Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.270/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_270/2014

Urteil vom 5. Juni 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt August Holenstein,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Ehrenzeller,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Nebenfolgen Ehescheidung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, 1.
Abteilung, vom 21. Oktober 2013.

Sachverhalt:

A. 
B.B.________ (geb. 1950) und A.B.________ (neu A.A.________; geb. 1975)
heirateten am 9. Oktober 1999 in U.________ (Republik Kongo). Aus der Ehe ging
die Tochter C.B.________ (geb. 2002) hervor. Seit Juli 2008 leben die Ehegatten
getrennt.

B.

B.a. Am 12. August 2010 reichte A.B.________ beim Kantonsgericht Appenzell
Ausserrhoden die Scheidung ein. Am 10. September 2010 fanden die
Parteibefragungen statt. Gleichentags bestätigten die Ehegatten, die Scheidung
ihrer Ehe zu verlangen.

B.b. Am 16. Januar 2012 schied das Kantonsgericht die Ehe von B.B.________ und
A.B.________ und unterstellte C.B.________ unter die elterliche Sorge der
Mutter. Dem Vater wurde ein Besuchs- und Ferienrecht eingeräumt und
gleichzeitig eine Besuchsrechtsbeistandschaft nach Art. 308 Abs. 2 ZGB
angeordnet. Der Vater wurde verpflichtet, der Mutter an den Unterhalt von
C.B.________ monatlich im Voraus die folgenden Beiträge, zuzüglich allfälliger
Kinder- oder Ausbildungszulagen, zu bezahlen: Fr. 825.-- bis zum vollendeten
12. Altersjahr; Fr. 900.-- vom 13. Altersjahr bis zur vollen Erwerbstätigkeit,
längstens bis zur Mündigkeit. Das Kantonsgericht verpflichtete B.B.________
ferner, A.B.________ Fr. 20'000.-- auf ihre Vorsorgeeinrichtung einzuzahlen.
Aus Güterrecht wurde B.B.________ verpflichtet, A.B.________ Fr. 3'700.-- zu
bezahlen.

B.c. B.B.________ legte gegen das Urteil des Kantonsgerichts Berufung beim
Obergericht Appenzell Ausserrhoden ein. Diese wurde am 21. Oktober 2013
teilweise gutgeheissen. Soweit vor Bundesgericht noch von Bedeutung, sah das
Obergericht davon ab, B.B.________ zur Leistung von Unterhalt an C.B.________
(Ziff. 4) und zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages an A.B.________ aus der
beruflichen Vorsorge zu verpflichten (Ziff. 5).

 A.B.________ wurde sowohl im erst- wie im zweitinstanzlichen Verfahren die
unentgeltliche Rechtsverbeiständung gewährt und ihr Rechtsvertreter
Rechtsanwalt lic. iur. August Holenstein mit Fr. 5'604.90 für das Verfahren vor
dem Kantonsgericht und mit Fr. 9'670.30 für das Verfahren vor dem Obergericht
aus der Staatskasse entschädigt (Ziff. 11).

C. 
Mit Beschwerde vom 3. April 2014 wendet sich A.B.________ (Beschwerdeführerin)
an das Bundesgericht. Sie beantragt, Ziff. 5 des Urteils des Obergerichts sei
in der Weise abzuändern, dass B.B.________ (Beschwerdegegner) zur Leistung
eines Ausgleichsbeitrages aus der beruflichen Vorsorge an sie im Betrag von Fr.
12'297.--, evtl. nach Ermessen des Gerichts, verpflichtet werde (Rechtsbegehren
Ziff. 5). Ferner verlangt sie, das vorinstanzliche Urteil dahingehend zu
berichtigen, dass ihrem Rechtsvertreter für das Verfahren vor dem Einzelrichter
eine Entschädigung in gleicher Höhe wie dem Rechtsvertreter des
Beschwerdegegners ausgerichtet werde (Ziff. 6).

