Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.732/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_732/2014

Urteil vom 26. Februar 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Bovey,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger-Kunz,
Beschwerdeführerinnen,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) T.________,

Gegenstand
Kindesschutz,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, I.
Zivilkammer, vom 19. August 2014.

Sachverhalt:

A. 

A.a. B.________ (geb. 2002) ist die Tochter von A.________. Sie besuchte zum
hier massgebenden Zeitpunkt die 4. Primarklasse in U.________. Mit
Gefährdungsmeldungen vom 6. und 7. März 2014 gelangte die Schulleiterin an die
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) T.________. Darin führte sie aus,
das Kind B.________ habe innerhalb eines Jahres viermal die Schule gewechselt
(V.________, W.________, X.________, U.________). Die Leistungen des Kindes
würden nicht dem Stand der 4. Klasse entsprechen, zumal es bereits die erste
Klasse repetiert habe. B.________ brauche dringend angepasste Lernziele und
vermutlich weitere Massnahmen. Ihre Mutter weigere sich, eine
schulpsychologische Abklärung durchführen zu lassen. Sie habe anlässlich des
Gesprächs vom 5. Dezember 2013 ausgeführt, ihre Tochter sei von den
Lehrpersonen traumatisiert worden, als sie noch zur Schule gegangen sei. Die
Schulleiterin hob sodann hervor, seit Mitte Februar 2014 besuche das Kind den
Unterricht nicht mehr. Es sei zu befürchten, dass es die Schule in U.________
nicht mehr besuchen werde und die Mutter wieder an einen anderen Ort umziehe.

A.b. Gemäss ärztlichem Zeugnis von Dr. med. C.________, FMH für Psychiatrie und
Psychotherapie vom 27. März 2014 leidet B.________ an einer akuten
Angsterkrankung nach Schultraumatisierung. Laut Zeugnis war das Kind seit dem
19. März 2014 nicht mehr in der Lage, dem normalen Schulunterricht zu folgen.
Der Arzt empfahl eine Sonderschulung zuhause durch die Eltern bis Ende
Sommerferien; anschliessend könne mit einer Wiedereinschulung gerechnet werden.

B. 

B.a. Mit Entscheid vom 20. Mai 2014 errichtete die KESB eine Beistandschaft
gestützt auf Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB über B.________ und trug dem Beistand
auf, die Mutter im Rahmen der Erziehungsbeistandschaft (Art. 308 Abs. 1 ZGB)
angemessen zu beraten und insbesondere sie in den Bereichen Erziehung und
Schule, falls nötig in der Suche nach alternativer Beschulungsmöglichkeit und
in der Sicherstellung deren Finanzierung, tatkräftig zu unterstützen, sofern
das Kind nicht mehr in die Schule von U.________ integriert werden kann. Ferner
sei sie in gesundheitlichen Belangen zu unterstützen. Dem Beistand wurde ferner
aufgetragen, die Mutter im Rahmen einer Erziehungsbeistandschaft mit besonderen
Aufgaben (Art. 308 Abs. 2 ZGB) in den Bereichen Erziehung, Schule und
Gesundheit zu vertreten und sämtlichen Beteiligten als Ansprechperson zur
Verfügung zu stehen. Der Mutter wurde ferner gestützt auf Art. 307 Abs. 3 ZGB
die Weisung erteilt, ihr Kind bis spätestens 31. Mai 2014 beim
Schulpsychologischen Dienst Y.________ in V.________ für eine Abklärung
anzumelden. Ferner enthielt der Entscheid hier nicht relevante Weisungen
zuhanden des Leiters des Schulpsychologischen Dienstes und des Beistandes.
Schliesslich ernannte die KESB den zuständigen Beistand.

B.b. Gegen diesen Entscheid erhoben A.________ und B.________ am 20. Juni 2014
Beschwerde. Mit Entscheid vom 19. August 2014 gab das Kantonsgericht von
Graubünden dem eingelegten Rechtsmittel nicht statt und bestätigte den
erstinstanzlichen Entscheid.

C. 
Mit Eingabe vom 22. September 2014 (Postaufgabe) haben A.________
(Beschwerdeführerin 1) und B.________ (Beschwerdeführerin 2) beim Bundesgericht
gegen den Entscheid des Kantonsgerichts beim Bundesgericht Beschwerde in
Zivilsachen erhoben. Sie beantragen den angefochtenen Entscheid sowie den
Entscheid der KESB vom 20. Mai 2014 aufzuheben, eventuell festzustellen, dass
"in Sachen B.________" keine Beistandschaften errichtet und
Kindesschutzmassnahmen verfügt werden dürfen. Ferner ersucht sie um
unentgeltliche Rechtspflege für die Gerichtskosten.

