Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.552/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_552/2014

Urteil vom 22. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Levante.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Reto Thomas Ruoss,
Beschwerdeführerin,

gegen

Konkursmasse B.________ AG in Liquidation,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Bürgi als ausseramtlicher Konkursverwalter,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Akteneinsicht,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs, vom 25. Juni 2014 (PS140053-O/U).

Sachverhalt:

A.

A.a. Die A.________ AG ist die Revisionsstelle der B.________ AG. Am 29. April
2002 wurde über die B.________ AG der Konkurs eröffnet, und es wurde eine
ausseramtliche (a.a.) Konkursverwaltung eingesetzt. Am 2. Oktober 2013 erhob
die Konkursmasse B.________ AG in Liquidation gegen die A.________ AG Klage
beim Handelsgericht des Kantons Zürich wegen Verantwortlichkeit
(Revisionshaftung) im Umfang von rund Fr. 11 Mio. (mit Nachklagevorbehalt im
Umfang von Fr. 114 Mio.). Wegen dieses Prozesses gelangte die A.________ AG am
28. November/3. Dezember 2013 an die Konkursmasse und verlangte Einsicht in die
Konkursakten. Mit Verfügung vom 19. Dezember 2013 wies der a.a.
Konkursverwalter das Gesuch um Einsicht ab.

A.b. Gegen die Verfügung des a.a. Konkursverwalters gelangte die A.________ AG
an das Bezirksgericht Bülach als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs-
und Konkurssachen mit dem Antrag um Einsicht in die Konkursakten
(Konkursprotokoll, Eingabeverzeichnis mit allen Eingaben, Kollokationsplan
einschliesslich Neuauflage mit Nachträgen, Kollokationsverfügungen,
Kollokations[quer]klagen und Erledigungen, Inventar mit Nachträgen,
Hilfspersonenbericht und damaliger Vermögensstatus, Protokoll der
Gläubigerversammlungen mit Beilagen, Gläubigerzirkulare mit Beilagen,
Rechenschaftsberichte an das Konkursgericht, [Abschlags-]Verteilungslisten,
spezielle Verfügungen und Details 1., 2. und 3. Klasse als Anhänge zu den
Verteilungslisten, Unterlagen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleichs
mit C.________ plc).

A.c. Mit Beschluss vom 12. Februar 2014 hiess die untere Aufsichtsbehörde die
Beschwerde gut. Der a.a. Konkursverwalter wurde angewiesen, der Gesuchstellerin
antragsgemäss Einsicht in die Konkursakten zu gewähren, unter Vorbehalt eines
ausgewiesenen Geheimhaltungsinteresses der Konkursmasse oder von Drittpersonen.

B. 
Gegen den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde erhob der a.a.
Konkursverwalter für die Konkursmasse Beschwerde, welche das Obergericht des
Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs am 25. Juni 2014 guthiess. Der erstinstanzliche Entscheid wurde
aufgehoben und die Verfügung des a.a. Konkursverwalters vom 19. Dezember 2013 -
d.h. die Verweigerung der Einsicht in die Konkursakten - bestätigt.

C. 
Mit Eingabe vom 7. Juli 2014 ist die A.________ AG mit Beschwerde in
Zivilsachen an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin verlangt die
Aufhebung des Entscheides der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde. In der Sache
beantragt sie Einsicht in die Konkursakten wie diese von der unteren
Aufsichtsbehörde gewährt wurde.

 Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss Art. 17 SchKG -
wie die Verweigerung des Einsichtsrechts (BGE 135 III 503, nicht publ. E. 1.1)
durch die a.a. Konkursverwaltung (Art. 241 SchKG) - unterliegen der Beschwerde
in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG).

1.2. Die vorliegende Beschwerde ist unabhängig von einer gesetzlichen
Streitwertgrenze gegeben (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die Beschwerdeführerin,
deren Gesuch um Akteneinsicht die Vorinstanz abgewiesen hat, ist zur Beschwerde
in Zivilsachen legitimiert (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde gegen
den letztinstanzlichen Entscheid ist fristgemäss erhoben worden (Art. 75 Abs.
1, Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) und grundsätzlich zulässig.

