Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.80/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_80/2014

Urteil vom 16. April 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Müller,
Beschwerdeführer,

gegen

B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Benvenuto Savoldelli,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ehescheidung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, vom 23. Dezember 2013.

Sachverhalt:

A. 
A.A.________ und B.A.________ wurden mit Urteil der Amtsgerichtsstatthalterin
Olten-Gösgen vom 21. Juni 2013 geschieden. Sie sind Eltern von Tochter
C.A.________ (1997) und Sohn D.A.________ (2000). Gemäss im Scheidungsurteil
übernommener Vereinbarung der Parteien lebt C.A.________ bei der Mutter,
D.A.________ beim Vater.

B.

B.a. Das Scheidungsurteil verpflichtete A.A.________, für die Tochter einen
Unterhaltsbeitrag von monatlich Fr. 1'070.-- während sechs Monaten ab
Rechtskraft des Urteils zu bezahlen, danach Fr. 1'110.-- (Ziff. 7 des Urteils).
B.A.________ wurde verpflichtet, für den Sohn einen Unterhaltsbeitrag zu
bezahlen von monatlich Fr. 540.-- während sechs Monaten, danach Fr. 610.--
(Ziff. 8). Schliesslich sollte A.A.________ seiner Ehefrau einen nachehelichen
Unterhalt bezahlen von Fr. 830.-- während sechs Monaten ab Rechtskraft des
Urteils, sodann Fr. 950.-- bis zur Mündigkeit des Sohnes und danach Fr. 350.--,
bis zu seinem AHV-Eintritt (Ziff. 9). Weiter regelte das Urteil Punkte
(Erziehungsbeistandschaft, Güterrecht, Überweisung an das Versicherungsgericht
betreffend Teilung der Pensionskasse), welche vorliegend nicht mehr umstritten
sind.

B.b. Während der Dauer des Scheidungsverfahrens hatte A.A.________ gemäss
Verfügung des Amtsgerichtsstatthalters von Olten-Gösgen vom 6. Juli 2012 noch
monatlich Fr. 530.-- an den Unterhalt der Tochter (Ziff. 2) sowie Fr. 1'230.--
an die Ehefrau (Ziff. 3) zu bezahlen gehabt; die Ehefrau unterlag demgegenüber
keiner Unterhaltspflicht.

C.

C.a. A.A.________ erhob am 12. August 2013 beim Obergericht des Kantons
Solothurn Berufung gegen die Unterhaltsregelung im Scheidungsurteil. Er
beantragte, soweit nachträglich relevant, er sei zu verpflichten, an den
Unterhalt der Tochter Fr. 1'070.-- zu bezahlen. Die Ehefrau habe an den
Unterhalt des Sohnes Fr. 540.-- zu bezahlen. Seine Unterhaltsverpflichtung
gegenüber der Ehefrau sei aufzuheben. Sodann sei Art. 277 Abs. 2 ZGB
vorzubehalten.

C.b. Am 22. August 2013 reichte A.A.________ ein Gesuch um Abänderung der
vorsorglichen Massnahmen (vorstehend B.b) ein. Das Obergericht wies das Gesuch
mit Verfügung vom 18. Oktober 2013 ab.

C.c. In der Berufungsantwort vom 13. September 2013 erhob B.A.________
Anschlussberufung. Sie beantragte, die Unterhaltsbeiträge an die Tochter seien
auf Fr. 1'070.-- resp. nach Ablauf der Übergangsfrist von sechs Monaten auf Fr.
1'300.-- festzusetzen. Sie selbst sei zu verpflichten, Fr. 540.-- an den
Unterhalt des Sohnes zu bezahlen. Der ihr geschuldete nacheheliche Unterhalt
habe für die Dauer von sechs Monaten ab Rechtskraft des Scheidungsurteils Fr.
700.-- zu betragen, danach Fr. 1'125.-- bis zum AHV-Eintritt ihres Ehemannes.
Art. 277 Abs. 2 ZGB sei vorzubehalten. Hierzu nahm A.A.________ am 16. Oktober
2013 Stellung.

C.d. Am 18. Dezember 2013 stellte A.A.________ ein weiteres Gesuch um
Abänderung der vorsorglichen Massnahmen. Er beantragte, Ziff. 2 und 3 der
Verfügung des Amtsgerichtsstatthalters von Olten-Gösgen vom 6. Juli 2012
(Unterhaltsverpflichtung gegenüber Ehefrau und Tochter; vgl. B.b) seien mit
Wirkung ab 1. Dezember 2013, eventualiter ab 20. Dezember 2013, aufzuheben. Die
Ehefrau sei zu verpflichten, ab 1. Dezember 2013, eventualiter ab 20. Dezember
2013, einen Kindesunterhalt für den Sohn von Fr. 540.-- zu bezahlen.

