Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 1D.2/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1D_2/2014

Urteil vom 11. März 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Fryberg,

gegen

Bürgergemeinde Trimmis,
Montalinstrass 9f, 7203 Trimmis.

Gegenstand
Einbürgerung,

Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 30. Januar 2014 des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1. Kammer.

Sachverhalt:

A. 
A.________ wurde 1962 im Iran geboren. Nach seiner Flucht in die Türkei im
Jahre 1987 anerkannte ihn die UNO als Flüchtling. 1989 gelangte er in die
Schweiz und lebte seither, mit Ausnahme einiger Monate, die er im Kanton
Freiburg verbrachte, in Trimmis/GR. A.________ ist geschieden und hat eine
inzwischen volljährige Tochter. Vom April 1995 bis zum Februar 2001 bezog er
Sozialhilfe, und für sein Scheidungsverfahren wurde ihm im Oktober 2010 die
unentgeltliche Rechtspflege gewährt. A.________ arbeitet als Taxifahrer.

B.

B.a. Am 3. April 2012 ersuchte A.________ die Bürgergemeinde Trimmis um
Einbürgerung. Dieser wurde am 5. Dezember 2012 von den zuständigen Behörden
mitgeteilt, dass die formellen Voraussetzungen des Bundes und des Kantons
Graubünden erfüllt seien.

B.b. Am 21. Februar 2013 fand ein Einbürgerungsgespräch vor dem Bürgerrat
statt. Dieser teilte A.________ mit, dass sein Gesuch nur geringe Chancen habe,
weshalb ihm nahegelegt werde, dieses zurückzuziehen. In der Folge
unterzeichnete er das vorbereitete Rückzugsschreiben.

B.c. Am 4. März 2013 teilte A.________ der Bürgergemeinde über seinen
Rechtsvertreter mit, er sei überrumpelt worden und halte am Gesuch fest. Die
Bürgergemeinde antwortete am 20. März 2013, sie stelle der Bürgerversammlung
einen negativen Antrag, weil die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nicht
erfüllt seien. A.________ hielt auch danach an seinem Gesuch fest.

B.d. An der Bürgerversammlung vom 19. April 2013 lehnte die Bürgergemeinde das
Einbürgerungsgesuch von A.________ mit 28 zu 0 Stimmen ab. Dieser Entscheid
wurde dem Gesuchsteller am 3. Mai 2013 eröffnet und schriftlich im Wesentlichen
damit begründet, dass er keine erkennbaren sozialen Beziehungen in der
Gemeinde, zu Vereinen oder anderen lokalen Institutionen pflege; überdies nehme
er kaum an öffentlichen Dorf- und Quartierveranstaltungen teil und mangle es
ihm an Grundlagenkenntnissen über die politische und gesellschaftliche Ordnung
sowie am Wissen über örtliche Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuche. An
derselben Bürgerversammlung wurde hingegen die Tochter von A.________
eingebürgert.

C. 
Mit Urteil vom 30. Januar 2014 wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden eine dagegen gerichtete Beschwerde ab. Zur Begründung führte es im
Wesentlichen aus, die Bürgergemeinde habe sich bei ihrer Einschätzung,
A.________ sei nicht hinreichend sozial integriert, auf mehrere sachliche
Integrationskriterien gestützt und diese korrekt festgestellt und gewürdigt.
Aus dem Umstand, dass seine Tochter eingebürgert worden sei, könne der
Gesuchsteller nichts zu seinen Gunsten ableiten. Überdies vermittle der
Erhebungsbericht vom 21. Februar 2013 den Eindruck, dass bei A.________ auch
das Erfordernis der Vertrautheit mit den kantonalen und kommunalen
Lebensgewohnheiten bzw. mit der politischen und gesellschaftlichen Ordnung zu
verneinen wäre, was aber offen bleiben könne. Und schliesslich falle wohl die
nicht erfolgte Rückzahlung der Kosten für die unentgeltliche Rechtspflege zu
seinen Lasten ins Gewicht, worauf aber ebenfalls nicht weiter einzugehen sei.

D. 
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 28. März 2014 an das Bundesgericht
beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die
Sache an die Bürgergemeinde Trimmis zurückzuweisen zur Erteilung des
Bürgerrechts. Im Wesentlichen macht er einen Verstoss gegen seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren sowie die unvollständige
Abklärung des Sachverhalts geltend. In einer separaten Eingabe ersucht
A.________ sodann um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im
bundesgerichtlichen Verfahren.