D. 
Mit Präsidialverfügung vom 10. Oktober 2014 wurde der Beschwerde dem Antrag der
Beschwerdeführerinnen entsprechend und entgegen dem Begehren der KESB
aufschiebende Wirkung zuerkannt. In der Sache wurden keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1. 

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 75 Abs.
1, 90 BGG) über eine Kindesschutzmassnahme, mithin eine öffentlich-rechtliche
Angelegenheit in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht (Art. 72 Abs. 2 lit.
b Ziff. 6 BGG) ohne Vermögenswert. Die Beschwerdeführerinnen waren am
kantonalen Verfahren beteiligt und sind als Betroffene zur Beschwerde
berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG). Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu
keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.

1.2. Die Beschwerdeführerinnen verlangen im Eventualantrag, es sei
festzustellen, dass über die Tochter keine Beistandschaft und keine
Kindesschutzmassnahme errichtet werden dürfen.

 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Feststellungsklage
zuzulassen, wenn der Kläger an der sofortigen Feststellung ein erhebliches
schutzwürdiges Interesse hat, das kein rechtliches zu sein braucht, sondern
auch bloss tatsächlicher Natur sein kann (BGE 136 III 102 E. 3.1; 135 III 378
E. 2.2 S. 380; 129 III 295 E. 2.2, je mit Hinweisen). Ein
Feststellungsinteresse fehlt in der Regel, wenn eine Leistungsklage zur
Verfügung steht, mit der ein vollstreckbares Urteil erwirkt werden kann (BGE
135 III 378 E. 2.2 S. 380; 123 III 49 E. 1a S. 52). Ein schützenswertes
Interesse ist vorliegend zu verneinen: Mit der beantragten Aufhebung des
angefochtenen Entscheids vom 19. August 2014 sowie desjenigen der KESB vom 20.
Mai 2014 ist auch klargestellt, dass die Voraussetzungen für den Erlass von
Kindesschutzmassnahmen nicht gegeben sind. Die von den Beschwerdeführerinnen
beantragte Feststellung erweist sich als überflüssig.

1.3. Die Beschwerde ist zu begründen (Art. 42 Abs. 2 BGG). Mit ihr ist in
gedrängter Form durch Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen
Entscheids darzulegen, welche Vorschriften und warum sie vom Obergericht
verletzt worden sein sollen. Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich
der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht.
Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Wird die Verletzung
des Willkürverbots gerügt, reicht es nicht aus, die Situation aus eigener Sicht
zu schildern und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich
zu bezeichnen; vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, inwiefern das kantonale
Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene Entscheid
deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 134 II
244 E. 2.2 S. 246). Wer eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der
Beschwerdeschrift darlegen, inwiefern diese Feststellung willkürlich oder durch
eine andere Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29 Abs. 2 BV
oder Art. 8 ZGB) zustande gekommen ist (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.2 und 1.4.3
S. 255) und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in fine BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S.
22). Auf rein appellatorische Kritik am Sachverhalt tritt das Bundesgericht
nicht ein. In der Beschwerde in Zivilsachen dürfen überdies keine neuen
Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden, es sei denn, erst der Entscheid
der Vorinstanz habe dazu Anlass gegeben (Art. 99 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde
ist darzutun, inwiefern die Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung
von Tatsachen und Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3 S.
395).

