Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.793/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_793/2014

Urteil vom 18. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Bovey,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Steiner,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter M. Conrad,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Ehescheidung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer,
vom 20. August 2014.

Sachverhalt:

A.

 A.________ und B.________ heirateten am 24. August 1990. Aus ihrer Ehe gingen
die zwei Kinder C.________ (geb. xx. xx.1992) und D.________ (geb. xx.xx.2005)
hervor. Seit 1. April 2009 leben die Parteien getrennt. Das Getrenntleben wurde
gerichtlich geregelt.

B.

 Am 4. November 2010 reichten die Parteien beim Bezirksgericht Baden einen
gemeinsamen Scheidungsantrag ein. Zugleich ersuchte B.________ um
unentgeltliche Rechtspflege. Am 12. November 2010 ersuchte A.________ ebenfalls
um unentgeltliche Rechtspflege.

 Am 13. Januar 2011 stellte B.________ Anträge zu den Scheidungsfolgen. Soweit
nachfolgend von Interesse beantragte er, ihn zur Bezahlung eines
Kindesunterhalts für D.________ von maximal Fr. 1'000.-- (zuzüglich Kinder- und
Ausbildungszulagen) und von nachehelichem Unterhalt im Umfang von maximal Fr.
2'050.-- (ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis und mit Juli 2012) bzw. Fr.
1'500.-- (ab August 2012 bis und mit Juli 2015) zu verpflichten, und A.________
zur Bezahlung eines angemessenen Prozesskostenvorschusses (mindestens Fr.
6'000.--) zu verpflichten und ihm eventualiter die unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung zu gewähren.

 Am 29. April 2011 wies das Bezirksgericht das Gesuch von A.________ um
unentgeltliche Rechtspflege ab, ebenso die Gesuche von B.________ um
Prozesskostenvorschuss und um unentgeltliche Rechtspflege.

 Am 11. Mai 2011 stellte A.________ Anträge zu den Scheidungsfolgen. In
unterhaltsrechtlicher Hinsicht verlangte sie, B.________ zu verpflichten, für
D.________ bis zur Mündigkeit oder dem Abschluss der Erstausbildung einen
monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'000.-- (zuzüglich Kinderzulagen) und
ihr persönlich "einen nach Ermessen des Gerichts festgelegten monatlich
vorschüssigen Unterhaltsbeitrag gemäss Art. 125 ZGB zu bezahlen".

 Am 6. März 2012 fand eine mündliche Verhandlung statt. Am 21. August 2012
ersuchte B.________ (wiedererwägungsweise) um nochmalige Prüfung seiner Gesuche
um Prozesskostenvorschuss sowie (eventualiter) unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung.

 Mit Entscheid vom 12. Oktober 2012 schied das Bezirksgericht die Ehe, stellte
D.________ antragsgemäss unter die elterliche Sorge der Mutter, regelte das
Besuchsrecht und die güter- sowie vorsorgerechtlichen Folgen der Scheidung.
B.________ wurde verpflichtet, an den Unterhalt von D.________ ab Rechtskraft
des Scheidungsurteils bis zur Mündigkeit oder bis zum späteren Abschluss einer
Ausbildung monatlich Fr. 1'000.-- (zuzüglich Kinder- und Ausbildungszulagen) zu
bezahlen. Zudem wurde er verpflichtet, A.________ monatliche Unterhaltsbeiträge
von Fr. 2'050.-- (ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis Ende Juli 2012) und
von Fr. 1'500.-- (von August 2012 bis Ende Juli 2015) zu bezahlen. Die beiden
Unterhaltsverpflichtungen wurden indexiert. Schliesslich änderte das
Bezirksgericht die Verfügung vom 29. April 2011 ab und verpflichtete
A.________, B.________ einen Prozesskostenvorschuss von Fr. 6'000.-- zu
bezahlen.

C.

 Gegen diesen Entscheid erhoben am 19. November 2012 sowohl B.________ wie auch
A.________ Berufung an das Obergericht des Kantons Aargau. B.________ wandte
sich einzig gegen die ihm auferlegte güterrechtliche Ausgleichszahlung. Zudem
verlangte er einen Prozesskostenvorschuss von Fr. 16'043.-- und eventualiter
die Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege und Verbeiständung für das
Berufungsverfahren. A.________ verlangte eine Erhöhung ihres persönlichen
Unterhalts, und zwar auf Fr. 2'725.-- (ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis
Mitte April 2015) und Fr. 1'624.-- (von Mitte April 2015 bis Mitte April 2021).
Eventualiter seien die Kindesunterhaltsbeiträge zu erhöhen, und zwar auf Fr.
2'225.-- ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis Mitte April 2015, Fr.
1'124.-- von Mitte April 2015 bis Ende Juli 2015, Fr. 2'624.-- ab Ende Juli
2015 bis Mitte April 2021 und Fr. 1'000.-- ab Mitte April 2021. Sodann sei
festzustellen, dass B.________ bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die
nachehelichen Unterhaltsbeiträge weiterhin verpflichtet sei, einen
Kindesunterhaltsbeitrag von Fr. 1'000.-- (zuzüglich Kinder- und
Ausbildungszulagen) und einen persönlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'738.--
zu bezahlen. Schliesslich ersuchte sie um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung für das Berufungsverfahren.

 Das Obergericht verwies B.________ für den Prozesskostenvorschuss an das
Bezirksgericht, welches das Gesuch am 10. April 2013 abwies.

 Am 17. Juni 2013 erstattete A.________ die Berufungsantwort und erhob zugleich
Anschlussberufung. In jener beantragte sie die Abweisung der Berufung und die
Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege und Verbeiständung für das
Berufungsverfahren, in dieser verlangte sie die Aufhebung des
bezirksgerichtlichen Urteils hinsichtlich der ihr auferlegten Pflicht zur
Zahlung eines Prozesskostenvorschusses und ersuchte auch für das
Anschlussberufungsverfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

 Mit Berufungsantwort vom 17. Juni 2013 beantragte B.________ die Abweisung der
Berufung von A.________. Am 21. August 2013 beantragte er, auf die
Anschlussberufung nicht einzutreten und sie allenfalls abzuweisen.

