Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.751/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_751/2014

Urteil vom 28. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Daniela Fischer,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Ehescheidung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 22. August 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (geb. 1956) und B.________ (geb. 1951) hatten im Jahre 1999
geheiratet. Sie sind die Eltern des Sohnes C.________ (geb. 1994). Bis zur
Eheschliessung hatten sie verschiedene Wohnsitze. Der Mann lebte in U.________,
die Frau mit dem Sohn in Israel. Mit der Heirat zogen Frau und Kind zum Mann
nach U.________. Seit April 2008 leben die Parteien getrennt. A.________ lebt
jetzt wieder in Israel.

B. 
Zur Bewilligung des Getrenntlebens und Regelung der Nebenfolgen erwirkte
A.________ am 28. November 2008 einen Eheschutzentscheid des Bezirksgerichts
Zürich. Für die Dauer der Trennung wurden ihr monatliche Unterhaltsbeiträge von
Fr. 6'100.-- (bis Ende Dezember 2009) und Fr. 5'000.-- (ab Januar 2010)
zugesprochen. Auf Rekurs von A.________ hin bestimmte das Obergericht des
Kantons Zürich die Frauenalimente auf Fr. 5'300.-- ab Auszug aus der ehelichen
Wohnung, spätestens jedoch ab September 2010.

C. 
Am 20. Januar 2011 reichte B.________ die Scheidungsklage ein. Kurz darauf
beantragte er dem Scheidungsrichter, die Eheschutzmassnahmen (Bst. B) im Rahmen
vorsorglicher Massnahmen abzuändern. Mit Entscheid vom 14. Juli 2011 reduzierte
das Bezirksgericht die Unterhaltsbeiträge für A.________ ab 1. April 2012 auf
monatlich Fr. 4'300.--. Am 11. Juni 2013 schied das Bezirksgericht die Parteien
und regelte die Nebenfolgen. Soweit für den Streit vor Bundesgericht noch
relevant, versagte es A.________ einen nachehelichen Unterhalt. B.________
wurde verurteilt, seiner Frau unter dem Titel "individuelle Vorsorge" einen
Betrag von Fr. 130'000.-- zu bezahlen. Weiter sprach das Bezirksgericht
A.________ aus Güterrecht Fr. 135'150.-- zu.

D.

D.a. B.________ gelangte an das Obergericht des Kantons Zürich. Er beantragte,
der Frau unter dem Titel Güterrecht keinen Geldbetrag zuzusprechen. A.________
erhob Anschlussberufung. Sie verlangte nacheheliche Unterhaltsbeiträge von
mindestens Fr. 5'500.-- bis 1. Januar 2018 und anschliessend von Fr. 4'500.--.
Unter dem Titel Güterrecht sei ihr ein "nach dem durchgeführten
Beweisverfahren" zu beziffernder, Fr. 135'150.-- übersteigender Betrag
zuzusprechen.

D.b. Am 21. August 2013 stellte B.________ im Rahmen des Berufungsverfahrens
ein Gesuch um Abänderung des Massnahmeentscheids vom 14. Juli 2011 (Bst. C). Er
beantragte, A.________ ab 22. August 2013 keinen Unterhalt mehr zuzusprechen.
Mit Beschluss vom 20. November 2013 wies das Obergericht das Begehren ab. Am
19. Januar 2014 stellte der Mann erneut ein Abänderungsgesuch mit dem leicht
modifizierten Antrag, seine Pflicht zur Zahlung der Frauenalimente ab 22.
August 2013, eventuell ab 1. Januar 2014 einzustellen. Eventualiter beantragte
er, den Unterhalt ab 1. Januar 2014 und bis Ende Februar 2016 auf monatlich Fr.
1'160.-- festzusetzen und danach aufzuheben.

D.c. Mit Beschluss vom 22. August 2014 wies das Obergericht das Gesuch um
Abänderung der vorsorglichen Massnahmen (Bst. D.b) ab. Gleichentags fällte es
das Urteil über die Berufung und Anschlussberufung (Bst. D.a ). Es erkannte,
dass kein nachehelicher Unterhalt zugesprochen wird und A.________ gegenüber
B.________ kein Anspruch aus Güterrecht zusteht.

