtlichen Verfahrens durch Rechtsanwalt
C.________ unterstützt und beraten worden. Dieser habe im Übrigen sowohl das
Regional- wie das Obergericht mit verschiedenen Unterlagen bedient bzw. zu
bedienen versucht und die Beschwerdeführerin habe dem Regionalgericht als
alternative Zustelladresse das "befreundete" Anwaltsbüro D.________ E.________
C.________ genannt.

 Was die fragliche Konkursverhandlung betreffe, so habe der Rechtsvertreter der
Beschwerdegegnerin den schriftlich eingereichten Parteivortrag an der
Verhandlung mündlich in voller Länge vorgelesen. Die Beschwerdeführerin habe
damit seinen Inhalt gekannt. Unmittelbar im Anschluss an den ersten
Parteivortrag sei ihr das Replikrecht gewährt worden, das sie wahrgenommen
habe. Im Rahmen der Parteibefragung sei der Beschwerdeführerin wiederum das
Fragerecht gewährt worden, das sie aber nicht wahrgenommen habe. Das
Beweisverfahren sei erst geschlossen worden, nachdem die von der
Beschwerdegegnerin eingereichten Unterlagen zu den Akten erkannt worden seien
und die Parteien auf weitere Beweisanträge oder -massnahmen und
Verfahrensanträge verzichtet hätten. Die Beschwerdeführerin hätte ohne weiteres
an der Verhandlung die eingereichten Beweismittel einsehen oder Kopien und die
nötige Zeit für eine Reaktion verlangen können. Stattdessen sei sie bezüglich
der eingereichten Dokumente während der ganzen Verhandlung passiv geblieben.
Ausserdem habe sie auf einen zweiten Parteivortrag verzichtet. Nachdem die
Parteien auf die zweiten Parteivorträge verzichtet hätten, habe die Vorinstanz
die Akten schliessen dürfen. Durch ihr Verhalten habe die Beschwerdeführerin
dem Gericht stillschweigend zu erkennen gegeben, dass sie kein Interesse an der
Einsicht in die eingereichten Unterlagen habe. Ansonsten wäre zu erwarten
gewesen, dass sie an der Verhandlung zumindest sinngemäss Einsicht verlangt
hätte.

2.2. Vor Bundesgericht hält die Beschwerdeführerin daran fest, dass sie
prozessunerfahren und nicht anwaltlich vertreten sei. Der obergerichtlichen
Feststellung über die Unterstützung und Beratung durch Rechtsanwalt C.________
hält sie jedoch nichts Konkretes entgegen. Stattdessen beschränkt sie sich
darauf, die obergerichtlichen Feststellungen über ihre Prozesserfahrung als
Mutmassungen abzutun, die sich bloss auf einige juristisch einigermassen
qualifizierte Äusserungen in ihren Eingaben stützten. Darauf ist nicht
einzutreten. Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, jedenfalls im
entscheidenden Zeitraum, nämlich während der Konkursverhandlung, sei sie nicht
anwaltlich vertreten gewesen. Dies trifft zwar zu, ist jedoch nicht
entscheidend: Sie muss sich nämlich allgemein den Eindruck zurechnen lassen,
prozesserfahren zu sein. Da sich die Beschwerdeführerin nie formell durch einen
Rechtsanwalt vertreten liess, kann nicht aufgeschlüsselt werden, ob und
inwiefern der entsprechende Eindruck einzig dem Wirken von Rechtsanwalt
C.________ im Hintergrund geschuldet ist oder ob ihre statutarischen Organe
dazu beigetragen haben. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Erwägung
des Regionalgerichts (unter Hinweis auf den Handelsregistereintrag), wonach die
Beschwerdeführerin ein Finanzdienstleistungsunternehmen sei und bereits deshalb
über (prozess-) rechtliche Kenntnisse verfügen müsse. Die Beschwerdeführerin
behauptet sodann selber nicht, sie habe etwa an der Konkursverhandlung darauf
hingewiesen, sie habe bisher im Hintergrund anwaltliche Unterstützung gehabt,
müsse darauf aber in der Verhandlung verzichten und verfüge selber über keine
prozessuale Erfahrung. Die Vorinstanzen durften demnach zu Recht davon
ausgehen, die Beschwerdeführerin sei nicht gänzlich (prozess-) rechtlich
unerfahren. Da die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang
mit der Gehörsrüge auf der gegenteiligen Annahme ihrer Prozessunerfahrenheit
beruhen, braucht auf sie nicht eingegangen zu werden.