E. 
Die Bürgergemeinde Trimmis schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden stellt Antrag, die Beschwerde
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

F. 
A.________ hat sich nochmals zur Sache geäussert. Weitere Eingaben gingen beim
Bundesgericht nicht mehr ein.

G. 
Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat über die
Beschwerde an einer öffentlichen Beratung entschieden.

Erwägungen:

1.

1.1. Beschwerden gegen letztinstanzliche Verfügungen der Kantone in
Einbürgerungsangelegenheiten richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen
über die Bundesrechtspflege (Art. 51 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Erwerb und
Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29. September 1952, Bürgerrechtsgesetz,
BüG; SR 141.0). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im
Sinne von Art. 82 BGG ist gemäss Art. 83 lit. b BGG gegen Entscheide über die
ordentliche Einbürgerung ausgeschlossen. Eine andere ordentliche Beschwerde
fällt nicht in Betracht. Damit steht grundsätzlich die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG offen. Der Entscheid der
Vorinstanz kann mit keinem kantonalen Rechtsmittel angefochten werden und ist
daher kantonal letztinstanzlich (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; BGE 135 I 265 E. 1
S. 269).

1.2. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann nach Art. 116 BGG die
Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden.

1.3. Zur Beschwerde ist gemäss Art. 115 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz
am Verfahren teilgenommen (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an
der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Der
Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung vermittelt sodann dem abgewiesenen Bewerber
bereits das eidgenössische Bürgerrechtsgesetz die Legitimation zur subsidiären
Verfassungsbeschwerde (BGE 138 I 305 E. 1.4 S. 309 ff.).

2.

2.1. Für die ordentliche Einbürgerung muss der Gesuchsteller die gesetzlichen
Wohnsitzerfordernisse erfüllen (vgl. Art. 15 BüG), die hier nicht strittig
sind. Überdies ist gemäss Art. 14 BüG vor Erteilung der Bewilligung zu prüfen,
ob der Bewerber zur Einbürgerung geeignet ist, insbesondere ob er in die
schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist (lit. a), mit den
schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist (lit.
b), die schweizerische Rechtsordnung beachtet (lit. c) und die innere oder
äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (lit. d). Die Kantone sind in
der Ausgestaltung der Einbürgerungsvoraussetzungen insoweit frei, als sie
hinsichtlich der Wohnsitzerfordernisse oder der Eignung Konkretisierungen des
bundesgesetzlich vorgeschriebenen Rahmens vornehmen können (BGE 138 I 305 E.
1.4.3 S. 311).