 Die Beschwerdeführerin verlangt zudem, Ziff. 4 des Dispositivs des
vorinstanzlichen Urteils dahingehend zu ergänzen, dass verfügt evtl.
festgestellt wird, dass der Beschwerdegegner die Guthaben gegenüber
D.D.________ und E.D.________, wohnhaft in V.________, aus den
Darlehensverträgen vom 15. und 18. März 2010 an C.B.________abgetreten hat
(Ziff. 1). In der nämlichen Dispositivziffer sei auch die Abtretung der
Forderung gegenüber F.________, wohnhaft in W.________ aus den
Darlehensverträgen vom 23. Februar 2010 zu verfügen evtl. festzustellen (Ziff.
2). Verfügt evtl. festgestellt werden soll schliesslich, dass der
Beschwerdegegner Festgeldanlagen über NZD 25'000.-- und NZD 30'000.-- bei der
Bank G.________, in X.________, an C.B.________ abgetreten hat (Ziff. 3). Die
Beschwerdeführerin verlangt ferner, den Beschwerdegegner zu verpflichten, ihr
zuhanden der Tochter C.B.________ alle Originalunterlagen dieser Transaktionen
herauszugeben (Ziff. 4). Die Anträge Ziff. 1-4 stellt die Beschwerdeführerin,
die parallel zur Beschwerde an das Bundesgericht beim Obergericht Appenzell
Ausserrhoden ein Gesuch um Erläuterung und Berichtigung des Urteils vom 21.
Oktober 2013 eingereicht hat, rein vorsorglich und zur Fristwahrung. Sie
ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.

D.

D.a. Mit Verfügung vom 7. April 2014 teilte der Präsident der II.
zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerdeführerin mit, dass über ihr Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege später entschieden wird und dass das
bundesgerichtliche Verfahren während des kantonalen Erläuterungs- und
Berichtigungsverfahrens sistiert bleibt. Am 17. November 2014 wies das
Obergericht Appenzell Ausserrhoden das Gesuch um Erläuterung ab. Auch gegen
dieses Urteil gelangte die Beschwerdeführerin - unter dem neuen Namen
A.A.________ - an das Bundesgericht (Verfahren 5A_149/2015). Das Bundesgericht
hat diese Beschwerde mit dem heutigen Datum abgewiesen.

D.b. Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten, aber keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) einer
letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), der die vermögensrechtlichen
Folgen einer Ehescheidung, also eine Zivilsache im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG
zum Gegenstand hat. Die Streitwertgrenze gemäss Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG ist
erreicht. Auf die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist
einzutreten.

1.2. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde insofern, als sich die
Beschwerdeführerin dagegen zur Wehr setzt, dass ihr unentgeltlicher
Rechtsbeistand nicht voll entschädigt worden sei. Nach Art. 76 Abs. 1 Bst. b
BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen nur berechtigt, wer durch den
angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse
an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt,
soweit sich die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht gegen die Festsetzung der
amtlichen Entschädigung ihres Anwalts zur Wehr setzt (Urteil 5A_671/2013 vom
29. Juli 2014 E. 2). Die unentgeltliche Verbeiständung begründet ein
öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen dem Staat und dem Rechtsanwalt, das
einen Honoraranspruch des Rechtsbeistands gegenüber dem Staat und nicht
gegenüber dem Vertretenen begründet (BGE 132 V 200 E. 5.1.4 S. 205; vgl. auch
BGE 133 IV 335 E. 2 S. 337 f.). Soweit der Anwalt die vorinstanzliche
Festsetzung des Stundenaufwands anfechten und eine höhere Entschädigung
durchsetzen will, muss er in eigenem Namen an das Bundesgericht gelangen. Das
aber hat der Anwalt der Beschwerdeführerin nicht getan. Worin das
schützenswerte Interesse seiner Mandantin an der Erhöhung der Entschädigung des
amtlichen Anwalts bestehen könnte, vermag nicht einzuleuchten. Denn damit würde
auch der Betrag erhöht, den die Beschwerdeführerin gegebenenfalls dem
Gemeinwesen zurückzuzahlen hätte, soweit diesem nach dem kantonalen Recht ein
Nachforderungsanspruch zusteht (s. Urteile 5A_671/2013 vom 29. Juli 2014 E. 2;
5A_451/2011 vom 25. Juli 2011 E. 1.2).

