Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.790/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_790/2014

Urteil vom 5. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch,
Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege (Verweigerung der Fortsetzung des
Ehevorbereitungsverfahren und der Trauung),

Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Abteilung, vom 18. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Am 17. März 2014 stellten A.________ (geb. 1977; nigerianischer
Staatsangehöriger) und B.________ (geb. 1982; kamerunische Staatsangehörige)
beim Zivilstandsamt der Stadt Zürich ein Gesuch um Vorbereitung der
Eheschliessung. Das Amt forderte die Verlobten gestützt auf Art. 98 Abs. 4 ZGB
unter Ansetzung einer Frist auf, ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz
nachzuweisen. B.________ gelang dieser Nachweis. A.________ konnte ihn nicht
erbringen. Mit Verfügung vom 30. Juni 2014 verweigerte das Zivilstandsamt die
Fortsetzung des Ehevorbereitungsverfahrens und die Trauung und meldete die
Personalien von A.________ der zuständigen Ausländerbehörde.

B. 
A.________ erhob Beschwerde bei der Direktion der Justiz und des Innern des
Kantons Zürich. Diese wies das Rechtsmittel mit Verfügung vom 8. August 2014
ab. Hierauf gelangte er an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und
ersuchte für das dortige Beschwerdeverfahren um unentgeltliche Rechtspflege.
Mit Verfügung vom 18. September 2014 wies das Verwaltungsgericht das Gesuch um
Befreiung von der Kostenvorschusspflicht ab und setzte A.________ eine Frist
vom zwanzig Tagen zur Bezahlung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'060.--. Für
den Fall der Nichtbezahlung stellte es in Aussicht, auf das Rechtsmittel nicht
einzutreten. Ein Fristerstreckungsgesuch wies das Verwaltungsgericht mit
Verfügung vom 25. September 2014 ab.

C. 
Mit Beschwerde vom 9. Oktober 2014 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an
das Bundesgericht. Er beantragt, die Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 18.
September 2014 aufzuheben und ihm für das kantonale Beschwerdeverfahren die
"vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege zuzubilligen". Dem weiteren
Antrag, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung beizumessen, entsprach der
Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung mit Verfügung vom 31. Oktober
2014. Schliesslich ersucht der Beschwerdeführer auch für das bundesgerichtliche
Verfahren um das Armenrecht. Das Bundesgericht hat sich die kantonalen Akten
überweisen lassen, in der Sache jedoch keine Vernehmlassung eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Der Beschwerdeführer wehrt sich gegen eine Verfügung des Verwaltungsgerichts,
mit der dieses sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das kantonale
Rechtsmittelverfahren abweist und ihm eine Frist zur Sicherstellung der
Verfahrenskosten setzt. Der Entscheid erging mittels einer selbständigen, vorab
eröffneten Verfügung. Er ist also ein Zwischenentscheid, der nach der
Rechtsprechung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im im Sinne von Art.
93 Abs. 1 Bst. a BGG bewirken kann (Urteil 5D_158/2013 vom 24. September 2013
E. 1 mit Hinweisen). Dass das Verwaltungsgericht nicht als Rechtsmittelinstanz
im Sinne von Art. 75 Abs. 2 BGG entschieden hat, steht der Zulässigkeit der
Beschwerde an das Bundesgericht nicht entgegen (BGE 137 III 424 E. 2.2 S. 426
f.). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (BGE
133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). Dort geht es um die Zulassung zur
Ehevorbereitung und Trauung. Das ist eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit,
die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht und der Beschwerde
in Zivilsachen unterliegt (Art. 72 Abs. 2 Bst. b BGG; Urteil 5A_814/2011 vom
17. Januar 2012 E. 1, nicht publ. in: BGE 138 I 41). Das gleiche Rechtsmittel
ist daher gegen den angefochtenen Zwischenentscheid zulässig. Auf die
fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten.