E. 
Mit Beschwerde vom 26. September 2014 ficht A.________ (Beschwerdeführerin) das
Urteil des Obergerichts beim Bundesgericht an. Sie stellt das Begehren, das
obergerichtliche Urteil aufzuheben und zur Neubeurteilung des nachehelichen
Unterhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter verlangt sie, ihr ab
Rechtskraft des Scheidungsurteils bis 1. Januar 2018 nacheheliche Alimente von
Fr. 5'500.-- und anschliessend solche von Fr. 4'500.-- zuzusprechen.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), der die vermögensrechtlichen Folgen
einer Ehescheidung, also eine Zivilsache im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG zum
Gegenstand hat. Die Streitwertgrenze gemäss Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG ist
erreicht. Die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist
zulässig.

2. 
Die Vorinstanz versagt der Beschwerdeführerin den nachehelichen Unterhalt mit
der Begründung, sie habe den rechtserheblichen Sachverhalt im
Berufungsverfahren "nicht (genügend) behauptet". Diese Erkenntnis gibt Anlass
zur Beschwerde.

2.1. Wie das Obergericht zutreffend bemerkt, soll der Berufungskläger in der
Begründung der Berufung (Art. 311 Abs. 1 ZPO) erklären, weshalb er die
Berufungsanträge stellt und eine Abänderung des erstinstanzlichen Entscheids
verlangt. Hierzu soll er darlegen, gestützt auf welche Sachverhaltselemente und
Rechtsgrundlagen sich diese Berufungsbegehren rechtfertigen (s. PETER REETZ/
STEFANIE THEILER, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur
Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N 36 zu Art. 311 ZPO).
Nichts anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung. Danach bedeutet begründen im
Sinne von Art. 311 Abs. 1 ZPO aufzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid
als fehlerhaft erachtet wird. Dieser Anforderung genügt der Berufungskläger
nicht, wenn er lediglich auf die vor erster Instanz vorgetragenen Vorbringen
verweist, sich mit Hinweisen auf frühere Prozesshandlungen zufriedengibt oder
den angefochtenen Entscheid in allgemeiner Weise kritisiert. Die Begründung
muss hinreichend genau und eindeutig sein, um von der Berufungsinstanz mühelos
verstanden werden zu können. Dies setzt voraus, dass der Berufungskläger im
Einzelnen die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, und die
Aktenstücke nennt, auf denen seine Kritik beruht (BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S.
375 f.; s. auch Urteil 4A_290/2014 vom 1. September 2014 E. 3.1).

2.2. Von den geschilderten Anforderungen will das Obergericht dort eine
Ausnahme machen, wo eine Auseinandersetzung mit dem vorinstanzlichen Urteil
nicht nötig oder gar nicht möglich ist, etwa weil die Vorinstanz die im
Berufungsverfahren streitige Fragen offenliess. In solchen Fällen könne sich
der Berufungskläger damit begnügen, auf das Vorbringen der Vorinstanz zu
verweisen. Als "Minimum" sei aber zu verlangen, dass er die Ausführungen, die
er schon vor der unteren Instanz vortrug und nun im Berufungsverfahren als
massgeblich erachtet, konkret, das heisst unter Angabe des Aktenstücks und des
Abschnittes bzw. der Seitenzahl bezeichnet.