2.2. Gemäss Art. 1 des Bürgerrechtsgesetzes des Kantons Graubünden vom 31.
August 2005 (KBüG; BR 130.100) beruht das Kantonsbürgerrecht auf dem
Gemeindebürgerrecht. Nach Art. 3 KBüG setzt die Aufnahme in das Bürgerrecht
voraus, dass der Gesuchsteller nach Prüfung der persönlichen Verhältnisse als
geeignet erscheint (Abs. 1); dies erfordert insbesondere (Abs. 2), dass er in
die kantonale und kommunale Gemeinschaft integriert ist (lit. a), mit den
kantonalen und kommunalen Lebensgewohnheiten und Verhältnissen sowie einer
Kantonssprache vertraut ist (lit. b), die schweizerische Rechtsordnung beachtet
(lit. c), die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (lit.
d) und über eine gesicherte Existenzgrundlage verfügt (lit. e). Die
Einbürgerung erfolgt am Wohnsitz (Art. 4 Abs. 1 KBüG). Gemäss Art. 10 Abs. 1
KBüG haben die Bürgergemeinden Vorschriften über die Erteilung, Zusicherung und
Verweigerung des Gemeindebürgerrechts zu erlassen, soweit die Gesetzgebungen
des Bundes und des Kantons keine Bestimmungen enthalten (Abs. 1) und dabei
insbesondere die Zuständigkeiten, das Verfahren und die Gebühren zu regeln
(Abs. 2). Über die Erteilung, Zusicherung oder Verweigerung des
Gemeindebürgerrechts entscheidet die Bürgergemeindeversammlung durch
Mehrheitsbeschluss (Art. 14 Abs. 1 KBüG); die Bürgergemeinde kann diese
Kompetenzen dem Vorstand oder einer besonderen Kommission übertragen (Art. 14
Abs. 2 KBüG), was die hier fragliche Gemeinde Trimmis nicht getan hat. Nach
Art. 17 der Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz des Kantons Graubünden vom 13.
Dezember 2005 (KBüV; BR 130.110) kann die Bürgergemeinde auch die Vornahme der
Erhebungen dem Vorstand oder einer besonderen Kommission übertragen (Abs. 1);
das zuständige Organ ist verpflichtet, die formellen und materiellen
Einbürgerungsvoraussetzungen zu überprüfen; ausländische Gesuchsteller sind
persönlich anzuhören (Abs. 2).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt, er sei nicht korrekt und ohne die nötigen
Informationen zum Einbürgerungsgespräch eingeladen worden. Hauptsächliches
Thema des lediglich zehnminütigen Gespräches seien seine finanziellen
Verhältnisse gewesen, weil der Bürgerrat fälschlicherweise davon ausgegangen
sei, der frühere Bezug von Sozialhilfegeldern rechtfertige die Ablehnung des
Einbürgerungsgesuchs. Ein weiterer Teil der Zeit sei in der Folge für die
Unterzeichnung der vorformulierten Rückzugserklärung verwendet worden. Weder
seien seine Kenntnisse der lokalen Verhältnisse in genügendem Umfang geprüft
worden noch sei er vorweg darauf hingewiesen worden, dass eine solche Prüfung
stattfinde. Im Übrigen habe weder der Bürgerrat noch die Bürgerversammlung noch
das Verwaltungsgericht sein Argument, er sei in der Nachbarschaft gut
integriert und pflege mit dieser einen genügenden sozialen Kontakt, aufgenommen
bzw. im erforderlichen Masse abgeklärt.

3.2. Das angefochtene Urteil enthält nur wenige Ausführungen zum
Verfahrensablauf, sondern befasst sich vorwiegend mit der inhaltlichen Prüfung
des Einbürgerungsgesuchs des Beschwerdeführers. Dabei ist davon auszugehen,
dass die Gemeinde beim Entscheid über eine ordentliche Einbürgerung über ein
gewisses Ermessen verfügt. Obwohl diesem Entscheid auch eine politische
Komponente innewohnt, ist das Einbürgerungsverfahren jedoch kein rechtsfreier
Vorgang, wird doch darin über den rechtlichen Status von Einzelpersonen
entschieden. Zu beachten sind daher die einschlägigen Verfahrensbestimmungen,
und die Gemeinde darf nicht willkürlich, rechtsungleich oder diskriminierend
entscheiden und muss ihr Ermessen insgesamt pflichtgemäss ausüben (vgl. BGE 140
I 99 E. 3.1 S. 101 f.; 138 I 305 E. 1.4.3 S. 311).

3.3. In prozessualer Hinsicht hat die Gemeinde namentlich den Grundsatz der
Fairness im Verfahren und den Anspruch auf rechtliches Gehör der Gesuchsteller
nach Art. 29 BV sowie das Prinzip von Treu und Glauben gemäss Art. 9 und 5 Abs.
3 BV zu wahren (vgl. BGE 140 I 99 3.4-3.8 S. 102 ff.). Dazu zählt nebst der
Pflicht der Behörden zur Begründung ihrer Entscheide (vgl. Art. 15b Abs. 1 BüG)
insbesondere das Recht des Gesuchstellers auf vorgängige Orientierung. Die
Bewerber sind jedenfalls über diejenigen Verfahrensschritte vorweg zu
informieren, die geeignet sind, den Entscheid über die Einbürgerung zu
beeinflussen, und auf die sich die Bewerber gezielt vorbereiten können (BGE 140
I 99 E. 3.5 S. 103 f.). Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört sodann, dass
die Behörde alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien würdigt
und die ihr angebotenen Beweise abnimmt, wenn diese zur Abklärung des
Sachverhalts tauglich erscheinen. Umgekehrt folgt daraus, dass keine Verletzung
des rechtlichen Gehörs vorliegt, wenn eine Behörde auf die Abnahme beantragter
Beweismittel verzichtet, weil sie auf Grund der bereits abgenommenen Beweise
ihre Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener
(antizipierter) Beweiswürdigung annehmen kann, dass ihre Überzeugung durch
weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236
f. mit Hinweisen). Die Beachtung der formellen Verfahrensanforderungen ist bei
der ordentlichen Einbürgerung gerade deswegen umso bedeutsamer, weil die
Gemeinde in inhaltlicher Hinsicht über einen Ermessensspielraum verfügt.