2.

2.1. Die Vorinstanz verzichtete darauf, den Beschwerdegegner zu
Unterhaltsleistungen an seine Tochter zu verpflichten, nachdem er ihr in der
Vergangenheit grössere Vermögenswerte schenkungsweise überlassen hatte.
Zusätzlich erwog die Vorinstanz, dass die Eltern nach Art. 318 Abs. 1 ZGB das
Recht und die Pflicht haben, das Kindesvermögen zu verwalten, solange ihnen die
elterliche Sorge zusteht. Das Kind selbst sei Träger von Vermögensrechten, die
eine selbständige, vom Vermögen der Eltern losgelöste eigene Vermögensmasse
bilden. Das Vermögen des Kindes sei deshalb in jeder Beziehung - insbesondere
auch organisatorisch - strikte vom Vermögen der Eltern zu trennen. Bis Ende
2012 habe die Regelung gegolten, dass - sofern die elterliche Sorge nur einem
Elternteil zusteht - dieser der Vormundschaftsbehörde ein Inventar über das
Kindesvermögen einzureichen gehabt habe (Art. 318 Abs. 2 aZGB). Mit dem
Inkrafttreten des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts seien die Abs. 2
und 3 von Art. 318 ZGB abgeändert worden. Für den Fall, dass die elterliche
Sorge nur einem Elternteil zustehe, sehe das Gesetz keine spezielle Regelung
mehr vor. Erachte es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des
Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für
angezeigt, so ordne sie jedoch die Inventaraufnahme oder die periodische
Rechnungstellung und Berichterstattung an (Art. 318 Abs. 3 ZGB).

 Nachdem die elterliche Sorge neu allein bei der Beschwerdeführerin liege, habe
sie das Recht und die Pflicht, das Vermögen für die unmündige Tochter zu
verwalten. Dies bedeute selbstredend, dass die entsprechenden Vermögenswerte
auch physisch in den Machtbereich der Mutter zu übertragen seien. Aufgrund des
angespannten Verhältnisses zwischen den Eltern sei die Anordnung einer
periodischen Rechnungstellung und Berichterstattung gegenüber der
Kindesschutzbehörde sicher prüfenswert. Diesen Entscheid habe aber nicht das
Gericht, sondern die Kindesschutzbehörde zu treffen.

2.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass der Beschwerdegegner der
Tochter keinen Unterhalt schuldet, weil er ihr in der Vergangenheit grössere
Vermögenswerte geschenkt hat. Sinngemäss macht sie aber geltend, dass diese
Schenkungen so lange nicht werthaltig seien, als sie darüber und über die
Erträge nicht verfügen könne. Sowohl die Darlehensnehmer, soweit sie sich
überhaupt gemeldet hätten, wie auch die Bank G.________ würden nur mit dem
Beschwerdegegner zusammenarbeiten; entsprechend sei sie, die
Beschwerdeführerin, gezwungen, im Namen der Tochter gegen die Darlehensnehmer
und die Bank G.________ zu klagen, wenn sie an die ihrer Tochter gemachten
Schenkungen bzw. die Erträge daraus gelangen wolle. Dies könne nur durch die
beantragte Ergänzung des Dispositivs verhindert werden.