 Bezogen auf den konkreten Fall kommt das Obergericht zum Schluss, nachdem die
güterrechtliche Ausgleichszahlung des Beschwerdegegners von Fr. 135'150.--
wegfalle, lasse sich die Eigenversorgungskapazität der Beschwerdeführerin nicht
wie ursprünglich von ihr geplant mit einer selbständigen Erwerbstätigkeit in
Israel begründen, zu deren Aufbau das erwähnte Kapital gedacht gewesen wäre.
Nachdem die Beschwerdeführerin von einem monatlichen Erwerbseinkommen bis zur
Pensionierung von Fr. 1'100.-- ausgehe und einen gebührenden Unterhalt von
monatlich Fr. 6'750.-- behaupte, sei ihr Anspruch auf nachehelichen Unterhalt
zu prüfen. Hinsichtlich der Höhe ihres gebührenden Unterhalts, ihrer fehlenden
oder ungenügenden Eigenversorgungskapazität sowie der Leistungsfähigkeit des
Beschwerdegegners - der drei Anspruchsvoraussetzungen, bezüglich derer sie die
Beweislast treffe - begnüge sich die Beschwerdeführerin in ihrer
Anschlussberufung mit pauschalen Ausführungen. Einzig bezüglich des gebührenden
Unterhalts habe sie in konkreter Weise auf ihre Ausführungen vor dem
Bezirksgericht verwiesen. Was ihre Eigenversorgungskapazität betreffe, habe sie
sich darauf beschränkt, ihr aktuelles Einkommen mit Fr. 1'100.-- zu beziffern.
Relevante Details - berufliche Ausbildung und Erfahrung, Art der aktuellen
Tätigkeit, Pensum etc. - habe sie nicht erwähnt. Hinsichtlich der
Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners habe sie sich mit der Floskel begnügt,
dass die Unterhaltsbeiträge dem Einkommen und der Vorsorge, die der
Beschwerdegegner für sich selbst organisiert habe, bei weitem angemessen seien.
Das Obergericht stellt fest, die Beschwerdeführerin habe festgehalten, dass sie
auf ihre Anträge zum nachehelichen Unterhaltsbeitrag "gemäss ihren Vorbringen
vor Vorinstanz" zurückkomme. Eine konkrete Bezeichnung des fraglichen
Vorbringens bzw. ein exakter Verweis auf die entsprechenden Aktenstellen würden
indessen fehlen. Damit komme sie ihrer Behauptungs- und Substanziierungslast
nicht nach.

2.3. Die Beschwerdeführerin beruft sich zunächst auf Art. 277 Abs. 2 ZPO. Diese
Norm lautet wie folgt: Stellt der Richter fest, dass für die Beurteilung von
vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen notwendige Urkunden fehlen, so fordert er
die Parteien auf, diese nachzureichen. Die Beschwerdeführerin leitet daraus ab,
dass das Obergericht ihre Eigenversorgungskapazität neu hätte beurteilen
müssen, nachdem es zur Auffassung gelangte, dass eine selbständige
Erwerbstätigkeit nicht mehr in Frage kam.

 Diese Sichtweise geht fehl. Art. 277 Abs. 2 ZPO schwächt den
Verhandlungsgrundsatz (Art. 277 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 1 ZPO) nur insofern ab,
als er dem Richter eine Hinweispflicht auferlegt, wenn für die Beurteilung
vermögensrechtlicher Scheidungsfolgen notwendige Urkunden fehlen (vgl. die
Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 28. Juni 2006, BBl 2006
7360). Diese richterliche Pflicht beschränkt sich indessen auf die Urkunden,
die zum Beweis einer behaupteten Tatsache erforderlich sind, das heisst auf
eine Korrektur ungenügend substanziierter  Beweisanträge. Von den
Beweisanträgen sind die  Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden. Art. 277 Abs.
2 ZPO begründet keine Pflicht des Gerichts, auch dort auf eine Nachbesserung
hinzuwirken, wo eine Partei eine Tatsachenbehauptung, die sich auf die
vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen bezieht, nicht genügend substanziiert hat
( THOMAS SUTTER-SOMM/NICOLAS GUT, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger,
Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N 13 zu Art.
277 ZPO; ähnlich KURT SIEHR/DANIEL BÄHLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische
Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N 2a zu Art. 277 ZPO). Genau dieser Vorwurf
steht hier im Raum. Das Obergericht vermisst nicht urkundliche Belege für
einzelne, konkret behauptete Tatsachen, anhand derer sich die
Eigenversorgungskapazität der Beschwerdeführerin beurteilen lässt. Es hält der
Beschwerdeführerin vor, sie habe hinsichtlich ihrer Eigenversorgungskapazität
und bezüglich der Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners den
rechtserheblichen Sach-verhalt gesamthaft nicht hinreichend behauptet.