1.3. Mit vorliegender Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten ist in der
Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei
das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Was die Beschwerdeführerin
unter dem Titel einer "offensichtlich aktenwidrigen Feststellung" ihres
Standpunktes zum Verhältnis zwischen dem Einsichtsrecht gemäss SchKG bzw. ZPO
vorbringt, läuft auf die Rüge einer Rechtsverletzung hinaus.

2.

2.1. Die obere Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen erwogen, dass zwischen der
Beschwerdeführerin und der Konkursmasse ein Prozess betreffend
Verantwortlichkeit der Revisionsstelle bereits hängig sei und daher das
Einsichtsrecht gemäss Art. 8a SchKG mit der Urkundenedition gemäss Art. 160
Abs. 1 lit. b ZPO in Konkurrenz stehe. Zwischen den Parteien sei ein
"gewöhnlicher" Zivilprozess im Gange. Nur weil sich eine der Parteien - die
Beschwerdegegnerin als Klägerin - in Konkurs befinde, sei kein Grund
ersichtlich, weshalb nicht die Regeln der ZPO - als  lex specialis für die
zivilprozessuale Urkundenedition - anwendbar sein sollen. Die
Beschwerdeführerin sei durch die Begrenzung auf die Regeln der ZPO wie jede
Partei in einem Zivilprozess gestellt. Auch die Konkursmasse als Klägerin könne
ihr gegenüber die Urkundenedition einzig nach ZPO beanspruchen, wie dies - ohne
Konkurs - für die Gesellschaft oder die Aktionäre gelten würde. Die
Beschwerdeführerin könne im hängigen Zivilprozess gegenüber der Konkursmasse
als Gegenpartei kein Einsichtsrecht nach Art. 8a SchKG verlangen. Im Übrigen
sei das notwendige schützenswerte Einsichtsinteresse bei Dritten nicht  a
priori gegeben.

2.2. Die Beschwerdeführerin leitet ihr Einsichtsrecht in die Konkursakten der
Beschwerdegegnerin aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab. Danach genüge
zur Einsicht die blosse Tatsache, dass zwischen dem Gesuchsteller und der
Person, in deren Akten er Einsicht nehmen will, ein Prozess hängig sei, um das
Interesse darzutun. Die Vorinstanz habe übergangen, dass sich mit der Eröffnung
des Konkurses über die Beschwerdegegnerin die Rechtslage geändert habe und für
sie als klagende Konkursmasse nunmehr auch die zwangsvollstreckungsrechtlichen
Bestimmungen anwendbar seien, was hinzunehmen sei. Sodann würden sich das
Einsichtsrecht gemäss Art. 8a SchKG und die zivilprozessuale Editionspflicht
gegenseitig ergänzen, und nicht gegenseitig ausschliessen. Als Beklagte im
Verantwortlichkeitsprozess der Konkursmasse habe sie ein hinreichendes
Interesse an der Einsicht in die Konkursakten, ohne dass sie im Einzelnen
begründen müsse, in welchem Zusammenhang die Akten zum Prozessgegenstand stehen
würden.

3. 
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das Gesuch der Beschwerdeführerin,
Einsicht in die Konkursakten der Konkursmasse zu nehmen. Es steht fest, dass
die Beschwerdeführerin keine Gläubigerin im betreffenden Konkurs ist. Sie ist
indes Beklagte im hängigen Verantwortlichkeitsprozess der Konkursmasse wegen
Revisionshaftung. Grundsätzlich gilt, dass sich die Einsicht in bzw. die
Herausgabe von Urkunden des öffentlichen Rechts nicht nach den Vorschriften der
ZPO, sondern nach den massgeblichen öffentlichrechtlichen Vorschriften bestimmt
(Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 18 Rz.
109). Streitfrage ist, ob die Beschwerdeführerin wegen dieses Zivilprozesses
gestützt auf Art. 8a SchKG Einsicht in die Konkursakten - die Akten der
Gegenpartei im hängigen Prozess - beanspruchen kann.