2.3. Die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz sind sich einig, dass die
Beschwerdeführerin das Recht hat und in der Lage sein muss, über die
Schenkungen an die Tochter bzw. die Erträge daraus zu verfügen. Umstritten ist
einzig, wie dies im Urteil zum Ausdruck zu bringen ist. Für die Vorinstanz
genügt die Feststellung in der Begründung, wonach der Beschwerdegegner die
Schenkungen getätigt hat. Demgegenüber möchte die Beschwerdeführerin im
Dispositiv des Urteils zum Ausdruck gebracht haben, welche Vermögenswerte der
Beschwerdegegner seiner Tochter geschenkt hat. Einen solchen Anspruch hat die
Beschwerdeführerin nicht. Das Scheidungsurteil entfaltet zum vorneherein nur
Wirkungen unter den am Verfahren Beteiligten. Weder den Darlehensnehmern noch
der Bank G.________ wurde im Scheidungsverfahren der Streit verkündet. Deshalb
kann das Scheidungsurteil ihnen gegenüber keine Rechtskraft entfalten. Dies
würde auch dann gelten, wenn die Schenkungen im Dispositiv des
Scheidungsurteils im Einzelnen aufgeführt würden. Auch in diesem Fall käme die
Beschwerdeführerin nicht umhin, gegen die Darlehensnehmer und gegen die Bank
G.________ im Namen der Tochter zu klagen, wenn sich diese weigern, ihr bzw.
ihrer Tochter diese Vermögenswerte oder die Erträge daraus herauszugeben.

 Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zusätzlich die
Aushändigung der Originalunterlagen verlangt, ist sie daran zu erinnern, dass
dieser Antrag neu und damit unzulässig ist (Art. 99 Abs. 2 BGG). Im Übrigen
bleibt es der Beschwerdeführerin unbenommen, ihr diesbezügliches Anliegen dem
Vollstreckungsrichter zu unterbreiten (Art. 335-346 ZPO).

3.

3.1. Umstritten ist ferner der Vorsorgeausgleich. Die Vorinstanz stellt in
diesem Zusammenhang fest, dass die Beschwerdeführerin per 31. Januar 2012 über
ein Guthaben der beruflichen Vorsorge bei der Sammelstiftung H.________ für die
obligatorische berufliche Vorsorge von Fr. 9'542.-- verfügt habe. Per 29.
Februar 2012 (Austritt aus der Firma I.________ GmbH) habe die
Austrittsleistung Fr. 9'815.95 betragen. In der Folge sei die
Beschwerdeführerin ein paar Monate arbeitslos gewesen. Per Rechtskraft der
Scheidung (14. Juli 2012) sei ihr Guthaben der beruflichen Vorsorge dank der
Zinsen auf Fr. 9'872.-- angewachsen. Per 1. August 2012 sei dann der Eintritt
in die Pensionskasse J.________ erfolgt.

 Der Beschwerdegegner habe im Zeitpunkt der Eheschliessung (9. Oktober 1999)
bei der Pensionskasse K.________ über ein Austrittsguthaben von Fr. 249'603.80
verfügt. Im Jahre 2001 seien die Ehegatten ausgewandert und am 7. August 2001
habe die Pensionskasse einen Betrag von Fr. 295'622.70 an die
Freizügigkeitsstiftung der Bank L.________ überwiesen. Infolge Auswanderung
habe die Bank L.________ dem Beschwerdegegner per 8. November 2001 einen Betrag
von Fr. 297'798.80 und per 3. Februar 2005 von Fr. 2'904.70 ausbezahlt. Davon
seien die Quellensteuern in Höhe von Fr. 22'022.60 in Abzug gebracht worden, so
dass dem Beschwerdegegner noch ein Betrag von Fr. 275'776.20 zur Verfügung
gestanden habe. Am 1. Februar 2010 sei der Beschwerdegegner in die
Pensionskasse M.________, aufgenommen worden. Per Rechtskraft der Ehescheidung
(14. Juli 2012) habe seine Austrittsleistung Fr. 8'293.90 betragen.

