Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.678/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
5A_678/2014, 5A_725/2014

Urteil vom 27. Juli 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
5A_678/2014
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Brühwiler,
Beschwerdeführer,

gegen

1. B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Katharina Sameli,
2. C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Peter Spring,
Beschwerdegegner,

und

5A_725/2014
B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Katharina Sameli,
Beschwerdeführer,

gegen

1. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Brühwiler,
2. C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Peter Spring,
Beschwerdegegner,

Gegenstand
Erbteilung,

Beschwerden gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 20.
Mai 2014.

Sachverhalt:

A. 
B.________, A.________ und C.________ sind die Kinder und Erben der 1999 bzw.
2002 verstorbenen Eheleute D.________.

 Im Nachlass befanden sich ein Landwirtschaftsbetrieb und ein Schloss mit
Zugang zum Bodensee, welche in ersten Etappen der Erbteilung an A.________
gingen. Sodann umfasste der Nachlass weiteres Vermögen und vorliegend
umstrittene Parzelle Nr. vvv Grundbuch U.________. Diese umfasst Uferbereich
des Bodensees. Auf ihr stehen vier Ferienhäuschen aus Holz (Assek. Nr. www,
xxx, yyy und zzz; "Badehäuschen A-D") mit Nebengebäuden. Für die Nutzung der
Häuschen besteht eine Konzession bis 30. April 2017.

B.

B.a. Am 23. September 2004 reichte B.________ beim Bezirksgericht Kreuzlingen
Klage auf Feststellung und auf Teilung des Restnachlasses ein. Soweit
nachfolgend relevant beantragte er zudem eine Zuteilung der Seeparzelle an sich
unter Anrechnung an seinen Erbanspruch, wobei C.________ ein durch
Dienstbarkeit gesichertes Benutzungsrecht am Badehäuschen A einzuräumen sei.
Eventualiter sei die Parzelle unter den Erben real zu teilen.

B.b. C.________ anerkannte die Klage.

B.c. A.________ verlangte mit Klageantwort vom 20. Dezember 2004 ebenfalls die
Feststellung des Restnachlasses und dessen Teilung. Die Seeparzelle aber sei -
ebenfalls unter Einräumung eines Benutzungsrechts zu Gunsten von C.________ -
unter Anrechnung an seinen Erbanspruch ihm zuzuweisen. Eventualiter sei die
Parzelle öffentlich zu versteigern.

B.d. Mit (Teil-) Urteil vom 29. Juni 2005 (Expedition begründetes Urteil: 24.
November 2005) wies das Bezirksgericht die Seeparzelle B.________ zu einem
Anrechnungswert von Fr. 153'000.-- und unter Einräumung des beantragten
Nutzungsrechts zugunsten von C.________ zu.

B.e. Am 23./24./28. Mai 2006 schlossen die Parteien bezüglich der übrigen
strittigen Punkte einen Vergleich, den das Bezirksgericht genehmigte.

C.

C.a. Gegen das Urteil vom 29. Juni 2005 erhob A.________ Berufung, worauf das
Obergericht des Kant ons Thurgau die Sache mit Urteil vom 29. August 2006
(Expedition begründetes Urteil: 9. Februar 2007) zur Durchführung eines
Beweisverfahrens und zu neuer Entscheidung an das Bezirksgericht zurückwies.

C.b. Diesen Entscheid zog A.________ sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde
als auch mit Berufung nach OG an das Bundesgericht weiter. Er beantragte die
öffentliche Versteigerung der Parzelle. Der Nettoerlös aus der Versteigerung
sei im Rahmen der Erbteilung entsprechend den Erbquoten den Erben zuzuweisen.
Eventualiter sei die Parzelle entsprechend den Erbquoten real zu teilen.

C.c. Das Bundesgericht trat mit zwei separaten Urteilen vom 11. Januar 2008 auf
beide Eingaben nicht ein (vgl. Verfahren 5C.49/2007 und 5P.55/2007 ).

D.

D.a. Im März 2008 beauftragte das Bezirksgericht F.________ und G.________ mit
einer Schätzung gemäss [ a ] Art. 618 Abs. 1 ZGB (Art. 618 ZGB in der bis 31.
Dezember 2010 geltenden Fassung).