 Am 10. September 2013 änderte A.________ ihre Berufungsanträge insofern, als
sie neu Fr. 3'728.-- persönlichen Unterhalt für die Zeit ab Rechtskraft des
Scheidungsurteils bis Mitte April 2015 verlangte und hinsichtlich des
Eventualantrags (Kindesunterhalt) für die Zeit von Mitte April 2015 bis Ende
Juli 2015 neu Fr. 2'624.-- forderte.

 Mit Verfügungen vom 15. Oktober 2013 wies das Obergericht die Gesuche um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ab.

 Mit Entscheid vom 20. August 2014 trat das Obergericht auf die
Anschlussberufung von A.________ nicht ein (Dispositiv-Ziff. 1). Die Berufung
von B.________ wies es ab (Ziff. 2.1) und diejenige von A.________ ebenfalls,
soweit darauf einzutreten war (Ziff. 2.2). Von Amtes wegen hob es die Regelung
des nachehelichen Unterhalts durch das Bezirksgericht auf und verpflichtete
B.________, A.________ an ihren Unterhalt monatlich bis Ende Juli 2015 einen
Beitrag von Fr. 1'500.-- zu bezahlen (Ziff. 2.3). Die Kosten des
obergerichtlichen Verfahrens von Fr. 4'000.-- auferlegte es B.________ zu einem
Drittel (Fr. 1'333.35) und A.________ zu zwei Dritteln (Fr. 2'666.65) (Ziff.
3). Sodann verpflichtete es A.________, die obergerichtlichen Parteikosten von
B.________ (festgesetzt auf Fr. 7'980.--, inkl. Auslagen und MWSt) zu einem
Drittel (Fr. 2'660.--) zu ersetzen (Ziff. 4).

D.

 Am 13. Oktober 2014 hat A.________ (Beschwerdeführerin) Beschwerde in
Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen Urteils hinsichtlich der Dispositiv-Ziffern 1, 2.2, 2.3, 3
und 4. Als persönlichen Unterhaltsbeitrag verlangt sie monatlich Fr. 3'728.--
ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis Mitte April 2015 und Fr. 1'624.-- von
Mitte April 2015 bis Mitte April 2021. Eventuell sei D.________ ein monatlicher
Unterhaltsbeitrag (nebst Kinder- und Ausbildungszulagen) von Fr. 2'225.-- (ab
Rechtskraft des Scheidungsurteils bis Mitte April 2015), von Fr. 2'624.-- (von
Mitte April 2015 bis Mitte April 2021) und von Fr. 1'000.-- (ab Mitte April
2021) zuzusprechen. Subeventuell sei die Sache an das Obergericht
zurückzuweisen. Sodann sei die Anordnung des Bezirksgerichts aufzuheben, mit
der sie zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses an B.________
(Beschwerdegegner) verpflichtet wurde, und die Sache insoweit allenfalls an das
Obergericht zurückzuweisen.

 Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. B.________ ersucht um
Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.

 Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig (Art. 72 Abs. 1, Art.
74 Abs. 1 lit. b, Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45
Abs. 1 BGG). Auf einzelne Eintretensfragen ist im Sachzusammenhang einzugehen.

 Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG
geltend gemacht werden. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich
von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. für Ausnahmen Abs. 2 dieser Norm)
und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt.
Es befasst sich aber nur mit formell ausreichend begründeten Rügen (Art. 42
Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104 f.). In der Begründung ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt.
Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren
Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen
nicht (BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584 mit Hinweisen). Strengere Anforderungen
gelten bei der Rüge der Verletzung von Grundrechten. Entsprechende Rügen müssen
in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2
BGG; BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400 f.; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit
Hinweisen). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen
Entscheids klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige
Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234 mit
Hinweisen).

2.

 Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass das Obergericht auf ihre
Anschlussberufung hätte eintreten müssen.

2.1. Für das Obergericht ist einerseits bereits im Grundsatz ausgeschlossen,
dass eine Partei, die selbständig Berufung erhoben hat, eine Anschlussberufung
an die Berufung der Gegenpartei erheben kann. Dies entspreche der früheren
aargauischen ZPO (Zivilrechtspflegegesetz vom 18. Dezember 1984
[Zivilprozessordnung, ZPO; ehemals SAR 221.100]) und der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zur Berufung gemäss dem früheren OG (unter Hinweis auf Urteil
4C.276/2001 vom 26. März 2002 E. 1), woran sich mit der schweizerischen ZPO
nichts geändert habe. Andererseits sei es jedenfalls unzulässig, mit der
Anschlussberufung die eigene Hauptberufung zu verbessern. Die
Beschwerdeführerin habe jedoch bereits in ihrer Hauptberufung den
Prozesskostenvorschussentscheid des Bezirksgerichts bemängelt, einen
diesbezüglichen Antrag aber erst mit der Anschlussberufung gestellt.

2.2. Art. 313 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Gegenpartei in ihrer
Berufungsantwort Anschlussberufung erheben kann. Die Anschlussberufung ist das
Rechtsmittel, mit dem der Berufungsbeklagte in einem vom Berufungskläger
bereits eingeleiteten Berufungsverfahren beantragt, dass der angefochtene
Entscheid zuungunsten des Berufungsklägers abgeändert wird. Die
Anschlussberufung ist nicht auf den Gegenstand der Berufung beschränkt und kann
sich demnach auf einen beliebigen, mit diesem nicht notwendig in Zusammenhang
stehenden Teil des Urteils beziehen (BGE 138 III 788 E. 4.4 S. 790 f.). Sie hat
jedoch keine selbstständige Wirkung: Zieht die Gegenpartei (der
Berufungskläger) die Berufung zurück, fällt die Anschlussberufung dahin. Die
Anschlussberufung ist deshalb ein Verteidigungs- oder Gegenangriffsmittel bzw.
eine Option zum Gegenangriff der berufungsbeklagten Partei (Urteil 4A_241/2014
vom 21. November 2014 E. 2.2; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7374 Ziff. 5.23.1 zu Art. 309 und 310 des
Entwurfs).

