Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.745/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_745/2014

Urteil vom 16. März 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi, Bovey,
nebenamtlicher Bundesrichter Th. Geiser,
Gerichtsschreiber von Roten.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Gemeindeamt des Kantons Zürich,
2. Stadt Winterthur,
3. Gemeinde Flums-Dorf,
alle drei gemeinsam vertreten durch Nr. 1, vgt.,
Beschwerdegegner,

B.B.________, gesetzlich vertreten durch seine Mutter C.B.________,
verbeiständet durch Rechtsanwältin Jessica Rohner,
verfahrensbeteiligtes Kind,

Gegenstand
Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung
(Anordnung eines DNA-Gutachtens),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 26. August 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ (Jahrgang 1952, Schweizer Bürger) und C.B.________ (Jahrgang
1981, kosovarische Staatsangehörige) heirateten am xx.xx.2004 im Kosovo. Die
Ehefrau reiste darauf in die Schweiz ein, wo sie sich ab dem Jahr 2000 bereits
einige Zeit als Asylbewerberin aufgehalten hatte, und erhielt daselbst zunächst
eine Aufenthalts- und am 17. August 2009 die Niederlassungsbewilligung.

A.b. Am 15. Oktober 2009 leitete A.________ im Kosovo das Scheidungsverfahren
ein. Mit Urteil des Amtsgerichts Peja/Kosovo vom 2. Februar 2010 wurde die
(kinderlose) Ehe geschieden.

A.c. C.B.________ gebar am xx.xx.2010 einen Knaben, dem sie den Vornamen
B.________ gab. A.________, der Vater von vier Kindern aus einer früheren Ehe
ist, anerkannte B.B.________ am 20. Oktober 2010 beim Zivilstandsamt Winterthur
als sein Kind. B.B.________ wurde dadurch Schweizer Bürger und erhielt das
Bürgerrecht von Flums-Dorf.

A.d. Mit Verfügung vom 8. August 2011 widerrief das Migrationsamt des Kantons
Zürich die Niederlassungsbewilligung von C.B.________. Es ging davon aus, dass
ihre Ehe mit A.________ von Anfang an eine Scheinehe gewesen sei. Die dagegen
eingelegten kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos, doch hiess das
Bundesgericht die Beschwerde von C.B.________ gut. Es bejahte zwar das
Vorliegen einer Scheinehe und damit eines Grundes für den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung, beliess C.B.________ aber das Aufenthaltsrecht, weil
ihr Sohn B.B.________ als Schweizer Bürger gilt, solange keine erfolgreiche
Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung stattgefunden hat, und weil keine Gründe
dafür bestanden, C.B.________ als sorgeberechtigter Mutter eines Schweizer
Kindes die Anwesenheit zu verweigern (Urteil 2C_303/2013 vom 13. März 2014).

A.e. Während des ausländerrechtlichen Verfahrens ersuchten C.B.________ und
A.________ das Zivilstandsamt Winterthur am 22. August 2012 um Durchführung des
Vorbereitungsverfahrens für eine erneute Eheschliessung. Das Zivilstandsamt
verweigerte seine Mitwirkung am Eheschliessungsverfahren. Die dagegen
eingelegten kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos. Zuletzt wies das
Bundesgericht eine Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden konnte
(Urteil 5A_30/2014 vom 15. April 2014).

B. 
Am 7. Oktober 2013 klagten das Gemeindeamt des Kantons Zürich, die Stadt
Winterthur und die Gemeinde Flums-Dorf gegen A.________ und B.B.________ auf
Anfechtung der Anerkennung und verlangten insbesondere die Aufhebung des
Kindesverhältnisses zwischen A.________ und B.B.________. Das Einzelgericht im
vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Winterthur verfügte am 7. Februar
2014, dass beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich ein
DNA-Gutachten zur Abklärung der genetischen Vaterschaft eingeholt wird und
verpflichtete A.________ unter Strafdrohung gemäss Art. 292 StGB, sich dort
einem Wangenschleimhautabstrich zu unterziehen. Eine dagegen von A.________
erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 26.
August 2014 ab.