3. 
Umstritten ist sodann, ob über die Beschwerdegegnerin wegen Zahlungseinstellung
(Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG) oder betrügerischer Handlungen zum Nachteile
der Gläubiger (Art. 190 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG) der Konkurs zu eröffnen ist.

3.1. Das Obergericht hat zunächst allgemein erwogen, der Entscheid über die
Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung erfolge im summarischen Verfahren
(Art. 251 lit. a ZPO). Dem Zweck dieses Verfahrens entsprechend seien nur
sofort greifbare, liquide Beweismittel zulässig. Da das Gericht den Sachverhalt
von Amtes wegen festzustellen habe, gebe es zwar keine Beschränkung auf
bestimmte Beweismittel (Art. 254 Abs. 2 lit. c ZPO), doch stehe der
Urkundenbeweis im Vordergrund. Der antragstellende Gläubiger trage die
Beweislast für das Vorliegen eines materiellen Konkursgrundes, wobei das
Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit anzuwenden sei. Die
Beschwerdeführerin habe ihre kantonale Beschwerde im Wesentlichen damit
begründet, dass die Buchhaltungsunterlagen der Beschwerdegegnerin
offensichtlich falsch seien und ihre wahren wirtschaftlichen Verhältnisse
beschönigt darstellten. Sie mache in der Beschwerde umfangreiche technische
Ausführungen in buchhalterischer Hinsicht und betreffend das hoch komplexe und
verflochtene Verhältnis der Beschwerdegegnerin zu den im Konzern vorhandenen
Mutter- und Tochtergesellschaften. Ihre Begründung umfasse über zehn Seiten und
sei nicht leicht verständlich, so dass von einer offensichtlichen und leicht
erkennbaren Unrichtigkeit der Buchhaltungsunterlagen nicht gesprochen werden
könne. Um die finanzielle Situation im Konzern zweifelsfrei beurteilen zu
können, bedürfte es eines umfangreichen Beweisverfahrens (z.B.
Bewertungsgutachten, Einvernahme der Revisoren etc.), was den Rahmen des
Summarverfahrens sprengen würde. Eine Konkurseröffung ohne vorgängige
Betreibung könne jedoch nur in liquiden Fällen ausgesprochen werden,
anderenfalls seien die Gläubiger auf den Weg der ordentlichen Konkursbetreibung
zu verweisen.

 Zur Zahlungseinstellung hat das Obergericht erwogen, es bestünden hinreichende
Anhaltspunkte dafür, dass der Grossteil der in Betreibung gesetzten Forderungen
von rund Fr. 3,4 Mio. auf die Auseinandersetzung zwischen den Parteien
zurückzuführen sei. Die Beschwerdeführerin bzw. ihr Verwaltungsratsmitglied,
F.________, sei von Frühjahr 2012 bis anfangs März 2014 als Business Consultant
von der Beschwerdegegnerin beauftragt gewesen. Anfangs März 2014 sei ihr das
Mandat von der Beschwerdegegnerin mit sofortiger Wirkung entzogen worden. Erst
ab 11. März 2014, d.h. nach Auflösung des Auftragsverhältnisses, seien gehäuft
Betreibungen eingeleitet worden. Verlustscheine von früheren
Betreibungsverfahren lägen nicht vor. Über 90 % der betriebenen Forderungen
stammten von der Beschwerdeführerin bzw. F.________ und von Rechtsanwalt
C.________ sowie von Unternehmungen, in deren Verwaltungsrat die beiden sässen.
Die Beschwerdegegnerin bestreite diese Forderungen. Die von der
Beschwerdeführerin geltend gemachte und betriebene Forderung von rund Fr. 1,38
Mio. erscheine aufgrund der vorliegenden Unterlagen nur zu einem kleinen Teil
(Fr. 400'000.--) glaubhaft. Mit Kontoauszügen sei belegt, dass die
Beschwerdegegnerin von Januar bis Juni 2014 Zahlungen an die Gläubiger getätigt
habe. Die finanzielle Situation der Beschwerdegegnerin sei zwar angespannt,
doch lägen nicht genügend Anhaltspunkte für die Annahme einer
Zahlungseinstellung vor. Insbesondere liessen auch die Schreiben der
Geschäftspartnerin der Beschwerdegegnerin (G.________) nicht klar auf
Zahlungsunfähigkeit schliessen. Aus ihnen ergebe sich nur, dass die
Zusammenarbeit derzeit schwierig sei; von einer sofortigen Beendigung der
Zusammenarbeit sei nicht die Rede. Sodann seien die Ausführungen der
Beschwerdeführerin zur mutmasslichen Zahlungsunfähigkeit angesichts der
unübersichtlichen Konzernstruktur zu komplex, als dass darüber im
Summarverfahren befunden werden könnte. Schliesslich bestünden gewisse Hinweise
für eine Überschuldung der Beschwerdegegnerin. Für die Annahme eine
Zahlungseinstellung reichten diese Hinweise aber nicht. Die Konkurseröffnung
könne auch nicht mit einer Überschuldung alleine begründet werden, da diese
einen gesonderten Konkursgrund darstelle (Art. 725 ff. OR, Art. 192 SchKG) und
Gläubiger nicht zu einer Überschuldungsanzeige befugt seien.