2.3. Die ZPO äussert sich nicht ausdrücklich dazu, ob diejenige Partei, die
selber Berufung erhoben hat, auf die Berufung der Gegenpartei mit einer
Anschlussberufung reagieren kann. Das Bundesgericht hat die Frage unlängst noch
offen lassen können (Urteil 4A_241/2014 vom 21. November 2014 E. 2.3 und 2.4).
Sie ist nunmehr zu klären. Die Materialien sind dazu - soweit ersichtlich -
unergiebig (vgl. immerhin Benedikt Seiler, Die Berufung nach ZPO, 2013, Rz.
1448 i.f. mit Hinweis auf befürwortende Äusserungen in der Expertenkommission).

 In der Lehre ist die Frage umstritten: Ein Teil der Autoren ist (unter
Bezugnahme auf die ehemaligen kantonalen Zivilprozessordnungen sowie die
kantonale Praxis) der Ansicht, dass eine Anschlussmöglichkeit in diesen Fällen
zu bejahen ist. Eine Anschlussberufung sei trotz der Erhebung einer
selbstständigen Berufung zulässig, da die betreffende Partei mit einer
Hauptberufung der Gegenpartei konfrontiert wird, deren Anträge sie im Zeitpunkt
der Abfassung ihrer eigenen Hauptberufungsanträge noch nicht habe kennen
können. Entsprechend sei die Partei auch nicht in der Lage, durch Rückzug ihrer
eigenen Hauptberufung die Hauptberufung der Gegenpartei zu Fall zu bringen, und
habe daher den Verlust ihres Teilerfolges vor erster Instanz zu befürchten. Die
Partei sei Hauptberufungskläger und Hauptberufungsbeklagter, was sie zur
Anschlussberufung legitimiere. Die Tatsache der Erhebung einer eigenen
Hauptberufung bringe (nur) zum Ausdruck, dass eine Partei mit dem
erstinstanzlichen Entscheid nicht einverstanden sei; gerade deshalb sollte eine
Hauptberufung führende Partei nicht schlechter gestellt werden, als eine
Partei, welche überhaupt keine eigene Hauptberufung ergriffen habe und mit dem
erstinstanzlichen Entscheid grundsätzlich einverstanden gewesen wäre. Es
entspreche denn auch einem praktischen Bedürfnis, auf eine Hauptberufung der
Gegenpartei adäquat reagieren zu können, was denn auch der Zweck des Instituts
der Anschlussberufung überhaupt sei. Welcher Art dieses Bedürfnis sei, zeige
sich jedoch erst nach Zustellung der Hauptberufung der Gegenpartei, weshalb es
einem berechtigten Parteiinteresse entspreche, im Rahmen der Berufungsantwort
auf die Hauptberufung der Gegenpartei noch weitere Anträge zu stellen, welche
über die Anträge in der (bereits erklärten) eigenen Hauptberufung hinausgehen (
REETZ/HILBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO],
Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 14 zu Art. 313
ZPO; IVO W. HUNGERBÜHLER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner
/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 7 zu Art. 313 ZPO; Seiler, a.a.O., Rz.
1426, 1448 f.; BEAT MATHYS, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker
& McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 313 ZPO; KARL SPÜHLER, in: Basler
Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 313
ZPO; OLIVER M. KUNZ, in: ZPO-Rechtsmittel, Berufung und Beschwerde, Kommentar
zu den Art. 308-327a ZPO, 2013, N. 17 zu Art. 313 ZPO; Valentin Rétornaz,
L'appel et le recours, in: Procédure civile suisse, Les grands thèmes pour le
praticien, Bohnet [Hrsg.], 2010, Rz. 188; zum früheren kantonalen Recht
bejahend FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen
Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 1997, N. 3 zu § 266 ZPO/ZH; LEUENBERGER/
UFFER-TOBLER, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, 1999,
N. 1c zu Art. 232 ZPO/SG). Nicht zulässig sei es jedoch, einer unzureichend
begründeten selbstständigen Berufung unter dem Vorwand einer Anschlussberufung
eine verbesserte Begründung nachzuschieben ( HUNGERBÜHLER, a.a.O., N. 7 zu Art.
313 ZPO). Einschränkend wird auch geltend gemacht, dass Raum für eine
Anschlussberufung nur bestehe, wenn sich die Hauptberufungen auf
unterschiedliche Teile des Entscheiddispositivs beziehen. Wenn eine Partei mit
der Hauptberufung hingegen die Erhöhung des von der Vorinstanz Zugesprochenen
verlange und die Gegenpartei mit Hauptberufung die Abweisung der Klage, dann
bestehe kein Raum für eine Anschlussberufung ( SEILER, a.a.O., Rz. 1448).
Demgegenüber vertritt MARTIN H. STERCHI die Meinung, eine zusätzliche
Anschlussberufung des Berufungsklägers zur Unterstützung oder Erweiterung der
eigenen Hauptberufung bleibe unzulässig, wie dies bereits nach verbreiteter
bisheriger Auffassung zu den kantonalen Zivilprozessordnungen sowie der
bundesgerichtlichen Praxis der Fall gewesen sei, da dies auf eine nachträgliche
Erweiterung der Berufungsanträge hinauslaufen würde (unter anderem mit Hinweis
auf Urteil 4C.276/2001 vom 26. März 2002 E. 1; LEUCH/ MARBACH/KELLERHALS/
STERCHI, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 3b zu
Art. 340 ZPO/BE; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale
d'organisation judiciaire, 1990, N. 2.2.1 zu Art. 59 und 61 OG, zur früheren
bundesrechtlichen Berufung; ablehnend im Übrigen auch die frühere Aargauer
Praxis, vgl. dazu Bühler/Edelmann/Killer, Kommentar zur aargauischen
Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 1998, N. 3 zu § 325 ZPO/AG, die dies allerdings
bedauern). Obwohl die ZPO diese Frage nicht explizit regle - so STERCHI weiter
-, ergebe sich kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber von der bisherigen
Praxis habe abweichen und die Anschlussmöglichkeiten habe erweitern wollen. Im
Interesse der Klarheit und der Verfahrensbeschleunigung gelte somit der
Grundsatz, dass die Partei, die Berufung einlege, sich von Anfang an
abschliessend und verbindlich festlegen müsse, welche Änderungen gegenüber dem
erstinstanzlichen Entscheid sie vor oberer Instanz verlange. Hingegen scheine
es zulässig, die eigene Hauptberufung nach Kenntnisnahme der gegnerischen
Hauptberufung in eine Anschlussberufung umzuwandeln, da dies eine teilweise
Rücknahme der eigenen Position bedeute, auch wenn die Anschlussberufung als
solche nicht auf den Gegenstand der eigenen Hauptberufung beschränkt sei.
Letztere gelte somit als zurückgezogen ( MARTIN H. STERCHI, in: Berner
Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 4 f. zu Art. 313 ZPO).
Das Bundesgericht hat im Rahmen der ehemaligen bundesrechtlichen Berufung die
Anschlussberufung einer Partei, die bereits selber Berufung erhoben hatte, für
unzulässig erklärt, da dies auf eine Erstreckung der Berufungsfrist
hinauslaufen würde (Urteil 4C.276/2001 vom 26. März 2002 E. 1) bzw. weil eine
Partei das Recht zur Weiterziehung nicht zweimal ausüben könne (BGE 62 II 46 E.
1).