C. 
A.________ (Beschwerdeführer) gelangt mit Eingabe vom 24. September 2014 an das
Bundesgericht und beantragt im Wesentlichen, die Anordnung eines DNA-Gutachtens
aufzuheben und seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Das
Obergericht und B.B.________ (verfahrensbeteiligtes Kind) haben auf eine
Vernehmlassung zum Gesuch um aufschiebende Wirkung verzichtet, während das
Gemeindeamt des Kantons Zürich, die Stadt Winterthur und die Gemeinde
Flums-Dorf (Beschwerdegegner) auf Abweisung schliessen. Das
verfahrensbeteiligte Kind ersucht um unentgeltliche Rechtspflege für das
Beschwerdeverfahren. Der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts hat der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt
(Verfügung vom 9. Oktober 2014). In der Sache sind keine Vernehmlassungen
eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Das angefochtene Urteil betrifft die Anordnung eines DNA-Gutachtens im
Verfahren der Anfechtung einer Kindesanerkennung (Art. 260a ff. ZGB) und damit
in einer nicht vermögensrechtlichen Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG; BGE 138 III
537 E. 1.1 S. 539). Es ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG),
lautet zum Nachteil des Beschwerdeführers (Art. 76 Abs. 1 BGG) und unterliegt
als selbstständig eröffneter Zwischenentscheid (BGE 99 Ia 437 E. 1 S. 438) der
in der Sache zulässigen Beschwerde in Zivilsachen (BGE 137 III 261 E. 1.4 S.
264 und 380 E. 1.1 S. 382), wenn gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil droht (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde
sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an
Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).

1.2. Einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erblickt der Beschwerdeführer
darin, dass er mit Zwangsmassnahmen bedroht sei und unmittelbar in seine
verfassungsmässig garantierte persönliche Freiheit eingegriffen werde (S. 3 der
Beschwerdeschrift).

1.2.1. Die Gutheissung der Beschwerde gegen die Anordnung eines DNA-Gutachtens
führt zur Rückweisung an die Vorinstanz und zu keinem Endentscheid im
Anfechtungsprozess, so dass der Tatbestand gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG
ausser Betracht fällt (vgl. Urteil 4A_390/2009 vom 20. Oktober 2009 E. 1.3.1;
Corboz, Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 24 zu Art. 93 BGG). Zu prüfen
ist deshalb, ob die Anordnung eines DNA-Gutachtens einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann.
Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch
einen für den Beschwerdeführer günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr
behoben werden kann (BGE 138 III 333 E. 1.3.1 S. 335; 139 V 42 E. 3.1 S. 47).
Eine rein tatsächliche oder wirtschaftliche Erschwernis reicht in der Regel
nicht, doch genügt die blosse Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden
Nachteils rechtlicher Natur (BGE 137 V 314 E. 2.2.1 S. 317; 137 III 380 E.
1.2.1 S. 382). Ob ein nicht wieder gutzumachender Nachteil vorliegt, bemisst
sich an den Auswirkungen des Zwischenentscheids auf die Hauptsache bzw. das
Hauptverfahren (BGE 137 III 380 E. 1.2.2 S. 383).

1.2.2. Anordnungen betreffend die Beweisführung bewirken nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung in aller Regel keinen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil, zumal mit der Beschwerde gegen den Endentscheid für
gewöhnlich erreicht werden kann, dass ein zu Unrecht verweigerter Beweis
abgenommen oder ein zu Unrecht erhobener Beweis aus den Akten gewiesen wird
(zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil 4A_415/2014 vom 12. Januar 2015 E.
1.2). Davon gibt es Ausnahmen, so namentlich, wenn im Rahmen von
Beweismassnahmen Geschäftsgeheimnisse offen gelegt werden müssen (Urteil 5A_73/
2014 vom 18. März 2014 E. 3.1) oder wenn ein Beweismittel abgelehnt wird,
dessen Existenz gefährdet ist (Urteil 5A_315/2012 vom 28. August 2012 E. 1.2.1;
Urteil 4A_425/2014 vom 11. September 2014 E. 1.3.2, in: sic! 2014 S. 787).

