Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.97/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]         
8C_97/2013 {T 0/2}     

Urteil vom 18. Juni 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
N.________ GmbH,
vertreten durch Rechtsanwalt Marco S. Marty,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin,

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Valentin Landmann.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 29. November 2012.

Sachverhalt:

A.
Der 1963 geborene A.________ war vom 15. April 2009 bis zur Löschung am
........ als Inhaber des Einzelunternehmens X.________, im Handelsregister
eingetragen gewesen. Im Auftrag der Sozialversicherungsanstalt des Kantons
Zürich (SVA) klärte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) seine
sozialversicherungsrechtliche Stellung ab und qualifizierte ihn als
unselbstständig Erwerbenden (Schreiben vom 10. Juni 2009). Im November 2009
führte A.________ als Subunternehmer für die N.________ GmbH innere
Gipserarbeiten aus, welche er am 11. November 2009 in Rechnung stellte. Mit
Schreiben vom 22. Dezember 2009 teilte die SUVA A.________ erneut mit, dass er
als unselbstständig erwerbend gelte. Am 31. Januar 2011 informierte dieser die
SUVA, dass er während Unterakkordarbeiten für die N.________ GmbH verunfallt
sei. Am 27. April 2011 stellte die SUVA der N.________ GmbH daraufhin Fr.
1'016.60 als Prämie für die obligatorische Unfallversicherung für den im Jahr
2009 von A.________ bei ihr erzielten Verdienst in Rechnung, was sie
gleichentags auch A.________ verfügungsweise mitteilte. Die von der N.________
GmbH hiegegen erhobene Einsprache wies die SUVA ab (Einspracheentscheid vom 26.
September 2011).

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die von der N.________
GmbH dagegen geführte Beschwerde mit Entscheid vom 29. November 2012 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die N.________
GmbH die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids beantragen. Eventualiter sei
in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids die Prämie auf der Basis eines
monatlichen Verdienstes in der Höhe von Fr. 4'803.- festzusetzen;
subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Vorinstanz und Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung. Die
SUVA und der beigeladene A.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin
prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Das Verfahren betrifft zwar die obligatorische Unfallversicherung, nicht
aber die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen, sondern vielmehr die
Frage, ob eine unselbstständige und demnach der Prämienpflicht der
obligatorischen Unfallversicherung unterstellte Erwerbstätigkeit vorliegt. Die
Ausnahmeregelung des Art. 105 Abs. 3 BGG kommt daher nicht zur Anwendung,
weshalb die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nur auf
offensichtliche Unrichtigkeit oder Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
hin gerügt und überprüft werden kann (Art. 97 Abs. 1 sowie Art. 105 Abs. 1 und
2 BGG; vgl. Urteil 8C_1049/2009 vom 1. März 2010 E. 1.2 mit Hinweisen).

2.
Streitig und zu prüfen ist die Rechtmässigkeit der Prämienforderung durch die
SUVA und hierbei die Frage, ob A.________ bezüglich der Entschädigungen, die er
für die N.________ GmbH geleisteten Arbeiten erhalten hat, als selbstständig
Erwerbender oder aber - der Auffassung von Vorinstanz und Beigeladenem folgend
- als unselbstständig Erwerbender anzusehen ist.

2.1. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über die
obligatorische Unfallversicherung der Arbeitnehmer (Art. 1a Abs. 1 UVG in
Verbindung mit Art. 1 UVV) sowie die von der Rechtsprechung herangezogenen
Kriterien für die Unterscheidung von selbstständiger und unselbstständiger
Erwerbstätigkeit im Einzelfall (BGE 123 V 161 E. 1 S. 162, 122 V 169 E. 3 S.
171, 281 E. 2 S. 283) zutreffend dargelegt.

2.2. Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Gesetzesbestimmung gilt nach Art. 1 UVV
diejenige Person, welche eine unselbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne des
AHVG ausübt (vgl. Art. 5 und 9 AHVG sowie Art. 6 ff. AHVV). Gemäss Art. 10 ATSG
gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Personen, die in
unselbstständiger Stellung Arbeit leisten und dafür Lohn nach dem jeweiligen
Einzelgesetz erhalten. Nach der Rechtsprechung ist als Arbeitnehmer gemäss UVG
zu betrachten, wer um des Erwerbes oder der Ausbildung willen für einen
Arbeitgeber, mehr oder weniger untergeordnet, dauernd oder vorübergehend tätig
ist, ohne hiebei ein eigenes wirtschaftliches Risiko tragen zu müssen. Die
Arbeitnehmereigenschaft ist jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände des
Einzelfalles zu beurteilen. Entscheidend ist dabei namentlich, ob geleistete
Arbeit, ein Unterordnungsverhältnis und die Vereinbarung eines Lohnanspruchs in
irgendeiner Form vorliegen. Ferner ist zu beachten, dass sich die Frage der
Arbeitnehmereigenschaft regelmässig nach der äusseren Erscheinungsform
wirtschaftlicher Sachverhalte und nicht nach allfällig davon abweichenden
internen Vereinbarungen der Beteiligten beurteilt (BGE 115 V 55 E. 2d S. 58 f.;
Urteile 8C_1049/2009 vom 1. März 2010 E. 2, 8C_752/2009 vom 7. Januar 2010 E. 3
mit Hinweisen und [des Eidg. Versicherungsgerichts] U 99/04 vom 25. Oktober
2004 E. 2.3, in: RKUV 2005 Nr. U 537 S. 59; vgl. auch BGE 124 V 301 E. 1 S.
304). Bei Personen, welche mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausüben, ist sodann
jedes Erwerbseinkommen gesondert auf seinen beitragsrechtlichen Charakter zu
überprüfen; dies sogar dann, wenn die verschiedenen Erwerbstätigkeiten für ein
und dieselbe Firma ausgeübt werden (BGE 122 V 169 E. 3b S. 172 mit Hinweisen;
Urteil [des Eidg. Versicherungsgerichts] H 5/00 vom 13. Juli 2001 E. 2b, in:
AHI 2001 S. 256). Schliesslich ist dem Umstand, dass eine beitragspflichtige
Person gleichzeitig einer Ausgleichskasse als selbstständig erwerbend angehört,
für die Qualifikation eines Entgelts im vorliegenden Kontext keine Bedeutung
beizumessen (BGE 119 V 161 E. 3c S. 165 mit Hinweisen; zum Ganzen: vgl. auch
Urteil 9C_219/2009 vom 21. August 2009 E. 2, in: SVR 2009 AHV Nr. 9 S. 33).