 Damit sei der Vorsorgefall auf Seiten des Beschwerdegegners vor Einleitung des
Scheidungsverfahrens eingetreten. Der Vorsorgeausgleich richte sich somit
gesamthaft nach Art. 124 ZGB. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung müsse
bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung die gesetzgeberische
Grundentscheidung in Art. 122 ZGB berücksichtigt werden, dass nämlich die
während der Ehe geäufneten Guthaben der beruflichen Vorsorge grundsätzlich
zwischen den Ehegatten hälftig zu teilen seien; indessen komme es nicht in
Frage, ohne Berücksichtigung der konkreten wirtschaftlichen Lage der Parteien
schematisch eine Entschädigung festzusetzen, die im Ergebnis einer hälftigen
Teilung des Vorsorgeguthabens entspreche. Es sei im Gegenteil angebracht, auf
angemessene Weise die Vermögenslage nach der güterrechtlichen Lage der
geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Es sei in zwei Etappen vorzugehen:
Das Gericht habe zunächst den Betrag der Austrittsleistung im Zeitpunkt der
Scheidung - beziehungsweise im Zeitpunkt des Eintritts des Vorsorgefalles zu
berechnen und die Hälfte dieses hypothetischen Betrages gemäss Art. 122 ZGB zu
nehmen. Anschliessend sei das Ergebnis dieser Rechnung den konkreten
Verhältnissen der Parteien anzupassen. Sei der Vorsorgefall lange vor der
Scheidung eingetreten, müsse somit der Betrag der Rente nicht gestützt auf die
Grundsätze von Art. 122 ZGB festgesetzt werden; vielmehr seien in diesem Fall
die konkreten Vorsorgebedürfnisse der Ehegatten ausschlaggebend. Bei der
Bestimmung des angemessenen Ausgleichungsanspruchs müsse dem Ergebnis der
güterrechtlichen Auseinandersetzung sowie den übrigen wirtschaftlichen
Verhältnissen der Parteien Rechnung getragen werden. Mithin müssten bei der
Festsetzung der angemessenen Entschädigung insbesondere Kriterien wie
Eigenbedarf und Leistungsfähigkeit des Pflichtigen sowie die
Vorsorgebedürfnisse des Berechtigten mitberücksichtigt werden. Ein Ehegatte
müsse es hinnehmen, dass sich die Kapitalabfindung des vorzeitig pensionierten
Ehepartners bis zur Scheidung um einen Börsenverlust und einen ordentlichen
Verbrauch für den Lebensunterhalt vermindere. Eine Abweichung vom Grundsatz,
dass das verbliebene Kapital hälftig zu teilen sei, soweit es während der Ehe
erworben worden sei, dränge sich auf, wenn der ausgleichungspflichtige Ehegatte
im Alter Not leiden müsste, während der berechtigte Ehegatte in wesentlich
günstigeren Verhältnissen leben könnte.

 In Anwendung dieser Grundsätze ging die Vorinstanz davon aus, dass die
Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner rein rechnerisch einen
Anspruch aus Vorsorgeausgleich von Fr. 12'297.-- habe:

 Ehemann

 Ausbezahlter Betrag nach Abzug der Steuer       Fr.       273'600.10

 saldiert per 11. Januar 2002       Fr.       275'776.20

 abzüglich aufgezinste Austrittsleistung per
Datum der Hochzeit       Fr.       249'603.80

 zu teilender Betrag       Fr.       26'172.40

 Anspruch der Ehefrau       Fr.       13'086.20

 Neu-Eintritt in Pensionskasse per 1. Februar

 2010 (Guthaben bei M.________ per

 Rechtskraft der Scheidung)       Fr.       8'293.90

 Anspruch Ehefrau       Fr.       4'146.95

 Ehefrau

 Austrittsleistung bei Scheidung       Fr.       9'872.--

 Anspruch Ehemann       Fr.       4'936.--

 In einem zweiten Schritt sei dieser Betrag anhand weiterer Faktoren wie
Ehedauer, Vorsorgebedürfnis der Parteien im Hinblick auf Alter und Gesundheit
sowie die gesamten Verhältnisse der Parteien vor und nach der Scheidung zu
überprüfen. Die Trennung der Ehegatten sei im Juli 2008 nach rund
neundreiviertel Jahren erfolgt. Die Auszahlung des Pensionskassenguthabens des
Beschwerdegegners liege rund 12 Jahre zurück. Er sei heute 63 Jahre alt und
erziele ein monatliches Nettoeinkommen von rund Fr. 3'600.--, wobei es ihm
zumutbar wäre, bis zur Pensionierung im Oktober 2015 ein solches von Fr.
4'100.-- zu erreichen. Ab diesem Zeitpunkt werde er - nebst relativ
bescheidenen Ersparnissen und seiner Eigentumswohnung, welche allerdings mit
einer Hypothek in Höhe von Fr. 360'000.-- belastet sei - lediglich über eine
ordentliche Altersrente der AHV von etwa Fr. 1'930.-- sowie eine sehr
bescheidene Austrittsleistung verfügen. Den grössten Teil seines Vermögens habe
er seiner Tochter geschenkt.