2. 
Als gesetzliche Grundlage seines Entscheids nennt das Verwaltungsgericht in der
angefochtenen Verfügung verschiedene Bestimmungen des zürcherischen
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2). Es wendet das
kantonale Verfahrensrecht gestützt auf Art. 90 Abs. 2 der Zivilstandsverordnung
vom 28. April 2004 (ZStV; SR 211.112.2) in Verbindung mit § 20a der kantonalen
Zivilstandsverordnung vom 1. Dezember 2004 (ZVO; LS 231.1) und § 41 ff. VRG an.
Soweit aber allein die Anwendung des kantonalen Rechts in Frage steht, kann der
Beschwerdeführer nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, namentlich des
Willkürverbots geltend machen (s. BGE 139 III 225 E. 2.3 S. 231). Für diese
Vorbringen gilt das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft
nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Vorwürfe. Auf
ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Was den
Sachverhalt angeht, ist das Bundesgericht grundsätzlich an die Feststellungen
der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann der
Beschwerdeführer einzig vorbringen, die vorinstanzliche Feststellung des
Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 BGG). Auch dafür gilt
das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.2 S.
246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

3. 
Anlass zur Beschwerde gibt die vorinstanzliche Beurteilung der
Prozessaussichten im Rechtsmittelverfahren vor dem Verwaltungsgericht.

3.1. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf § 16 Abs. 1 VRG. Gemäss dieser
Vorschrift kann einem mittellosen Privaten die Bezahlung von Verfahrenskosten
und Kostenvorschüssen nur unter der Voraussetzung erlassen werden, dass sein
Begehren "nicht offensichtlich aussichtslos erscheint". Der Beschwerdeführer
behauptet nicht, dass ihm das massgebliche kantonale Verfahrensrecht damit zu
einem Armenrechtsanspruch verhelfe, der über die verfassungsmässigen
Minimalanforderungen gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hinausgeht. Aussichtslos im Sinne
der zitierten Verfassungsnorm sind Prozessbegehren, bei denen die
Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die
deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren
nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr
die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese (zum Ganzen BGE
133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen). Bei der Beurteilung der
Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels kommt es darauf an, ob das Rechtsmittel
prozessual unzulässig oder aussichtslos ist. Mithin ist zu berücksichtigen,
dass ein erstinstanzlicher Entscheid vorliegt, der mit den gestellten
Rechtsbegehren verglichen werden kann (Urteil 5A_765/2014 vom 5. Dezember 2014
E. 3 mit Hinweisen).

3.2. Das Verwaltungsgericht hält die kantonale Beschwerde für "offenkundig
aussichtslos", weil sie die überzeugenden Erwägungen der Direktion keineswegs
entkräfte. Dass ein solcher Vergleich der Rechtsmittelbegehren mit dem
angefochtenen Entscheid ungeeignet wäre, die Prozessaussichten eines
Rechtsmittels zu beurteilen, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist
nach dem Gesagten auch nicht ersichtlich. Indessen stellt sich der
Beschwerdeführer auf den Standpunkt, dass Art. 98 Abs. 4 ZGB, wonach
ausländische Verlobte während des Ehevorbereitungsverfahrens ihren
rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen müssen, nach der
bundesgerichtlichen Praxis keine "totalitäre Bedeutung" habe. Der
Beschwerdeführer führt seinen konventionsrechtlichen Anspruch auf
Eheschliessung gemäss Art. 12 EMRK ins Feld. Dieser Norm müsse "über die
Bestimmung von Art. 98 Abs. 4 ZGB hinweg übergeordnete Bedeutung beigemessen
werden". Aus diesem Grund müsse es Ausnahmen geben, bei denen die
Eheschliessung auch einem illegal in der Schweiz anwesenden Ausländer erlaubt
sei. Angesichts dessen könne seine kantonale Beschwerde "keineswegs" als
aussichtslos gelten.

