Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.411/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_411/2014

Urteil vom 3. Februar 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Fürsprecherin Anna Hofer,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde U.________,

B.A.________.

Gegenstand
persönlicher Verkehr (Besuchsrecht),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, vom 24.
März 2014.

Sachverhalt:

A. 
B.A.________ und A.A.________ sind die Eltern der Kinder C.A.________ (geb.
1995), D.A.________ (geb. 1998), E.A.________ (geb. 2001) und F.A.________
(geb. 2005).

B.

B.a. Gemäss Trennungsvereinbarung der Parteien vom 19. August 2009 wurden die
Kinder unter die Obhut der Mutter gestellt. Mit Entscheid vom 24. Januar 2011
beauftragte das Regionalgericht Berner Jura-Seeland die Vormundschaftsbehörde
U.________, für die Kinder eine Erziehungsbeistandschaft gemäss Art. 308 Abs. 1
und 2 ZGB zu errichten. Es wurde die Möglichkeit vorgesehen, das bisher
begleitete Besuchsrecht des Vaters nach Anhörung der Kinder auszudehnen. In der
Folge wurde ein Gutachten bei der Poliklinik der Kinder- und
Jugendpsychiatrischen Dienste (UPD) V.________ in Auftrag gegeben, welches am
13. Juli 2011 erstattet wurde.

B.b. Am 19. September 2011 schlossen die Kindseltern beim Regionalgericht
Berner Jura-Seeland eine Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung. Sie
beantragten, die Kinder unter die elterliche Sorge der Mutter zu stellen, und
verpflichteten sich, dass therapeutische Gespräche zwischen dem Kindsvater und
den drei grösseren Kindern über einen Zeitraum eines halben Jahres ab Januar
2012 aufzunehmen seien. Gleichzeitig verzichtete der Vater betreffend diese bis
auf Weiteres auf die Ausübung eines minimalen Besuchs- und Ferienrechts.
Betreffend das jüngste Kind (F.A.________) wurde vereinbart, dass monatliche
Besuche à drei Stunden im Besuchstreff W.________ stattzufinden hätten.

B.c. Im Scheidungsurteil des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland vom 21.
Oktober 2011 (mit der Vereinbarung vom 19. September 2011 als integrierendem
Bestandteil) wurden die Kinder unter die elterliche Sorge der Mutter gestellt
und die Beistandschaft gemäss Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB beibehalten.

B.d. Am 27. Juni 2013 reichte die Beiständin ihren Rechenschafts- bzw.
Schlussbericht ein. Darin berichtete sie unter anderem, dass die
Entwicklungsverläufe der vier Kinder grundsätzlich positiv seien. Die beiden
ältesten Kinder hätten eine Ausbildung begonnen bzw. würden diese im August
2013 beginnen. Die drei Mädchen hätten zwar die Therapiegespräche wie
vereinbart absolviert. Sie würden sich jedoch konsequent einem gemeinsamen
Gespräch mit dem Vater verweigern und hätten das Besuchsrecht bei diesem nicht
wieder aufgenommen. Die Beiständin beantragte, die Massnahme gegenüber
C.A.________ aufzuheben, da diese mittlerweile volljährig geworden sei.
Demgegenüber sei die Massnahme gemäss Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB für die übrigen
Kinder weiterzuführen. Der Kindsmutter sei zudem die Weisung zu erteilen, diese
bei G.________, Psychologin lic. phil. und Psychotherapeutin FSP für Kinder,
Jugendliche und Erwachsene, für eine psychologische Unterstützung betreffend
den Kontakt zum Kindsvater anzumelden.

B.e. Am 30. September 2013 traf die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
U.________ (im Folgenden: KESB U.________) den folgenden Entscheid:

"1. Der Antrag von Frau A.A.________ vom 26. August 2013 auf eine
Weisungserteilung für die psychologische Begleitung von Herrn B.A.________ wird
abgewiesen.
2. Frau A.A.________ wird gemäss Art. 273 Abs. 2 ZGB die Weisung erteilt, ihre
Kinder E.A.________, geb. 2011 [recte: 2001] und F.A.________, geb. 2005, für
eine psychologische Begleitung bei Frau G.________, im Zusammenhang mit der
Beziehung zum Vater bzw. der Ausübung des Besuchsrechts anzumelden und darauf
zu achten, dass diese Termine während eines Zeitraums von mindestens sechs
Monaten eingehalten werden.
3. Frau A.A.________ wird gemäss Art. 273 Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 274 Abs. 1 ZGB
angewiesen, bei ihren Kindern auf eine positive Einstellung gegenüber deren
Vater hinzuwirken.
4. Das Besuchsrecht für F.A.________ wird auf ein Wochenende pro Monat
erweitert; die Termine finden zeitgleich wie der Begleitete Besuchstreff
(W.________) statt. Der Vater holt F.A.________ jeweils am Freitagmittag, um
11.40 Uhr in der Schule X.________, ab und bringt ihn am Sonntag, um 16.30 Uhr,
in den W.________ zurück."