D. 
Das Obergericht wies beide Berufungen mit Urteil vom 23. Dezember 2013 ab. Die
Ziffern zum Kindesunterhalt ergänzte es um einen Hinweis auf Art. 277 Abs. 2
ZGB. Das Gesuch um Abänderung der vorsorglichen Massnahmen erklärte das
Obergericht (in den Erwägungen des Scheidungsurteils) als gegenstandslos.

E. 
Gegen dieses Urteil gelangt A.A.________ (Beschwerdeführer) mit Beschwerde in
Zivilsachen vom 28. Januar 2014 an das Bundesgericht. Er beantragt, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an
das Obergericht zurückzuweisen. Dieses sei sodann anzuweisen, sein Gesuch um
Abänderung der vorsorglichen Massnahmen vom 18. Dezember 2013 an die Hand zu
nehmen und gerichtlich zu beurteilen. Eventualiter sei das Scheidungsurteil
aufzuheben und es sei durch das Bundesgericht neu zu befinden (Streichung aller
Unterhaltspflichten des Beschwerdeführers, Verpflichtung der Beschwerdegegnerin
zur Leistung von Unterhalt für den Sohn von monatlich Fr. 675.--). Für das
bundesgerichtliche Verfahren beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege.

F. 
Das Obergericht verzichtete mit Stellungnahme vom 19. Dezember 2014 auf
Gegenbemerkungen und verwies im Übrigen auf seinen Entscheid. Die
Beschwerdegegnerin beantragt mit Vernehmlassung vom 26. Februar 2015 die
vollumfängliche Abweisung der Beschwerde. Sieersucht um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege. Die Eingaben wurden dem Beschwerdeführer zur
Wahrung des rechtlichen Gehörs zugestellt.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten sind die Fr. 30'000.-- übersteigenden vermögensrechtlichen
Folgen eines kantonal letztinstanzlichen Ehescheidungsurteils (Art. 72 Abs. 1,
Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist
gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die Beschwerdefrist (Art.
100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 BGG) ist ebenfalls eingehalten, womit die Beschwerde
in Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist.

1.2. In rechtlicher Hinsicht sind bei der Beschwerde in Zivilsachen alle Rügen
gemäss Art. 95 f. BGG zulässig und das Bundesgericht wendet in diesem Bereich
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Allerdings ist in der
Beschwerdeschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt
Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Dabei ist
das Bundesgericht grundsätzlich an den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann einzig
vorgebracht werden, er sei offensichtlich unrichtig festgestellt worden (Art.
97 Abs. 1 BGG) oder er beruhe auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG. Dabei ist "offensichtlich unrichtig" mit "willkürlich"
gleichzusetzen. Es gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; zum
Ganzen BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

 Soweit die Festsetzung von Unterhalt in Frage steht, ist zu beachten, dass der
Sachrichter in verschiedener Hinsicht auf sein Ermessen verwiesen ist (Art. 4
ZGB; BGE 127 III 136 E. 3a S. 141). Bei der Überprüfung solcher Entscheide übt
das Bundesgericht eine gewisse Zurückhaltung. Es greift nur ein, wenn die
kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen falschen Gebrauch gemacht
hat (BGE 128 III 161 E. 2c/aa S. 162; 132 III 97 E. 1 S. 99).

2. 
In der Sache ist strittig, ob der Beschwerdeführer nachehelichen Unterhalt an
die Beschwerdegegnerin sowie Unterhalt an die Tochter zu leisten hat und im
Gegenzug die Beschwerdegegnerin an den Sohn.

2.1. Soweit der Beschwerdeführer die gänzliche Aufhebung der Unterhaltspflicht
gegenüber der Tochter verlangt, ist darauf von vornherein nicht einzutreten,
hat er doch in der Berufung explizit beantragt, er sei zu verpflichten, der
Tochter einen Betrag von Fr. 1'070.-- zu bezahlen (vgl. vorstehend C.a). Das
dem Bundesgericht unterbreitete Rechtsbegehren ist damit neu und unzulässig
(Art. 99 Abs. 2 BGG), zumal im bundesgerichtlichen Verfahren die Offizialmaxime
nicht gilt (Urteil 5A_807/2012 vom 6. Februar 2013 E. 4.2.3).