D.b. Die Gutachter legten den Verkehrswert der Seeparzelle in einer ersten
Schätzung vom 9. Juni 2008 auf Fr. 1'650'000.-- fest. B.________ rügte in der
Folge eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs bei Erstellung des Gutachtens.
Die zweite Schätzung der Herren F.________ und G.________ vom 13. Februar 2009
lautete sodann für den Substanzwert der Seeparzelle auf Fr. 440'000.--.

D.c. Mit Urteil vom 8. Juli 2009 (Expedition begründetes Urteil: 19. Oktober
2009) teilte das Bezirksgericht Kreuzlingen die Seeparzelle - unter Einräumung
eines durch Dienstbarkeit gesicherten Nutzungsrechts zugunsten von C.________
am Badehäuschen A - B.________ zum Anrechnungswert von Fr. 1'3 00'000.-- zu.

E.

E.a. B.________ erhob hiergegen am 30. Oktober 2009 Berufung an das Obergericht
Thurgau. Er wiederholte seinen Antrag auf Zuweisung der Seeparzelle zum Wert
von Fr. 153'000.--. Weiter ersuchte er um Anordnung einer Verkehrswertschätzung
gemäss [a]Art. 618 Abs. 1 ZGB, was die Schätzung der Herren F.________ und
G.________ nicht sei. Hingegen richtete sich die Berufung nicht gegen das
Nutzungsrecht von C.________.

E.b. A.________ beantragte die Abweisung der Berufung und erhob
Anschlussberufung. Die Seeparzelle sei B.________ zum Wert von Fr. 1'650'000.--
zuzuweisen, wobei letzterer zu verpflichten sei, A.________ und C.________ je
eine Ausgleichszahlung von Fr. 500'000.-- zu leisten. Auch er richtete sich
nicht gegen das Nutzungsrecht von C.________, allerdings sei der Wert des
Nutzungsrechts von deren Ausgleichszahlung abzuziehen.

E.c. C.________ ersuchte um Dispensation von der Berufungsverhandlung, da sie
zwar formell, nicht aber materiell am Verfahren beteiligt sei.

E.d. Mit Urteil vom 7. Oktober 2010 (6. Dezember 2010) hiess das Obergericht
die Berufung gut und wies die Angelegenheit zur ergänzenden Beweisaufnahme und
zu neuem Entscheid an das Bezirksgericht zurück. Dieses habe gestützt auf § 172
Ziff. 27a ZPO TG i.V.m. [ a ] Art. 618 Abs. 1 ZGB ein neues Gutachten über den
Verkehrswert der Seeparzelle anzuordnen. Die Anschlussberufung wurde als
gegenstandslos erklärt.

F.

F.a. Am 7. Oktober 2011 erstattete der neue Gutachter, H.________, einen
Bewertungsbericht. Die Parteien erhielten Gelegenheit Zusatzfragen
einzubringen. Die endgültige Fassung der Verkehrswertschätzung von H.________
datiert vom 24. Mai 2012. Er schätzte den Verkehrswert auf Fr. 1'361'000.--.

F.b. Das Bezirksgericht Kreuzlingen wies die Seeparzelle mit Urteil vom 3. Juni
2013 (23. Oktober 2013) B.________ zum Anrechnungswert von Fr. 1'094'000.-- zu,
d ies unter Anrechnung auf seinen Erbanspruch und unter Einräumung eines durch
Dienstbarkeit gesicherten, lebenslänglichen und unentgeltlichen Nutzungsrechts
von C.________ für das Badehäuschen A. Für den Fall, dass die Konzessionen für
Badehäuschen und Parzelle im Jahr 2017 nicht im bisherigen Umfang für
mindestens 10 Jahre verlängert würden, sei der Verkehrswert durch die
I.________ AG erneut festzulegen. Falle der Verkehrswert tiefer aus, so hätten
C.________ und A.________ dem Bruder je einen Drittel der Differenz zwischen
Fr. 1'094'000.-- und dem neu festgelegten Verkehrswert zurückzuerstatten, wofür
eine Sicherheit in der Höhe von Fr. 300'000.-- auf ein Sperrkonto einzuzahlen
sei.

G.