3.4. Nach Art. 5 Abs. 1 KBüV ist in die kantonale und kommunale Gemeinschaft
insbesondere integriert, wer soziale Beziehungen am Arbeitsplatz, in
Nachbarschaft, Gemeinde, Quartier, Kirche, Vereinen oder anderen lokalen
Institutionen pflegt (lit. a) oder im öffentlichen und gesellschaftlichen Leben
eingegliedert ist und an Dorf- oder Quartierveranstaltungen teilnimmt (lit. b).
Mit den kantonalen und kommunalen Lebensgewohnheiten und Verhältnissen ist
gemäss Art. 5 Abs. 2 KBüV vertraut, wer Grundkenntnisse über die politische,
rechtsstaatliche und gesellschaftliche Ordnung hat (lit. a), sich zu den
demokratischen Institutionen bekennt und nach den in der Schweiz geltenden
Werten und Grundrechten lebt (lit. b), und über Wissen um die örtlichen Sitten
und Gebräuche verfügt und diese respektiert (lit. c). Nach Art. 7 Abs. 3 KBüV
müssen in den vergangenen zehn Jahren bezogene öffentliche
Unterstützungsleistungen, bevorschusste Krankenkassenprämien und Kosten für die
unentgeltliche Rechtspflege zurückbezahlt worden sein.

3.5. Was die Beurteilung der solchermassen definierten Integration betrifft, so
ist diese als Prozess gegenseitiger Annäherung zwischen der einheimischen und
der ausländischen Bevölkerung zu verstehen. Die zugezogene Person soll am
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der hiesigen Gesellschaft
teilhaben. Dazu ist es erforderlich, dass sich die Ausländerinnen und Ausländer
mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und Lebensbedingungen in der Schweiz
auseinandersetzen. Erfolgreiche Integration setzt den Willen der Zugewanderten
wie auch die Offenheit der schweizerischen Bevölkerung voraus. Ob eine
einbürgerungswillige Person genügend integriert ist, beurteilt sich nach den
gesamten Umständen des Einzelfalles, wobei die Gemeinde gerade insofern über
einen gewissen Ermessensspielraum verfügt (vgl. das Urteil des Bundesgerichts
1D_2/2013 vom 14. November 2013, E. 2.4 und 2.5). Massgeblich ist dabei
immerhin jede Art der aktiven Beteiligung am gesellschaftlichen Leben in der
Gemeinde bzw. in der Region. Die soziale Verankerung kann entsprechend nicht
nur durch Mitgliedschaft bei örtlichen Vereinen und anderen Organisationen zum
Ausdruck kommen, sondern auch durch informelle Freiwilligenarbeit oder aktive
Teilnahme an lokalen oder regionalen Veranstaltungen. Im öffentlichen Leben der
Gemeinde ist etwa an Institutionen in den Bereichen Politik, Bildung, Sport
oder Kultur zu denken, soweit diese den Betroffenen offen stehen. Durch so
verstandene Teilhabe bekundet die ausländische Person ihren Willen, auf die
Einheimischen zuzugehen und sich mit den sozialen und kulturellen
Lebensbedingungen an ihrem Wohnort auseinanderzusetzen (vgl. BGE 138 I 242 E.
5.3 S. 245 f. sowie das Urteil des Bundesgerichts 1D_2/2013 vom 14. November
2013, E. 3).

4.

4.1. Ausgangspunkt für den vorliegenden Fall ist, dass die Vorinstanzen dem
Beschwerdeführer in erster Linie die erforderliche Integration in der Gemeinde
absprachen. Insbesondere gingen sie von einer mangelnden Teilnahme an lokalen
Institutionen und an Dorf- oder Quartierveranstaltungen aus. Der
Beschwerdeführer macht allerdings geltend und hat dies schon vor dem
Verwaltungsgericht vorgebracht, sehr wohl einen massgeblichen Kontakt zur
Nachbarschaft zu pflegen, was aber die Vorinstanzen nicht abgeklärt hätten. Was
das verlangte Wissen über die politische und gesellschaftliche Ordnung sowie
die örtlichen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuche betreffe, sei er dazu
nie unter gehöriger Ankündigung genügend befragt worden.

