Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.399/2014
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2014
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2014


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_399/2014

Urteil vom 17. Dezember 2014

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Herrmann,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Werner Michel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Eheschutz,

Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil
des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 23. April 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (deutscher Staatsangehöriger) und B.________ (ukrainische
Staatsangehörige) heirateten am 17. Dezember 2010. Sie sind Eltern der am
xx.xx.2011 geborenen Tochter C.________.

 Am 6. September 2012 stellte B.________ beim Bezirksgericht Bülach ein
Eheschutzgesuch. Am 20. Mai 2013 meldete sie sich zusammen mit C.________ nach
Polen ab. Das Bezirksgericht fällte sein Urteil am 3. Dezember 2013. Unter
anderem stellte es C.________ unter die Obhut von B.________, räumte A.________
ein Ferienrecht ein, hob die Besuchsbeistandschaft gemäss aArt. 308 Abs. 2 ZGB
auf, verpflichtete A.________ zu Unterhaltszahlungen an B.________ und an seine
Tochter (vom 1. September 2012 bis 30. November 2012 monatlich Fr. 3'553.--
[Fr. 2'353.-- für die Ehefrau und Fr. 1'200.-- für das Kind], vom 1. April 2013
bis 31. Mai 2013 monatlich Fr. 3'508.-- [Fr. 2'308.-- für die Ehefrau und Fr.
1'200.-- für das Kind] und ab 1. Juni 2013 monatlich Fr. 2'557.-- (Fr. 1'657.--
für die Ehefrau und Fr. 900.-- für das Kind) und wies sein Begehren um
Herausgabe verschiedener Gegenstände ab.

B. 
Vertreten durch seinen Anwalt erhob A.________ am 12. Dezember 2013 Berufung an
das Obergericht des Kantons Zürich. Er verlangte, B.________ die Obhut über
C.________ zu entziehen, seine Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen aufzuheben
und B.________ zur Herausgabe verschiedener Gegenstände zu verurteilen.
B.________ widersetzte sich der Berufung.

 Am 22. Februar 2014 reichte A.________ dem Obergericht persönlich eine Eingabe
ein, worin er die Aufhebung seiner Unterhaltsverpflichtung sowie
Auskunftserteilung über die Lebenssituation von C.________ durch B.________
beantragte.

 Mit Beschluss und Urteil vom 23. April 2014 trat das Obergericht auf den
Antrag um Auskunftserteilung über die Lebenssituation von C.________ nicht ein.
Die Dispositiv-Ziffern des bezirksgerichtlichen Urteils über die
Obhutszuteilung und das Besuchsrecht hob es auf und trat auf die entsprechenden
Begehren der Parteien nicht ein. An der Aufhebung der Besuchsbeistandschaft
hielt es fest. Das Obergericht verpflichtete A.________ sodann zu folgenden
Unterhaltszahlungen: Für die Zeit vom 1. September 2012 bis 30. November 2012
monatlich Fr. 3'553.-- (Fr. 2'353.-- für die Ehefrau und Fr. 1'200.-- für das
Kind), vom 1. April 2013 bis 20. Mai 2013 monatlich Fr. 3'508.-- (Fr. 2'308.--
für die Ehefrau und Fr. 1'200.-- für das Kind) und ab 21. Mai 2013 monatlich
Fr. 2'147.-- (Fr. 1'347.-- für die Ehefrau und Fr. 800.-- für das Kind). Das
Begehren um Herausgabe verschiedener Gegenstände wies es ab. Das Obergericht
verpflichtete A.________ sodann für das zweitinstanzliche Verfahren zur
Bezahlung einer reduzierten Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- an B.________.

C. 
Am 12. Mai 2014 hat A.________, nunmehr ohne anwaltliche Vertretung, Beschwerde
an das Bundesgericht erhoben. Sinngemäss verlangt er, ihm darüber Auskunft zu
erteilen, in welchen Lebensumständen seine Tochter aufwachse. B.________
(Beschwerdegegnerin) sei die Obhut über C.________ zu entziehen. Eventualiter
sei ihm ein ordentliches Besuchsrecht zuzusprechen. Er sei zu keinen
Unterhaltsleistungen zu verpflichten und auch nicht zu einer
Parteientschädigung für das obergerichtliche Verfahren. Eventuell sei die Sache
an das Obergericht zurückzuweisen. Des Weiteren ersucht er um aufschiebende
Wirkung und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für sich und die
Beschwerdegegnerin.

 Das Obergericht hat auf Vernehmlassung zum Gesuch um aufschiebende Wirkung
verzichtet. Die Beschwerdegegnerin hat sich dem Gesuch widersetzt. Mit
Präsidialverfügung vom 2. Juni 2014 hat das Bundesgericht das Gesuch
abgewiesen.