G.a. B.________ erhob am 21. November 2013 wiederum Berufung an das Obergericht
und hielt an einer Zuteilung zu einem Wert von Fr. 153'000.-- fest. Es sei zu
Gunsten der Geschwister ein Gewinnbeteiligungsrecht für die Dauer von 20 Jahren
einzuräumen. Für den Fall, dass der Anrechnungswert Fr. 153'000.-- deutlich
übersteigen sollte und die Konzessionen nicht verlängert würden, hätten ihm die
beiden Geschwister je einen Drittel der Differenz zwischen Anrechnungswert und
dem neu festzulegenden Verkehrswert zurückzuerstatten. Sollte er bei einem
(teilweisen) Verkauf der Parzelle nur einen erheblich unter dem Anrechnungswert
liegenden Verkaufserlös erzielen, so hätten ihm C.________ und A.________ je
einen Drittel der Differenz zurückzuerstatten.

G.b. A.________ erhob am 25. November 2013 ebenfalls Berufung. Es sei eine neue
Verkehrswertschätzung vorzunehmen. Der Anrechnungswert sei gemäss dem neuen
Gutachten, zumindest aber auf Fr. 1'334'000.-- festzusetzen. B.________ sei zu
verpflichten, ihm eine Ausgleichszahlung von einem Drittel des zu ermittelnden
Anrechnungswerts, mindestens Fr. 444'666.65, zu zahlen.

G.c. In ihren Berufungsantworten beantragten beide, die je andere Berufung sei
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

G.d. C.________ liess sich nicht vernehmen.

G.e. Das Obergericht des Kantons Thurgau befand in seinem Urteil vom 20. Mai
2014 die Berufung von B.________ für unbegründet, diejenige von A.________ für
teilweise begründet, soweit darauf eingetreten wurde. Es wies die umstrittene
Parzelle B.________ zu, unter Einräumung eines durch Dienstbarkeit gesicherten,
lebenslänglichen und unentgeltlichen Nutzungsrechts zu Gunsten von C.________
am Badehäuschen A. Der Anrechnungswert wurde auf Fr. 1'334'000.-- festgesetzt.
Für den Fall, dass die Konzession im Jahr 2017 nicht verlängert würde, sah das
Obergericht eine erneute Schätzung des Verkehrswerts vor. Bei einem tieferen
Wert als im obergerichtlichen Verfahren geschätzt, hätten C.________ und
A.________ je einen Drittel der Differenz zwischen Fr. 1'334'000.-- und dem neu
festgelegten Verkehrswert an B.________ zurückzuerstatten. Hierfür sei ein
Betrag von Fr. 300'000.-- sicherzustellen durch Einrichtung von auf C.________
bzw. A.________ lautenden Sperrkonti über Fr. 150'000.--. Werde die Konzession
im Jahr 2017 im bisherigen Umfang erteilt, werde die Sperrklausel aufgehoben,
so dass C.________ und A.________ je frei über den sichergestellten Betrag
verfügen könnten. Ein allfälliger verbleibender Restsaldo werde von der
Sperrklausel befreit. In Bezug auf die Kosten bestätigte das Obergericht den
erstinstanzlichen Entscheid. Für das Berufungsverfahren sollten A.________ und
B.________ je eine Verfahrensgebühr von Fr. 20'000.-- bezahlen und jede Partei
ihre Kosten selbst tragen.

H.

H.a. Mit Eingaben vom 8. bzw. 15. September 2014 gelangen sowohl A.________ als
auch B.________ mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht.

H.b. A.________ (nachfolgend Beschwerdeführer 1; Verfahren 5A_678/2014 ) ve
rlangt, es sei eine neue Verkehrswertschätzung vorzunehmen unter
Ausserachtlassung von drei nicht geeigneten Vergleichsobjekten und unter
Berücksichtigung seiner Einwendungen sowie der Wertsteigerung seit dem 24. Mai
2012 (Rechtsbegehren 1). Die Seeparzelle sei B.________ zu einem
Anrechnungswert von mindestens Fr. 1'334'000.-- zuzuweisen unter Einräumung des
Nutzungsrechts von C.________ für das Badehäuschen A (Rechtsbegehren 2). Alles
unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten von B.________ (Rechtsbegehren
3).