 Zu den betrügerischen Handlungen hat das Obergericht erwogen, dass sich dafür
aufgrund der undurchsichtigen Konzernstruktur noch keine hinreichend klaren
Anhaltspunkte nachweisen liessen. Ein Strafverfahren befinde sich noch im
Anfangsstadium und sei offenbar derzeit einzig gegen natürliche Personen
gerichtet. Die Beschwerdeführerin und/oder F.________ seien bis vor kurzem
Business Consultants der Beschwerdegegnerin gewesen und hätten Mitverantwortung
für deren Aufbau getragen. Es erscheine wenig plausibel, dass die
Beschwerdegegnerin nur wenige Monate nach Auflösung des Auftragsverhältnisses
auf einmal betrügerisch handle. Die Beschwerdeführerin versuche, anhand der
Jahresrechnung 2013 und der Zwischenbilanz per 30. Juni 2014 auf betrügerische
Handlungen bzw. einen Prozessbetrug der Beschwerdegegnerin zu schliessen. Es
gelte jedoch das bereits zur Überprüfbarkeit von Buchhaltungsunterlagen im
Konzernverhältnis Gesagte. Die Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit einer
Bilanz müssten dem in buchhalterischen Fragen nicht sachkundigen Gericht im
Verfahren nach Art. 190 SchKG auffallen. Dies sei jedoch nicht der Fall, zumal
die Beschwerdeführerin selber für ihre entsprechenden Behauptungen umfassende
und komplexe Ausführungen habe machen müssen.

3.2.

3.2.1. Hinsichtlich der Zahlungseinstellung macht die Beschwerdeführerin
geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht einzig auf den
Betreibungsregisterauszug der Beschwerdegegnerin abgestellt, und die übrigen
Beweismittel weitgehend ausser Acht gelassen (namentlich den Jahresabschluss
per 31. Dezember 2013, den Zwischenabschluss per 30. Juni 2014 sowie
protokollierte Aussagen des Verwaltungsratsmitglieds der Beschwerdegegnerin).
Beispielsweise ergebe sich aus ihnen ohne weiteres, dass die Beschwerdegegnerin
im Urteilszeitpunkt mutmasslich fällige Verpflichtungen von mehreren
hunderttausend Franken hatte, dass sie offene Verpflichtungen in Millionenhöhe
hatte, die sie bestritt, aber nicht bilanzierte, und sie demnach die
Buchhaltungsgrundsätze der Vorsicht, Wahrheit und Vollständigkeit (Art. 958c
OR) verletzte, dass sie Liquiditätsreserven von lediglich ein paar hundert
Franken hatte, dass sie über keine laufenden Einnahmen verfügte, sie ihr
einziges Geschäftsmodell aufgrund eines Zerwürfnisses mit dem wichtigsten
Geschäftspartner (G.________) verloren hatte und die letzten nennenswerten
Zahlungen Ende Januar 2014 geleistet habe. Verfüge eine Gläubigerin über solche
Informationen und Belege, die aussagekräftiger als ein
Betreibungsregisterauszug seien, sei es ihr nicht zuzumuten, länger zuzuwarten.
Das Obergericht verkenne Sinn und Zweck von Art. 190 SchKG, nämlich den
Gläubigerschutz, wenn es etwa ausführe, dass im Zweifelsfall der Konkurs nicht
zu eröffnen sei.