3.1. Gemäss Art. 8a SchKG kann jede Person, die ein Interesse glaubhaft macht,
die Protokolle und Register der Betreibungs- und Konkursämter einsehen und sich
Auszüge daraus geben lassen (Abs. 1). Das gilt auch gegenüber einer a.a.
Konkursverwaltung (Art. 241 SchKG). Gegenstand, auf welches sich das
Einsichtsgesuch der Beschwerdeführerin bezieht, sind unstrittig Verfahrensakten
des Konkurses (vgl. Art. 8 ff. KOV; vgl. BGE 125 V 450 E. 2c S. 453).

3.2. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die Frage, ob trotz des hängigen
Prozesses - neben der zivilprozessualen Editionspflicht - ein Einsichtsrecht
gemäss Art. 8a SchKG bestehe, habe sich bereits unter der Herrschaft des
kantonalen Zivilprozessrechts gestellt, trifft dies zweifellos zu. Damit ist
indessen die Frage, ob bzw. inwieweit sich die beiden - zivilverfahrens- bzw.
vollstreckungsrechtlichen - Institute überlagern, nicht beantwortet.
Unbehelflich ist jedenfalls, wenn die Beschwerdeführerin meint, die Möglichkeit
des Einsichtsrechts gemäss Art. 8a SchKG im hängigen Zivilprozess sei durch
eine fehlende ausdrückliche Regelung (d.h. "Anwendungsbeschränkung")
entschieden worden, und der Gesetzgeber habe die Anwendbarkeit bejaht: Es
bestehen keine Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Schweigen (vgl. dazu BGE
115 II 97 E. 2b S. 99), d.h. für die Annahme, dass die ZPO die Frage der
Anwendbarkeit von Art. 8a SchKG bewusst ungeregelt gelassen (und im Sinne von
"Anwendbarkeit" entschieden) habe (vgl. Botschaft zur ZPO vom 28. Juni 2006,
BBl 2006 7221 Ziff. 5.10.2, S. 7316). Weiter wirft die Beschwerdeführerin der
Vorinstanz eine unzulässige, vom Wortlaut von Art. 8a SchKG abweichende und zu
restriktive Auslegung (bzw. teleologische Reduktion, vgl. dazu BGE 140 I 305 E.
6.2 S. 311) vor. Richtig an diesen Ausführungen ist jedenfalls der
Ausgangspunkt, wonach sich die Gesetzesauslegung vom Gedanken leiten zu lassen
hat, dass nicht schon der Wortlaut die Rechtsnorm darstellt, sondern erst das
an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die
sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein
befriedigendes Ergebnis aus der  ratio legis (BGE 128 I 34 E. 3b S. 40 f.).

3.3. Weder der Wortlaut von Art. 8a SchKG noch von anderen Bestimmungen des
SchKG oder der ZPO schliessen die Anwendbarkeit des Rechts auf
zwangsvollstreckungsrechtliche Akteneinsicht bei hängigem Prozess aus. Indessen
kann nach Abs. 1 von Art. 8a SchKG nur jene Person, die ein Interesse glaubhaft
macht, die Protokolle und Register der Betreibungs- und Konkursämter einsehen
und sich Auszüge daraus geben lassen. Wer ein schützenswertes besonderes und
gegenwärtiges Interesse hat, ist zur Einsicht berechtigt (BGE 115 III 81 E. 2
S. 83; DALLÈVES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 3 zu
Art. 8a SchKG; MÖCKLI, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 7 zu Art. 8a
SchKG). Ob und wie weit einem Interessenten Einsicht zu gewähren und welche
Auskunft zu erteilen ist, muss von Fall zu Fall aufgrund des
Interessennachweises entschieden werden (BGE 135 III 503 E. 3 S. 504). Mit dem
Erfordernis des schützenswerten Interesses hängt untrennbar die Frage zusammen,
welchem Zweck das Einsichtsrecht in die Betreibungs- und Konkursakten gemäss
Art. 8a SchKG dienen soll.