 B.________ beantragte mit Verne hmlassung vom 3. Dezember 2014, die Beschwerde
von A.________ sei abzuweisen, soweit dar auf einzutreten sei. In seiner Replik
vom 5. Februar 2015 hielt A.________ vollumfänglich an den Anträgen seiner
Beschwerde fest, worauf sich B.________ noch einmal mit Eingabe vom 19. Februar
2015 resp. A.________ mit Eingabe vom 11. März 2015 äusserten.

H.c. B.________ (Beschwerdeführer 2; Verfahren 5A_725/2014 ) verlangt ebenfalls
die Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Rechtsbegehren 1). Er beantragt
eine Reduktion des Anrechnungswertes auf Fr. 153'000.--. Den Geschwistern sei
ein Gewinnbeteiligungsrecht bei Veräusserung der Parzelle während 20 Jahren
nach Rechtskraft des Urteils einzuräumen (Rechtsbegehren 2). Eventualiter - für
den Fall der Festlegung eines den Betrag von Fr. 153'000.-- erheblich
übersteigenden Anrechnungswertes - hätten ihm C.________ und A.________ bei
Nichterneuerung der Konzessionen und/oder Baubewilligungen für die Badehäuschen
je einen Drittel der Differenz zwischen Anrechnungswert und dem neu zu
ermittelnden Verkehrswert der Parzelle zurückzuerstatten. Dasselbe solle gelten
bei Erzielung eines erheblich unter dem Anrechnungswert liegenden
Verkaufserlöses im Falle eines teilweisen Verkaufs der Parzelle. Die
Geschwister hätten als Sicherheit je ein Sperrkonto über Fr. 150'000.--
einzurichten (Rechtsbegehren 3). Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen
inkl. Kosten vor den kantonalen Instanzen.

 A.________ beantragte mit Beschwerdeantwort vom 24. Dezember 2014 die
Abweisung der Beschwerde von B.________ unter Kosten- und Entschädigungsfolgen;
er halte vollumfänglich an den Anträgen der eigenen Beschwerde vom 8. September
2014 fest. B.________ nahm hierzu mit Replik vom 5. Februar 2015 Stellung,
welche A.________ zugestellt wurde. Am 17. Februar 2015 ging eine weitere
Stellungnahme von A.________ ein.

H.d. Die Miterbin und formell Beschwerdegegnerin äusserte sich in keinem der
beiden bundesgerichtlichen Verfahren.

Erwägungen:

1. 
Beide Beschwerdeführer fechten das selbe Urteil an und befassen sich mit dem
selben Streitgegenstand, weshalb es sich rechtfertigt, die Beschwerden zu
vereinigen und in einem Urteil zu behandeln (Art. 71 Bundesgerichtsgesetz [BGG;
SR 173.110] i.V.m. Art. 24 Bundesgesetz über den Bundeszivilprozess [BZP; SR
273]).

2.

2.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine
bei ihm eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 140 IV 57 E. 2 S. 59; 138 III
471 E. 1 S. 475).

2.2. Das für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren massgebliche
Bundesgerichtsgesetz unterscheidet zwischen Endentscheiden (Art. 90 BGG),
Teilentscheiden (Art. 91 BGG) sowie Vor- bzw. Zwischenentscheiden (Art. 92 und
Art. 93 BGG). Während Endentscheide, Teilentscheide und Zwischenentscheide über
die Zuständigkeit oder den Ausstand (Art. 92 BGG) jeweils unter Vorbehalt der
allgemeinen Zulässigkeitskriterien angefochten werden können und müssen, ist
die Beschwerde gegen sog. "andere" Zwischenentscheide nur unter besonderen
Voraussetzungen möglich (Art. 93 Abs. 1 BGG), und sind diese durch Beschwerde
gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken
(Art. 93 Abs. 3 BGG).

 Ein Entscheid ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, wenn mit dem
vorinstanzlichen Entscheid das Verfahren in der Hauptsache beendet wird, und
zwar unabhängig davon, ob aus verfahrensrechtlichen Gründen oder ob materielles
Recht zu diesem Ergebnis führt (BGE 134 III 426 E. 1.1 S. 428; 133 III 629 E.
2.2 S. 631; 133 III 393 E. 4 S. 396). Es kommt allein darauf an, ob das
erstinstanzliche Verfahren beendet ist oder nicht.