2.4. Aus dem Gesagten ergibt sich Folgendes: Der Wortlaut von Art. 313 ZPO
steht einer Anschlussberufung nach erfolgter eigener Hauptberufung nicht
entgegen. Die früheren Prozessordnungen auf kantonaler und Bundesebene kannten
verschiedene Lösungen. Entgegen dem von STERCHI und auch von der Vorinstanz
eingenommenen Standpunkt kann deshalb nicht davon gesprochen werden, dass der
Gesetzgeber in diesem Bereich nichts ändern wollte, zumal sich den Materialien
keine Hinweise entnehmen lassen, welche der bisherigen Lösungen der
eidgenössischen ZPO allenfalls als Vorbild gedient hätten.

 Im Vordergrund muss deshalb eine an Sinn und Zweck der Anschlussberufung
orientierte Auslegung stehen. Dabei vermögen die von den Befürwortern der
Zulassung einer Anschlussberufung angeführten Gründe zu überzeugen. Die
Anschlussberufung ist - wie bereits gesagt (E. 2.2) - ein Verteidigungs- bzw.
Gegenangriffsmittel einer Partei, die sich mit einer Hauptberufung der
Gegenpartei konfrontiert sieht. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Partei,
die noch keine eigene Hauptberufung erhoben hat, sich dieses Mittels bedienen
können soll, eine Partei, die dies getan hat, jedoch nicht. Es besteht kein
zwingender Anlass, dass eine Partei nur die eine oder die andere Art der
Anfechtung wählen kann und eine Kumulation ausgeschlossen sein soll (so noch
BGE 62 II 46 E. 1), wobei die Partei darüber zu einem Zeitpunkt zu entscheiden
hätte, in dem sie noch nicht wissen kann, ob und inwiefern die Gegenseite das
Urteil anfechten wird. Dies liefe auf die Einführung eines aleatorischen
Elements hinaus. Zwar wohnen allen Prozessen gewisse aleatorische Elemente
inne, doch besteht kein Grund, ein solches ohne Not einzuführen.

 Die Möglichkeit zur Kumulation rechtfertigt sich des Weiteren dadurch, dass
Hauptberufung und Anschlussberufung nicht dieselben Ziele verfolgen und sich in
ihren Wirkungen unterscheiden: Die Hauptberufung zielt direkt gegen den
angefochtenen Entscheid; die Anschlussberufung zielt gegen die Hauptberufung
der anderen Partei, wobei die Anfechtung des erstinstanzlichen Entscheids
Mittel zu diesem Zweck darstellt (vgl. oben E. 2.2). Während die Partei mit
einer Hauptberufung kundtut, dass sie in der einen oder anderen Weise mit dem
angefochtenen Entscheid nicht einverstanden ist, so tut sie dies mit der
Anschlussberufung nicht direkt, sondern nur in Abhängigkeit von der
Hauptberufung der Gegenpartei. Durch den Verzicht auf die Hauptberufung in
einem bestimmten Punkt hat sie zu erkennen gegeben, dass sie sich insoweit mit
dem angefochtenen Entscheid abfinden könnte. Auch wenn sie allenfalls damit
nicht völlig einverstanden ist, kann sie beispielsweise auf eine Berufung in
einem bestimmten Punkt verzichten, um eine weitere Verlängerung des Prozesses
zu verhindern oder weitere Kosten zu vermeiden. Eine Stellungnahme, wie sie auf
eine allfällige Hauptberufung der Gegenpartei reagieren würde, ist damit jedoch
nicht verbunden. Vielmehr können die Motive, die sie zum (teilweisen) Verzicht
auf die Hauptberufung bewogen haben, angesichts der gegnerischen Hauptberufung
ihre Bedeutung verloren haben (vgl. BGE 138 III 788 E. 4.4 S. 790 f.). Darüber,
wie auf die Hauptberufung zu reagieren ist (ob mit blosser Berufungsantwort
oder mit Anschlussberufung), kann - wie bereits gesagt - die Partei erst
entscheiden, wenn die Gegenpartei tatsächlich Hauptberufung erhoben hat. Es
besteht kein Grund, einer Partei diese differenzierte Reaktionsmöglichkeit
bloss deswegen vorzuenthalten, weil sie sich mit dem angefochtenen Entscheid
ursprünglich - beim Entscheid über die eigene Hauptberufung - nicht komplett,
sondern bloss teilweise abgefunden hat. Den genannten unterschiedlichen
Zielsetzungen entsprechen unterschiedliche Wirkungen von Haupt- und
Anschlussberufung: Die Anschlussberufung ist von der Hauptberufung der
Gegenseite abhängig. Sie fällt dahin, wenn die Gegenseite ihre Hauptberufung
zurückzieht (Art. 313 Abs. 2 lit. c ZPO; BGE 138 III 788 E. 4 S. 789 ff.). Die
Anschlussberufung hat damit ihren Hauptzweck erfüllt, soviel Druck auf die
Gegenseite aufzubauen, dass das angefochtene Urteil im fraglichen Punkt
unverändert bleibt. Auch anderweitig bleibt die Anschlussberufung vom Schicksal
der Hauptberufung abhängig (Art. 313 Abs. 2 lit. a und b ZPO; vgl. dazu etwa
STERCHI, a.a.O., N. 18 f. zu Art. 313 ZPO). Auch wenn eine Partei bereits
Berufung erhoben hat, kann sie je nach den Umständen ein Interesse daran haben,
durch eine Anschlussberufung entsprechend Druck auf die Gegenpartei aufzubauen,
damit diese ihre eigene Hauptberufung zurückzieht. Aufgrund der
unterschiedlichen Zielsetzungen und Funktionsweisen von Haupt- und
Anschlussberufung kann somit nicht gesagt werden, die Erhebung einer
Anschlussberufung in einem Fall wie dem vorliegenden laufe auf eine blosse
Verbesserung der Hauptberufung bzw. eine Verlängerung der Berufungsfrist hinaus
(vgl. BGE 138 III 788 E. 4.4 S. 791 und sogleich E. 2.5).

