Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 8D.7/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8D_7/2013

Urteil vom 8. Januar 2014

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
Gemeinderat der Stadt X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

H.________,
Beschwerdegegner,

Bezirksrat Y.________.

Gegenstand
Öffentliches Personalrecht,

Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich
vom 26. August 2013.

Sachverhalt:

A. 
H.________ ist als Stadtammann und Betreibungsbeamter der Gemeinde X.________
tätig. Aufgrund eines von ihm verfassten und am zzz 2012 veröffentlichten
Leserbriefes ordnete der Gemeindeschreiber unter Hinweis auf sein "illoyales
Verhalten" am 27. Juli 2012 seinen Ausschluss von der
Abteilungsleitungskonferenz der Gemeindeverwaltung an. Auf Einsprache des
H.________ hin hob der Gemeinderat der Stadt X.________ die Anordnung des
Gemeindeschreibers mangels dessen Zuständigkeit auf und beschloss, dass der
Stadtammann und Betreibungsbeamter nicht mehr als Abteilungsleiter im Sinne der
Geschäftsordnung des Gemeinderates vom 7. April 2010 anzusehen sei. Bis zur
entsprechenden Anpassung des Organigramms suspendierte der Gemeinderat
H.________ von der Teilnahme an der Abteilungsleitungskonferenz (Beschluss vom
5. September 2012). Mit Beschluss vom 19. September 2012 genehmigte der
Gemeinderat sodann das dementsprechend abgeänderte Organigramm der
Stadtverwaltung, worin das Stadtammann- und Betreibungsamt nicht mehr
aufgeführt wurde und hielt fest, dass das Stadtammann- und Betreibungsamt nach
dem neuen Organigramm offiziell nicht mehr als Verwaltungsabteilung gelte,
weshalb H.________ nicht mehr an die Abteilungsleitungskonferenz einzuladen
sei.
Der Bezirksrat Y.________ wies den dagegen geführten Rekurs ab und entzog einer
allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Beschluss vom 2. Mai 2013).

B. 
Die von H.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich gut und hob in Dispositiv-Ziffer 1 die Beschlüsse des
Bezirksrats Y.________ vom 2. März 2013 sowie des Gemeinderats der Stadt
X.________ vom 5. und 19. September 2012 auf (Entscheid vom 26. August 2013).

C. 
Der Gemeinderat der Stadt X.________ führt subsidiäre Verfassungsbeschwerde und
beantragt die Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. August 2013. Ferner sei der
subsidiären Verfassungsbeschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Der Bezirksrat Y.________ verzichtet auf eine Vernehmlassung. H.________
beantragt die Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung.

Erwägungen:

1. 
Der Beschwerdeführer rügt eine vorinstanzlich willkürliche Würdigung des
Sachverhalts und eine willkürliche Rechtsanwendung (Art. 9 BV).

1.1. Zur Verfassungsbeschwerde ist gemäss Art. 115 BGG berechtigt, wer vor der
Vorinstanz am Verfahren teilgenommen (lit. a) und ein rechtlich geschütztes
Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit.
b).

1.2. Die Verfassungsbeschwerde ist - wie vormals die staatsrechtliche
Beschwerde - ein Rechtsmittel zum Schutze der Träger verfassungsmässiger Rechte
gegen Übergriffe der Staatsgewalt. Derartige Rechte stehen grundsätzlich nur
Privaten zu, nicht dagegen dem Gemeinwesen als Inhaber hoheitlicher Gewalt.
Öffentlich-rechtliche Körperschaften sind nur zur Verfassungsbeschwerde
legitimiert, wenn sie nicht hoheitlich auftreten, sondern durch einen
staatlichen Akt wie eine Privatperson betroffen werden. Gemeinden und andere
öffentlich-rechtliche Körperschaften können sich zudem mit
Verfassungsbeschwerde gegen eine Verletzung ihrer durch das kantonale Recht
gewährleisteten Autonomie oder Bestandesgarantie zur Wehr setzen (BGE 125 I 173
E. 1b S. 175; 121 I 218 E. 2a S. 219 f.; Urteil 2P.175/2001 vom 12. Oktober
2001 E. 1a mit Hinweisen; G IOVANNI BIAGGINI, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 1 zu Art. 115 BGG).

1.3. Die Legitimation von Gemeinwesen zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten im Rahmen von Art. 89 Abs. 1 BGG ist rechtsprechungsgemäss
gegeben, wenn diese in gleicher oder zumindest ähnlicher Weise berührt werden
wie ein privater Arbeitgeber. Dies ist bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten
im Bereich des öffentlichen Dienstrechts grundsätzlich zu bejahen, auch wenn
sich das Arbeitsverhältnis nicht nach OR, sondern nach öffentlichem Recht
richtet (BGE 134 I 204 E. 2.3 S. 207). Wie es sich diesbezüglich hinsichtlich
der subsidiären Verfassungsbeschwerde verhält, wurde bis anhin offen gelassen
(Urteil 8C_1077/2009 vom 17. Dezember 2010 E. 3.2 mit weiteren Hinweisen).
Hier handelt es sich nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Es ist
fraglich, ob der Gemeinderat in gleicher oder ähnlicher Weise berührt ist wie
ein privater Arbeitgeber. Die Frage der Beschwerdelegitimation kann indessen
offen gelassen werden, da die Beschwerde aus den nachstehenden Gründen ohnehin
nicht gutgeheissen werden kann:

2.

