Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.843/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_843/2014

Urteil vom 17. März 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ulrich Kohli
und/oder Rechtsanwalt Dr. Guido E. Urbach,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Bruhin
und/oder Rechtsanwältin Carmela Frey,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Definitive Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung,
vom 23. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Am 15. November 2013 ersuchte B.________ (fortan: Beschwerdegegner) das
Kantonsgericht Zug um definitive Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. xxx des
Betreibungsamts Zug für Fr. 100'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2011,
für Fr. 10'875.-- nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2011 und Fr. 34'908.65 nebst
Zins zu 5 % seit 23. August 2013. Die Gesuchsgegnerin A.________ AG (fortan:
Beschwerdeführerin) widersetzte sich dem Gesuch.

 Mit Entscheid vom 6. Januar 2014 erteilte das Kantonsgericht antragsgemäss
definitive Rechtsöffnung.

B. 
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen am 17. Januar 2014 Beschwerde an das
Obergericht des Kantons Zug. Sie verlangte die Aufhebung des angefochtenen
Entscheids und die vollumfängliche Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs.
Eventualiter sei die definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 34'908.65
zu gewähren, subeventualiter sei die Sache an das Kantonsgericht
zurückzuweisen. Zudem ersuchte sie um aufschiebende Wirkung, die vom
Obergericht gewährt wurde.

 Mit Urteil vom 23. September 2014 wies das Obergericht die Beschwerde ab.

C. 
Am 28. Oktober 2014 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde in Zivilsachen an das
Bundesgericht erhoben. Sie verlangt, das Urteil des Obergerichts sei
aufzuheben. Eventualiter sei die Sache an das Obergericht, subeventualiter an
das Kantonsgericht zurückzuweisen. Subsubeventualiter sei die Rechtsöffnung nur
für den Betrag von Fr. 34'908.65 zu gewähren. Ausserdem ersucht die
Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung.

 Das Obergericht hat gegen die Gewährung aufschiebender Wirkung keine Einwände
erhoben. Der Beschwerdegegner hat mit Eingabe vom 10. November 2014 Abweisung
des Gesuchs beantragt. Mit Präsidialverfügung vom 24. November 2011 ist der
Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

 Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen. In der Sache hat es keine
Vernehmlassungen eingeholt. Der Beschwerdegegner hat allerdings in der Eingabe
vom 10. November 2014 unaufgefordert um Abweisung der Beschwerde ersucht,
soweit auf sie einzutreten sei.

Erwägungen:

1. 
Die fristgemäss erfolgte Eingabe richtet sich gegen einen mit Beschwerde in
Zivilsachen anfechtbaren Entscheid (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit.
b, Art. 75, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin stellt (neben
den Eventualanträgen) einzig einen Aufhebungsantrag und keinen Hauptantrag in
der Sache, wie dies grundsätzlich erforderlich wäre (Art. 42 Abs. 1 BGG; BGE
133 III 489 E. 3.1 S. 489 f.). Aus der Beschwerde geht jedoch hervor, dass die
Beschwerdeführerin die vollständige Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung
anstrebt (vgl. BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317). Auf die Beschwerde ist
einzutreten.

2. 
Vor Obergericht war umstritten, ob die vorliegende Betreibung (Nr. xxx)
zulässig ist. Die Beschwerdeführerin berief sich darauf, es handle sich um eine
unzulässige zweite Betreibung, die im Wesentlichen auf dieselben Beträge
gerichtet sei wie eine frühere Betreibung (Nr. yyy).

 Das Obergericht hat zunächst darauf verwiesen, es sei unzulässig, für eine in
Betreibung gesetzte Forderung eine zweite Betreibung einzuleiten, wenn der
Gläubiger in der früheren Betreibung das Fortsetzungsbegehren gestellt habe
oder zu stellen berechtigt sei. Wenn die erste Betreibung wegen eines
Rechtsvorschlags angehalten sei, bestehe hingegen kein Grund, den Gläubiger an
einer neuen Betreibung zu hindern. Das Obergericht hat sodann festgehalten, der
Beschwerdegegner habe am 18. Oktober 2012 vor dem Einzelschiedsgericht des ICC
International Court of Arbitration mit Sitz in Zürich die Aufhebung des
Rechtsvorschlags in der Betreibung Nr. yyy verlangt und mit
Teilschiedsentscheid vom 24. Juli 2013 sei antragsgemäss der Rechtsvorschlag
beseitigt worden, und zwar für die Beträge von Fr. 100'000.-- und Fr.
10'875.--, je nebst Zins. Das Obergericht hat diese Beseitigung des
Rechtsvorschlags jedoch als wirkungslos erachtet, da ein Schiedsgericht weder
definitive noch provisorische Rechtsöffnung erteilen könne und auch nicht
zuständig sei, im Rahmen einer Forderungsklage nach Art. 79 SchKG den
Rechtsvorschlag zu beseitigen. Die Betreibung Nr. yyy sei deshalb immer noch
durch Rechtsvorschlag gehemmt und die zweite Betreibung sei zulässig. Daran
ändere auch nichts, dass der Beschwerdegegner versucht habe, vom Obergericht
des Kantons Zürich eine Vollstreckbarkeitsbescheinigung hinsichtlich des
Teilschiedsurteils zu erwirken. Einerseits sei das Obergericht am 27. November
2013 auf das Gesuch mangels Leistung des Gerichtskostenvorschusses nicht
eingetreten. Andererseits entfalte die Beseitigung des Rechtsvorschlags durch
das Schiedsgericht keine Wirkung, womit auch nichts vorhanden sei, was hätte
verbindlich erklärt werden können.