 In der Zulassung der Anschlussberufung nach eigener Hauptberufung liegt keine
Ungleichbehandlung der Parteien, wie die Vorinstanz befürchtet: Beiden
Parteien, die Hauptberufung erhoben haben, steht es grundsätzlich frei, je
Anschlussberufung zu erheben. Beide Parteien können sich damit grundsätzlich in
der gleichen Weise und gleich oft äussern, wobei die Möglichkeit zur
Anschlussberufung unter der Bedingung der Erhebung einer Hauptberufung durch
die Gegenseite steht. Mit der vorliegenden Lösung haben beide Parteien die
jeweils gleichen Handlungsmöglichkeiten: In einem ersten Schritt kann jede über
die selbständige Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils befinden, und sodann
- wenn die Gegenseite Berufung erhoben hat - in einem zweiten Schritt über ihre
Reaktion auf die gegnerische Berufung. Die Vorinstanz sieht die
Ungleichbehandlung allerdings darin, dass in einer Konstellation wie der
vorliegenden die anschlussberufungsbeklagte Seite auf die Anschlussberufung der
Gegenseite hin keine eigene Anschlussberufung erheben kann (im Anschluss an BGE
62 II 46 E. 1 S. 47 f.). Diese Auffassung basiert auf der Prämisse, dass die
Anschlussberufung eine Verbesserung der Hauptberufung darstellt. Wie soeben
gezeigt, trifft dies jedoch nicht zu. Es ist sodann zwar richtig, dass der
Hauptberufungskläger, nachdem er von der Anschlussberufung der Gegenseite
erfahren hat, nach Fristablauf nicht mehr mit einer Ausweitung seiner
Hauptberufung oder mit einer Anschlussberufung auf die Anschlussberufung
reagieren kann (vgl. dazu REETZ/HILBER, a.a.O., N. 13 zu Art. 313 ZPO). Dies
stellt jedoch keine Ungleichbehandlung der Parteien dar, sondern dient der
klaren Trennung der Funktionen von Haupt- und Anschlussberufung. Beide
Rechtsmittel können grundsätzlich nur je einmal erhoben werden. Dieser
Beschränkung kommt prozessökonomische Funktion zu, indem ein ausufernder
Schriftenwechsel mit der Möglichkeit zur immer weitergehenden Ausdehnung der
Anträge, die zudem in einem komplizierten Abhängigkeitsverhältnis zueinander
stehen, verhindert wird. Dieser Beschränkung müssen sich die Parteien bewusst
sein: Wer Hauptberufung führt, muss von Anfang an damit rechnen, dass die
Gegenseite Anschlussberufung führen könnte und dass er selber bei Eintreten
dieses Falles nicht durch eine Ausweitung der Hauptberufungsanträge reagieren
kann (sondern nur und allenfalls selber Anschlussberufung erheben kann, wenn
die Gegenseite zuvor Berufung erhoben hat).

 Dass die Verfahren durch die Zulassung der Anschlussberufung nach Erhebung
einer eigenen Hauptberufung unnötig kompliziert würden, ist nicht zu
befürchten. Die oberen kantonalen Gerichte sehen sich dadurch - bei zwei
Beteiligten - maximal zwei Haupt- und zwei Anschlussberufungen gegenüber.

2.5. Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin allerdings vorgehalten, mit
ihrer Anschlussberufung ihre Berufung zu verbessern, was unzulässig sei.

 Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Anschlussberufung beantragt, die ihr vom
Bezirksgericht auferlegte Verpflichtung zur Zahlung eines
Prozesskostenvorschusses aufzuheben. Tatsächlich hat sie sich bereits in der
Berufung (S. 19) zu diesem Punkt geäussert und das erstinstanzliche Urteil
kritisiert. Allerdings stehen ihre Äusserungen im Zusammenhang mit ihrem Antrag
auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren.
Angesichts dessen, dass sie sich in diesem Rahmen zu ihren Einkommens- und
Vermögensverhältnissen äussern musste, ist es nachvollziehbar, dass sie dabei
auch die entsprechenden vorinstanzlichen Erwägungen zum Prozesskostenvorschuss
angreift und die Gründe des Bezirksgerichts zu widerlegen versucht, weshalb sie
zur Leistung eines solchen in der Lage sein soll. Dass sie diesen Punkt mit der
Berufung hätte selbständig anfechten wollen und sie bloss vergessen hätte, den
entsprechenden Antrag zu stellen, kann daraus nicht abgeleitet werden. Es
braucht deshalb nicht entschieden zu werden, wie die Sache zu beurteilen wäre,
wenn aus ihrem Verhalten tatsächlich ein solches Versäumnis abgeleitet werden
müsste. Jedenfalls könnte sie diesfalls den nachgeholten Antrag höchstens als
solchen auf der Stufe der Anschlussberufung gelten lassen, nicht aber effektiv
die Hauptberufung verbessern. Wie es sich verhielte, wenn in einer
Anschlussberufung ein bereits in der eigenen Hauptberufung enthaltener Antrag
wieder aufgegriffen und verstärkt werden würde, braucht an dieser Stelle
ebenfalls nicht entschieden zu werden.