 Der Beschwerdeführer hat am 11. und 21. Juni 2014 dem Bundesgericht weitere
Eingaben eingereicht. Am 17. September 2014 hat er mitgeteilt, dass er nicht
mehr in der Schweiz lebe, und eine Korrespondenzadresse in Deutschland
angegeben.

 Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, in der Sache aber keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Die fristgerecht eingereichte Beschwerde richtet sich gegen einen kantonal
letztinstanzlichen, auf Rechtsmittel hin ergangenen Endentscheid in einer
Eheschutz- und damit in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1, Art. 75, Art. 90,
Art. 100 Abs. 1 BGG). Umstritten sind die Obhut über das Kind C.________ und
der Unterhalt, so dass die Angelegenheit insgesamt als nicht
vermögensrechtliche zu behandeln ist.

 Eheschutzentscheide unterstehen Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5 S. 396 f.).
Daher kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (s. dazu
BGE 133 III 585 E. 4.1 S. 588). Für die Geltendmachung der Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gilt das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133
II 249 E. 1.4.2 S. 254). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen
und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen
Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid
verletzt worden sein sollen. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert
erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf ungenügend begründete Rügen
und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (
BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 134 I 83 E. 3.2 S. 88). Will der
Beschwerdeführer insbesondere die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV)
geltend machen, reicht es sodann nicht aus, wenn er die Lage aus seiner eigenen
Sicht darlegt und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als
willkürlich bezeichnet. Vielmehr muss er im Einzelnen dartun, inwiefern das
kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene
Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (
BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

2. 
Die Beschwerde genügt den soeben dargestellten Begründungsanforderungen nicht.

2.1. In allgemeiner verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer
als Verletzung des rechtlichen Gehörs, dass das Obergericht seine persönliche
Eingabe vom 22. Februar 2014 nicht beachtet habe. Er setzt sich jedoch nicht
mit den Gründen auseinander, die das Obergericht dazu veranlasst haben, diese
Eingabe nicht zu berücksichtigen, nämlich unter anderem der Unzulässigkeit,
nach Abschluss der Berufungsfrist die Berufung zu verbessern, und der
Unzulässigkeit des Begehrens um Auskunftserteilung über die Lebenssituation von
C.________, da es sich um einen neuen Antrag handle. Ausserdem kritisiert der
Beschwerdeführer, dass das Obergericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt
habe, doch behauptet er nicht, einen entsprechenden Antrag gestellt zu haben.

2.2. Im Zusammenhang mit der Obhut über C.________ rügt der Beschwerdeführer
ebenfalls Verletzungen des rechtlichen Gehörs. Er beruft sich sodann auf das
Willkürverbot und allgemein auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen gemäss
Art. 11 Abs. 1 BV. Zunächst macht er geltend, die Vorinstanzen hätten einen
Bericht des Kindes- und Jugendschutzes nicht beachtet, wonach C.________ akut
gefährdet sei. Allerdings hat das Obergericht sich deshalb mit diesem Bericht
nicht befasst, weil es die Schweizer Gerichte für unzuständig erachtet hat, die
Kinderbelange (Obhuts- und Besuchsrecht) nach dem Wegzug der Beschwerdegegnerin
mit C.________ nach Polen weiterhin zu regeln. Es hat sich dabei insbesondere
auf Art. 5 des Haager Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 über die
Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen
zum Schutz der Kinder (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ; SR
0.211.231.011) gestützt. Ausserdem liege keine Zuständigkeit der Schweizer
Gerichte nach Art. 7 HKsÜ (bei widerrechtlichem Verbringen des Kindes) vor, da
die Beschwerdegegnerin obhutsberechtigt sei und ihr das
Aufenthaltsbestimmungsrecht zustehe. Inwiefern das Obergericht bei dieser
Zuständigkeitsbestimmung das Recht willkürlich angewandt haben soll, legt der
Beschwerdeführer nicht dar. Er macht bloss geltend, dass sich das Obergericht
keine Aufenthaltsgenehmigung und keine Wohnsitzbestätigung von der
Beschwerdegegnerin habe vorzeigen lassen. Er legt aber weder dar, inwiefern
diese Dokumente relevant sein sollen, noch äussert er sich dazu, dass der
gewöhnliche Aufenthaltsort der Beschwerdegegnerin und von C.________ in Polen
im obergerichtlichen Verfahren unumstritten war. Sodann bringt der
Beschwerdeführer vor, aufgrund der Gefährdung des Kindes könne eine Rückführung
angeordnet werden. Auch hier fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der
obergerichtlichen Erwägung, dass keine widerrechtliche Verbringung nach Polen
vorliege. Inwiefern Art. 11 Abs. 1 BV schliesslich eine Grundlage bieten
könnte, das einschlägige Gesetzes- und Staatsvertragsrecht anders auszulegen,
als das Obergericht dies getan hat, oder sich sogar darüber hinwegzusetzen,
erläutert der Beschwerdeführer nicht.