3. 
Vor Bundesgericht macht die Beschwerdeführerin geltend, der Beschwerdegegner
sei entgegen der Ansicht des Obergerichts zum Zeitpunkt der zweiten Betreibung
berechtigt gewesen, in der ersten Betreibung das Fortsetzungsbegehren zu
stellen. Der Einzelschiedsrichter habe den Rechtsvorschlag in der ersten
Betreibung nach Art. 79 SchKG beseitigt. Dies müsse im Verfahren auf
Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbescheinigung berücksichtigt werden. In der
Vollstreckbarkeitsbescheinigung gemäss Art. 386 Abs. 3 ZPO könne die
Beseitigung des Rechtsvorschlags durch ein Schweizer Schiedsgericht für
verbindlich erklärt werden (unter Berufung auf DANIEL STAEHELIN, in: Basler
Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 20
zu Art. 79 SchKG). Die zweite Betreibung sei nun aber eingeleitet worden, bevor
der Nichteintretensentscheid des Obergerichts Zürich im
Vollstreckbarkeitsbescheinigungsverfahren rechtskräftig geworden sei. Mit all
diesen Einwänden habe sich das Obergericht sodann nur ungenügend befasst.

4. 
Soweit die Beschwerdeführerin mit dem zuletzt genannten Einwand sinngemäss eine
Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs rügen
will (Art. 29 Abs. 2 BV; BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236; 138 I 232 E. 5.1 S. 237;
je mit Hinweisen), tut sie dies zu Unrecht. Die Vorinstanz hat sich eingehend
mit der Auffassung der Beschwerdeführerin befasst. Dass sie inhaltlich -
insbesondere hinsichtlich der Tragweite einer Vollstreckbarkeitsbescheinigung -
zu anderen Ergebnissen als die Beschwerdeführerin gekommen ist, beschlägt nicht
das rechtliche Gehör, sondern betrifft die materielle Rechtsanwendung.

 In der Sache bestreitet die Beschwerdeführerin zu Recht nicht, dass der
Einzelschiedsrichter den Rechtsvorschlag gestützt auf Art. 79 SchKG nicht
beseitigen konnte (BGE 136 III 583 E. 2.1 S. 585). Stattdessen will sie die
unwirksame Rechtsvorschlagsbeseitigung durch den Vollstreckungsrichter gemäss
Art. 386 Abs. 3 ZPO heilen lassen. Dem ist entgegenzuhalten, dass sie selber
davon ausgeht, die zweite Betreibung sei zu einem Zeitpunkt eingeleitet worden,
in dem der Beschwerdegegner die Fortsetzung der ersten Betreibung gerade noch
nicht verlangen konnte (vgl. BGE 139 III 444 E. 4.1.2 S. 447), denn das
Vollstreckungsverfahren, das die unwirksame schiedsgerichtliche
Rechtsvorschlagsbeseitigung angeblich hätte heilen können, war nach ihren
Ausführungen zu diesem Zeitpunkt noch hängig und der Rechtsvorschlag somit
nicht beseitigt. Entscheidend ist jedoch Folgendes: Wie die Vorinstanz bereits
korrekt dargelegt hat, kann der Vollstreckungsrichter gemäss Art. 386 Abs. 3
ZPO die schiedsgerichtliche Anordnung der Beseitigung des Rechtsvorschlags
nicht verbindlich erklären (bzw. die Verbindlichkeit der
Rechtsvorschlagsaufhebung bescheinigen). Es ist vielmehr so zu halten, wie wenn
der Schiedsentscheid die unzulässige Anordnung nicht getroffen hätte. Damit ist
auch nichts vorhanden, das verbindlich erklärt werden könnte (Urteil 5A_682/
2009 vom 20. April 2010 E. 4.2.3.4.1). Der zitierten, gegenteiligen
Literaturmeinung kann nicht gefolgt werden. Dass der Beschwerdegegner ein
Vollstreckbarkeitsbescheinigungsverfahren eingeleitet hatte, ist für die
Wirksamkeit der zweiten Betreibung demnach bedeutungslos. Die Beschwerde ist
abzuweisen.

5. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner ist nicht zu
entschädigen, und zwar weder für seine Stellungnahme zum Gesuch um
aufschiebende Wirkung, mit dem er unterlegen ist, noch für seinen
unaufgeforderten Antrag in der Sache (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 17. März 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Zingg

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