3.3.1. Das Betreibungsregister wird konsultiert, um u.a. die Kreditwürdigkeit
vor Abschluss eines Vertrages zu beurteilen (vgl. Art. 8a Abs. 2 SchKG; BGE 121
III 81 S. 4a S. 83); die Einsicht in das Betreibungsprotokoll wie betreffend
Pfändung soll Schlüsse über die Verheimlichung von Vermögen und die Prüfung
eines Konkursbegehrens ohne vorgängige Betreibung (Art. 190 SchKG) erlauben (
BGE 135 III 503 E. 3.5.4 S. 508; vgl. MUSTER, Les renseignements [article 8a
LP], in: BlSchK 2014 S. 161). Nach der Praxis - welche die Beschwerdeführerin
anruft - genügt die Tatsache, dass zwischen dem Gesuchsteller und der Person,
in deren Akten Einsicht verlangt wird, "ein Prozess hängig" ist, um das
Interesse darzutun (BGE 105 III 38 E. 1 S. 39; 115 III 81 E. 2 S. 84; vgl. auch
BGE 58 III 118 S. 119 f.). Die massgebenden Urteile beziehen sich indes auf die
Einsicht in das Betreibungsregister im Falle eines Prozesses zwischen dem
Gesuchsteller und der betreffenden Person ("un poursuivi inscrit dans les
registres"; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour
dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 10 zu Art. 8a SchKG, S. 113), währenddem
sich hier die Gesuchstellerin (Beschwerdeführerin) und die Konkursmasse - die
"Person, in deren Akten Einsicht verlangt wird" - im Zivilprozess
gegenüberstehen. Das Obergericht hat diesen Umstand als entscheiderheblich
erachtet, weshalb der Zweck des Einsichtsrechts im Konkurs zu erörtern ist.

3.3.2. Ist der Konkurs einmal eröffnet, bezweckt das Einsichtsrecht, dass die
Konkursgläubiger die Lage des Schuldners prüfen und im Konkursverfahren ihre
Rechte wahrnehmen können (BGE 93 III 4 E. 1 S. 7, E. 2c S. 10; vgl. PETER, in:
Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl.
2010, N. 1 zu Art. 8a SchKG). Im Falle des Konkurses ist daher grundsätzlich
jeder Konkursgläubiger zur Einsicht in die Konkursakten berechtigt (BGE 93 III
4 E. 1 S. 6/7; 125 V 450 E. 2c S. 453), wobei als Konkursgläubiger auch der
Gesuchsteller gilt, der mit Kollokationsklage auf Zulassung klagt (BGE 91 III
94 E. 2 S. 96). Die Rechtsprechung billigt der Einsicht in die Konkursakten
noch eine weitere Funktion zu: Wer unabhängig von seiner Gläubigerstellung im
Konkurs zu Schaden gekommen ist und den Ausfall gegenüber einem Dritten
einklagen will, kann die Konkursakten einsehen, um Beweise gegen den Dritten zu
sammeln (BGE 93 III 4 E. 1 S. 7, E. 2d S. 10).

3.3.3. Vorliegend steht fest und ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin
weder Konkursgläubigerin ist, noch einen Schaden gegen einen Dritten einklagen
will. Sie fällt unter "andere Dritte", für welche das Einsichtsrecht nicht  a
priori gegeben ist (vgl. MÖCKLI, a.a.O., N. 9 zu Art. 8a SchKG).

3.4. Ob nach der Funktion des Einsichtsrechts in die Konkursakten - d.h.
Bereitstellung der notwendigen Informationen für viele Beteiligte im Verfahren
der Generalexekution - dennoch ein schützenswertes Interesse der
Beschwerdeführerin vorliegt, wenn sie mit der Konkursmasse im Zivilprozess
steht, ist im Folgenden zu prüfen.