C. 
A.A.________ focht den Entscheid der KESB U.________ beim Obergericht des
Kantons Bern an. Sie verlangte die Aufhebung der Ziff. 1-3 des Entscheids der
KESB U.________. Bezüglich Ziff. 4 sei anzuordnen, dass der Vater den Sohn
F.A.________ jeweils am Freitagmittag um 12.00 Uhr an ihrem Domizil abhole.

D. 
Am 24. März 2014 entschied das Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung,
Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, auf die Beschwerde nicht einzutreten,
soweit sie auf die Weisung an den Vater zielte, sich psychologisch begleiten zu
lassen. Einen Nichteintretensentscheid fällte das Obergericht auch hinsichtlich
der angeordneten psychologischen Begleitung von F.A.________ (Ziff. 1). Soweit
die Beschwerde die angeordnete psychologische Begleitung von E.A.________ und
die Anweisung an die Mutter betreffend Förderung einer positiven Einstellung
gegenüber dem Vater zum Gegenstand hatte, wies das Obergericht die Beschwerde
ab (Ziff. 2). Der Übergabeort für F.A.________ wurde bestätigt und die
Beiständin wurde mit der Überwachung und allfälliger Modifizierung der
Übergabemodalitäten beauftragt (Ziff. 3).

E. 
Mit Beschwerde vom 15. Mai 2014 wendet sich A.A.________ (Beschwerdeführerin)
an das Bundesgericht. Sie beantragt, Ziff. 2 des Entscheids des Obergerichts
des Kantons Bern aufzuheben. Auf die Erteilung der Weisung an die
Beschwerdeführerin, die Tochter E.A.________ für eine psychologische Begleitung
anzumelden, sei zu verzichten. Eventuell sei Ziff. 2 des Entscheids des
Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses
zurückzuweisen.

 Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten beigezogen, auf die Einholung
von Vernehmlassungen aber verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen den Endentscheid eines oberen
Gerichts, das als letzte kantonale Instanz die Weisung der KESB U.________
bestätigt hat, ihre Tochter E.A.________ für eine psychologische Begleitung im
Zusammenhang mit dem Kontakt zum Vater anzumelden (Art. 72 Abs. 2 Bst. b Ziff.
6, Art. 75 und 90 BGG). Als sorgerechtsberechtigte Mutter ist die
Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und
verfügt sie über ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung
(Art. 76 Abs. 1 Bst. b BGG). Die Angelegenheit ist nicht vermögensrechtlicher
Natur. Auf die rechtzeitig (Art. 100 BGG) eingereichte Beschwerde in
Zivilsachen ist einzutreten.

1.2. Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind vor Bundesgericht in rechtlicher
Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Unter Vorbehalt der
Verletzung verfassungsmässiger Rechte wendet das Bundesgericht das Recht in
diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft frei, ob der
angefochtene Entscheid Recht verletzt. Was die Tatsachen angeht, die dem
angefochtenen Entscheid zugrunde liegen, ist das Bundesgericht an die
vorinstanzlichen Feststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich
kann einzig vorgebracht werden, die vorinstanzliche Feststellung des
Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 BGG). Hierfür gilt
das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.2 S.
246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin kritisiert, dass E.A.________ nicht zur Anordnung
der psychologischen Begleitung angehört worden sei. Damit sei der
rechtserhebliche Sachverhalt lückenhaft festgestellt worden.

 Die Beschwerdeführerin erhebt mithin eine Sachverhaltsrüge, wofür das
Rügeprinzip gilt (vorstehend E. 1.2). Sie führt indes nicht in
rechtsgenüglicher Weise aus, welche Punkte von der Vorinstanz qualifiziert
falsch festgestellt worden seien resp. was eine erneute Anhörung der Tochter
konkret hätte ergeben sollen. Damit ist keine Willkür darzutun. Überdies übte
die Beschwerdeführerin zwar bereits in ihrer Beschwerde an die Vorinstanz vom
30. Oktober 2013 Kritik an der Art und Weise, wie die KESB U.________ den
Sachverhalt ermittelt hatte; die unterlassene Kindesanhörung war dabei aber
kein Thema. Die Beschwerdeführerin bringt auch nicht vor, dass die Vorinstanz
entsprechende Ausführungen oder gar einen Antrag auf Kindesanhörung im
Berufungsverfahren ignoriert hätte. Damit hat sie den Instanzenzug nicht
ausgeschöpft (Art. 75 BGG) und sie legt auch nicht dar, dass die
Voraussetzungen von Art. 99 Abs. 1 BGG erfüllt wären.

2.2. Soweit der Vorwurf der fehlenden Anhörung sinngemäss darauf zielt, der
Vorinstanz vorzuwerfen, die fehlende Kindesanhörung nicht von Amtes wegen
festgestellt zu haben, um anschliessend die persönliche Anhörung entweder
nachzuholen oder die Sache zur weiteren Instruktion an die KESB U.________
zurückzuweisen, übersieht die Beschwerdeführerin, dass sich Art. 314a ZGB, der
die Anhörung des Kindes regelt, an die Kindesschutzbehörde richtet und damit im
Grunde genommen nur für die erste Instanz gilt. Die betroffene Tochter wurde,
wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, im Rahmen des Eheschutz- und
Scheidungsverfahrens einmal von der Kinderschutzgruppe des Spitals H.________
angehört, als sie achteinhalb Jahre alt gewesen sei, und einmal von den UPD
V.________ (vgl. auch Bst. B.a), als sie zehneinhalb gewesen sei.

 Eine Befragung im Rahmen einer Begutachtung - wie vorliegend geschehen - ist
zulässig, stehen gemäss Rechtsprechung doch die Anhörung des Kindes durch den
Richter selbst und jene durch eine beauftragte Drittperson auf gleicher Stufe.
Von wiederholten Anhörungen ist abzusehen, wo dies für das Kind eine
unzumutbare Belastung bedeuten würde, was namentlich bei akuten
Loyalitätskonflikten der Fall sein kann, und überdies keine neuen Erkenntnisse
zu erwarten wären oder der erhoffte Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis zu
der durch die erneute Befragung verursachten Belastung stünde (zu den
Voraussetzungen ausführlich BGE 133 III 553 E. 4 S. 554 f. mit weiteren
Hinweisen). Nach den erwähnten Anhörungen durch Fachpersonen fanden die
Standpunkte der Tochter weiterhin Eingang in das Verfahren durch die Eingaben
und Berichte ihrer Mutter, der Psychologin und der Beiständin. Es kann nicht
erwartet werden, dass eine weitere Anhörung des Mädchens gänzlich neue Aspekte
hervorgebracht hätte. Vielmehr hätte die Gefahr bestanden, dieses unnötig
zusätzlich zu belasten. Vor diesem Hintergrund durfte die Vorinstanz von einer
persönlichen Anhörung absehen.

3.

3.1. In der Sache hat sich die Vorinstanz die Auffassung der KESB U.________ zu
eigen gemacht, wonach die Anordnung einer psychologischen Begleitung von
E.A.________ nicht nur sinnvoll, sondern auch erforderlich und zumutbar sei.
Die Trennungsgeschichte der Kindseltern sei weiterhin als intransparent zu
bezeichnen und der von E.A.________ gewünschte Kontaktabbruch mit dem Vater sei
jedenfalls nicht ohne Weiteres mit den aktenkundigen Vorfällen erklärbar.
Insbesondere falle auf, dass das negativ besetzte Bild, welches E.A.________
von ihrem Vater habe, geradezu versteinert sei. Die psychologische Begleitung
solle ihr die Chance geben, dass der Vater trotz des bestehenden
Kontaktunterbruchs präsent bleibe und nicht je länger je mehr zu einem
Konstrukt werde. Die Aufrechterhaltung einer minimalen Beziehung zum Vater
dürfte trotz der gegenwärtigen Haltung des 12-jährigen Kindes nicht nur im
Interesse des Vaters, sondern längerfristig auch in demjenigen des Kindes sein.
Dafür sprächen auch die Feststellungen im Kinderzuteilungsgutachten der UPD
V.________ vom 13. Juli 2011, wonach der Kontakt zum Kindsvater als sehr
unterstützenswert angesehen und bei E.A.________ bei fehlender Förderung der
sich entwickelnden eigenen Sicht für einen Vater von einer
Entwicklungsgefährdung ausgegangen werde.