 Schliesst ein Entscheid das Verfahren nicht vollständig ab, sondern befindet
er endgültig entweder nur über eines oder einige von mehreren Rechtsbegehren
(objektive Klagenhäufung; Art. 91 lit. a BGG) oder schliesst er das Verfahren
nur für einen Teil der Streitgenossen ab (subjektive Klagenhäufung; Art. 91
lit. b BGG), liegt ein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 BGG vor. Innerhalb
der Systematik des BGG stellt der Teilentscheid eine Variante des Endentscheids
dar (BGE 135 III 212 E. 1.2.1 S. 217, 134 III 426 E. 1.1 S. 428, 133 III 629 E.
2.1 S. 630, 133 V 477 E. 4.1.2 S. 480). Erfüllt ein Entscheid weder die
Kriterien des Endentscheids noch diejenigen des Teilentscheids, liegt ein Vor-
bzw. Zwischenentscheid vor, gegen welchen die Beschwerde nur zulässig ist,
sofern die in den Art. 92 bzw. 93 BGG genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

2.3. Der Beschwerdeführer 2 hat im kantonalen Verfahren als Hauptbegehren die
Feststellung und Teilung des Restnachlasses verlangt und hat im Rahmen dieses
Verfahrens unter anderem die Zuteilung der Seeparzelle an sich zu einem
bestimmten Anrechnungswert und unter Anrechnung an seinen Erbteil begehrt.
Nachdem die Frage der Zuteilung nicht mehr strittig war, befasst sich der
angefochtene Entscheid hauptsächlich mit dem massgeblichen Anrechnungswert. Wie
die Vorinstanz festgehalten hat, muss noch über allfällige Ausgleichszahlungen
und die vom Beschwerdeführer 2 geltend gemachten und in der Vereinbarung vom
23./24./28. Mai 2006 vorbehaltenen, bislang nicht bezifferten Kosten befunden
werden. Das obergerichtliche Urteil schliesst das Verfahren nicht ab, womit
kein kantonaler Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vorliegt.

2.4. Damit stellt sich die Frage, ob der angefochtene Entscheid als
Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG zu qualifizieren ist. Bei rein
formeller Betrachtung trifft zu, dass die Vorinstanz darin über eines von
mehreren Rechtsbegehren befunden hat. Der Entscheid, der nur einen Teil der
gestellten Begehren behandelt, ist indes nur dann ein vor Bundesgericht
anfechtbarer Teilentscheid, wenn diese Begehren unabhängig von den anderen
beurteilt werden können. Unabhängigkeit ist zum einen so zu verstehen, dass die
gehäuften Begehren auch Gegenstand eines eigenen Prozesses hätten bilden
können. Zum anderen erfordert die Unabhängigkeit, dass der angefochtene
Entscheid einen Teil des gesamten Prozessgegenstandes abschliessend beurteilt.
Besteht die Gefahr, dass das Schlussurteil über den verbliebenen
Prozessgegenstand im Widerspruch zum bereits rechtskräftig ausgefällten
Teilurteil steht, liegt kein anfechtbarer Teilentscheid vor (BGE 135 III 212 E.
1.2.2 und E. 1.2.3 S. 217; Grundsatz zuletzt bestätigt in Urteil 4A_611/2014
vom 26. Februar 2015 E. 1.3.1; betreffend Erbteilung: Urteil 5A_883/2010 und
5A_887/2010 vom 18. April 2011 E. 4.1). So ist beispielsweise das Urteil über
die Ungültigkeitsklage im Rahmen des Ungültigkeits- und Herabsetzungsprozesses
- wie bis anhin (vgl. BGE 124 III 406 E. 1a S. 409) - als Teilentscheid
anfechtbar (Urteil 5A_12/2009 vom 25. März 2009 E. 1; vgl. für ähnliche
Beispiele Urteil 5A_437/2008 vom 23. Februar 2009 E. 1.1: Widerruf einer
letztwilligen Verfügung; Urteil 5A_115/2007 vom 31. Oktober 2007 E. 1: Tilgung
von Nachlassschulden). Ebenso ist das Bundesgericht von einem Teilentscheid
ausgegangen, als die Vorinstanz des Bundesgerichts sich ausschliesslich mit der
Frage befasst hatte, ob eine Erbin gestützt auf Art. 21 BGBB Anspruch auf
Zuweisung (und auf Anrechnung an ihren Erbteil) von drei landwirtschaftlichen
Grundstücken zum doppelten Ertragswert habe (Urteil 5A_512/2007 vom 17. April
2008 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 134 III 433).