3.4.1. Die erwähnte Rechtsprechung (BGE 93 III 4 E. 1 S. 7, E. 2d S. 10),
wonach ein Gesuchsteller, der unabhängig von der Gläubigerstellung den
konkursbedingten Schaden gegenüber einem Dritten einklagen will, in die
Konkursakten einsehen darf, um Beweise gegen den Dritten zu sammeln, ist auf
Kritik gestossen. Anlass dafür gibt, dass die Beweislage des Klägers durch die
Einsicht im Vergleich zu anderen Forderungsprozessen stark erleichtert wird,
obschon seine Beweisnot nicht grösser scheint als sonst; die Privilegierung des
im Konkurs zu Schaden gekommenen Klägers lasse sich deshalb nur schwer
begründen (so HÄUSERMANN, Vertraulichkeit als Schranke von
Informationsansprüchen, 2009, S. 328/329;  kritisch auch CAMPONOVO/MARENCO, Das
Recht auf Akteneinsicht und Auskunft im Konkurs- und Nachlassverfahren, ST 1995
S. 488 ff.).

3.4.2. Ob die Kritik an jener Rechtsprechung berechtigt ist, muss nicht näher
erörtert werden. Die Überlegung macht jedoch deutlich, dass im Fall, in dem ein
Gesuchsteller - wie hier die Beschwerdeführerin (d.h. ohne Gläubigerstellung
und ohne gegen einen Dritten zu klagen) - der klagenden Konkursmasse im
Zivilprozess gegenübersteht, die Privilegierung durch das Einsichtsrecht gemäss
Art. 8a SchKG offensichtlich und unzumutbar wäre: Während für die Konkursmasse
gegenüber der Beklagten (Beschwerdeführerin) die Editionsregeln der ZPO gelten,
könnte diese als Gegenpartei ihre Unterlagen einsehen. Dass die Klägerin eine
Konkursmasse ist, welche vor Gericht von der a.a. Konkursverwaltung vertreten
wird (Art. 240 SchKG), ändert nichts daran, dass der gegen die
Beschwerdeführerin erhobene Verantwortlichkeitsprozess ein gewöhnlicher
Zivilprozess ist, mit welchem die Konkursmasse die Rechte der Schuldnerin
geltend macht (vgl. KREN KOSTKIEWICZ, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 2.
Aufl. 2014, Rz. 1186; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 2. Aufl. 2010, § 10
Rz. 2, 31). Die Konkursverwaltung wird dabei wie jede andere Partei behandelt
(Botschaft zur ZPO, a.a.O., Ziff. 5.10.1, S. 7315). Darauf hat die Vorinstanz
zu Recht hingewiesen.

3.4.3. Weiter ist unbestritten, dass das Institut der prozessualen Edition
nicht als Instrument der Informationsbeschaffung dienen kann, sondern nach der
ZPO ein Mittel der Beweiserhebung darstellt, was substantiierte
Tatsachenbehauptungen voraussetzt ( GÄUMANN/MARGHITOLA, Editionspflichten nach
der eidgenössischen Zivilprozessordnung, in: Jusletter 14. November 2011, Rz.
7). Das ist auch der Beschwerdeführerin bewusst, wenn sie mit Bezug auf den
hängigen Prozess ausführt, "der Editionsanspruch nach Art. 8a SchKG diene
blossen Informationszwecken" bzw. "der Abklärung des Sachverhalts und der
Aufstellung eigener Behauptungen". Im Zivilprozess können die Parteien jedoch
selber darüber entscheiden, welche Belege und wann sie diese vorlegen und somit
der Einsichtnahme der Gegenpartei aussetzen wollen, sofern kein diesbezügliches
Editionsbegehren gestellt wird (vgl. allgemein SPÜHLER/DOLGE/GEHRI,
Schweizerisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2010, 10. Kap. Rz. 102). Dies hat
die obere Aufsichtsbehörde zutreffend festgehalten, und in diesem Sinn lässt
sich auch die Lehre verstehen, wonach für Zivilprozesse nach ZPO die
Mitwirkungspflicht gemäss Art. 160 ZPO massgebend sein soll ( JEANDIN, in:
Commentaire de procédure civile commenté, 2011, N. 5 zu Art. 160 ZPO: "...
prévaut pour toute procédure à laquelle s'applique le CPC"). Die obere
Aufsichtsbehörde hat zu Recht gefolgert, dass in der vorliegenden Konstellation
einzig die Regeln der ZPO betreffend die prozessuale Edition anwendbar sind. Es
ist nicht ersichtlich, inwiefern sich die Beschwerdeführerin für das
Einsichtsrecht gemäss Art. 8a SchKG auf ein schützenswertes Interesse berufen
könnte. Daran ändert nichts, dass die Vorinstanz die Frage des Interesses
"dahingestellt" hat. Sie hat mit ihrer Begründung vielmehr zu Recht das
schützenswerte Interesse zur Einsicht in die Konkursakten verneint. Die
Anwendung von Art. 8a SchKG in der vorliegenden Konstellation würde zur
Verwirklichung von Interessen führen, die dieses Institut nicht schützen will,
sondern durch die Regeln der ZPO geschützt werden. Das Ergebnis der Vorinstanz
ist nicht zu beanstanden und stellt keine Rechtsverletzung dar.