1.2.3. Die angefochtene Beweisverfügung stützt sich auf Art. 296 Abs. 2 ZPO,
wonach zur Aufklärung der Abstammung Parteien und Dritte an Untersuchungen
mitzuwirken haben, die nötig und ohne Gefahr für die Gesundheit sind. Kann die
Gefährdung der Gesundheit nicht ausgeschlossen werden, darf ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil, dessen blosse Möglichkeit genügt (E. 1.2.1), nicht
verneint werden. Denn ein Eingriff in die körperliche Gesundheit bedeutet einen
Eingriff in die Persönlichkeit (Art. 28 ZGB; BGE 134 III 241 E. 5.4 und E.
5.4.3 S. 246 f.) und damit in ein absolutes Recht (BGE 123 III 354 E. 1c S.
357), dessen einmal eingetretene Verletzung real nicht mehr rückgängig zu
machen ist (z.B. Urteile 5A_190/2007 vom 10. August 2007 E. 1.1 und 5A_202/2007
vom 13. Juni 2007 E. 1.1). Es kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer nebst der
Anordnung der DNA-Untersuchung selbstständig deren Verbindung mit der
Strafdrohung gemäss Art. 292 StGB anficht, die für sich allein einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Urteile 5P.472/2000 vom 15. März
2001 E. 1b/cc, 5P.444/2004 vom 2. Mai 2005 E. 1.1 und 5P.350/2004 vom 10. Mai
2005 E. 2.3, alle Abstammungsgutachten betreffend). Die angefochtene Anordnung
eines DNA-Gutachtens ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit.
a BGG und unterliegt der Beschwerde in Zivilsachen.

1.3. Auf die grundsätzlich zulässige und zudem fristgerecht (Art. 100 Abs. 1
BGG) erhobene Beschwerde kann eingetreten werden.

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vornahme eines Wangenschleimhautabstrichs
einen ungerechtfertigten Eingriff in die körperliche Integrität des
Beschwerdeführers darstellt.

2.1. Die Heimat- und die Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden sind berechtigt,
die Anerkennung des Kindes beim Gericht anzufechten (Art. 260a Abs. 1 ZGB). Sie
haben als Klägerinnen zu beweisen, dass der Anerkennende nicht der Vater des
Kindes ist (Art. 260b Abs. 1 ZGB). Zur Aufklärung der Abstammung haben Parteien
und Dritte an Untersuchungen mitzuwirken, die nötig und ohne Gefahr für die
Gesundheit sind (Art. 296 Abs. 2 ZPO). Beweismittel der Wahl ist - sog.
Bruderfälle vorbehalten (Urteil 5A_506/2007 vom 28. Februar 2008 E. 4.2.2,
nicht veröffentlicht in BGE 134 III 241) - das hier angeordnete DNA-Gutachten.
Dass es im Sinne von Art. 296 Abs. 2 ZPO nötig und ohne Gefahr für die
Gesundheit erstellt werden kann, bleibt heute unwidersprochen und bedarf
deshalb keiner Erörterung (Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140
III 86 E. 2 S. 88).

2.2. Das Obergericht hat weiter geprüft, ob der mit der DNA-Untersuchung
verbundene Eingriff in die körperliche Integrität des Beschwerdeführers durch
ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter
gerechtfertigt sei. Es hat offen gelassen, ob am Wangenschleimhautabstrich beim
Beschwerdeführer ein öffentliches Interesse besteht, und angenommen, der
Eingriff namentlich in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers sei durch
das Recht des verfahrensbeteiligten Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung
gerechtfertigt (E. 2.3 S. 7 ff. des angefochtenen Urteils). Der
Beschwerdeführer wendet sich gegen die obergerichtliche Interessenabwägung (S.
5 ff. der Beschwerdeschrift). Streitig ist die Rechtsanwendung (Art. 95 BGG).
Mit Ausnahme der Verletzung von Grundrechten, die es nur insofern prüft, als
eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art.
106 Abs. 2 BGG), wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG). Es ist dabei weder durch die Vorbringen in der Beschwerde noch
durch die Begründung des angefochtenen Urteils eingeschränkt (BGE 134 III 102
E. 1.1 S. 104; 139 III 471 E. 3 S. 472).