 Die Beschwerdeführerin sei 38 Jahre alt und arbeite seit August 2012 als
Lehrbeauftragte beim Bildungszentrum N.________ in Y.________. Seit August 2013
erziele sie bei einem Arbeitspensum von 58.86 Stellenprozenten ein monatliches
Nettoeinkommen von Fr. 4'850.-- (inkl. Anteil 13. Monatslohn). Wenn ihre
Tochter im Mai 2018 16 Jahre alt werde, stehe es der Beschwerdeführerin frei,
das Arbeitspensum weiter auszudehnen. Bei einer vollen Erwerbstätigkeit werde
sie, inkl. Anteil 13. Monatslohn, auf rund Fr. 8'200.-- netto pro Monat kommen.
Die Beschwerdeführerin habe damit die Möglichkeit, ihr Vorsorgeguthaben in den
nächsten rund 25 Jahren noch entscheidend auszubauen. Ein Blick in den
Vorsorgeausweis vom 20. August 2012 erhelle, dass sie selbst mit dem bislang
wegen der Kinderbetreuung reduzierten Pensum im Alter von 65 Jahren bereits
über eine Anwartschaft auf eine Rente von knapp Fr. 2'000.-- pro Monat verfüge.
Es komme hinzu, dass der Unterhaltsbedarf von C.B.________ dank der Schenkung
seitens des Vaters sowie der Kinderrente, welche dieser ab dessen Pensionierung
zustehen werde, langfristig als gedeckt erscheine. Deshalb habe die
Beschwerdeführerin die Möglichkeit, ihre Altersrente aus der beruflichen
Vorsorge mittels Einkauf in die Pensionskasse zu verbessern, wozu sie aufgrund
ihres monatlichen Freibetrages in der Lage sei.

 Der Beschwerdegegner sei Eigentümer einer Eigentumswohnung, welche er am 13.
Dezember 2007 zu einem Preis von Fr. 555'000.-- erworben habe und die mit Fr.
360'000.-- belastet sei. Er könne im Fall einer Veräusserung der Liegenschaft
nach Amortisation der Hypothek sowie der weiteren mit einem Grundstückverkauf
üblicherweise anfallenden Kosten und der Altersentwertung zwischen Kauf und
Verkauf mit keinem enormen Erlös rechnen. Er sei nach seiner Pensionierung wohl
auf Ergänzungsleistungen angewiesen.

 Zusammenfassend präsentiere sich die finanzielle Situation der
Beschwerdeführerin damit ungleich besser als diejenige des Beschwerdegegners.
Schliesslich sei in diesem speziell gelagerten Fall anzumerken, dass die
Beschwerdeführerin durch die Ehe keine Nachteile, zum Beispiel durch die
Aufgabe ihrer Berufstätigkeit zufolge der Kinderbetreuung, erlitten habe. Dank
der guten finanziellen Situation, welche durch die Auszahlung der Mittel aus
der 2. Säule des Beschwerdegegners sowie seiner beträchtlichen Ersparnisse im
Zeitpunkt der Hochzeit bestanden habe, habe die Beschwerdeführerin im Gegenteil
während der Ehe ein Studium absolvieren können. In Würdigung sämtlicher
Umstände erscheine es daher als angemessen, den Beschwerdegegner nicht zur
Leistung eines Ausgleichsbetrages aus der beruflichen Vorsorge zu verpflichten.

