Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.437/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_437/2014

Urteil vom 10. Dezember 2014

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Bischofberger,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Bühlmann,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ehescheidung (güterrechtliche Auseinandersetzung),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht,
2. Kammer, vom 28. März 2014.

Sachverhalt:

A. 
B.________ und A.________ heirateten am 15. Dezember 2000. Seit Juli 2008 leben
sie getrennt. Am 26. Juni 2009 reichten sie beim Gerichtspräsidium Lenzburg ein
gemeinsames Scheidungsbegehren ein. Die Nebenfolgen der Scheidung blieben
strittig. Am 25. Januar 2012 fällte das Gerichtspräsidium Lenzburg das
Scheidungsurteil. Hinsichtlich der güterrechtlichen Auseinandersetzung, die
vorliegend einzig noch von Interesse ist, verpflichtete das Gerichtspräsidium
A.________ zur Bezahlung eines Betrags von Fr. 177'686.-- an B.________.

B. 
Mit Berufung vom 3. September 2012 an das Obergericht des Kantons Aargau focht
B.________ das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des Kindes- und
nachehelichen Unterhalts sowie der güterrechtlichen Auseinandersetzung an. Aus
Güterrecht verlangte sie die Bezahlung von Fr. 259'653.73.
A.________ erhob am 4. September 2012 Berufung, und zwar ebenfalls im Hinblick
auf die genannten Punkte. Er verlangte die Reduktion der ihm auferlegten
Zahlung aus Güterrecht auf Fr. 130'000.--.
Mit Urteil vom 28. März 2014 hiess das Obergericht die Berufung von B.________
teilweise gut und verpflichtete - soweit vorliegend von Interesse - A.________
zu einer Zahlung aus Güterrecht im Betrag von Fr. 242'177.15. Die Berufung von
A.________ wies es vollumfänglich ab.

C. 
Am 26. Mai 2014 hat A.________ (Beschwerdeführer) Beschwerde in Zivilsachen an
das Bundesgericht erhoben. Er verlangt, die von ihm an B.________
(Beschwerdegegnerin) aus Güterrecht zu bezahlende Summe auf Fr. 142'177.15 zu
reduzieren. Eventualiter sei kassatorisch zu entscheiden. Die Gerichtskosten
des bezirks- und des obergerichtlichen Verfahrens seien von den Parteien je
hälftig zu tragen und die bisherigen Parteikosten wettzuschlagen.
Am 27. Mai 2014 hat der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung ersucht. Das
Obergericht hat auf Stellungnahme zu diesem Gesuch verzichtet. Die
Beschwerdegegnerin hat sich am 10. Juni 2014 dem Gesuch widersetzt und
eventualiter darum ersucht, den Beschwerdeführer zur Sicherstellung von Fr.
252'057.15 (Summe der vom Beschwerdeführer gemäss obergerichtlichem Urteil an
die Beschwerdegegnerin unter dem Titel Güterrecht, Gerichts- und
Parteikostenersatz zu bezahlenden Beträge) zu verpflichten. Mit
Präsidialverfügung vom 12. Juni 2014 hat das Bundesgericht der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuerkannt und ist auf das Sicherstellungsgesuch nicht
eingetreten.
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, in der Sache aber keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig, soweit sie sich gegen
das Urteil des Obergerichts richtet (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b,
Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG).
Der Beschwerdeführer wendet sich jedoch nicht nur gegen das obergerichtliche
Urteil, sondern greift auch dasjenige des Gerichtspräsidiums an. Darauf ist
nicht einzutreten (Art. 75 BGG).
Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG
geltend gemacht werden. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich
von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. für Ausnahmen Abs. 2 dieser Norm)
und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt.
Es befasst sich aber nur mit formell ausreichend begründeten Rügen (Art. 42
Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104 f.). In der Begründung ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt.
Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren
Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen
nicht (BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584 mit Hinweisen).
Der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn die Feststellung offensichtlich
unrichtig - d.h. willkürlich (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die
Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97
Abs. 1 BGG). Will der Beschwerdeführer die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten, muss er darlegen, inwiefern die genannten Voraussetzungen
erfüllt sein sollen (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234; 137 II 353 E. 5.1 S. 356).
Bei der Rüge der offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das
strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244E. 2.2 S. 246; 137 II
353 E. 5.1 S. 356).

2. 
Umstritten sind die Höhe der Hypothekarschuld auf der Liegenschaft in
U.________, die dem Beschwerdeführer gehört und in seine Errungenschaft fällt
(unten E. 2.1), sowie die Auslegung der güterrechtlichen Anträge der
Beschwerdegegnerin an der Hauptverhandlung (unten E. 2.2).