2.6. Aus dem Gesagten folgt, dass die Beschwerde in diesem Punkt begründet ist
und die Sache an das Obergericht zur weiteren Beurteilung der Anschlussberufung
zurückgewiesen werden muss. Das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an
der Beurteilung ihrer Anschlussbeschwerde ist nicht dadurch entfallen, dass das
Obergericht die Beschwerde des Beschwerdegegners abgewiesen hat. Es liegt
keiner der Fälle gemäss Art. 313 Abs. 2 ZPO für das Dahinfallen der
Anschlussberufung vor. Die oberen Gerichte müssen eine Anschlussberufung auch
dann beurteilen, wenn sie in der Urteilsberatung zum Schluss kommen, dass sie
die Hauptberufung, auf die sich die Anschlussberufung bezieht, abweisen wollen
(zur "Verselbständigung" der Anschlussberufung vgl. Urteil 4A_333/2014 vom 23.
Juli 2014 E. 2.3).

3.

 Die Beschwerdeführerin wendet sich sodann gegen die vorinstanzliche Bestimmung
des nachehelichen Unterhalts.

3.1. Das Obergericht hat festgehalten, das erstinstanzliche Verfahren sei noch
unter der Herrschaft der kantonalen ZPO gestanden (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Nach
der Berechnung des Bezirksgerichts hätte die Beschwerdeführerin an sich
Anspruch auf nacheheliche Unterhaltszahlungen im Umfang von Fr. 2'725.-- (ab
Rechtskraft des Scheidungsurteils bis Mitte April 2015) und von Fr. 1'624.--
(ab Mitte April 2015 bis Mitte April 2021). Das Bezirksgericht habe ihr jedoch
unter Berücksichtigung der Dispositionsmaxime (§ 75 Abs. 2 ZPO/AG) nur
denjenigen Unterhaltsbetrag zugesprochen, den der Beschwerdegegner anerkannt
habe, da die Beschwerdeführerin ihren Anspruch bis zur Urteilsfällung nicht
beziffert, sondern bloss verlangt habe, ihr einen nach Ermessen des Gerichts
festgelegten Unterhaltsbeitrag gemäss Art. 125 ZGB zuzusprechen.

 Das Obergericht hat zunächst bestätigt, dass die Beschwerdeführerin ihren
Antrag nicht beziffert habe, woran entgegen ihrer Auffassung auch nichts
ändere, dass sie geltend mache, die Grundlagen ihres Anspruchs in ihrer Eingabe
vom 11. Mai 2011 dargelegt zu haben. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt
unterstehe der Dispositionsmaxime und erfordere deshalb eine Bezifferung,
zumindest aber - wenn die Bezifferung nicht möglich sei und der zuzusprechende
Betrag ins Ermessen des Gerichts gestellt werde - die Angabe eines
Höchstbetrags (§ 168 ZPO/AG). Dass es davon in der Aargauer Praxis Ausnahmen
gäbe, treffe nach Ansicht des Obergerichts nicht zu, entziehe sich seiner
Kenntnis und werde von der Beschwerdeführerin nicht belegt. Die
Beschwerdeführerin begründe denn auch nicht, weshalb sie nicht einmal einen
Höchstbetrag habe angeben können. Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf
das vom Bezirksgericht Baden herausgegebene Musterbegehren verfange nicht, denn
dieses beziehe sich auf die Aufhebung des gemeinsamen Haushalts gemäss Art. 175
ff. ZGB.

 Mit der Berufung habe die Beschwerdeführerin den verlangten Unterhaltsbeitrag
beziffert. Dies sei jedoch zu spät (Art. 85 Abs. 2 ZPO). Spätestens nach
Abschluss des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung vom 6. März 2012 hätte
sie ihr Unterhaltsbegehren beziffern können. Weshalb sie dazu nicht in der Lage
gewesen sein soll, sei weder ersichtlich noch dargetan.

 Das Obergericht hat sodann verneint, dass das Bezirksgericht aufgrund der
richterlichen Frage- oder Fürsorgepflicht die Beschwerdeführerin auf die
fehlende Bezifferung hätte aufmerksam machen müssen. Die Aargauer ZPO kenne
keine richterliche Fragepflicht, aus der richterlichen Fürsorgepflicht ergäben
sich jedoch analoge Mitwirkungspflichten (§ 7 Abs 2 des Gesetzes vom 11.
Dezember 1984 über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden
[Gerichtsorganisationsgesetz, GOG; ehemals SAR 155.100]). Allerdings habe das
Bezirksgericht keine Pflicht getroffen, die Beschwerdeführerin auf die fehlende
Bezifferung aufmerksam zu machen. Die Fürsorgepflicht solle nicht die zumutbare
Mitwirkung der Parteien bei der Feststellung des Sachverhalts ersetzen oder
prozessuale Nachlässigkeiten ausgleichen. Insbesondere bedeute sie nicht, dass
der Richter anstelle der Partei unklare, unvollständige oder unbestimmte
Sachvorbringen oder Rechtsbegehren zu ersetzen hätte. Die durch die
Beschwerdeführerin unterlassene Bezifferung ihres Unterhaltsanspruchs dürfe
nicht durch die Mitwirkung des Richters ersetzt werden.

 Die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren behauptete und belegte
Veränderung in den Lebensverhältnissen des Beschwerdegegners ändere daran
nichts. Eine Klageänderung (Art. 317 Abs. 2 ZPO) sei begrifflich
ausgeschlossen. Es liege kein rechtsgültig beziffertes Unterhaltsbegehren vor,
so dass es immer noch an einem gültigen Klagebegehren mangle. Eine
Klageänderung müsse jedoch an ein gültiges Klagebegehren anknüpfen.