2.3. Für Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten schreibt Art. 296
ZPO vor, dass das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen erforscht (Abs. 1)
und ohne Bindung an die Parteianträge entscheidet (Abs. 3). Laut Botschaft zur
Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) vom 28. Juni 2006 gelten damit die
uneingeschränkte Untersuchungsmaxime und die Offizialmaxime entsprechend
geltendem Recht und ständiger Bundesgerichtspraxis (BBl 2006 7221 S. 7366 Ziff.
5.21 mit Hinweis auf BGE 128 III 412 f. E. 3). Im Einklang mit der
Untersuchungsmaxime wird für Statusprozesse - entsprechend dem bisherigen Recht
(aArt. 254 Ziff. 2 ZGB) - präzisiert, dass die Parteien und Dritte an allen
Untersuchungen mitzuwirken haben, die zur Aufklärung der Abstammung nötig und
ohne Gefahr für die Gesundheit sind (Botschaft, a.a.O., S. 7367). Wie bis anhin
(z.B. BGE 85 II 170 E. 4 S. 175) ist somit im öffentlichen Interesse die
Verfügungsbefugnis der Parteien eingeschränkt und das Gericht gehalten, nach
der materiellen Wahrheit zu forschen und ein mit den tatsächlichen
Verhältnissen übereinstimmendes Urteil anzustreben (vgl. STAEHELIN/STAEHELIN/
GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 10 Rz. 25 S. 146; HOHL,
Procédure civile, T. II, 2. Aufl. 2010, S. 218 Rz. 1170 und 1171). Die
Untersuchungsmaxime gilt zugunsten beider Parteien (Urteil 5C.73/2004 vom 7.
April 2004 E. 2.2, in: FamPra.ch 2004 S. 705; HEGNAUER, Berner Kommentar, 1984,
N. 53, GUILLOD, Commentaire romand, 2010, N. 4, und SCHWENZER/COTTIER, Basler
Kommentar, 2014, N. 5, je zu aArt. 254 ZGB); die Offizialmaxime ist ebenfalls
nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten des Kindes anzuwenden (Urteil 5A_169
/2012 vom 18. Juli 2012 E. 3.3).

2.4. Gewährleisten der Untersuchungsgrundsatz (Art. 296 Abs. 1 ZPO) und als
dessen Konkretisierung die Mitwirkungspflichten von Parteien und Dritten im
Abstammungsprozess (Art. 296 Abs. 2 ZPO) die Erforschung der materiellen
Wahrheit im öffentlichen Interesse, wird letztlich auch klar, weshalb die
Rechtsprechung im Falle von Eingriffen in die körperliche Integrität zwecks
Abklärung der Abstammung das öffentliche Interesse nicht eigens begründet,
sondern gleichsam als gegeben voraussetzt (BGE 112 Ia 248 E. 3 S. 249; 114 Ia
350 E. 5 S. 357). Das überwiegende öffentliche Interesse besteht in der
Aufdeckung der Wahrheit vor Gericht ( TERCIER, Le nouveau droit de la
personnalité, 1984, S. 56 Rz. 382, mit Hinweis auf aArt. 254 Ziff. 2 ZGB, sowie
S. 98 Rz. 691; STEINAUER/FOUNTOULAKIS, Droit des personnes physiques et de la
protection de l'adulte, 2014, S. 181 Rz. 521, mit Hinweis auf Art. 296 Abs. 2
ZPO).

2.5. Aus den dargelegten Gründen verletzt die Anordnung des DNA-Gutachtens kein
Bundesrecht. Die Voraussetzungen gemäss Art. 296 Abs. 2 ZPO sind hier
unstreitig erfüllt. Ob der Eingriff in die körperliche Integrität der an der
Begutachtung mitwirkungspflichtigen Person durch ein öffentliches Interesse
gerechtfertigt ist, bedarf in Anbetracht der im Abstammungsprozess geltenden
Verfahrensgrundsätze keiner weiteren Erörterung. Das Gesetz beantwortet die
Frage und ist massgebend.

3. 
Zur Hauptsache wendet sich der Beschwerdeführer nicht gegen die Anordnung des
DNA-Gutachtens. Ihm geht es vielmehr um die Folgen, falls das DNA-Gutachten
ergeben sollte, dass er nicht der genetische Vater seines anerkannten Sohnes
ist. Er macht geltend, weder stehe es im wohlverstandenen Interesse des Kindes
noch hätten die Beschwerdegegner ein schutzwürdiges Interesse daran, dass das
Kindesverhältnis zwischen ihm und seinem Sohn aufgehoben werde (S. 5 ff. der
Beschwerdeschrift).

3.1. Gemäss Art. 260a Abs. 1 ZGB kann die Anerkennung von jedermann, der ein
Interesse hat, beim Gericht angefochten werden, namentlich von der Heimat- oder
Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden. Ihr Klagerecht besteht unbedingt und
unabhängig von einem unmittelbaren Interesse an der Beseitigung der Anerkennung
und soll der Gemeinde vor allem die Möglichkeit bieten, gegen missbräuchliche
und dabei insbesondere gegen Anerkennungen vorzugehen, die einzig bezwecken,
dem minderjährigen ausländischen Kind das Schweizer Bürgerrecht zu verschaffen
(Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer
Bürgerrechts, Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0). An der Abklärung der
Abstammungsverhältnisse auf Klage der Gemeinde hin besteht insoweit auch ein
öffentliches Interesse (vgl. HEGNAUER, a.a.O., N. 84 f. zu Art. 260a ZGB;
ausführlich: BERNHARD Sager, Die Begründung des Kindesverhältnisses zum Vater
durch Anerkennung und seine Aufhebung, 1979, S. 148 f. mit Hinweisen auf die
Materialien).

3.2. Das Interesse des Kindes an der Aufrechterhaltung des Kindesverhältnisses
zum Vater berücksichtigt die Rechtsprechung in Fällen, wo die zuständige
Behörde einen Beistand bestellt, der für das Kind eine Anfechtungsklage erheben
soll (für Art. 256 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB: Urteil 5A_593/2011 vom 10. Februar 2012
E. 3.1; für Art. 260a Abs. 1 ZGB: Urteil 5A_939/2013 vom 5. März 2014 E. 2.1).
Dass die Aufhebung des Kindesverhältnisses zum Vater nicht stets im Interesse
des Kindes liegt, kann die Rechtsprechung in die Beurteilung der wichtigen
Gründe miteinbeziehen, die eine Anfechtung nach Ablauf der Klagefrist
rechtfertigen (für Art. 256c Abs. 3 ZGB: Urteile 5A_298/2009 vom 31. August
2009 E. 4.2, in: FamPra.ch 2010 S. 196, und 5C.292/2005 vom 16. März 2006 E.
3.4, in: FamPra.ch 2006 S. 745; für Art. 260c Abs. 3 ZGB: BGE 136 III 593 E.
6.2 S. 596; Urteil 5C.130/2003 vom 14. Oktober 2003 E. 2, in: FamPra.ch 2004 S.
147). Schliesslich könnte sich die Frage stellen, ob mit Rücksicht auf das
Übereinkommen über die Rechte des Kindes (KRK; SR 0.107), namentlich im Lichte
des Kindeswohls (Art. 3 KRK), das Klagerecht gemäss Art. 260a Abs. 1 ZGB
einschränkend ausgelegt werden muss und die nicht unmittelbar Beteiligten (z.B.
Grosseltern, aber auch die Heimat- und Wohnsitzgemeinde) die Anerkennung nur
dann sollen anfechten dürfen, wenn dadurch das Wohl des Kindes nicht
beeinträchtigt wird (so Siehr, Grosseltern im Privatrecht, FS Hausheer, 2002,
S. 159 ff., S. 161; ähnlich der Hinweis bei Wolf, Die UNO-Konvention über die
Rechte des Kindes und ihre Umsetzung in das schweizerische Kindesrecht, ZBJV
134/1998 S. 113 ff., S. 134).

3.3. Die Einschränkung des Klagerechts der Gemeinde, wie sie der
Beschwerdeführer befürwortet, ist indessen nicht im Beweisverfahren, sondern im
Sachurteil zu prüfen. Sie betrifft die Aktivlegitimation (BGE 138 III 537 E.
2.2.1 S. 540; Hegnauer, a.a.O., N. 14 zu aArt. 254 ZGB), die im
Urteilszeitpunkt vorliegen muss und bis dahin hergestellt werden kann (Art. 296
Abs. 1 i.V.m. Art. 229 Abs. 3 ZPO; BGE 108 II 475 E. 1b S. 478). Das Gericht
kann zwar das Verfahren auf einzelne Fragen beschränken (Art. 125 lit. a ZPO)
und darüber allenfalls in einem Zwischenentscheid befinden (Art. 237 ZPO), ist
dazu aber - selbst wenn die Parteien es begehren - grundsätzlich nicht
verpflichtet (Urteil 4A_142/2014 vom 2. Oktober 2014 E. 2, in: SJ 137/2015 I S.
70 und sic! 2015 S. 50; vgl. für die Prozessvoraussetzungen: BGE 140 III 159 E.
4.2.4 S. 165).