3.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass der Beschwerdegegner erst in
rund eineinhalb Jahren das übliche Rentenalter erreichen werde. Er habe zwar
seine Pensionskassenaltersguthaben offensichtlich schon vor einigen Jahren
bezogen. Dies sei aber absolut freiwillig geschehen. Es wäre unfair, sie, die
Beschwerdeführerin, diesen Umstand, den sie in keiner Weise zu verantworten
habe, entgelten zu lassen. Zwar habe der Beschwerdegegner, soweit nachweisbar,
im Wesentlichen nur noch (aber immerhin) seine selbstbewohnte Eigentumswohnung
als Kapital. Er habe davor aber wesentlich mehr Vermögen gehabt, so
insbesondere die Guthaben, die er seiner Tochter geschenkt habe. Diese
Schenkungen habe er wohl ausschliesslich zur Verschlechterung seiner
finanziellen Situation gemacht, um argumentieren zu können, dass er bezüglich
Unterhaltsbeiträgen nicht leistungsfähig sei. Von diesen Geldern habe sie
nichts, ausser von deren Erträgen. Diese aber müsse sie für ihre Tochter
verwenden.

 Festzuhalten sei weiter, dass der Beschwerdegegner seine Eigentumswohnung erst
in einem Zeitpunkt gekauft habe, als die Parteien sich bereits faktisch
getrennt hätten. Der Beschwerdegegner habe seit der 2008 erfolgten Trennung
Erwerbsarbeit geleistet, wenn auch - wiederum aus freien Stücken - meist nur
teilzeitlich. Es wäre ihm zuzumuten gewesen und wäre ihm immer noch mindestens
bis zum Rentenalter zumutbar, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Hätte
er dies getan, verfügte er heute über eine bessere Altersvorsorge.
Offensichtlich habe der Beschwerdegegner auch dies hauptsächlich darum
vermieden, um sich im Verfahren gegen die Beschwerdeführerin finanziell
schlechter zu stellen. In dieser letztlich rechtsmissbräuchlichen Haltung sei
er nicht zu schützen.

 Schliesslich sei zu berücksichtigen, dass ihr nicht zugemutet werden könne,
voll zu arbeiten, solange sie noch für die Kinderbetreuung zuständig sei. Die
von der Vorinstanz behauptete Verbesserung ihrer Altersvorsorge werde daher
noch längere Zeit nur sehr bescheiden sein können. Aber auch für die Zukunft
sei diese keineswegs gesichert; sie würde an ihrem jetzigen Arbeitsort gerne
noch ein paar Prozent mehr arbeiten, habe aber bisher nicht mehr Schulstunden
zugeteilt erhalten. Die Vorinstanz habe es versäumt, ebenso wie der
Beschwerdegegner, zu belegen, dass ihr ein höheres Arbeitspensum möglich wäre.

 Art. 122 ZGB sehe grundsätzlich keine Abweichung von der hälftigen Teilung der
während der Ehe erworbenen Vorsorgeansprüche vor. Nach Art. 123 ZGB könne ein
Ehegatte in der Vereinbarung auf seinen Anspruch ganz oder teilweise
verzichten, sofern die Vorsorge auf andere Weise gewährleistet sei. Entgegen
der vorinstanzlichen Annahmen sei dies hier keineswegs gesichert. Die
Vorinstanz stütze sich denn auch mehr auf Art. 123 Abs. 2 ZGB, wonach die
Teilung ganz oder teilweise verweigert werden könne, wenn sie aufgrund der
güterrechtlichen Auseinandersetzung oder der wirtschaftlichen Verhältnisse nach
der Scheidung offensichtlich unbillig wäre. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit
ihre finanziellen Verhältnisse besser wären als jene des Beschwerdegegners. Sie
verfüge, abgesehen von ihren persönlichen Utensilien, über keinerlei Vermögen.
Das laufende Einkommen brauche sie für den Unterhalt für sich und die Tochter.
Der Beschwerdegegner habe hingegen immerhin seine Wohnung. Die Sonderbestimmung
von Art. 124 ZGB bei Teilung nach Eintritt des Vorsorgefalls sei nicht
anwendbar, da kaum von einem Vorsorgefall die Rede sein könne, wenn, wie hier,
die Vorsorgegelder freiwillig vorzeitig bezogen worden seien. Aber selbst wenn
diese Bestimmung grundsätzlich anwendbar wäre, sei eine angemessene
Entschädigung geschuldet. Es ergebe sich somit, dass zwar in einer Vereinbarung
ein gänzlicher Verzicht auf Teilung der Vorsorgeansprüche möglich sei, dass
ohne eine solche Vereinbarung aber keine völlige Streichung der Ansprüche in
Frage komme.