3.2. Vor Bundesgericht macht die Beschwerdeführerin Verfassungsverletzungen und
Verletzungen der ZPO geltend.

3.2.1. Zunächst bringt sie vor, aus der Begründung ihrer Antwort (gemeint ist
offenbar die Eingabe vom 11. Mai 2011) ergebe sich, welchen Unterhaltsbeitrag
sie verlange: Sie habe dort nämlich die Berücksichtigung eines Existenzminimums
von Fr. 4'256.35 verlangt und dargelegt, dass ihr kein Einkommen zumutbar sei,
woraus unter Berücksichtigung des Kindesunterhaltsbeitrags von Fr. 1'000.-- ein
persönlicher Unterhaltsbeitrag von Fr. 3'256.35 resultiere.

 Es ist allerdings nicht Aufgabe der Gerichte, aus der Begründung
herauszusuchen, welcher Unterhaltsbeitrag allenfalls verlangt sein könnte,
falls sich dies aus der Rechtsschrift nicht hinreichend klar ergibt (vgl. BGE
137 III 617 E. 6.2 S. 622). Aus der von der Beschwerdeführerin angeführten
Stelle ihrer Eingabe vom 11. Mai 2011 (S. 8) ist zwar das geltend gemachte
Existenzminimum (inkl. Beitrag für den Sohn) ersichtlich, auf der folgenden
Seite verweist sie aber sogleich darauf, dass der Unterhaltsbeitrag je nach
Feststellung der finanziellen Situation der Parteien festgesetzt werden soll,
wobei sie - entgegen der Behauptung in der Beschwerde - die Möglichkeit eigener
Erwerbsarbeit einräumt, indem sie frühestens ab Mai 2015 eine Erwerbstätigkeit
zu 50 % für zumutbar hält. Dass die Vorinstanz dies nicht für genügend erachtet
hat, um daraus eine Bezifferung abzuleiten, ist nicht zu beanstanden.

 Der weitere Einwand der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegner habe nie
verlangt, auf den Antrag auf Unterhalt nicht einzutreten, geht fehl. Einerseits
hat das Bezirksgericht den Beschwerdegegner auf die teilweise Anerkennung
behaftet, andererseits überprüft das Gericht von Amtes wegen, ob die Anträge
genügend sind. Zu Unrecht beruft sich die Beschwerdeführerin in diesem
Zusammenhang auf Urteil 5A_706/2007 vom 14. März 2007. Zwar wurde dort
tatsächlich einer Partei vorgehalten, vor erster Instanz nicht Nichteintreten
wegen allfällig ungenügender Begehren verlangt zu haben (E. 2.4), doch stand
diese Erwägung im Zusammenhang mit der Ausschöpfung des Instanzenzuges als
Voraussetzung für das Eintreten auf die Beschwerde an das Bundesgericht.

3.2.2. Unter Berufung auf Urteil 5A_706/2007 vom 14. März 2007 E. 2.2 macht die
Beschwerdeführerin sodann geltend, die Anträge auf Geldleistungen müssten gar
nicht ziffernmässig bestimmt sein, wenn der Umfang der Leistung im Ermessen des
Gerichts liege. Soweit die Beschwerdeführerin aus diesem Urteil einen Satz des
Bundesrechts ableiten will, geht sie fehl. Dieses Urteil bezieht sich auf die
frühere Berner ZPO. In der von ihr herangezogenen E. 2.2 werden einzig die
Erwägungen des Berner Obergerichts wiedergegeben. Inhaltlich hat das
Bundesgericht den angefochtenen Entscheid mangels Ausschöpfung des
Instanzenzuges nicht überprüft und ergänzt, die obergerichtliche Beurteilung
sei jedenfalls nicht willkürlich (Urteil 5A_706/2007 vom 14. März 2007 E. 2.4).

3.2.3. Hinsichtlich der Praxis zur ZPO/AG macht die Beschwerdeführerin nicht
geltend, das Obergericht habe die von ihm angerufenen Normen willkürlich
ausgelegt. Stattdessen bringt sie vor, Anträge auf Festsetzung der
Unterhaltsbeiträge nach Ermessen des Gerichts seien in erstinstanzlichen
Eheschutz- und Scheidungsverfahren (nach ZPO/AG) weitverbreitet und anerkannt.
Ein Präjudiz oder einen Hinweis in der Lehre für den gegenteiligen Entscheid
habe das Obergericht nicht angeführt, obwohl die Gerichte eine solche Praxis zu
beweisen hätten. Der Vertreter der Beschwerdeführerin verweist auf zahlreiche
Verfahren, in denen er solche unbezifferten Anträge gestellt habe und bei denen
immer ein angemessener Unterhaltsbeitrag zugesprochen worden sei. Wenn die
Gerichte ihre Praxis hätten ändern wollen, so hätten sie dies vorher ankündigen
müssen. Schliesslich sei durch das eingereichte Musterbegehren des
Bezirksgerichts Baden bewiesen worden, dass unbezifferte Anträge im
Eheschutzverfahren ausreichten. Anträge auf Scheidungsunterhalt müssten gleich
behandelt werden, da es keinen Grund für eine Differenzierung gebe.

 Es trifft zu, dass das Obergericht kein Präjudiz für die Praxis im Kanton
Aargau genannt hat, doch hat es eingehend dargelegt, gestützt auf welche
gesetzlichen Grundlagen unbezifferte Anträge nicht ausreichten (oben E. 3.1).
Wie bereits gesagt, setzt sich die Beschwerdeführerin nicht im Einzelnen mit
diesen Normen auseinander, sondern sie vermutet eine verdeckte Praxisänderung,
worauf gerade das Fehlen von Präjudizien hindeute. Die Beschwerdeführerin nennt
zwar zahlreiche Verfahren, in denen angeblich unbezifferte Begehren genügt
hätten, doch kann sie bereits deshalb nichts daraus ableiten, weil sie es bei
der blossen Behauptung bewenden lässt und diese Verfahren nicht weiter
dokumentiert hat. Darauf ist nicht einzutreten. Insoweit ist auch nicht
dargetan, dass das Obergericht tatsächlich eine (unangekündigte) Praxisänderung
vorgenommen hätte. Aus dem Musterbegehren des Bezirksgerichts Baden kann die
Beschwerdeführerin ebenfalls nichts ableiten. Abgesehen davon, dass es sich auf
das Eheschutzverfahren bezieht, richtet es sich offensichtlich an Laien und
nicht an anwaltlich vertretene Parteien und enthält keine Aussage dazu, ob die
Anträge im Laufe des Verfahrens noch präzisiert werden müssen. Dass das
Obergericht eine Bezifferung des Unterhaltsanspruchs verlangt hat, kann
entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht als überspitzt
formalistisch betrachtet werden (dazu BGE 137 III 617, insbesondere E. 6 S. 621
f.).