2.1.

2.1.1. Zunächst macht der Beschwerdeführer geltend, das Obergericht sei - wie
bereits das Gerichtspräsidium - fälschlicherweise davon ausgegangen, er habe
mit Eingabe vom 13. September 2010 behauptet, die Hypothek auf der Liegenschaft
in U.________ betrage ca. Fr. 420'000.-- bis Fr. 450'000.--. Diese Bezifferung
habe sich vielmehr auf die Liegenschaft in V.________ bezogen und die
Vorinstanzen hätten in der Folge diese Liegenschaften fortdauernd verwechselt.
Die Hypothek auf der Liegenschaft in U.________ betrage Fr. 650'000.--. Darüber
seien sich die Parteien bis zur Hauptverhandlung einig gewesen und ihn habe
diesbezüglich deshalb auch keine Beweispflicht getroffen. Entsprechende
Einwände habe er bereits vor Obergericht erhoben, doch habe es diese nicht
überprüft.

2.1.2. Soweit der Beschwerdeführer auf seine Eingabe vom 13. September 2010 (S.
7 und 8) verweist, kann von einem offensichtlichen Versehen bzw. einer
fortdauernden Verwechslung nicht die Rede sein. Er spricht dort über den Kaufs-
und Verkaufspreis seiner vorehelichen Liegenschaft in V.________ (jeweils Fr.
620'000.--), die 2004 verkauft worden sein soll, und den Kauf eines
Ersatzhauses (offenbar dasjenige in U.________), wobei "nach Abzug der
hypothekarischen Belastung von Fr. 420'000.--" in seinem Eigengut ein Betrag
von Fr. 200'000.-- verbleibe. Inwiefern sich diese Äusserung nicht auf die
Liegenschaft in U.________ beziehen soll oder inwiefern die hypothekarische
Belastung dieser Liegenschaft höher sein soll als dort angegeben, lässt sich
dieser Textstelle nicht entnehmen.
Im Übrigen setzt sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht
genügend mit den Erwägungen des Obergerichts auseinander. Dieses hat
festgehalten, der Beschwerdeführer habe einzig eine Hypothekarbelastung in der
Höhe von Fr. 450'000.-- belegt. Belege über eine höhere Belastung von insgesamt
Fr. 650'000.-- habe er prozessual verspätet eingereicht. Was die angebliche
Anerkennung einer Belastung von Fr. 650'000.-- durch die Beschwerdegegnerin
betrifft, so habe sie zwar ihre Ausgleichsforderung ursprünglich anhand dieser
Zahl beziffert, doch habe sie sich gleichzeitig vorbehalten, wegen der bisher
vom Beschwerdeführer nicht eingereichten Belege zur Höhe seines Vermögens die
Ausgleichsforderung nach Abschluss des Beweisverfahrens neu zu berechnen. Auf
diesen Umstand geht der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht ein. Er wirft
der Beschwerdegegnerin zwar generell treuwidriges Verhalten vor, weil sie
Tatsachen anerkannt habe und dies so spät zurückgenommen habe, dass er keinen
Beweis mehr habe führen können. Inwieweit er jedoch angesichts der vom
Obergericht festgestellten, von vornherein bestehenden Vorbehalte der
Beschwerdegegnerin eine Anerkennung annehmen durfte, legt der Beschwerdeführer
nicht nachvollziehbar dar. Soweit er geltend macht, die höhere Belastung ergebe
sich aus den von der Beschwerdegegnerin eingereichten Akten, so erläutert der
Beschwerdeführer weder, um welche Akten es sich dabei handeln soll, noch,
inwieweit es Aufgabe des Gerichts gewesen wäre, die Akten auf gar nicht
behauptete Tatsachen (vgl. auch vorangehenden Absatz) zu durchsuchen. Selbst
wenn die Tatsache vom Beschwerdeführer behauptet worden wäre, so fehlt jegliche
Auseinandersetzung mit der vorinstanzlichen Erwägung, dass es im Rahmen der
Verhandlungsmaxime nicht Aufgabe des Gerichts sei, aus einer Vielzahl von
Beilagen jene herauszusuchen, die gewisse Tatsachenbehauptungen stützen
könnten. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe entsprechende
Belege nach der Hauptverhandlung nachgereicht, setzt er sich nicht mit den
obergerichtlichen Erwägungen auseinander, wonach dies zu spät erfolgt sei und
die Noven unzulässig seien. Nicht nachvollziehbar ist ausserdem, inwiefern eine
angebliche Behauptung der Beschwerdegegnerin an der Verhandlung, sie vermute,
dass eine Hypothek ausgelaufen sein könnte, in diesem Zusammenhang
Rechtsmissbrauch auf ihrer Seite begründen könnte. Nach dem Gesagten ist
schliesslich nicht ersichtlich und wird auch nicht genügend dargelegt,
inwiefern das Obergericht auf die Einwände des Beschwerdeführers in seiner
Berufung nicht ausreichend eingegangen sein sollte.
Die Rügen des Beschwerdeführers sind folglich unbegründet, soweit auf sie
überhaupt eingetreten werden kann.