3.5. Was die Beschwerdeführerin ferner vorbringt, vermag an diesem Ergebnis
nichts zu ändern.

3.5.1. Im Urteil 5A_83/2010 vom 11. März 2010 (E. 6.3) - auf welches die
Beschwerdeführerin hinweist - hat das Bundesgericht das Einsichtsinteresse
einer Gesuchstellerin bejaht, gegen welche die Gemeinschuldnerin einen
ordentlichen Prozess eingeleitet hatte, der (nach Anerkennung des ausländischen
Konkursdekretes der Klägerin) suspendiert war. Die Gewährung des
Einsichtsrechts stützte sich allerdings nicht allein auf die Rechtsprechung
nach BGE 105 III 38 ff., welche sich - wie erwähnt - auf die Einsicht in das
Betreibungsregister im Falle eines Prozesses zwischen dem Gesuchsteller und der
betreffenden Person bezieht. Ausgangspunkt der Erwägung im zitierten Urteil
5A_83/2010 ist das Einsichtsrecht der Konkursgläubiger, auf welches sich die
Gesuchstellerin zwar nicht als Drittklassgläubigerin im IPRG-Konkurs berufen
konnte. Als Gläubigerin im ausländischen Konkurs konnte sie indes grundsätzlich
Verfahrensrechte im IPRG-Konkurs haben (vgl. Art. 171 IPRG; KAUFMANN-KOHLER/
SCHÖLL, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 15 a.E. zu Art.
171 IPRG). Eine weitere Erörterung dieses Urteils ist nicht nötig, da hier die
Beschwerdeführerin ohne jede Gläubigereigenschaft ist.

3.5.2. Die kantonale Rechtsprechung verschiedener Aufsichtsbehörden, welche die
Beschwerdeführerin zitiert, ist nicht genügend aussagekräftig. Zum einen sind
in jenen Fällen die Gesuchsteller auch Konkursgläubiger (wie in BlSchK 1974 S.
171, Ziff. 2 [Basel-Stadt]; BlSchK 1997 S. 147, Ziff. 3b [Bern]; BlSchK 2003 S.
263, Ziff. 1 [Zürich]). Zum anderen geht es um vorprozessuale Abklärungen (wie
in BlSchK 2011 S. 53, Ziff. 3.3 [Basel-Landschaft]), über welche im
vorliegenden Fall jedoch nicht zu entscheiden ist. Es bleibt anzufügen, dass
auch die basel-landschaftliche Praxis davon ausgeht, dass (falls vorprozessual
keine Einsicht in die Konkursakten gewährt würde) im Verantwortlichkeitsprozess
zwischen dem Verwaltungsrat als Nichtgläubiger und der Konkursmasse die
Konkursakten nach Zivilprozessrecht zu edieren sind (BlSchK 2011 S. 53, Ziff.
3.3).

3.6. Nach dem Dargelegten ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz das
Gesuch der Beschwerdeführerin um Einsicht gemäss Art. 8a SchKG abgewiesen hat.

4. 
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens
wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine
Parteientschädigung ist nicht zu leisten, da der Beschwerdegegnerin keine
ersatzpflichtigen Kosten entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons
Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Mai 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Levante

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