2.3. Im Hinblick auf den Unterhalt rügt der Beschwerdeführer Verletzungen der
Rechtsgleichheit und erneut des rechtlichen Gehörs und des Willkürverbots. Das
Obergericht hat dem Beschwerdeführer rückwirkend ein hypothetisches Einkommen
angerechnet und den Unterhalt gestützt darauf festgelegt. Es hat ihm
vorgehalten, er habe seine Einkommensverminderung bzw. -losigkeit selbst
herbeigeführt, und zwar durch seinen Entscheid, auf einen Teil seiner
vertraglich garantierten Kündigungsfrist zu verzichten, an seiner Funktion als
Unternehmer festzuhalten, wodurch er vom Bezug von Arbeitslosengeldern
ausgeschlossen worden sei, und durch den Verzicht, eine neue Anstellung zu
suchen.

 Die Rechtsgleichheit soll nach Auffassung des Beschwerdeführers dadurch
verletzt worden sein, dass die Beschwerdegegnerin mit lückenhaften Eingaben und
wertlosen Übersichten die Gerichte habe überzeugen können, während er selber
lückenlos alles offengelegt habe. Dieser Rüge kommt keine eigenständige
Bedeutung zu, denn dabei handelt es sich bloss um Kritik an der
vorinstanzlichen Beweiswürdigung und Rechtsanwendung und damit um den
Gegenstand einer Willkürrüge. Inwiefern Beweiswürdigung und Rechtsanwendung
willkürlich ausgefallen sein sollen, legt er nicht rechtsgenüglich dar. Im
Zusammenhang mit dem rechtlichen Gehör bringt er vor, dass er auch dann kein
Arbeitslosengeld erhalten würde, wenn er als Verwaltungsrat zurücktreten würde.
Dies habe er der Vorinstanz mitgeteilt, worauf sie nicht eingegangen sei.
Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer nicht belegt, wann und wo genau er
diesen angeblich übergangenen Einwand vorgebracht haben will, so geht es auch
hier in der Sache um Kritik an der gegenteiligen Meinung des Obergerichts. Mit
der blossen Einnahme des der obergerichtlichen Auffassung entgegengesetzten
Standpunkts kann der Beschwerdeführer jedoch keine Willkür belegen. Des
Weiteren macht er geltend, das Gericht habe die Beschwerdegegnerin nicht
aufgefordert zu erklären, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Er übergeht,
dass er in seiner Berufung das Einkommen der Beschwerdegegnerin nicht
thematisiert hatte, so dass sich das Obergericht damit nicht befasst hat.
Schliesslich bringt er vor, die Beschwerdegegnerin lebe in Polen im Konkubinat,
aus dem sie auch Unterhalt beziehe. Er setzt sich jedoch nicht damit
auseinander, dass er diesen Einwand bereits im obergerichtlichen Verfahren
verspätet vorgebracht hat. Insgesamt fehlt folglich eine genügende
Auseinandersetzung mit den Gründen, die das Obergericht zur Festlegung einer
Unterhaltsverpflichtung veranlasst haben.

2.4. Von vornherein nicht eingetreten werden kann schliesslich auf die vom
Beschwerdeführer am 11. und 21. Juni 2014 eingereichten Eingaben, mit denen er
seine finanziellen Verhältnisse und die Lebensumstände der Beschwerdegegnerin
zu belegen sucht. Er hat diese erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (Art. 100
Abs. 1 BGG) eingereicht und eine nachträgliche Verbesserung der Beschwerde ist
unzulässig.

2.5. Auf die Beschwerde kann somit insgesamt nicht eingetreten werden.

3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die oben stehenden Erwägungen zeigen, war die
Beschwerde von Beginn an aussichtslos, so dass sein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat
sich dem Gesuch um aufschiebende Wirkung widersetzt und ist damit
durchgedrungen. Hiefür hat sie der Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen
(Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat selber kein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege gestellt und der entsprechende Antrag des
Beschwerdeführers an ihrer Statt ist unzulässig. Es ist deshalb keine
Ersatzanordnung für den Fall der Uneinbringlichkeit der Parteientschädigung zu
treffen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 300.-- zu entschädigen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Dezember 2014
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zingg

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben