Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.820/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_820/2014

Urteil vom 7. April 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Martin,
Beschwerdeführer,

gegen

Bank C.________,
Beschwerdegegnerin,

Betreibungsamt Pfannenstiel.

Gegenstand
betreibungsamtliche Schätzung (Beschwerdefrist und Rechtsmittelbelehrung),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs, vom 13. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.A.________ und B.A.________ (Beschwerdeführer) sind Eigentümer des
Grundstücks Kat. Nr. xxx an der D.________strasse yyy in V.________. Mit
Schreiben vom 14. Juli 2014 teilte ihnen das Betreibungsamt Pfannenstiel das
Ergebnis der betreibungsamtlichen Schätzung des Grundstücks samt Zugehör mit.

 Dagegen erhoben die Beschwerdeführer am 25. August 2014 beim Bezirksgericht
Meilen als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde Beschwerde mit dem Antrag, die
Schätzung sei aufzuheben und das Grundstück sei neu auf mindestens Fr.
1'150'000.-- zu schätzen. Mit Zirkulationsbeschluss vom 23. September 2014 trat
das Bezirksgericht auf die Beschwerde nicht ein.

B. 
Gegen diesen Beschluss erhoben die Beschwerdeführer am 3. Oktober 2014
Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. Sie beantragten die Aufhebung
des angefochtenen Beschlusses und die Rückweisung der Sache an das
Bezirksgericht. Mit Urteil vom 13. Oktober 2014 wies das Obergericht die
Beschwerde ab.

C. 
Am 22. Oktober 2014 haben die Beschwerdeführer gegen dieses Urteil Beschwerde
in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangen die Aufhebung des
angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache an das Obergericht.
Ausserdem ersuchen sie um aufschiebende Wirkung.

 Mit Präsidialverfügung vom 12. November 2014 hat das Bundesgericht der
Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt, nachdem sich weder die Bank
C.________ (Beschwerdegegnerin) noch das Obergericht noch das Betreibungsamt
Pfannenstiel dagegen ausgesprochen hatten.

 Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, in der Sache aber keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegen den Entscheid der oberen
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unabhängig vom
Streitwert zulässig (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75
BGG). Die Beschwerde ist rechtzeitig erfolgt (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).

2. 
Umstritten war und ist, ob die Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das
Bezirksgericht erhoben haben. Nach eigenen Angaben haben sie die Mitteilung der
betreibungsamtlichen Schätzung am 14. Juli 2014 erhalten. Die Beschwerde ist am
25. August 2014 eingereicht worden. Das Bezirksgericht ist davon ausgegangen,
die Beschwerdefrist habe am 15. Juli 2014 zu laufen begonnen und sei am 24.
Juli 2014 abgelaufen. Die Fristenstillstände gemäss Art. 145 Abs. 1 ZPO gälten
nicht.

 Vor Obergericht war unbestritten, dass der Fristenstillstand vom 15. Juli bis
15. August gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. b ZPO nicht gilt. Hingegen beriefen sich
die Beschwerdeführer darauf, dass sie nicht auf diese Ausnahme vom
Fristenstillstand hingewiesen worden seien. Das Fehlen dieses Hinweises
bewirke, dass der Fristenstillstand ausnahmsweise gelte (Art. 145 Abs. 3 ZPO).
Das Obergericht hat dem entgegengehalten, Art. 145 Abs. 3 ZPO richte sich
gemäss den Materialien und der Rechtsprechung an die Gerichte, nicht aber an
die Vollstreckungsorgane wie Betreibungs- und Konkursämter. Das
betreibungsrechtliche Schätzungsverfahren sei kein gerichtlicher Akt, sondern
es handle sich um ein eigenständiges Verwaltungsverfahren, das vom
Anwendungsbereich der ZPO nicht erfasst sei (vgl. Art. 1 lit. c ZPO).

 Vor Bundesgericht halten die Beschwerdeführer an ihrer Ansicht fest, dass sie
gemäss Art. 145 Abs. 3 ZPO auf Ausnahmen vom Fristenstillstand hätten
hingewiesen werden müssen. Diese Norm gelte wegen des Verweises in Art. 31
SchKG analog auch für das Betreibungsamt. Mangels entsprechenden Hinweises
stünden die Fristen während der Gerichtsferien (Art. 145 Abs. 1 ZPO) still.

3. 
Die betreibungsrechtliche Beschwerde (Art. 17 f. SchKG) und entsprechend auch
das vorliegende Verfahren auf Neuschätzung eines Grundstücks (Art. 99 Abs. 2
i.V.m. Art. 9 Abs. 2 der Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über
die Zwangsverwertung von Grundstücken [VZG; SR 281.42] i.V.m. Art. 17 SchKG)
sind keine gerichtlichen Angelegenheiten des Schuldbetreibungs- und
Konkursrechts gemäss Art. 1 lit. c ZPO (Botschaft zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung [ZPO] vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7258 Ziff. 5.1 zu Art. 1
und 2 des Entwurfs; Urteil 5A_471/2013 vom 17. März 2014 E. 2.1). Die
Gerichtsferien gemäss Art. 145 Abs. 1 ZPO und die Pflicht zur Belehrung über
die Nichtgeltung von Gerichtsferien (Art. 145 Abs. 3 ZPO; vgl. dazu BGE 139 III
78 E. 5 S. 83 ff.) gelten demnach für die Beschwerde von vornherein nicht.
Vielmehr richtet sich die Frage der Fristwahrung nach Art. 56 Ziff. 2 SchKG
(Betreibungsferien) und Art. 63 SchKG (Wirkungen der Betreibungsferien auf den
Fristenlauf) (Urteil 5A_471/2013 vom 17. März 2014 E. 2.1). Eine Pflicht zur
Belehrung über die Nichtgeltung der Gerichtsferien der ZPO (mit
fristverlängernder Wirkung bei unterbliebener Belehrung) ist weder in diesen
Normen noch andernorts im SchKG oder in der VZG vorgesehen.

 Aus Art. 31 SchKG lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Gemäss dieser Norm
gelten für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen die
Bestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), sofern das SchKG
nichts anderes bestimmt. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass die ZPO in
diesem Rahmen durch Verweisung, und damit analogieweise ausserhalb ihres
eigentlichen Anwendungsbereichs (Art. 1 lit. c ZPO), auch für das übrige
Betreibungsverfahren herangezogen wird (vgl. Urteil 5A_633/2014 vom 6. Januar
2015 E. 2.5.3 hinsichtlich Art. 143 Abs. 1 ZPO). Wie soeben gezeigt, sieht das
SchKG im Bereich der Ferien und des Fristenstillstands jedoch Abweichendes vor,
so dass bereits nach dem Wortlaut von Art. 31 SchKG kein Anlass besteht,
Bestimmungen der ZPO anzuwenden. Zusätzlich behält Art. 145 Abs. 4 ZPO die
Bestimmungen des SchKG über die Betreibungsferien und den Rechtsstillstand
ausdrücklich vor. Die ZPO selber verweist damit auf Art. 56 ff. SchKG zurück.
Somit gehen Art. 56 ff. SchKG als Spezialbestimmungen den Bestimmungen der ZPO
zu den Gerichtsferien vor (Botschaft ZPO, 7310 Ziff. 5.9.3 am Schluss; FRANCIS
NORDMANN, Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2.
Aufl. 2010, N. 2 und N. 19 zu Art. 31 SchKG). Was dies für die gerichtlichen
Verfahren des SchKG bedeutet, für die die ZPO nicht bloss aufgrund des
Verweises in Art. 31 SchKG gilt, sondern bereits deshalb, weil sie vom
Anwendungsbereich der ZPO umfasst sind (Art. 1 lit. c und Art. 251 ZPO),
braucht an dieser Stelle nicht beurteilt zu werden (vgl. dazu beispielsweise
NINA J. FREI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012,
N. 18 ff. zu Art. 145 ZPO). Für die vorliegende Konstellation bedeutet dies
jedoch, dass jegliche Grundlage für die Anwendung von Art. 145 Abs. 3 ZPO
entfällt. Es ist denn auch nicht anzunehmen, dass der Bundesgesetzgeber eine
Belehrung über die Nichtgeltung einer bestimmten Ferienregelung (der
Gerichtsferien) in einem Verfahren hätte vorsehen wollen, in welchem die
fragliche Ferienregelung von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann. Über
dieses Ergebnis hilft auch nicht hinweg, dass die Beschwerdeführer darin eine
Schlechterbehandlung der Parteien eines Schätzungsverfahrens im Vergleich zu
den Parteien eines Zivilprozesses sehen. Sinngemäss dasselbe gilt für die
angebliche Schlechterbehandlung zu den Parteien des Aufsichtsverfahrens. Zwar
belehrt offenbar die zürcherische Praxis, und so jedenfalls das Bezirksgericht
Meilen im vorliegenden Fall, über die Nichtgeltung der Fristenstillstände der
ZPO im Aufsichtsverfahren (gestützt auf Art. 20a Abs. 3 SchKG i.V.m. § 18 EG
SchKG [Einführungsgesetz vom 26. November 2007 zum Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs; LS 281] i.V.m. §§ 83 f. GOG [Gesetz vom 10. Mai
2010 über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess; LS
211.1]). Wie es sich im Aufsichtsverfahren verhält, ist jedoch nicht Gegenstand
der vorliegenden Beschwerde.

 Die Beschwerde ist somit abzuweisen.

4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die
Gerichtskosten, und zwar zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung
(Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet
(Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Pfannenstiel und dem
Obergericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. April 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zingg

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