 Im Unterschied zum zuletzt genannten Entscheid, in welchem die Erbin einen
gesetzlichen Anspruch auf Zuweisung gewisser Grundstücke behauptete, geht es im
vorliegenden Fall nur - aber immerhin - um die Höhe des Anrechnungswertes (Art.
617 f. ZGB) für die zuletzt unbestrittene Zuweisung im Sinne von Art. 612 Abs.
1 ZGB der Seeparzelle an den Beschwerdeführer 2. Nun kann die (einfache)
Zuweisung einer Erbschaftssache im Sinne von Art. 612 Abs. 1 ZGB an einen von
mehreren Erben nicht zum Gegenstand eines eigenen Prozesses gemacht werden, es
sei denn, die Erben hätten sich über sämtliche anderen Aspekte der Erbteilung
geeinigt oder sie vermöchten sich nach dem Urteil über die Zuweisung mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu einigen (vgl. BGE 123 III 49 E. 1b S. 52).

 Wie bereits erwähnt (E. 2.3), muss noch über allfällige Ausgleichszahlungen
und die vom Beschwerdeführer 2 geltend gemachten und in der Vereinbarung vom
23./24./28. Mai 2006 vorbehaltenen, bislang nicht bezifferten Kosten befunden
werden. Obwohl das Verfahren schon über zehn Jahre dauert, sind zwischen den
beiden Beschwerdeführern nach wie vor sämtliche verbliebenen Fragen heftig
umstritten. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, sie
vermöchten sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einigen. Die Voraussetzungen
für eine Qualifizierung des angefochtenen Entscheids als Teilentscheid im Sinne
von Art. 91 BGG sind nicht erfüllt.

2.5. Liegt kein Teilentscheid vor, ist das angefochtene Urteil als
Zwischenentscheid zu behandeln. Der Zwischenentscheid betrifft vorliegend weder
die Zuständigkeit noch den Ausstand (Art. 92 BGG). Die Beschwerde an das
Bundesgericht ist daher nur zulässig, wenn der Entscheid einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die
Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Der drohende nicht
wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss
rechtlicher Natur sein. Das setzt voraus, dass er sich auch mit einem späteren
günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt. Die blosse
Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur
genügt. Dagegen reichen rein tatsächliche Nachteile wie die
Verfahrensverlängerung oder -verteuerung nicht aus (BGE 138 III 190 E. 6 S.
192; 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382; je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung
obliegt es dem Beschwerdeführer darzutun, dass eine dieser beiden
Voraussetzungen erfüllt ist, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in
die Augen (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329; 134 III 426 E. 1.2 in fine S. 429).

 Keiner der Beschwerdeführer legt dar, inwiefern ihm durch das angefochtene
Urteil ein Nachteil drohen könnte, der sich im weiteren Verfahren nicht mehr
oder nicht mehr vollständig beheben liesse und es springt jedenfalls nicht
geradezu in die Augen, weshalb ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im
Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG drohen sollte. Angesichts der offenen
Fragen, die von den kantonalen Gerichten noch nicht behandelt worden sind und
die in jedem Fall noch zu entscheiden sein werden, könnte die Gutheissung
vorliegender Beschwerden sodann auch keinen Endentscheid herbeiführen. Damit
fällt auch Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ausser Betracht.

 Auf die Beschwerden kann nicht eingetreten werden.

3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer
entschädigungspflichtig, wobe i von einer solidarischen Haftung abzusehen ist
(Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Für die von den Beschwerdeführern im jeweils
gegnerischen Beschwerdeverfahren eingereichten Vernehmlassungen sind keine
Entschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2
entstanden keine entschädigungspflichtigen Kosten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 5A_678/2014 und 5A_725/2014 werden vereinigt.

2. 
Auf beide Beschwerden wird nicht eingetreten.

3. 
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 10'000.-- werden den Beschwerdeführern je
zur Hälfte auferlegt.

4. 
Die Parteikosten werden wettgeschlagen.

5. 
Dieses U rteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Juli 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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