4.2. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, es komme auf die
individuellen Verhältnisse des Beschwerdeführers an, weshalb er aus der
Einbürgerung seiner volljährigen Tochter nichts zu seinen Gunsten ableiten
könne. Die Darstellung des Beschwerdeführers ist allerdings insoweit
unbestritten geblieben und widerspricht auch nicht den Akten, als er geltend
macht, zum Gespräch vor dem Bürgerrat vom 21. Februar 2013 nicht persönlich,
sondern lediglich telefonisch über seine Tochter eingeladen worden zu sein.
Ebenso wird nicht in Frage gestellt, dass der nähere Inhalt dieser Besprechung
nicht erläutert und namentlich nicht angekündigt worden war, es werde bei der
Besprechung auch das Wissen des Beschwerdeführers geprüft. Es hat daher als
erstellt zu gelten, dass der Beschwerdeführer nur über seine Tochter zum
Gespräch und ohne hinreichenden Hinweis auf den Inhalt, insbesondere die
vorgesehene Wissensprüfung, eingeladen wurde. Wenn die Gemeinde in ihrer
Vernehmlassung ausführt, zum Kennenlernen gehöre auch das Aufzeigen von
Kenntnissen, gesteht sie dies im Übrigen zumindest sinngemäss ein. Ebenfalls
unbestritten geblieben ist die Behauptung des Beschwerdeführers, die
Besprechung mit dem Bürgerrat, die er zusammen mit seiner Tochter führte und in
der es auch um deren Einbürgerungsgesuch ging, habe höchstens zehn Minuten
gedauert und hauptsächlich den Rückzug seines Antrags zum Thema gehabt. Auch
die Vorinstanz hat dazu nichts anderes festgestellt, weshalb sachverhaltlich
von diesen Umständen auszugehen ist. Eine wirklich ernsthafte Überprüfung der
Integration war bei dieser Sachlage nicht möglich.

4.3. Der Beschwerdeführer wurde weder gehörig zum Einbürgerungsgespräch
eingeladen noch über dessen Gegenstand orientiert noch wurden in seinem Fall
die massgeblichen Einbürgerungsvoraussetzungen genügend abgeklärt. Auf eine
Prüfung der notwendigen Kenntnisse konnte er sich nicht vorbereiten, und es ist
nicht einmal belegt, wie und worüber er allenfalls teilweise befragt worden
sein sollte. Der in den Akten liegende Erhebungsbericht, der Protokollauszug
zur Bürgergemeindeversammlung vom 19. April 2013 sowie die erstinstanzliche
Begründung vom 3. Mai 2013 enthalten dazu lediglich allgemeine pauschale
Bemerkungen und keine überprüfbaren detaillierten Angaben. Die Gemeindebehörden
haben insofern auch ihre Aktenführungspflicht verletzt (BGE 130 II 473 E. 4.1
S. 477). Obwohl der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht, wie dieses
selbst im angefochtenen Entscheid festhält, seine Bereitschaft bekundete, eine
entsprechende Prüfung abzulegen, ist es bisher nicht in nachvollziehbarer Weise
dazu gekommen. Es kann daher auf der Grundlage der vorliegenden Akten nicht
davon ausgegangen werden, dem Beschwerdeführer fehle es an den nötigen
Kenntnissen.

4.4. Die Gemeindebehörden haben demnach ihre prozessualen Pflichten missachtet,
weshalb sich der angefochtene Entscheid bereits aus diesem Grund als
bundesrechtswidrig erweist. Es lässt sich dem Beschwerdeführer auch nicht
vorwerfen, er habe den prozessualen Mangel nicht rechtzeitig gerügt. Nachdem er
der Bürgergemeinde am 4. März 2013 mitgeteilt hatte, er halte am Gesuch fest,
antwortete ihm diese bereits am 20. März 2013, sie stelle diesfalls der
Gemeindeversammlung einen negativen Antrag, ohne dass ein erneutes Gespräch
oder sonstige Beweiserhebungen überhaupt in Erwägung gezogen wurden. Angesichts
dieser klaren negativen Haltung der Gemeindebehörden kann vom Beschwerdeführer
nicht verlangt werden, er hätte damals noch auf weiteren Verfahrensschritten
wie insbesondere einer Wiederholung des Gesprächs mit dem Bürgerrat und
zusätzlichen Abklärungen beharren müssen.