2.4. Weiter führt die Beschwerdeführerin Art. 279 ZPO ins Feld. Dieser
Vorschrift zufolge genehmigt der Richter eine Vereinbarung über die
Scheidungsfolgen, wenn er sich (nebst anderen Voraussetzungen) davon überzeugt
hat, dass sie nicht offensichtlich unangemessen ist. Nach der Meinung der
Beschwerdeführerin soll diese richterliche Inhaltskontrolle auch im gerichtlich
ausgetragenen Streit über die Scheidungsfolgen immer dann zur Anwendung kommen,
wenn es Interessen Dritter bzw. der Allgemeinheit zu schützen gilt. In ihrem
Fall stünden die Interessen des Gemeinwesens auf dem Spiel. Der angefochtene
Entscheid habe nämlich zur Folge, dass sie "unter Umständen auf staatliche
Unterstützung zurückgreifen" müsse, was bei entsprechender Leistungsfähigkeit
des Unterhaltsschuldners eben nicht als angemessene Regelung der
Scheidungsfolgen gemäss Art. 279 ZPO angesehen werden könne. Aus diesem Grund
sei der angefochtene Entscheid in diesem Punkt "unhaltbar und als nicht
genehmigungsfähig im Sinne von Art. 279 ZPO zu erachten".

 Auch dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Art. 279 ZPO entspricht
inhaltlich dem alten Art. 140 ZGB (in Kraft bis 31. Dezember 2010). Die Norm
verfolgt den Zweck, den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten zu schützen. Sie
soll verhindern, dass eine Partei zu Zugeständnissen gezwungen werden kann, die
als unangemessen und unbillig erscheinen (Botschaft über die Änderung des
Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Personenstand, Eheschliessung, Scheidung,
Kindesrecht, Verwandtenunterstützungspflicht, Heimstätten, Vormundschaft und
Ehevermittlung] vom 15. November 1995, BBl 1996 I 141). Der Autor, den die
Beschwerdeführerin anruft, weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich
"die strukturelle Unterlegenheit des schwächeren Ehegatten ... in strittig
geführten Verfahren potentiell noch nachteiliger auswirken wird als in
Konventionsverhandlungen". Überdies sei nicht einzusehen, weshalb nur
Vereinbarungen, nicht jedoch Urteile über Scheidungsfolgen minimalen
inhaltlichen Anforderungen entsprechen sollen ( MATTHIAS STEIN-WIGGER, in:
Schwenzer, FamKomm, Bd. II, 2. Aufl. 2011, N 5 zu Art. 279 ZPO). Was es damit
auf sich hat, kann hier offenbleiben. Denn wie auch die Beschwerdeführerin
selbst schreibt, käme die geforderte Inhaltskontrolle einer Beschränkung der
Dispositionsmaxime (Art. 58 ZPO) gleich, wie sie im Streit um den nachehelichen
Unterhalt gilt (Urteil 5A_95/2012 vom 28. März 2012 E. 4.4. mit Hinweis). Die
Behauptungs- und Substanziierungspflicht, um die allein es hier geht (E. 2.2),
beschlägt jedoch nicht die Frage, ob das Gericht angesichts eines bestimmten
Beweisergebnisses an die Begehren der (schutzbedürftigen) Partei gebunden ist,
sondern die Art und Weise, wie der Prozessstoff erarbeitet wird, ein bestimmtes
Beweisergebnis also überhaupt erst zustande kommt (dazu BGE 127 III 365 E. 2b
S. 368; Urteil 4A_210/2009 vom 7. April 2010 E. 3.2; je mit Hinweisen).
Diesbezüglich bestimmt Art. 277 Abs. 1 ZPO, dass für den nachehelichen
Unterhalt der Verhandlungsgrundsatz gilt. Das bedeutet, dass die Parteien dem
Gericht die Tatsachen, auf die sie ihre Begehren stützen, darzulegen und die
Beweismittel anzugeben haben (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Entgegen der Meinung der
Beschwerdeführerin kann auch nicht von einer "echten Lücke der
Zivilprozessordnung" gesprochen werden, die es rechtfertigen würde, zum Schutz
der Interessen Dritter bzw. der Allgemeinheit die Untersuchungsmaxime zur
Anwendung zu bringen. Eine echte (Gesetzes-) Lücke liegt dort vor, wo der
Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen, und
dem Gesetz weder nach seinem Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu
ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnommen werden kann (BGE 128 I 34 E. 3b
S. 42). Davon kann angesichts der klaren gesetzlichen Vorgabe in Art. 277 Abs.
1 ZPO nicht die Rede sein.

2.5.

2.5.1. Sodann weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass das Obergericht im
Zeitpunkt des Berufungsurteils betreffend den nachehelichen Unterhalt auch über
die Abänderung der vorsorglichen Massnahmen befunden habe. Im
Massnahmeverfahren sei das Obergericht mit Belegen über ihre aktuelle
Eigenversorgungskapazität bedient worden. Es habe die Einkünfte für den
Zeitraum von Februar 2013 bis Februar 2014 als belegt erachtet und ihr einen
durchschnittlichen Monatslohn von Fr. 1'715.-- angerechnet. Auch das Einkommen
des Beschwerdegegners sei unter dem Titel "Abänderung der vorsorglichen
Massnahmen" bereits Thema des angefochtenen Entscheids. Die Vorinstanz komme
zum Schluss, dass beim Beschwerdegegner nach wie vor von einem monatlichen
Einkommen von Fr. 17'000.-- auszugehen sei. Die Beschwerdeführerin
argumentiert, dass das Obergericht unter diesen Umständen in überspitzten
Formalismus verfalle und Art. 29 BV verletze, wenn es ihr im Streit um den
nachehelichen Unterhalt vorwerfe, bezüglich ihrer Eigenversorgungskapazität und
der Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners nicht über die erforderlichen
Angaben zu verfügen, "weshalb sie ihrer Substantiierungs- und Behauptungslast
nicht genügend nachgekommen sei".

2.5.2. Art. 29 Abs. 1 BV garantiert vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen ein
faires Verfahren (BGE 131 I 272 E. 3.2.1 S. 274 f.). Gegen Art. 29 Abs. 1 BV
verstösst eine Behörde insbesondere, wenn sie in überspitzten Formalismus
verfällt. Überspitzter Formalismus als besondere Form der Rechtsverweigerung
liegt vor, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden,
ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, wenn die Behörde formelle
Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt oder an Rechtsschriften
überspannte Anforderungen stellt und damit dem Bürger den Rechtsweg in
unzulässiger Weise versperrt (BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9 mit Hinweisen).
Prozessuale Formen sind unerlässlich, um die ordnungsgemässe Abwicklung des
Verfahrens und die Durchsetzung des materiellen Rechts zu gewährleisten. Nicht
jede prozessuale Formstrenge stellt daher überspitzten Formalismus dar, sondern
nur jene, die durch keine schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt ist, zum
blossen Selbstzweck wird und die Verwirklichung des materiellen Rechts in
unhaltbarer Weise erschwert oder verhindert (BGE 134 II 244 E. 2.4.2 S. 248;
125 I 166 E. 3a S. 170).