2.2. Sodann wendet sich der Beschwerdeführer gegen die obergerichtliche
Auslegung der güterrechtlichen Anträge des Vertreters der Beschwerdegegnerin,
die dieser an der Hauptverhandlung gestellt hatte.

2.2.1. Hintergrund der Rüge ist folgende Passage, die der Vertreter der
Beschwerdegegnerin in seinem mündlichen Schlussvortrag an der Hauptverhandlung
vom 6. September 2011 zu Protokoll gegeben hatte:

"Also Ausgleichsanspruch von mind. CHF 274'715.48. Nach Aufrechnung der
Rechnungsbeträge von CHF 1'962.29 und CHF 1'008.30 [...] ist der GS
[Gesuchsteller, d.h. vorliegend der Beschwerdeführer] zu verpflichten, aus
Güterrecht mind. Fr. 177'686.00 zu bezahlen."
Die Beschwerdegegnerin hatte diesbezüglich vor dem Gerichtspräsidium ein
Protokollberichtigungsbegehren gestellt, wonach ihr Vertreter Fr. 277'686.--
gefordert habe, doch war sie damit gescheitert. Da dieser Punkt vor Obergericht
nicht mehr umstritten war, ist das Obergericht davon ausgegangen, der Vertreter
der Beschwerdegegnerin habe tatsächlich eine güterrechtliche Ausgleichszahlung
von Fr. 177'686.-- gefordert. Bereits das Gerichtspräsidium hat diesen Antrag
in der schriftlichen Begründung seines Urteils jedoch als offensichtlichen
Versprecher bezeichnet. Es hat der Beschwerdegegnerin dennoch nur diese Summe
zugesprochen, da sein Entscheid im Dispositiv schon eröffnet war. Auch das
Obergericht ist nach Auslegung des Rechtsbegehrens nach Treu und Glauben zum
Schluss gekommen, es habe sich um einen Versprecher gehandelt. Es sei
offensichtlich, dass der Vertreter der Beschwerdegegnerin sich im mündlichen
Vortrag beim Zusammenzug der einzelnen Beträge verrechnet habe. Der erhobene
Ausgleichsanspruch von Fr. 274'715.48 beruhe auf seiner, im Protokoll
festgehaltenen Berechnung der Vorschläge der Parteien und die beiden
Rechnungsbeträge von Fr. 1'962.29 und Fr. 1'008.30 stammten von
Reparaturarbeiten an der Liegenschaft, die der Beschwerdeführer als deren
Eigentümer zu bezahlen habe. Nach dem Vertrauensprinzip habe die
Beschwerdegegnerin demnach eine güterrechtliche Ausgleichszahlung von Fr.
277'686.-- verlangt.

2.2.2. Der Beschwerdeführer scheint zunächst davon auszugehen, mit der
Ablehnung des Protokollberichtigungsbegehrens sei der Inhalt des Antrags
rechtskräftig festgestellt worden, so dass das Obergericht nicht darauf hätte
zurückkommen dürfen. Er verwechselt damit jedoch die Frage, was an der
Verhandlung tatsächlich gesagt wurde, mit derjenigen, wie das Gesagte
auszulegen ist.
Er kritisiert sodann, dass das Obergericht nicht darauf eingegangen sei, wie
der Beschwerdeführer den Antrag habe verstehen dürfen und müssen, sondern
einzig, wie das Gericht diesen nach dem Vertrauensprinzip habe auffassen dürfen
und müssen. Dabei legt er jedoch nicht nachvollziehbar dar, weshalb er bzw.
sein Rechtsvertreter den Antrag nicht ebenso hätte verstehen dürfen und müssen
wie die Gerichte.
Auch insoweit sind seine Rügen deshalb unbegründet, soweit auf sie eingetreten
werden kann.

2.3. Die Gerichts- und Parteikostenverlegung des kantonalen Verfahrens ficht
der Beschwerdeführer nicht selbständig an, sondern bloss in Abhängigkeit vom
Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache. Es erübrigt sich demnach, auf seine
entsprechenden Anträge einzugehen.

2.4. Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden
kann.

3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Dezember 2014
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zingg

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