3.3.

3.3.1. Gehört ein Ehegatte oder gehören beide Ehegatten einer Einrichtung der
beruflichen Vorsorge an und ist bei keinem Ehegatten ein Vorsorgefall
eingetreten, so hat jeder Ehegatte Anspruch auf die Hälfte der nach dem
Freizügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1993 für die Ehedauer zu ermittelnden
Austrittsleistung des anderen Ehegatten (Art. 122 Abs. 1 ZGB). Ist bei einem
oder bei beiden Ehegatten ein Vorsorgefall bereits eingetreten oder können aus
anderen Gründen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, die während der Dauer
der Ehe erworben worden sind, nicht geteilt werden, so ist eine angemessene
Entschädigung geschuldet (Art. 124 Abs. 1 ZGB). Die Vorinstanz ist davon
ausgegangen, dass der Vorsorgeausgleich im vorliegenden Fall auf der Grundlage
von Art. 124 ZGB vorzunehmen ist, obwohl zur Zeit beide Parteien einer
Vorsorgeeinrichtung angehören und damit Austrittsleistungen verfügen, die
grundsätzlich nach Art. 122 Abs. 1 ZGB zu teilen sind. Die Beschwerdeführerin
kritisiert das Vorgehen der Vorinstanz zu Recht. In einem Fall wie dem
vorliegenden sind die Austrittsleistungen und die Barauszahlung getrennt zu
betrachten: Während die Austrittsleistungen nach Art. 122 Abs. 1 ZGB
grundsätzlich hälftig zu teilen sind, findet der Vorsorgeausgleich im Fall der
Barauszahlung auf der Grundlage von Art. 124 ZGB statt (BGE 129 V 251 E. 2.2 S.
254; BGE 127 III 433 E. 2b S. 437 ff.).

3.3.2. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung nach Art. 124 Abs. 1
ZGB ist das Sachgericht auf sein Ermessen verwiesen (Art. 4 ZGB). Das
Bundesgericht übt bei der Überprüfung solcher Entscheide eine gewisse
Zurückhaltung (BGE 131 III 1 E. 4.2. S. 4; 127 III 433 E. 3 S. 439; vgl. auch
BGE 136 III 449 E. 4.4.1 S. 453 zu Art. 123 ZGB). Es greift nur ein, wenn die
kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen falschen Gebrauch gemacht
hat, das heisst, wenn sie grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten
Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Gesichtspunkte berücksichtigt hat, die
keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt rechtserhebliche
Umstände ausser Acht gelassen hat. Aufzuheben und zu korrigieren sind ausserdem
Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis offensichtlich unbillig, als in
stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 136 III 278 E. 2.2.1 S. 279; 127 III
136 E. 3a S. 141). Vor diesem Hintergrund hält das vorinstanzliche Urteil vor
Bundesrecht stand. Die Vorinstanz hat unter korrekter Anwendung der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. insbes. BGE 131 III 1 E. 4.2. S. 4 f.)
aufgezeigt, weshalb der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin im vorliegenden
Fall keine Ausgleichszahlung nach Art. 124 Abs. 1 ZGB schuldet.

4. 
Bei diesem Ausgang des Beschwerdeverfahrens unterliegt die Beschwerdeführerin;
sie wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihr Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG) kann gutgeheissen werden. Die
Beschwerdeführerin wird darauf hingewiesen, dass sie der Gerichtskasse Ersatz
zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). Dem
Beschwerdegegner, der nicht zur Vernehmlassung eingeladen worden ist, ist keine
Parteientschädigung geschuldet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird ihr Rechtsanwalt
August Holenstein als Rechtsbeistand beigegeben.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt,
indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Rechtsanwalt August Holenstein wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr.
2'500.-- entschädigt.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, 1.
Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juni 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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