2.2. In Bezug auf die finanziellen Verhältnisse der Parteien übernahm die
Vorinstanz die tatsächlichen Feststellungen der Amtsgerichtsstatthalterin
Olten-Gösgen. Demnach sei der Beschwerdeführer seit Juni 2012 arbeitslos. Davor
habe er ein durchschnittliches monatliches Einkommen von Fr. 7'260.-- erzielt;
die Arbeitslosenentschädigung betrage Fr. 6'307.--. Er verfüge über eine
Ausbildung als Ingenieur (Fachhochschule), habe sich zusätzlich zum
Bürokaufmann weiterbilden lassen und weise eine vielfältige Berufserfahrung
auf. Die Vorinstanz erwog sodann zusammengefasst, die Kündigung seiner letzten
Arbeitsstelle sei zufolge mangelnder Leistungen seinerseits erfolgt, sie sei
also nicht unverschuldet. Arbeitsbemühungen habe er nur für den Monat November
2013 belegt, wobei daraus nicht hervorgehe, wieso die Absagen erfolgt seien und
ob sich der Beschwerdeführer wirklich engagiert um eine neue Arbeitsstelle
bemüht habe. Es sei gerichtsnotorisch, dass gerade im Ingenieurbereich ein
Mangel an qualifizierten, erfahrenen Fachkräften bestehe. Bei den
entsprechenden Arbeitsbemühungen sollte es für ihn kein Problem darstellen,
eine Arbeitsstelle zu finden, bei welcher er ein Einkommen von Fr. 6'535.--
(bei 90% und nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten) erzielen könne.
Aufgrund der Betreuungsaufgaben gegenüber dem Sohn sei ihm nicht mehr als ein
90% Pensum zuzumuten. Die Beschwerdegegnerin habe während Jahren nicht auswärts
gearbeitet, sondern die Kinder betreut und den Haushalt geführt. Erst im Rahmen
der Trennung habe die gelernte Verkäuferin im Pflegebereich eine Arbeit zu 50%
aufgenommen. Dieses Pensum habe sie ab Juni 2010 auf 80% ausgeweitet (Einkommen
Fr. 3'175.--). Nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten sei auch ihr ein 90%
Pensum zuzumuten, was einem Einkommen von Fr. 3'570.-- entspreche. Konkrete
Hinweise, dass die Beschwerdegegnerin mit Putzarbeiten monatlich zusätzlich Fr.
300.-- bis Fr. 400.-- verdienen solle, wie dies der Beschwerdeführer behaupte,
gebe es keine. Vor dem Hintergrund dieser (zumindest teilweise hypothetischen)
Einkommen der Parteien bestätigte die Vorinstanz die Unterhaltsbeiträge in der
ursprünglich im Scheidungsurteil vorgesehenen Höhe (vgl. B.a).

2.3. Sinngemäss bestreitet der Beschwerdeführer, dass die Beschwerdegegnerin
Anspruch auf nachehelichen Unterhalt habe. Diese sei in zweiter Ehe mit ihm
verheiratet gewesen, was die Lebensprägung stark relativiere. Sie habe während
der Trennungszeit eine Ausbildung absolvieren können, dies auch weil er den
Sohn zu sich genommen habe. Zuvor sei sie eine ungelernte Arbeitskraft gewesen
und habe ihre berufliche Situation während der Ehe also massiv verbessern
können. Damit sei kein ehebedingter Schaden gegeben.

 Die Parteien waren rund 17 Jahre verheiratet, die Tochter der Parteien kam im
ersten Ehejahr auf die Welt, worauf die Beschwerdegegnerin sich vor allem der
Kinderbetreuung widmete. Eine Ausbildung konnte sie, wie der Beschwerdeführer
selbst vorbringt, erst in der Trennungszeit absolvieren, was ihre beruflichen
Chancen auf dem Arbeitsmarkt insofern mindert, als sie während der Ehe keine
Erfahrungen als qualifizierte Arbeitskraft erwerben konnte. Damit ist
zweifelsohne von einer lebensprägenden Ehe auszugehen. Dass die
Beschwerdegegnerin ihren Unterhalt selbst decken könne resp. mehr erhalte als
ihren gebührenden Unterhalt (Art. 125 Abs. 1 ZGB; zur Definition und Berechnung
des gebührenden Unterhalts vgl. BGE 137 III 102 E. 4.2.1 S. 106 f.; 134 III 577
E. 3 S. 579; 134 III 145 E. 4 S. 146 f.), bringt der Beschwerdeführer nicht
vor. Vorbehältlich der Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ist demnach ein
Unterhaltsanspruch der Beschwerdegegnerin gegeben.