2.1. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt
eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur
insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden
ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerde führende Partei muss
klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids
darlegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE
135 III 232 E. 1.2 S. 234; 133 III 589 E. 2 S. 591 f.).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG); neue Tatsachen und
Beweismittel sind grundsätzlich unzulässig (Art. 117 i.V.m. Art. 99 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder
ergänzen, wenn sie auf einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte beruht (Art.
116 i.V.m. Art. 118 Abs. 2 BGG). Wird Letzteres geltend gemacht, ist klar und
detailliert darzutun, inwiefern diese verfassungswidrig, insbesondere
willkürlich, sein soll (BGE 133 III 393 E. 7.1 S. 398, 585 E. 4.1 S. 588 f.; je
mit Hinweisen).

3.

3.1. Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen
Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Nach der Rechtsprechung ist eine
Entscheidung willkürlich, wenn sie eine Norm oder einen klaren und
unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt, sich mit
sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten lässt oder in stossender Weise
dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid
jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis
unhaltbar ist. Willkürliche Rechtsanwendung liegt zudem nicht schon vor, wenn
eine andere Lösung vertretbar oder sogar vorzuziehen wäre (BGE 137 I 1 E. 2.4
S. 5; 134 II 124 E. 4.1 S. 133).

3.2. Das kantonale Gericht hielt fest, dass der Beschwerdegegner weder aus
Bundes- noch aus kantonalem oder kommunalem Recht einen Anspruch ableiten
könne, die Stellung eines Abteilungsleiters zu bekleiden und als solcher an der
Abteilungsleitungskonferenz teilzunehmen. Dass das Betreibungs- und
Gemeindeammannamt dem Gemeinderat lediglich administrativ, nicht aber fachlich
unterstellt sei, stelle zwar einen sachlichen Grund für die Reorganisation der
Gemeindeverwaltung dar. Da es aber aufgrund des zeitlichen Konnexes zwischen
dem Leserbrief, der Anordnung des Gemeindeschreibers, der dagegen geführten
Einsprache und der Beschlüsse des Beschwerdeführers offensichtlich sei, dass
mit der Verwaltungsreorganisation in erster Linie das als treuewidrig
beurteilte Verhalten des Beschwerdegegners habe sanktioniert werden wollen,
habe die Massnahme einen disziplinarischen Charakter. Das kantonale
Personalrecht enthalte hingegen ausser dem Verweis keine Disziplinarmassnahmen
mehr (§ 30 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 27. September 1998 über das
Arbeitsverhältnis des Staatspersonals (Personalgesetz, PG; LS 177.10) und die
Gemeinde X.________ habe von der Möglichkeit, ein Disziplinarrecht vorzusehen,
keinen Gebrauch gemacht. Als disziplinarische Anordnung fehle der Änderung des
Organigramms der Stadtverwaltung und der daraus folgenden Nichteinladung des
Beschwerdegegners zu den Abteilungsleitersitzungen daher die gesetzliche
Grundlage, weshalb die Beschlüsse des Gemeinderates rechtsverletzend seien.

3.3. Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern diese
Sachverhaltswürdigung und die daraus gezogenen rechtlichen Schlüsse willkürlich
sein sollten: Das Argument, mit dem Beschluss vom 19. September 2012 sei einzig
das Organigramm grafisch wieder mit der bestehenden Rechtslage in
Übereinstimmung gebracht worden, da das Stadtammann- und Betreibungsamt im
Organigramm (seit dem Jahr 2010) aufgeführt worden sei, obwohl der Stadtammann
und Betreibungsbeamte nicht die Funktion eines Abteilungsleiters gehabt habe,
verfängt nicht. Im Beschluss vom 5. September 2012 hielt der Gemeinderat fest,
dass er einem entsprechenden Antrag des Gemeindeschreibers zum Erlass der
angefochtenen "Dienstanweisung" (im Sinne des Ausschlusses aus der
Abteilungsleitungskonferenz) zweifelsohne gefolgt wäre. Die interne Anordnung
des Gemeindeschreibers schützte der Beschwerdeführer einzig aus
formell-rechtlicher Sicht nicht, wie aus dem Beschluss hervorgeht. Inhaltlich
wurde dem Gemeindeschreiber vollständig beigepflichtet, indem der
Beschwerdegegner "nicht mehr als "Abteilungsleitender" im Sinne von Art. 39
GeschO GR betrachtet werde und das Organigramm der Stadtverwaltung entsprechend
anzupassen sei" (vgl. auch Protokoll der Abteilungsleitungskonferenz vom 22.
Mai 2012).
Die vorinstanzliche Beurteilung, die Reorganisation wäre ohne die dem
Beschwerdegegner vorgeworfene Treuepflichtverletzung nicht durchgeführt worden
und mit der Streichung aus dem Organigramm sowie dem Ausschluss aus der
Abteilungsleitungskonferenz habe der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner
sanktionieren wollen, weshalb der organisatorischen Massnahme disziplinarischen
Charakter zugekommen sei, ist mit Blick auf den offensichtlichen zeitlichen und
sachverhaltlichen Zusammenhang zwischen der vorgeworfenen Verfehlung aufgrund
des Leserbriefs und der Organigrammbereinigung mit Ausschluss aus der
Abteilungsleitungskonferenz keinesfalls als willkürliche Sachverhaltswürdigung
anzusehen. Ebenso wenig ist im vorinstanzlichen Schluss, das Vorgehen des
Gemeinderates sei mangels gesetzlicher Grundlage im kantonalen und kommunalen
Recht als unzulässige personalrechtliche Disziplinarmassnahme zu qualifizieren,
eine willkürliche Rechtsanwendung zu sehen. Die Verfassungsbeschwerde ist
offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).

4. 
Mit dem Endentscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung hinfällig.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Die Gerichtskosten sind dem
Beschwerdeführer als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 BGG). Der
Beschwerdegegner hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden
kann.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bezirksrat Y.________ und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. Januar 2014
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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