2. 
Das Kantonsgericht zitiert Art. 2 Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die
Volksschulen des Kantons Graubünden (SchulG; BR 421.000), Art. 13 Abs. 1 und 2
SchulG sowie Art. 18 Abs. 1 SchulG bzw. 12 der Verordnung zum Schulgesetz
(SchulV; BR 421.010) und hat alsdann zur Sache erwogen, den zitierten
Bestimmungen aus dem Schulgesetz und seiner Verordnung sei zu entnehmen, dass
es beim Besuch des obligatorischen Schulunterrichts bei Weitem nicht nur um
Wissensvermittlung gehe. Vielmehr übernehme die Schule wesentliche Aufgaben im
Hinblick auf die Entwicklung des Kindes zu einem verantwortungsvollen
Erwachsenen, der sich im künftigen Berufsleben und in anderen wesentlichen
sozialen Bereichen in der heutigen Welt zurechtfinden solle. Äusserungen in der
Beschwerdeschrift, wonach sich die Behörden in die inneren Angelegenheiten der
Familie einmischten oder dass der Staat nicht Eigentümer der ihm in der Schule
anvertrauten Kinder sei, würden diese wichtige Aufgabe grundlegend verkennen.
Es sei nicht dem Alleingutdünken der Eltern überlassen, ob sie ihre Kinder zur
Schule schicken und welche Erziehung sie ihnen angedeihen lassen wollen. Werde
die vom Staat vorgegebene Schwelle bei der Erfüllung der Erziehungspflichten
durch die Eltern überschritten, habe die Behörde zu prüfen, ob eine Gefährdung
des Kindeswohls vorliege, und gegebenenfalls Massnahmen zu ergreifen. Diese
Voraussetzungen seien vorliegend gegeben: Das Kind bleibe seit Februar 2014 der
Schule fern. Ein privat beigezogener Psychiater habe eine Sonderschulung durch
die Eltern bis Ende Sommerferien 2014 empfohlen. Gestützt darauf hätten die
Eltern ihre Tochter nicht mehr in die Schule geschickt. Es liege indes nicht in
der Kompetenz eines privat beigezogenen Psychiaters, ein Kind vom ordentlichen
Schulbesuch zu dispensieren. Die Beschwerdeführerin werde zwar nach Angaben
ihrer Mutter, deren Lebenspartner, ihrer Grossmutter und ihren eigenen Angaben
zuhause unterrichtet. Doch verfüge keine dieser Personen über die dazu
erforderlichen fachlichen pädagogischen Qualifikationen. Dass ein befreundeter
Lehrer Unterrichtsmaterialien zur Verfügung stelle und Anweisungen gebe, sei
unbeachtlich. Entscheidend komme es darauf an, dass der Unterricht zuhause
durch Personen erteilt werde, welche die gleichen Voraussetzungen für die
Unterrichtsberechtigung zu erfüllen haben wie Lehrpersonen in der öffentlichen
Volksschule. Ausserdem bedürfe der Privatunterricht einer Bewilligung des
Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements. Die Beschwerdeführerin 1 sei
über die Gefährdung der Promotion der Beschwerdeführerin 2 informiert worden,
habe aber nichts dagegen unternommen, sodass schliesslich die Nichtpromotion
verfügt worden sei. Den Akten sei zu entnehmen, dass sich die
Beschwerdeführerin 1 renitent und uneinsichtig verhalte und den Anweisungen der
Behörden keine Folge leiste. Mit ihrem Verhalten gefährde sie das Kindeswohl
der Beschwerdeführerin 2 in grober Art und Weise, indem sie diese von einem für
sie wichtigen Schulbesuch fernhalte und auch nähere psychologische Abklärungen
durch die zuständige Instanz verhindere.

 Zu Recht stelle die Vorinstanz fest, dass die Beschwerdeführerin 1 sich zu den
alternativen Beschulungsoptionen nicht geäussert, Gesprächstermine nicht
eingehalten und die Zusammenarbeit mit der Schule verweigert habe. Zudem hätten
sich die Anstrengungen im freiwilligen Bereich als nicht ausreichend erwiesen,
sodass die nötige Unterstützung von einer Fachperson zu erbringen sei. Die von
der KESB am 20. Mai 2014 angeordneten Massnahmen seien daher verhältnismässig.

3. 
Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung der Begründungspflicht gemäss
Art. 29 Abs. 2 BV.

3.1. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die
Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch
tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 I
49 E. 3a; 124 I 241 E. 2; je mit Hinweisen). Daraus folgt die Verpflichtung der
Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass
sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes
einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für
den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst
sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft
geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen
kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden,
von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid
stützt (BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; 136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen).

3.2. 

3.2.1. Die Beschwerdeführerinnen beanstanden, das Kantonsgericht habe den
Protestbrief von Rechtsanwalt Bolliger vom 30. April 2014 ohne Begründung nicht
berücksichtigt. Damit erörtern sie indes nicht, inwiefern die Angaben dieses
Briefes für die Beurteilung des Falles wesentlich gewesen sein sollen und
hätten berücksichtigt werden müssen. Auf diese nicht substanziierte Kritik ist
nicht einzutreten.