2.4. Der Beschwerdeführer wehrt sich sodann dagegen, dass ihm ein
hypothetisches Einkommen angerechnet wurde. Er sei arbeitslos, ausgesteuert und
seit dem 20. Dezember 2013 sozialhilfeabhängig. Dass dies eintreten könne, habe
er bereits in der Berufung vom 12. August 2013 erwähnt und wieder im
Abänderungsgesuch vom 18. Dezember 2013. Die Vorinstanz habe sich mit seiner
Situation in keiner Weise auseinandergesetzt. Er sei 54 und die Stellensuche
keinesfalls einfach. Der Stellenverlust sei nicht selbstverschuldet, er habe
sich auch genügend um Stellen bemüht, was bereits daraus hervorgehe, dass die
Arbeitslosenkasse keine Kürzungen vorgenommen habe. Er habe vor der Vorinstanz
nur Belege für einen Monat eingereicht, sei seinen Pflichten aber immer
nachgekommen, ansonsten Bezugssperrtage beim Arbeitslosenentgelt verfügt worden
wären.

 Die Kritik des Beschwerdeführers betrifft ausnahmslos die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung. Insofern unterliegt er dem Rügeprinzip (E. 1.2).
Soweit ersichtlich, erhebt er aber keine rechtsgenügliche Willkürrüge, sondern
macht nur eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 296 ZPO, Art. 276 f. ZGB und
Art. 125 ZGB) geltend. Damit kommt er den Rügeanforderungen nicht nach.
Entsprechend ist diesbezüglich auf die Beschwerde nicht einzutreten.

2.5. Weiter ist der Beschwerdeführer der Ansicht, der Beschwerdegegnerin hätte
ein höheres Einkommen angerechnet werden müssen. Diese habe nämlich vor der
Vorinstanz gestanden, bei einem Herrn E.________ zu putzen. Er habe beantragt,
diesen zu befragen und das Steuerdossier der Beschwerdegegnerin beizuziehen.
Die Vorinstanz habe dies willkürlich verweigert. Damit habe sie den Sachverhalt
nicht richtig festgestellt. Das Nebeneinkommen hätte in die
Unterhaltsberechnung einfliessen müssen. Indem das nicht geschehen sei, würden
auch die I nteressen des Sohnes verletzt.

 Die Vorinstanz erwog, dass die Beschwerdeführerin mit Putzarbeiten noch
monatlich Fr. 300.-- bis Fr. 400.-- verdienen solle, sei dem Beschwerdeführer
zugetragen worden. Konkrete Hinweise lägen keine vor, woran auch eine Anzeige
bei der Steuerverwaltung nichts ändere. Zu einem allfälligen Beweisantrag des
Beschwerdeführers bezüglich Steuerdossier äussert sich die Vorinstanz nicht.

 Der Beschwerdeführer erhebt zwar den Vorwurf der unrichtigen resp.
willkürlichen Sachverhaltsfeststellung (Beschwerde Titel C, Ziff. 11S. 8 f.),
setzt sich mit den vorinstanzlichen Feststellungen jedoch nicht gebührend
auseinander. Er beschränkt sich darauf, in appellatorischer Weise seine, gemäss
eigenen Aussagen bereits vor der Vorinstanz dargelegte, Meinung zu wiederholen.
Damit lässt sich keine Willkür der Vorinstanz dartun (E. 1.2).

2.6. Der Beschwerdeführer kritisiert überdies, dass der Beschwerdegegnerin
nicht ein Teil der Einkünfte der Tochter angerechnet wurde. Er habe
vorgeschlagen, einen Betrag von Fr. 250.-- einzusetzen, worauf die Vorinstanz
nicht eingetreten sei. Dass er sozialhilfeabhängig sei, während der Tochter
Klavierstunden, Rückstellungen für die Autofahrprüfung und weiteres zugestanden
werde, sei eine verkehrte Welt und ausserdem eine unrichtige
Sachverhaltsfeststellung.

 Die Frage, ob sich die Tochter eigenes Einkommen anrechnen lassen muss, ist
Rechtsfrage. Tatfrage ist hingegen, ob (k) ein verfügbarer Betrag besteht. Es
gibt keine festen Richtlinien, in welcher Höhe allfälliges Kindeseinkommen in
die Unterhaltsberechnung miteinzubeziehen ist. Die Vorinstanz hat wohl zur
Kenntnis genommen, dass die Tochter (zumindest vorübergehend) ein Einkommen
hat. Sie erwog aber, die Tochter habe auch recht beträchtliche Unkosten, und
beim Schulaustritt und Wechsel in eine Lehre oder ein Praktikum entstünden
regelmässig erhöhte Kosten allgemeiner Natur, die mit dem Lehrlings- oder
Praktikumslohn nicht ohne weiteres zu decken seien. Sinngemäss kam sie damit
zum Ergebnis, dass der Tochter kein verfügbarer Teil verbleibt. Mit diesen
tatsächlichen Feststellungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht in der
erforderlichen Weise auseinander (E. 1.2), weshalb auf die Rüge nicht
einzutreten ist.