3.4. Der gegenteilige Standpunkt des Beschwerdeführers trifft nicht zu. Es ist
deshalb nicht bundesrechtswidrig, dass sich das Obergericht in der
Beweisverfügung nicht abschliessend zur Beziehung zwischen ihm und seinem Sohn
geäussert hat. Da dessen Beiständin ausdrücklich der DNA-Untersuchung
zugestimmt hat, stellt sich auch die Frage nicht, ob das Gericht bereits im
Beweisverfahren das Kindesinteresse berücksichtigen muss, wenn das Kind seine
Mitwirkung am DNA-Gutachten verweigert (vgl. Burgat/Guillod, Les actions
tendant à la destruction du lien de filiation, spécialement l'action en désaveu
de paternité, in: Bohnet [Hrsg.], Quelques actions en annulation, 2007, S. 44
f. N. 135).

3.5. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Aufhebung des Kindesverhältnisses
widerspreche dem Interesse des Kindes, ist unter den gegebenen Umständen
verfrüht und erst im Sachurteil zu prüfen.

4. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei unzulässig, ihn unter Androhung von
Strafen gemäss Art. 292 StGB als Partei zu zwingen, sich einer DNA-Untersuchung
zu unterziehen. Er beruft sich auf den Grundsatz "nulla poena sine lege", meint
aber offenkundig, dass sich in der ZPO keine Bestimmung finde, die die
Strafdrohung gestatte (S. 9 ff. Ziff. 2 der Beschwerdeschrift). Die Rüge ist
unbegründet. Es trifft zwar zu, dass die unberechtigte Weigerung der Partei,
bei der Beweiserhebung mitzuwirken, lediglich in der Beweiswürdigung
berücksichtigt wird (Art. 164 ZPO), während dasselbe Verhalten einer dritten
Person die Strafdrohung nach Art. 292 StGB zur Folge haben kann (Art. 167 Abs.
1 lit. b ZPO). Diese Bestimmungen über die Verweigerungsrechte der Parteien und
von Dritten sind jedoch nicht anwendbar, wo es um deren Pflicht geht, an
Untersuchungen zur Aufklärung der Abstammung mitzuwirken (Art. 296 Abs. 2 ZPO).
Die Mitwirkungspflicht der Partei darf deshalb unter die Strafdrohung gemäss
Art. 292 StGB gestellt werden wie es für die Vollstreckung von Entscheiden auf
eine Verpflichtung zu einem Tun in Art. 343 Abs. 1 lit. a ZPO ausdrücklich
vorgesehen ist und für das bisherige Recht in Lehre und Rechtsprechung
anerkannt war (Urteile 5P.472/2000 vom 15. März 2001 E. 2a und 5P.444/2004 vom
2. Mai 2005 E. 3.3, in: FamPra.ch 2005 S. 944 f.; HEGNAUER, a.a.O., N. 92,
GUILLOD, a.a.O., N. 20, und SCHWENZER/COTTIER, a.a.O., N. 20, je zu aArt. 254
ZGB). Aus strafrechtlicher Sicht mag ergänzt werden, dass zum Androhen der
Strafe gemäss Art. 292 StGB keine besondere gesetzliche Ermächtigung
vorausgesetzt ist ( CORBOZ, Les infractions en droit suisse, vol. II, 3. Aufl.
2010, N. 10, und RIEDO/BONER, Basler Kommentar, 2013, N. 86, je zu Art. 292
StGB).

5. 
Insgesamt muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist.
Der Beschwerdeführer wird kosten-, nicht hingegen entschädigungspflichtig,
zumal die Beschwerdegegner in der Sache nicht zur Vernehmlassung eingeladen
wurden und mit ihrem Antrag auf Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung
unterlegen sind (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch des
verfahrensbeteiligten Kindes um unentgeltliche Rechtspflege wird
gegenstandslos, zumal es auf eine Vernehmlassung verzichtet hat und ihm kein
entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons
Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. März 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: von Roten

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