5.

5.1. Was sodann die - kumulativ zu den verlangten Kenntnissen - erforderliche
Integration in die Dorfgemeinschaft betrifft, so kann als erhärtet gelten, dass
der Beschwerdeführer weder am Vereinsleben noch an lokalen Institutionen noch
an Dorf- oder Quartierveranstaltungen usw. regelmässig teilnimmt. Die
entsprechenden Feststellungen der Vorinstanz erscheinen jedenfalls nicht
willkürlich. Fragwürdig ist insofern allerdings das - offenbar einzige - Votum
eines Bürgers in der Bürgergemeindeversammlung vom 19. April 2013, wonach der
Beschwerdeführer nach einem Verkehrsunfall der Tochter darauf gedrängt haben
soll, die Sache ohne Beizug der Polizei abzuwickeln. Da nicht ersichtlich ist,
weshalb dies der Rechtslage widersprochen haben sollte, lässt sich daraus keine
fehlende Respektierung der hiesigen Rechtsordnung ableiten. Welche Bedeutung
diesem Argument für die Bürgerversammlung zukam, ist allerdings nicht zu
erkennen. Jedenfalls berief sich die Vorinstanz nicht darauf. Deren
Beweiserhebung erscheint jedoch aus einem anderen Grunde unvollständig. Der
Beschwerdeführer machte bereits vor dem Verwaltungsgericht geltend, er pflege
einen massgeblichen Kontakt "zu seinen Nachbarn, etc.". Nach Art. 5 Abs. 1 lit.
a KBüV handelt es sich dabei um ein wesentliches Kriterium, das der
Beschwerdeführer durchaus zu seinen Gunsten anrufen kann. Das
Verwaltungsgericht ging diesem Argument mit dem Hinweis darauf nicht weiter
nach, es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, solches auch zu belegen.

5.2. In erster Linie gilt im Einbürgerungsverfahren der Untersuchungsgrundsatz.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung haben die Parteien freilich bei der
Sachverhaltsermittlung mitzuwirken, soweit sie besser als die Behörden in der
Lage sind, bestimmte Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Dazu gehören
insbesondere Aktivitäten, die für eine hinreichende soziale Integration
sprechen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1D_2/2013 vom 14. November 2013 E.
3.3.3). Bei der Befragung der Nachbar- oder Einwohnerschaft handelt es sich
aber, im Unterschied etwa zu dokumentarisch belegbaren Mitgliedschaften in
Vereinen oder zu Aktivitäten an Dorffesten (bzw. der "Dorfchilbi", wie das im
Urteil 1D_2/2013 vom 14. November 2013 E. 3.3.2 und 3.3.3 zur Diskussion
stand), nicht um Beweise, für deren Abnahme die Behörden weniger gut in der
Lage wären als der Beschwerdeführer. Im Gegenteil erhöhen neutrale Abklärungen
durch die Behörden unter Umständen die Glaubwürdigkeit im Vergleich zu vom
Einbürgerungswilligen allenfalls selbst eingeholten oder eingereichten
Unterlagen. Der Beschwerdeführer ist seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen,
indem er auf die angeblichen Kontakte zur Nachbarschaft bzw. sinngemäss zur
Wohnbevölkerung hingewiesen hat. Solche Beziehungen sind nur schon deshalb
nicht offenkundig unglaubwürdig, weil der Beschwerdeführer als Taxifahrer
arbeitet, was in der Regel zwangsläufig einen gewissen Kontakt zur
Wohnbevölkerung mit sich bringt. Bei dieser Ausgangslage obliegt es den
Behörden, die Behauptung entweder zu glauben oder, wenn sie Zweifel haben,
weitere angemessene Abklärungen zu treffen. Entweder die Bürgergemeinde oder
dann spätestens das Verwaltungsgericht hätten sich demnach, unter Wahrung des
Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör, in geeigneter Weise bei
den Nachbarn oder sonstigen Einwohnern über die Integration des
Beschwerdeführers bzw. ihre Beziehungen zu ihm erkundigen können und müssen.
Obwohl sie insoweit auch die Privatsphäre des Gesuchstellers zu beachten haben
(vgl. Art. 15c BüG), sind entsprechende Abklärungen als solche weitgehend
unproblematisch, nachdem sich der Beschwerdeführer selbst darauf beruft. Zwar
kann von den Behörden grundsätzlich nicht verlangt werden, allein
herauszufinden, wer allenfalls für soziale Kontakte zum Beschwerdeführer in
Frage kommt. Insoweit können sie aber vom Beschwerdeführer gestützt auf seine
Mitwirkungspflicht entsprechende Auskünfte einholen. Hingegen dürfen sie nicht
einfach wie hier untätig bleiben, obwohl der Gesuchsteller sich auf
entsprechende soziale Kontakte berufen hatte, und dann im Nachhinein auf dessen
Mitwirkungspflicht verweisen. Gerade im vorliegenden Fall kann dem
Beschwerdeführer aufgrund der prozessualen Vorgeschichte nicht vorgeworfen
werden, er habe es unterlassen, der Gemeinde genügend Beweise zu unterbreiten,
nachdem deren Vertreter bereits deutlich zu erkennen gegeben hatten, eine
Einbürgerung nicht in Erwägung zu ziehen. Ohne die erforderlichen ergänzenden
Abklärungen durch die Behörden erweist sich die Beweiserhebung demnach als
ungenügend, weshalb sie nicht in vorweggenommener Beweiswürdigung abgeschlossen
werden durfte.