 Soweit die Beschwerdeführerin vorbringe, der fehlende Kontakt habe sich nicht
negativ auf die Entwicklung der Mädchen ausgewirkt, sei darauf hinzuweisen,
dass ein Kontaktabbruch eine Verletzung des Rechts des Vaters auf persönlichen
Verkehr darstelle, was nicht im Belieben der Kinder stehe, sondern wichtige
Gründe erfordere. Da bei vorliegender Konstellation nicht ausgeschlossen werden
könne, dass das negative Vaterbild von E.A.________ stark von demjenigen der
Mutter und der beiden älteren Schwestern geprägt werde, scheine die Anordnung
einer psychologischen Begleitung, welche durch eine neutrale erwachsene Person
ins Spiel gebracht werde und in deren Rahmen eine Aufarbeitung vergangener
Vorfälle stattfinden könne, äusserst sinnvoll und, um einer
Entwicklungsgefährdung zu begegnen, auch erforderlich. In Anbetracht, dass
lediglich eine psychologische Begleitung und kein direkter Kontakt mit dem
Kindsvater angeordnet werde, sei es E.A.________ ausserdem zumutbar, dieser
Anordnung auch gegen ihren gegenwärtigen Willen zu folgen.

3.2. Die Beschwerdeführerin vertritt die Meinung, dass es erschreckend sei,
feststellen zu müssen, in welch geringem Masse im Rahmen aller in dieser Sache
bisher geführten Verfahren den Aussagen insbesondere der beiden älteren Töchter
der Beschwerdeführerin Rechnung getragen worden sei. Dies obwohl es
offensichtlich sei, dass diese beiden Mädchen über einen längeren Zeitraum
während des Zusammenlebens der Eltern und nach der Trennung jener im Rahmen der
Ausübung des Besuchsrechts des Vaters von diesem in nicht mehr als harmlos zu
bezeichnender Weise körperlich und sexuell missbraucht worden seien. Es scheine
bis heute von den Behörden - und hierbei besonders stossend auch nicht von den
Kindesschutzbehörden - als entwicklungsschädigend erachtet zu werden, wenn
Mädchen von einem Vater in dieser inadäquaten Art und Weise behandelt würden,
solange nicht ein manifester körperlicher Übergriff einer gewissen Intensität
nachgewiesen sei.

 Dass ein solches Verhalten eines Vaters, wie es der Kindsvater dieser Mädchen
an den Tag gelegt habe, aber für die Entwicklung eines Mädchens, insbesondere
in Bezug auf seine späteren Beziehungen zu Männern, fatal sei, dürfte
einleuchten. Weshalb hier der Vater Schutz erhalten soll, um erneut Gelegenheit
zu erlangen, sich in dieser Weise seinen Töchtern gegenüber zu verhalten, wovon
auszugehen sei, solange Solches keine Sanktion erfahre, sei nicht einsehbar und
geradezu erschütternd. Dass durch behördlich sanktionierte Banalisierung eines
solchen väterlichen Verhaltens bei den betroffenen Töchtern noch grösserer
Schaden angerichtet werde, scheine überhaupt nicht zu interessieren.

3.3.

3.3.1. Gemäss Art. 273 Abs. 1 ZGB haben Eltern, denen die elterliche Sorge oder
Obhut nicht zusteht, und das unmündige Kind gegenseitig Anspruch auf
angemessenen persönlichen Verkehr. Dabei handelt es sich um ein gegenseitiges
Pflichtrecht, wobei es in erster Linie dem Interesse des Kindes dient und
oberste Richtschnur für seine Ausgestaltung das Kindeswohl ist, welches anhand
der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen ist (BGE 122 III 229 E.
3a/bb S. 232 f.; 122 III 404 E. 3b S. 406 f.; 131 III 209 E. 5 S. 212). Der aus
Art. 273 Abs. 1 ZGB fliessende Anspruch kann gestützt auf Art. 274 Abs. 2 ZGB
verweigert oder entzogen werden, wenn das Wohl des Kindes durch den
persönlichen Verkehr gefährdet wird, wenn ihn der betreffende Elternteil
pflichtwidrig ausgeübt hat, wenn sich dieser nicht ernsthaft um das Kind
gekümmert hat oder wenn andere wichtige Gründe vorliegen. Eine Gefährdung des
Wohls des Kindes im genannten Sinn liegt dann vor, wenn dessen ungestörte
körperliche, seelische oder sittliche Entfaltung durch ein auch nur begrenztes
Zusammensein mit dem nicht obhutsberechtigten Elternteil bedroht ist (BGE 122
III 404 E. 3b S. 407; Urteile 5C.293/2005 vom 6. April 2006 E. 3; 5A_505/2013
vom 20. August 2013 E. 2.3).