2.5.3. Gewiss hat das Obergericht den Massnahmeentscheid und den
Berufungsentscheid am selben Tag erlassen und in derselben Urkunde schriftlich
niedergelegt. Das ändert aber nichts daran, dass sich das Verfahren betreffend
die Abänderung vorsorglicher Massnahmen in wichtigen, hier ausschlaggebenden
Punkten vom gerichtlichen Streit um den nachehelichen Unterhalt unterscheidet.
In materieller Hinsicht findet der Unterhaltsanspruch, über den der
Massnahmerichter zur provisorischen Regelung des Getrenntlebens urteilt, seine
Grundlage in Art. 163 ZGB (Art. 276 ZPO i.V.m. Art. 173 und 176 Abs. 1 Ziff. 1
ZGB). Ausgangspunkt für die vorsorgliche Festsetzung des vorläufigen
Verbrauchsunterhalts ist die (ausdrückliche oder stillschweigende)
Übereinkunft, welche die Eheleute hinsichtlich der Aufteilung der Aufgaben und
Ressourcen getroffen haben (zum Ganzen BGE 137 III 385 E. 3.1 S. 386 ff.).
Daran ändert nichts, dass mit Blick auf die Frage, ob sich eine Abänderung der
Massnahmen rechtfertigt (Art. 179 Abs. 1 Satz 1 ZGB), die Bestimmungen über die
Änderung der Verhältnisse bei Scheidung sinngemäss gelten (Art. 179 Abs. 1 Satz
2 ZGB). Demgegenüber gilt es im Streit um den nachehelichen Unterhalt zu
klären, ob die Ehe die ökonomische Situation eines Ehegatten beeinflusst hat
bzw. ob ein Ehegatte in seinem Schutz auf den Weiterbestand der Ehe zu schützen
ist (BGE a.a.O., S. 388). Allein der Umstand, dass ein Ehegatte als
vorsorgliche Massnahme gestützt auf Art. 163 ZGB für die Dauer des
Scheidungsverfahrens vom andern einen Geldbeitrag an seinen Unterhalt fordern
kann, bedeutet jedenfalls nicht zwingend, dass ihm ein solcher Anspruch auch
für eine längere oder unbestimmte Zeit nach der Ehe zusteht.

 Vor allem aber unterscheiden sich Massnahme- und Scheidungsverfahren durch den
Streitgegenstand und die prozessualen Vorgaben, die damit zusammenhängen. Im
Scheidungsverfahren ist es die Beschwerdeführerin, welche die (erstmalige)
Festsetzung von nachehelichem Unterhalt fordert. Entsprechend der Regel von
Art. 8 ZGB hat sie den (vollen) Beweis dafür zu erbringen, dass sie ihren
gebührenden Unterhalt trotz aller Anstrengungen nicht aus eigener Kraft zu
decken vermag und dass der Beschwerdegegner leistungsfähig ist (vgl. BGE 134
III 145 E. 4 S. 146 f.). Demgegenüber orientiert sich das Abänderungsverfahren
an einem bereits vorhandenen Massnahmeentscheid. Wie das Obergericht richtig
bemerkt, ist der Gegenstand des Prozesses grundsätzlich auf die Frage
beschränkt, ob der Ehegatte, der um eine Anpassung der vorsorglichen Massnahmen
- hier der vorsorglich zugesprochenen Geldbeiträge - ersucht, das Vorliegen
eines Abänderungsgrundes glaubhaft gemacht hat (vgl. Urteil 5A_148/2014 vom 8.
Juli 2014 E. 4 mit Hinweisen). Was die Eigenversorgungskapazität der
Beschwerdeführerin angeht, erachtet das Obergericht das Vorbringen des
Beschwerdegegners, die Beschwerdeführerin könne in Israel bei voller
Ausschöpfung ihrer Leistungsfähigkeit ein monatliches Erwerbseinkommen von
umgerechnet Fr. 2'500.-- erzielen, nicht als glaubhaft gemacht. Es
berücksichtigt deshalb ein Einkommen, das auf ihrer aktuellen Tätigkeit fusst,
und rechnet dieses auf ein Vollpensum hoch, was in einem durchschnittlichen
monatlichen Verdienst von Fr. 1'715.-- resultiert. Auch hinsichtlich der
Leistungsfähigkeit des Beschwerdegegners erschöpft sich der
Abänderungsentscheid des Obergerichts in der Erkenntnis, dass dieser im
Verhältnis zum Zeitpunkt des abzuändernden Entscheids vom 14. Juli 2011 keine
dauerhafte und wesentliche Einkommensminderung glaubhaft zu machen vermocht
habe. Allein aus dem Umstand, dass das Obergericht die behaupteten
Abänderungsgründe zur provisorischen Regelung des Getrenntlebens als nicht
glaubhaft gemacht erachtet, folgt nun aber nicht, dass es im Streit um die
dauerhafte Regelung der nachehelichen Verhältnisse davon überzeugt ist, dass
die Anspruchsvoraussetzungen der ungenügenden Eigenversorgungskapazität der
Beschwerdeführerin und der hinreichenden Leistungsfähigkeit des
Beschwerdegegners hinreichend substanziiert behauptet sind.