2.7. Damit ist die gegen das Scheidungsurteil gerichtete Beschwerde abzuweisen.

3. 
In verfahrensrechtlicher Sicht ist strittig, ob die Vorinstanz trotz Fällung
des Scheidungsurteils noch über das wenige Tage zuvor eingereichte Gesuch um
Abänderung der vorsorglichen Massnahmen hätte befinden müssen.

3.1. Diesbezüglich ist Art. 98 BGG zu beachten, weshalb nur die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann. Das Bundesgericht prüft jedoch
frei, ob eine Rechtsverweigerung vorliegt und der angefochtene Entscheid damit
gegen Art. 29 Abs. 1 BV verstösst. Eine formelle Rechtsverweigerung ist nach
der Praxis des Bundesgerichts gegeben, wenn eine Behörde auf eine ihr frist-
und formgerecht unterbreitete Sache nicht eintritt, obschon sie darüber
befinden müsste (zum Ganzen BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9; Urteil 5A_663/2011 vom 8.
Dezember 2011 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 137 III 617).

3.2. Der Beschwerdeführer reichte das Abänderungsgesuch am 18. Dezember 2013
ein, wobei dieses am 19. Dezember 2014 beim Gericht eintraf (vgl. C.d). Er
beantragte die Aufhebung seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber Ehefrau und
Tochter mit Wirkung ab 1. Dezember 2013, eventualiter ab 20. Dezember 2013.
Zugleich verlangte er die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Bezahlung
eines Kindesunterhalts für den Sohn von Fr. 540.--. Am 23. Dezember 2014 fällte
die Vorinstanz das Scheidungsurteil. Das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen
erwähnte die Vorinstanz lediglich in der Prozessgeschichte des
Scheidungsurteils (S. 6) und hielt dazu fest: "Mit Erlass des Urteils wird
dieses Gesuch gegenstandslos." Das Urteil enthielt aber weder einen formalen
Entscheid (Abschreibung gemäss Art. 242 ZPO) noch eine Begründung, weshalb das
Gesuch gegenstandslos sei.

3.3. Es ist offensichtlich, dass im gegebenen Fall nicht von
Gegenstandslosigkeit gesprochen werden konnte. Gemäss Urteil der Vorinstanz vom
23. Dezember 2013 gelten die darin festgesetzten Unterhaltsbeiträge ab
Rechtskraft des Urteils. Der Beschwerdeführer verlangte die Abänderung/
Aufhebung der als vorsorgliche Massnahme geschuldeten Unterhaltsbeiträge aber
bereits ab 1. Dezember 2013. Die Vorinstanz hätte daher darüber befinden
müssen, ob die Voraussetzungen für eine Abänderung der Unterhaltsbeiträge für
die verbleibende Dauer des Scheidungsverfahrens gegeben gewesen wären. Dies
gilt umso mehr, als vorsorgliche Massnahmen auch angeordnet werden können, wenn
die Ehe aufgelöst ist, das Verfahren über die Scheidungsfolgen aber andauert
(Art. 276 Abs. 3 ZPO).

 Eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Behandlung des Gesuchs fällt
jedoch ausser Betracht, da ein entsprechendes Rechtsbegehren fehlt. Der
Beschwerdeführer hat die Rückweisung nur für den Fall einer Aufhebung des
angefochtenen Urteils in seiner Gesamtheit beantragt (Beschwerdebegründung
Ziff. 6 S. 5; Ziff. 15 S. 10). Die Beschwerde ist damit vollumfänglich
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden konnte.

4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Angesichts der besonderen Umstände des Falles (vgl.
vorstehende E. 3.3) rechtfertigt es sich aber, sowohl dem Beschwerdeführer als
auch der Beschwerdegegnerin die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren (Art.
64 Abs. 1 und 2 BGG). Entsprechend sind die Gerichtskosten vorläufig auf die
Gerichtskasse zu nehmen; der Beschwerdeführer hat der Gerichtskasse Ersatz zu
leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Ihm wird
Rechtsanwalt Viktor Müller als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt,
indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Rechtsanwalt Müller wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.

5. 
Der Beschwerdegegnerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Ihr wird
Rechtsanwalt Benvenuto Savoldelli als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.

6. 
Rechtsanwalt Savoldelli wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.

7. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. April 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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