3.3. Die Urteile 2C_1170/2013 vom 28. Juli 2014, 2C_213/2012 vom 13. März 2012
und 2C_702/2011 vom 23. Februar 2012, die der Beschwerdeführer zitiert,
betreffen das ausländerrechtliche Verfahren betreffend die Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung und nicht das Verfahren der Eheschliessung vor dem
Zivilstandsamt (Art. 97 ff. ZGB), das allein hier in Frage steht. Mit Bezug
auf  dieses Verfahren hat das Bundesgericht nun aber erkannt, dass Art. 98 Abs.
4 ZGB dem Zivilstandsbeamten keinerlei Spielraum lässt, dieser die Trauung also
verweigern muss, wenn ein Ausländer um die Eheschliessung ersucht, ohne seinen
rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachgewiesen zu haben (BGE 137 I 351 E.
3.7 S. 359 f.). Im zitierten Urteil stellt das Bundesgericht klar, dass es
ausschliesslich die Aufgabe der zuständigen Ausländerbehörde ist, im Rahmen
eines Gesuchs um Erteilung einer provisorischen Aufenthaltsbewilligung zum
Zwecke der Eheschliessung die Anforderungen zu prüfen, die sich aus dem
konventionsrechtlichen Anspruch auf Eheschliessung (Art. 12 EMRK) und dem
Verhältnismässigkeitsgrundsatz ergeben (BGE a.a.O., S. 360). Angesichts dessen
ist der Argumentation des Beschwerdeführers, weshalb seine kantonale Beschwerde
nicht aussichtslos gewesen sei, der Boden entzogen. Darüber hinaus gibt der
Beschwerdeführer noch zu bedenken, dass mit seinem Aufenthaltsanspruch auch die
"Kindsrechte" und damit sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(Art. 8 EMRK) tangiert seien, die "je länger je mehr ... einen erhöhten Schutz
geniessen müssten". Allein mit derlei Mutmassungen, die überdies nicht das
Verfahren der Eheschliessung, sondern allenfalls dasjenige der Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung betreffen, vermag der Beschwerdeführer nichts
auszurichten.

4. 
Soweit sich seine Vorbringen überhaupt nachvollziehen lassen, scheint sich der
Beschwerdeführer auch daran zu stören, dass das Verwaltungsgericht ihm in der
angefochtenen Verfügung die Sicherstellung der voraussichtlichen
Verfahrenskosten aufbürdet und ihm hierzu eine Frist setzt. Das
Verwaltungsgericht stellt in diesem Zusammenhang fest, dass der
Beschwerdeführer aus rechtskräftig erledigten Verfahren vor Zürcher Behörden
noch Kosten von über Fr. 5'000.-- schulde. Aus diesem Grund könne er gestützt
auf § 15 Abs. 2 Bst. b in Verbindung mit § 65a Abs. 2 VRG zur Sicherstellung
der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anfallenden Gerichtskosten angehalten
werden. Der Beschwerdeführer stellt in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede,
dem Kanton Zürich die erwähnte Summe Geldes zu schulden. Unbehelflich ist auch
sein pauschaler Einwand, das Verwaltungsgericht vereitele damit die materielle
Prüfung seines Anspruchs auf einen Eheschluss. Inwiefern sich die Anwendung der
zitierten kantonalen Verfahrensvorschriften nicht mit seinen
verfassungsmässigen Rechten verträgt, tut der Beschwerdeführer nicht dar.
Insbesondere macht er auch nicht geltend, dass ihm die Verfassung unter den
gegebenen, unbestrittenen Umständen einen Anspruch darauf verschafft, dass das
Verwaltungsgericht von einer Sicherstellung der Gerichtskosten absieht.

5. 
Die Beschwerde erweist sich also als unbegründet. Sie ist abzuweisen. Der
Beschwerdeführer unterliegt. Er hat für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66
Abs. 1 BGG). Dem Kanton Zürich ist keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs.
3 BGG). Soweit der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren um das
Armenrecht ersucht, ist sein Begehren abzuweisen. Wie die vorigen Erwägungen
zeigen, müssen die vor Bundesgericht gestellten Rechtsbegehren als von Anfang
an aussichtslos gelten. Damit fehlt es an einer materiellen Voraussetzungen für
die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren
wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Mai 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: V. Monn

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