Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.753/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_753/2014

Urteil vom 8. Januar 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte
1. X.________,
2. Y.________,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli,
Beschwerdeführer,

gegen

Z.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt David Matti,
Beschwerdegegnerin,

Betreibungsamt Oberland, Dienststelle Obersimmental-Saanen.

Gegenstand
Grundpfandverwertung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 16. September 2014 (ABS
14 171).

Sachverhalt:

A. 
In der Betreibung auf Pfandverwertung Nr. xxx des Betreibungsamtes Oberland
verlangte die Z.________ AG am 6. Mai 2014 die Verwertung der Liegenschaft
A.________ Grundbuch-Blatt Nr. yyy und die Errichtung der Mietzins- bzw.
Pachtzinssperre gemäss Art. 806 ZGB. Dagegen erhoben X.________ als Schuldnerin
und Y.________ als Pfandsteller Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern,
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen. Sie verlangten, es sei die
Mitteilung des Verwertungsbegehrens nichtig zu erklären, allenfalls aufzuheben.
Die Beschwerde wurde am 16. September 2014 abgewiesen.

B. 
Mit Eingabe vom 29. September 2014 sind X.________ und Y.________ an das
Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung des
obergerichtlichen Entscheides und erneuern ihre gegenüber der kantonalen
Aufsichtsbehörde erhobenen Begehren. Eventualiter verlangen sie die Rückweisung
der Sache an diese zu neuem Entscheid.

 Mit Verfügung vom 30. Oktober 2014 ist dem Gesuch um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung stattgegeben worden. Das Obergericht, das Betreibungsamt
und die Z.________ AG als Beschwerdegegnerin haben sich dagegen ausgesprochen.

 In der Sache sind keine Antworten eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen unterliegen unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in
Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Als Betriebenen
steht den Beschwerdeführern ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des
Entscheides zu (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).

1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem
Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106
Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S.
104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen
(Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S.
591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Vorbringen sind nicht zulässig
(Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das Verwertungsbegehren der
Pfandgläubigerin.

2.1. Wurde gegen den Zahlungsbefehl kein Rechtsvorschlag erhoben oder ist ein
solcher rechtskräftig beseitigt worden, kann der Gläubiger (wie auch der
Schuldner und der Dritteigentümer) das Verwertungsbegehren stellen. Die
Verwertung eines Grundpfandes kann frühestens sechs Monate und spätestens zwei
Jahre nach der Zustellung des Zahlungsbefehls verlangt werden. Wurde
Rechtsvorschlag erhoben, so stehen diese Fristen zwischen der Einleitung und
der Erledigung eines dadurch veranlassten gerichtlichen Verfahrens still (Art.
154 Abs. 1 SchKG). Die Verwertungsfristen in der Betreibung auf Pfandverwertung
sollen (wie diejenigen in der Betreibung auf Pfändung; Art. 116 SchKG) dem
Schuldner ermöglichen, den Gläubiger dennoch zu befriedigen, aber auch den
Schwebezustand der begrenzten Verfügbarkeit des Pfandes auf einen absehbaren
Zeitraum zu beschränken ( BERNHEIM/KÄNZIG, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz
über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, Nr. 1 Art. 154).

2.2. In der vorliegenden Betreibung wurde den Beschwerdeführern am 4. November
2013 der Zahlungsbefehl zugestellt, worauf diese Rechtsvorschlag erhoben. Am
29. Januar 2014 erteilte das Regionalgericht Oberland der Beschwerdegegnerin
auf deren Gesuch vom 21. November 2013 hin die provisorische Rechtsöffnung für
den Betrag von Fr. 2,4 Mio. und Fr. 58'215.15 jeweils zuzüglich Zinsen sowie
für das Pfandrecht verkörpert in zehn Schuldbriefen. Dieser Entscheid ist
unangefochten geblieben und eine Aberkennungsklage wurde nicht eingereicht.
Gestützt auf eine entsprechende Bestätigung des Regionalgerichts stellte die
Beschwerdegegnerin am 6. Mai 2014 das Verwertungsbegehren, wogegen die
Beschwerdeführer an die kantonale Aufsichtsbehörde gelangten. Sie bemängelten
im Wesentlichen die Nichteinhaltung der Minimalfrist von Art. 154 Abs. 1 SchKG.

2.3. Die Vorinstanz wies die Beschwerdeführer auf die unterschiedliche
Bedeutung der in Art. 154 Abs. 1 SchKG geregelten Verwertungsfristen hin.
Insbesondere führte sie aus, dass der Fristenstillstand nur für die
Maximalfrist gelte, was sich zwar nicht aus dem Wortlaut, aber aus dem Sinn und
Geist dieser Bestimmung ergebe. Der Gläubiger solle nicht durch lange Verfahren
zur Beseitigung des Rechtsvorschlags vor Ablauf von zwei Jahren seines
Verwertungsrechts verlustig gehen. Diese Gefahr bestehe bei der Minimalfrist
nicht und es bedürfe daher keines Fristenstillstandes. Die Vorinstanz stützte
sich dabei auf die langjährige Rechtsprechung des Bundesgerichts, welche auch
nach der am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Revision des SchKG gelte (BGE 50
III 186 S. 187; 90 III 84 S. 85; 124 III 79 E. 2 S. 81), und die Lehre (
BERNHEIM/KÄNZIG, a.a.O., N. 24 zu Art. 154).

2.4. Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz Willkür bei der Auslegung von
Art. 154 Abs. 1 SchKG vor. Entgegen dem klaren Wortlaut gehe sie davon aus,
dass die Verwertungsfrist von sechs Monaten während dem Rechtsöffnungsverfahren
nicht stillstehe. Damit werde das Gesetz in unzulässiger Weise zu Richterrecht
"verformt". Dieses Vorgehen verletze die Eigentumsrechte der Betroffenen
massiv. Soweit das Bundesgericht vor mehreren Jahren einmal etwas anderes
gesagt haben sollte, sollte ein solcher Entscheid revidiert werden.

2.5. Diese Vorbringen lassen den angefochtenen Entscheid nicht als
bundesrechts- oder gar verfassungswidrig erscheinen. Er gibt eine
Rechtsprechung des Bundesgerichts wieder, welche - auch aufgrund der
Ausführungen in der Beschwerde - zu ändern kein Anlass besteht. Die Lehre hat
der Auslegung von Art. 154 Abs. 1 SchKG durch das Bundesgericht denn auch seit
jeher zugestimmt, soweit sie sich dazu geäussert hat ( JAEGER, Das Bundesgesetz
betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 1911, N. 10 zu Art. 154;
GILLIÉRON, Commentaire de la fédérale sur la poursuite des dettes et la
faillite, Bd. II, 2000, N. 17 zu Art. 154; FOËX, in: Commentaire romand,
Poursuite et faillite, N. 21 zu Art. 154). Damit bleibt es dabei, dass die
minimale Verwertungsfrist für ein Grundpfand durch das Rechtsöffnungsverfahren
nicht unterbrochen wird. Das Verwertungsbegehren erweist sich infolgedessen
nicht als verfrüht.

3. 
Nach dem Dargelegten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss
werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftung kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftung auferlegt.

3. 
Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons
Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 8. Januar 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Escher

Der Gerichtsschreiber: Levante

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