 Im Ergebnis kann deshalb nicht gesagt werden, dass sich das Obergericht dem
Vorwurf des überspitzten Formalismus aussetzt, wenn es trotz des zugleich
beurteilten Abänderungsbegehrens darauf beharrt, dass die Beschwerdeführerin
hinsichtlich der erwähnten Anspruchsvoraussetzungen ihrer Behauptungs- und
Substanziierungspflicht nachkommt.

2.6. Auch losgelöst von den bisher diskutierten Argumenten (E. 2.3- 2.5 ) will
die Beschwerdeführerin den Vorwurf, sie habe den rechtserheblichen Sachverhalt
nicht (genügend) behauptet, nicht gelten lassen. Sie stellt sich auf den
Standpunkt, der Satz "Die Beklagte kommt somit auf ihre Anträge zum
nachehelichen Unterhaltsbeitrag gemäss ihren Vorbringen vor der Vorinstanz [sc.
dem Bezirksgericht] zurück" bringe in ihrer Berufungsschrift klar zum Ausdruck,
dass dieselben Ausführungen zum nachehelichen Unterhalt in der Klageantwort im
Berufungsverfahren wieder Anwendung finden. Die Beschwerdeführerin erinnert
daran, dass das Obergericht bezüglich des gebührenden Unterhalts in der
Berufungsschrift den Verweis auf Seite 4 der Klageantwort vom 14. Dezember 2011
genügen lasse. Angesichts dessen grenze es an überspitzten Formalismus und
damit an eine Verletzung der allgemeinen Verfahrensgarantien im Sinne von Art.
29 BV, den allgemeinen Verweis auf die Vorbringen der Vorinstanz als nicht
genügend substanziiert zu betrachten.

 Auch dieser Einwand geht fehl. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das
Obergericht die Grenze zur Unzulässigkeit eines Verweises auf eine frühere
Eingabe dort zieht, wo sich eine rechtsuchende Partei mit pauschalen Verweisen
zufrieden gibt. Denn für die Berufungsinstanz macht es sehr wohl einen
Unterschied, ob sie anhand eines konkreten Verweises in der Berufung mühelos
zur verwiesenen Stelle eines anderen Schriftsatzes gelangt oder ob sie sich
angesichts eines bloss allgemeinen Verweises in den oftmals umfangreichen und
bisweilen wenig strukturierten Eingaben zurechtfinden und selbst nach der
einschlägigen Textstelle forschen muss. Letzteres ist nicht die Aufgabe der
Berufungsinstanz. Entgegen dem, was die Beschwerdeführerin glauben machen will,
steht hier auch nicht ein vermeintliches Rügeprinzip, sondern vielmehr die
Begründung als solche auf dem Spiel. Denn soweit ein konkreter Verweis
ausnahmsweise zulässig ist, erklärt der Berufungskläger der Berufungsinstanz
noch selbst, worin  genau sein Standpunkt liegt. Gibt er sich hingegen mit
pauschalen Hinweisen zufrieden, schiebt er die ihm obliegende Aufgabe, seine
Berufung zu begründen, letztlich an die Berufungsinstanz ab: Sie selbst soll
sich die Argumente und Standpunkte heraussuchen, die zur Begründung der
Berufung taugen. In Anbetracht von alledem kann dem Obergericht auch in diesem
Zusammenhang nicht zur Last gelegt werden, dass es ohne sachliche Gründe und
mit übertriebener Härte auf prozessualen Formalien beharrt und der
Beschwerdeführerin damit in unzulässiger Weise den Rechtsweg versperrt.

3. 
Wie die vorigen Erwägungen zeigen, erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
Sie ist abzuweisen. Die Beschwerdeführerin unterliegt. Sie hat deshalb für die
Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Beschwerdegegner
ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Mai 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: V. Monn

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