3.3.2. Die Kindesschutzbehörde kann Eltern, Pflegeeltern oder das Kind ermahnen
und ihnen Weisungen erteilen, wenn sich die Ausübung oder Nichtausübung des
persönlichen Verkehrs für das Kind nachteilig auswirkt oder wenn eine Ermahnung
oder eine Weisung aus anderen Gründen geboten ist (Art. 273 Abs. 2 ZGB). Die
Kindesschutzbehörde ist befugt, unter anderem auch eine Weisung zur
Durchführung einer Therapie zu erlassen; die Kann-Vorschrift räumt dabei dem
Richter und der Behörde einen grossen Ermessensspielraum ein (Urteil 5A_457/
2009 vom 9. Dezember 2009 in: FamPra 2010, S. 474 mit Hinweisen). Das
Bundesgericht überprüft die Ausübung richterlichen Ermessens durch die letzte
kantonale Instanz mit Zurückhaltung; es schreitet nur dann ein, wenn grundlos
von den in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abgegangen wird,
wenn Tatsachen berücksichtigt werden, die keine Rolle hätten spielen dürfen,
oder wenn umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben sind, die zwingend
hätten beachtet werden müssen (BGE 132 III 97 E. 1 S. 99; 132 III 49 E. 2.1 S.
50 f.; 126 III 223 E. 4a S. 227 f.).

3.3.3. Vorliegend hat die KESB U.________ im Entscheid vom 30. September 2013
eine Weisung gemäss Art. 273 Abs. 2 ZGB erlassen, welche vom Obergericht im
angefochtenen Entscheid geschützt wurde. So hat die Vorinstanz bloss über eine
psychologische Begleitung von E.A.________ entschieden, jedoch zum vorneherein
nicht über ein Besuchsrecht.

 Damit gehen die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente an der
Sache vorbei, richten sich diese doch grundsätzlich nicht gegen eine
psychologische Betreuung der Tochter. Die Beschwerdeführerin begründet
vielmehr, weshalb aus ihrer Sicht eine Wiederaufnahme des Kontakts zwischen der
betroffenen Tochter und dem Vater nicht ins Auge gefasst werden dürfte. Eine
Wiederaufnahme des Kontakts war, wie ausgeführt, indes nicht Gegenstand des
angefochtenen Entscheids. Die psychologische Begleitung legt bestenfalls die
Grundlage dafür, dass es später wieder einmal zu einem Vater-Tochter-Kontakt
kommen könnte. Sich gegen die angeordnete Massnahme auszusprechen, käme nur
dann in Frage, wenn eine solche spätere Kontaktaufnahme zum vorneherein als
unmöglich oder unzumutbar erscheinen würde. Davon kann aufgrund des willkürfrei
festgestellten Sachverhalts (vgl. E. 2) im vorliegenden Fall aber keine Rede
sein. Den Kontaktabbruch mit Übergriffen des Vaters auf die beiden älteren
Schwestern zu rechtfertigen, reicht als Begründung nicht aus. Mit einer
Banalisierung dieser Übergriffe, die im Übrigen nicht Gegenstand dieses
Verfahrens sind, durch die Vorinstanz oder durch eine andere Behörde hat dies
nichts zu tun.

4. 
Aufgrund des Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Die Beschwerdeführerin wird damit grundsätzlich kostenpflichtig. Wegen der
besonderen Umstände des Falls verzichtet das Bundesgericht darauf,
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der KESB U.________ kommt als
verfügende Behörde im Verfahren vor Bundesgericht keine Parteistellung zu; ihr
ist auch keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). Nachdem auf
das Einholen von Vernehmlassungen verzichtet worden ist (s. Sachverhalt Bst.
E), ist auch B.A.________ keine Parteientschädigung geschuldet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, B.A.________, dem Obergericht des
Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, und der
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde U.________ schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Februar 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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