3.2.4. Die Beschwerdeführerin bringt ausserdem vor, das Bezirksgericht habe
sich widersprüchlich verhalten, wenn es einerseits strikt die Bezifferung der
Begehren verlange, andererseits aber ohne Antrag der Parteien "praxisgemäss"
eine Indexierung festgelegt habe. Sie habe dies vor Obergericht gerügt. Das
Obergericht sei darauf aber nicht eingegangen und habe dadurch das rechtliche
Gehör verletzt. Tatsächlich hat sich das Obergericht zu diesem Punkt nicht
geäussert. Es musste dies allerdings auch nicht. Die Begründungspflicht als
Teilgehalt des rechtlichen Gehörs verlangt nicht, dass ein Gericht jedes
einzelne Vorbringen widerlegt. Vielmehr kann es sich bei der Begründung auf die
für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236;
138 I 232 E. 5.1 S. 237; je mit Hinweisen).

3.2.5. Nur am Rande äussert sich die Beschwerdeführerin zur richterlichen
Fürsorgepflicht. Eine genügende Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen
Entscheidgründen fehlt, so dass darauf nicht weiter einzugehen ist.

3.2.6. Des Weiteren macht die Beschwerdeführerin geltend, das Obergericht habe
Art. 317 Abs. 2 ZPO verletzt, indem es die auf eine Klageänderung gestützten,
vor Obergericht neu gestellten Anträge nicht behandelt habe. Die Klageänderung
sei gültig.

 Dies trifft nicht zu. Die vorinstanzliche Beurteilung, dass eine Klageänderung
nach Art. 317 Abs. 2 ZPO an ein genügendes Begehren anknüpfen muss, ist nicht
zu beanstanden. Das Gegenteil anzunehmen würde bedeuten, dass eine Partei, die
keine genügenden Begehren gestellt hat, dies gemäss Art. 317 Abs. 2 ZPO noch
verbessern könnte, wenn zufälligerweise zugleich neue Tatsachen und
Beweismittel vorliegen (Art. 317 Abs. 2 lit. b ZPO), während dies einer Partei
versagt wäre, die sich auf keine neuen Tatsachen und Beweismittel stützen kann.
Von dieser Zufälligkeit darf die Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufung
jedoch nicht abhängen, zumal der Zweck der Klageänderung ohnehin nicht darin
liegt, Verpasstes nachzuholen, sondern die Klage an geänderte Umstände und
Bedürfnisse anzupassen.

3.2.7. Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, die Prüfung des
Kindeswohls im Rahmen der Offizialmaxime hätte die gesamte finanzielle
Situation der Familie und damit auch die Höhe des Ehegattenunterhalts
beinhalten müssen. Dies trifft nicht zu. Vielmehr folgen die beiden
Unterhaltsansprüche verschiedenen Prozessgrundsätzen (dazu Urteil 5A_169/2012
vom 18. Juli 2012 E. 3.3 mit zahlreichen Hinweisen).

4.

 Die Beschwerdeführerin wendet sich sodann gegen die vorinstanzliche
Beurteilung des Anspruchs auf Kindesunterhalt. Ihre Kritik bezieht sich auf die
- vom Obergericht abgelehnte - Berücksichtigung von geltend gemachten erhöhten
Betreuungskosten im Bedarf von D.________ wegen "erheblicher
Entwicklungs-Probleme". Das Obergericht hat erwogen, solche Auslagen wären über
Art. 286 Abs. 3 ZGB abzuwickeln, zumal die Beschwerdeführerin einzig vage
Angaben gemacht und nicht hinreichend substanziiert dargelegt habe, dass solche
Kosten tatsächlich schon regelmässig entstanden wären und nicht von Dritten
(z.B. Krankenversicherern) übernommen würden. Vor Bundesgericht rügt die
Beschwerdeführerin sinngemäss eine Verletzung der Untersuchungsmaxime, doch
übergeht sie den bereits vom Obergericht erhobenen Vorwurf, sie sei ihrer
Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Inwiefern Art. 286 Abs. 3 ZGB
(Verpflichtung zur Leistung eines besonderen Beitrags bei nicht vorhergesehenen
ausserordentlichen Bedürfnissen des Kindes) nicht anwendbar sein soll, legt die
Beschwerdeführerin ebenfalls nicht dar.

5.

 Die Beschwerdeführerin ficht schliesslich die Verteilung der vorinstanzlichen
Gerichtskosten und der Parteientschädigung an. Die entsprechenden
Dispositivziffern des angefochtenen Urteils sind aufzuheben, da das Obergericht
die Angelegenheit teilweise neu zu beurteilen haben wird (oben E. 3). Das
Interesse der Beschwerdeführerin an der Beurteilung ihrer Rügen entfällt.

6.

 Beide Parteien unterliegen demnach vor Bundesgericht teilweise. Es
rechtfertigt sich, ihnen die Gerichtskosten je zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 66
Abs. 1 BGG). Jede Partei trägt sodann ihre Parteikosten selber (Art. 68 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und Dispositiv-Ziffern 1, 3 und 4
des Entscheides des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer,
vom 20. August 2014 werden aufgehoben. Die Sache wird insoweit an das
Obergericht zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit
darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 3'000.-- werden den Parteien je zur Hälfte
auferlegt.

3. 
Die Parteien tragen ihre Parteikosten selber.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Mai 2015

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zingg

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