 Es trifft zu, dass das Obergericht massgeblich auf den
Betreibungsregisterauszug abgestellt hat. Dass es damit den Zweck von Art. 190
SchKG verkannt bzw. die in diesem Rahmen zulässigen Beweismittel in
bundesrechtswidriger Weise beschränkt hätte, ist nicht ersichtlich. Letztlich
kritisiert die Beschwerdeführerin bloss die vorinstanzliche Beweiswürdigung.
Dabei setzt sie sich jedoch nicht vertieft mit den tatsächlichen, in erster
Linie am Betreibungsregisterauszug orientierten Erwägungen der Vorinstanz
auseinander. Insbesondere geht sie nicht auf die Gründe ein, weshalb sich das
Obergericht im Wesentlichen auf dieses Vorgehen beschränkt hat. So äussert sie
sich nicht dazu, dass im Summarverfahren einzig liquide Beweismittel zulässig
seien und dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu komplex seien, um in
diesem Verfahren behandelt zu werden. Stattdessen beschränkt sich die
Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf eine Darstellung des Sachverhalts aus
eigener Sicht und auf die Behauptung, aus den vor ihr genannten Beweismitteln
ergebe sich das von ihr behauptete Ergebnis ohne weiteres. Damit genügt sie den
Anforderungen an eine Willkürrüge nicht (oben E. 1.3).

3.2.2. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die Annahme des
Obergerichts sei willkürlich, dass bernische Konkursrichter in buchhalterischen
Fragen nicht fachkundig seien. Wahlvoraussetzung sei ein Anwalts- oder ein
bernisches Notariatspatent und beides setze Buchhaltungskenntnisse voraus.
Richter kennten demnach zumindest die elementaren Bilanzierungsgrundsätze und
könnten diese - gerade auch im Rahmen eines Summarverfahrens - anwenden.

 Dieser Einwand führt an den vorinstanzlichen Erwägungen vorbei. Das
Obergericht hat den Richtern nicht jegliche Buchhaltungskenntnisse
abgesprochen, sondern festgehalten, sie seien nicht Buchhaltungsexperten. Im
vorliegenden Fall sei die Sachlage so komplex, dass es eines buchhalterischen
Gutachtens und weiterer Beweismittel bedürfte, und das Summarverfahren sei
nicht geeignet, derart komplexe Fragen zu klären.

3.2.3. Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, das Obergericht habe
den Sachverhalt bei der Frage betrügerischer Handlungen willkürlich
festgestellt. Die Betrugshandlungen der Beschwerdegegnerin lägen auf der Hand.
Dabei handle es sich - neben den bereits genannten Punkten (oben E. 3.2.1) -
etwa um die Falschbehauptung, C.________ als Darlehensgläubiger sei im
Verhandlungszeitpunkt bezahlt, was aber effektiv erst einen Monat später
erfolgt sei, oder die Beschwerdegegnerin erwarte gestützt auf
Aktienkaufverträge Geldzuflüsse in siebenstelliger Höhe. In den vorgelegten
Bilanzen seien systematisch Forderungen nicht ausgewiesen worden. Sie (die
Beschwerdeführerin) habe ausführlich dargelegt, wie die Beschwerdegegnerin ihre
Buchhaltungen zu führen pflege. Zusammengefasst würden Erträge auf Stufe
Muttergesellschaft behalten, Aufwendungen in unbedeutende Tochtergesellschaften
verschoben und diese dadurch ausgehöhlt.

 Auch hier kritisiert die Beschwerdeführerin einzig die vorinstanzliche
Beweiswürdigung, indem sie ihre Sicht der Dinge darstellt, ohne sich
detailliert mit allen vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen. Im
Wesentlichen stützt sie ihre Willkürrüge bloss auf den bereits behandelten
Einwand, die bernischen Richter seien genügend buchhaltungskundig, um die
betrügerischen Machenschaften erkennen zu können (oben E. 3.2.2). Dies genügt
jedoch nicht, um darzutun, dass die gegenteilige Beurteilung durch die
Vorinstanzen im vorliegenden Fall willkürlich sein soll. Es fehlt eine
Auseinandersetzung mit der Erwägung, das Strafverfahren sei noch nicht genügend
weit gediehen, um entsprechende Rückschlüsse zuzulassen, oder mit der Erwägung,
die Mitverantwortung der Beschwerdeführerin für die Konzernstruktur der
Beschwerdegegnerin lasse eine plötzliche Verhaltensänderung unplausibel
erscheinen. Auch darauf kann nicht eingetreten werden.

4. 
Insgesamt ist die Beschwerde somit abzuweisen, soweit auf sie eingetreten
werden kann.

5. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Zivilabteilung, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Mai 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Zingg

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