5.3. Schliesslich besteht unter den Verfahrensbeteiligten inzwischen Einigkeit
darüber, dass die von 1995 bis 2001 bezogenen Sozialhilfeleistungen einer
Einbürgerung des Beschwerdeführers nicht entgegenstehen, da sie weit mehr als
zehn Jahre zurückliegen. Hingegen verweist die Vorinstanz im angefochtenen
Entscheid ergänzend auf die bisher nicht erfolgte Rückzahlung der Kosten für
die unentgeltliche Rechtspflege im Scheidungsverfahren von 2010. Sie erwägt
unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 2 lit. e KBüG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3
KBüV, dass es deswegen an der Voraussetzung der gesicherten Existenzgrundlage
fehlen könnte, geht darauf aber nicht weiter ein, weil sie diesen
Ablehnungsgrund als nicht mehr erforderlich erachtet. Unter diesen Umständen
kann darauf mangels aufgezeigter Massgeblichkeit auch nicht abgestellt werden.
Immerhin rechtfertigt sich der Hinweis darauf, dass aufgrund von prozessualer
Bedürftigkeit bzw. der fehlenden Rückzahlung von Kosten aus der unentgeltlichen
Rechtspflege nicht ohne weiteres zwingend auf eine unzureichende
Existenzgrundlage zu schliessen ist, wenn die betroffene Person für die
üblichen laufenden Lebenshaltungskosten aufzukommen vermag.

5.4. Aufgrund der formellen Natur der festgestellten Verfahrensmängel ist der
angefochtene Entscheid unabhängig von dessen inhaltlicher Richtigkeit
aufzuheben. Mangels genügender Sachverhaltsabklärung kann dem Antrag des
Beschwerdeführers, die Sache an die Gemeinde zurückzuweisen zur Erteilung des
Bürgerrechts, jedoch nicht entsprochen werden. Vielmehr hat eine Rückweisung an
die Bürgergemeinde zu erfolgen zur Vornahme der erforderlichen ergänzenden
Verfahrensschritte und Sachverhaltsabklärung sowie zu neuem Entscheid.

6.

6.1. Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
Die Sache geht zurück an die Bürgergemeinde Trimmis zu neuem Entscheid im Sinne
der Erwägungen. Ferner wird das Verwaltungsgericht über die Verlegung der
Kosten und Entschädigungen für das vorinstanzliche Verfahren neu zu befinden
haben.

6.2. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
BGG). Hingegen hat die unterliegende Gemeinde dem Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (vgl. Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Graubünden, 1. Kammer, vom 30. Januar 2014 wird aufgehoben.

1.2. Die Sache wird an die Bürgergemeinde Trimmis zurückgewiesen zu neuem
Entscheid im Sinne der Erwägungen.

1.3. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wird über die Verlegung der
Kosten und Entschädigungen im vorinstanzlichen Verfahren neu zu entscheiden
haben.

2. 
Es werden keine Kosten erhoben.

3. 
Die Bürgergemeinde Trimmis hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für
das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.--
auszurichten.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Bürgergemeinde Trimmis und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. März 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax

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