3.2.2. Keine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich ferner aus den
Bemerkungen der Beschwerdeführerinnen, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
wiedergegeben, wie ihn die KESB eingestuft habe, sie habe sich nur auf einer
knappen Seite mit dem konkreten Fall auseinandergesetzt und das Kantonsgericht
habe sich in "Allgemeinplätzen" verirrt. Das Kantonsgericht hat ausführlich
begründet, weshalb die von der KESB ausgesprochenen Kindesschutzmassnahmen zu
bestätigen sind (vgl. E. 3). Aus der Begründung ergibt sich klar, von welchen
Überlegungen es sich hat leiten lassen und die Beschwerdeführerinnen waren denn
auch in der Lage, den Entscheid sachgerecht anzufechten.

3.2.3. Soweit die Beschwerdeführerinnen auf den Bericht von Dr. med. C.________
vom 3. September 2014 verweisen, handelt es sich erneut um eine nicht
substanziierte Kritik, zumal die Beschwerdeführerinnen nicht erörtern,
inwiefern die darin gemachten Äusserungen für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein könnten. Gleiches gilt für die Feststellungen des
Ex-Ehemannes vom 10. September 2014.

4. 

4.1. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten eine Gefährdung des Kindeswohls. Sie
machen geltend, die Beschwerdeführerin 2 sei wegen der Schuldispens von der
Beschwerdeführerin 1 unterrichtet worden. Ihr gehe es besser als in der
Volksschule von U.________. Überdies habe sich die Situation laut Angaben des
Psychiaters vom 3. September 2014 beruhigt. Mit der Wegnahme der
Beschwerdeführerin 2 aus der Schule habe die Beschwerdeführerin 1 eine
Gefährdung der Tochter verhindert. Die Angabe der Behörde, die
Beschwerdeführerin 1 sei renitent, sprenge alle Vorstellungen. Das
Kantonsgericht hätte besser geprüft, ob die Voraussetzungen für
Kindesschutzmassnahmen gegeben gewesen seien. Die Beschwerdeführerin 1 habe
während der Schuldispens alles unternommen, um die Beschwerdeführerin 2 auf
schulischem Niveau zu halten. Sie brauche keine Weisungen, zumal sie weder
krank noch drogen- noch alkoholsüchtig, wohl aber eine gute Mutter sei. Der
Umstand, dass die Beschwerdeführerin 2 nunmehr die 5. Regelklasse in Z.________
besuche und ohne Probleme die Schule bewältige, spreche für sich. Mit ihrer
Massnahme habe die Vorinstanz in die Eltern/Kind-Sphäre eingriffen.

4.2. Die Beschwerdeführerinnen berufen sich einmal auf Art. 8, 9, 10, 13 und 14
BV. Wie sich indes aus ihrer Begründung ergibt, rügen sie in erster Linie eine
unrichtige Anwendung der Art. 307 ff. ZGB. Der Berufung auf die genannten
Verfassungsbestimmungen kommt somit keine selbstständige Bedeutung zu; dies
umso weniger, als das Bundesgericht im vorliegenden Fall die Anwendung von
Bundesgesetzesrecht frei prüft (Art. 95, 106 Abs. 1 BGG).

4.3. Die Beistandschaft gemäss Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB stellt eine
Kindesschutzmassnahme im Sinn von Art. 307 ff. ZGB dar. Sie ermächtigt die
Kindesschutzbehörde, soweit es die Verhältnisse erfordern, dazu, dem Kind einen
Beistand zu bestellen, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und
Tat unterstützt und das Kind in genau definierten Bereichen vertritt. Diese
Massnahme geht insofern weiter als die blosse Erziehungsaufsicht im Sinn von
Art. 307 Abs. 3 ZGB, als der Erziehungsbeistand nicht bloss eine Aufsicht
ausübt, sondern selber eine aktive Rolle zu übernehmen hat. Die Errichtung
einer Erziehungsbeistandschaft setzt einmal voraus, dass die Entwicklung des
Kindes gefährdet ist (BGE 108 II 372 E. 1) und dieser Gefahr nicht durch die
Eltern bzw. durch weniger einschneidende Massnahmen gemäss Art. 307 ZGB
begegnet werden kann (Grundsatz der Verhältnismässigkeit; Urteil 5C.109/2002
vom 11. Juni 2002 E. 2.1 publiziert in: FamPra.ch 2002 S. 851). Ein Eingreifen
des Beistandes muss schliesslich zur Erreichung des Zwecks als geeignet
erscheinen (Grundsatz der Geeignetheit; Urteil 5C.109/2002 vom 11. Juni 2002 E.
2.1 publiziert in: FamPra.ch 2002 S. 851 mit weiteren Hinweisen).

4.4. Die Behörde, die Kindesschutzmassnahme anordnet, verfügt über grosses
Ermessen (Art. 4 ZGB; Urteil 5A_656/2010 vom 13. Januar 2011 E. 3). Die
Anordnung der geeigneten Massnahme setzt in einem gewissen Ausmass eine
Prognose über die künftige Entwicklung der massgebenden Umstände voraus (BGE
120 II 384 E. 4d). Es ist die sachlich richtige Massnahme nicht aufgrund bloss
juristischer Klassifikation, sondern unter Würdigung der im Einzelfall
bestimmenden sozialen, medizinischen und erziehungswissenschaftlichen
Gesichtspunkte anzuordnen (Urteil 5A_840/2010 vom 31. Mai 2011 E. 3.1.2 mit
Hinweisen). Das Bundesgericht greift in Ermessensentscheide nur ein, wenn die
Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen
abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im
Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände
ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen.
Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese
als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE
138 III 49 E. 4.4.5 S. 57; 137 III 303 E. 2.1.1 S. 305).

4.5. Die Beschwerdeführerinnen setzen sich in ihren Ausführungen über weite
Strecken nicht mit der den Entscheid tragenden Argumentation der Vorinstanz (E.
B/ee und b/ff, S. 18 f. zusammengefasst in E. 3 hiervor) auseinander, sodass
ihre Beschwerde insoweit den Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 BGG, E.
1.3 hiervor) nicht entspricht. Insbesondere legen sie auch nicht dar, dass sie
tatsächlichen Umstände der Einschulung in Z.________ nach den Sommerferien 2014
ordnungsgemäss vorgetragen haben. Darauf ist nicht einzutreten. Im Übrigen
lassen die Beschwerdeführerinnen unerwähnt, dass sie angesichts auftretender
Schwierigkeiten bereits mehrmals umgezogen und die Schule gewechselt haben.
Selbst wenn tatsächlich eine Verbesserung der Situation eingetreten wäre, hätte
dies angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit die Massnahmen nicht von
vornherein obsolet werden lassen. Tatsache ist, dass die Tochter seit Februar
2014 die Schule nicht mehr besuchte und zuhause von nicht qualifizierten
Personen "unterrichtet" wurde. Von daher kann nicht gesagt werden, die Tochter
sei nicht gefährdet. Ein Fehler in der Ermessensausübung ist nicht auszumachen.

5. 
Die Beschwerdeführerinnen erblicken in der Anordnung der besagten
Kindesschutzmassnahmen eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und
Familienlebens (Art. 8 EMRK).

 Ob sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK für den vorliegenden Fall der von den
Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Anspruch herleiten lässt, ist fraglich,
kann hier aber offenbleiben: Der Anspruch aus Art. 8 Ziff. 1 EMRK gilt nicht
absolut. Vielmehr ist nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ein Eingriff in das durch Ziff.
1 geschützte Rechtsgut zulässig, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine
Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale
Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des
Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren
Handlungen, zum Schutz der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und
Freiheiten anderer notwendig ist. Im vorliegenden Fall haben die kantonalen
Instanzen gestützt auf eine gesetzliche Grundlage (Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB)
Massnahmen zum Schutz der Tochter erlassen, die sich aufgrund der gegebenen
Verhältnisse aufgedrängt haben. Von daher hielte der Eingriff in den
angeblichen Anspruch vor Art. 8 Abs. 2 EMRK stand.

6. 
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführerinnen kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie haften für die Gerichtskosten solidarisch (Art. 66
Abs. 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet.

7. 
Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, hat sich die vorliegende Beschwerde als
von Anfang an aussichtslos erwiesen. Fehlt es somit an einer der kumulativen
Voraussetzungen (nicht aussichtslose Beschwerde), muss das Gesuch der
Beschwerdeführerinnen um unentgeltliche Rechtspflege (mit Bezug auf die
Gerichtskosten) abgewiesen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführerinnen um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB) T.________ und dem Kantonsgericht von
Graubünden, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Februar 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zbinden

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