3.

3.1. In pflichtgemässer Würdigung der Akten gelangte die Vorinstanz zum
Ergebnis, A.________ sei in betriebswirtschaftlicher bzw.
arbeitsorganisatorischer Hinsicht von der Beschwerdeführerin abhängig, da er
die Arbeiten nach einem Terminprogramm mit wöchentlichem Rapport habe ausführen
müssen, wie sich aus dem mit ihr abgeschlossenen "Werkvertrag" vom 4. November
2009 ergäbe. Weiter habe er nie Direktaufträge angenommen, sondern immer im
Unterakkord gearbeitet und kein Personal beschäftigt, weshalb er als
Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin zu betrachten sei.

3.2. Diese Beurteilung beruht auf einer zutreffenden Würdigung der
tatsächlichen Gegebenheiten. Was in der Beschwerde vorgetragen wird, vermag
keine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung oder Rechtsverletzung
durch die Vorinstanz aufzuzeigen. Die Tatsachen, dass A.________ im Unterakkord
für dieselbe Unternehmung arbeitete, ohne direkte Aufträge von Dritten und ohne
eigene Gewerberäumlichkeiten oder eigenes Personal, stellen deutliche
Anhaltspunkte für den vom kantonalen Gericht angenommenen Erwerbsstatus dar. Im
Hinblick auf die Tätigkeit bei der N.________ GmbH trug A.________ demnach kein
nennenswertes Unternehmerrisiko, indem er keine erheblichen Investitionen
tätigte und kein Inkasso- oder Delkredererisiko trug, das nicht in dieser Form
auch für Arbeitnehmer in Bezug auf Lohnforderungen besteht. Auch wenn der
"Werkvertrag" vom 4. November 2009 Elemente aufweisen mag, wie sie (auch) bei
einer selbstständigen Tätigkeit vorkommen, überwiegen hier - nicht zuletzt mit
Blick auf die ausschliessliche Tätigkeit als Unterakkordant mit
arbeitsorganisatorischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit von der
Beschwerdeführerin - eindeutig Gesichtspunkte, die für eine unselbstständige
Erwerbstätigkeit sprechen, zumal nach der Rechtsprechung zu Art. 5 Abs. 2 AHVG
Akkordanten in der Regel eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausüben
(Urteile [des Eidg. Versicherungsgerichts] H 179/87 vom 26. Juni 1988 in: ZAK
1989 S. 24 E. 3a mit Hinweisen; U 335/04 vom 22. Februar 2005 E. 2.2.1). Der
Handelsregistereintrag und die Verwendung eines eigenen Briefpapiers vermögen
am Status als unselbstständig Erwerbender ebenso wenig etwas zu ändern wie der
gewählte Abrechnungsmodus nach Fertigstellung der Gipserarbeiten. Dem
behaupteten Zuzug von Personal stehen die Angaben des A.________ im Fragebogen
für Selbstständigerwerbende und Personengesellschaften der SVA Zürich vom 27.
April 2009 entgegen, wonach er kein AHV-pflichtiges Personal beschäftige.
Soweit mit einem neu eingereichten "Werkvertrag" vom 26. März 201, welcher
ohnehin ein unzulässiges Novum darstellt (Art. 99 Abs. 1 BGG), ein eigenes
Unternehmerrisiko belegt werden soll, könnte die Beschwerdeführerin nichts für
sich ableiten, zumal sich dieser nicht auf das massgebliche Jahr 2009 bezieht,
sich inhaltlich kaum vom "Werkvertrag" vom 4. No-vember 2009 unterscheidet und
insbesondere, wie bereits ausgeführt, nicht die selbst ausgewählte, sondern die
tatsächliche Ausgestaltung der gegenseitigen (vertraglichen) Rechtsbeziehungen
entscheidend (BGE 119 V 161 E. 3c) ist.
Schliesslich vermag die Beschwerdeführerin mit der Rüge der Gehörsverletzung in
Zusammenhang mit der Anwendung kantonalen Verfahrensrechts durch den
vorinstanzlichen Verzicht auf einen zweiten Schriftenwechsel (§ 19 Abs. 1 und 3
des Gesetzes vom 7. März 1993 über das Sozialversicherungsgericht [GSVGer] des
Kantons Zürich) keine Bundesrechtswidrigkeit darzutun.

3.3. Überwiegen somit klar die Merkmale unselbstständiger Erwerbstätigkeit, hat
die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie A.________ hinsichtlich
seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin im Jahr 2009 als Arbeitnehmer im
Sinne von Art. 1 UVV qualifizierte. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich in
antizipierter Beweiswürdigung die von der Beschwerdeführerin subeventualiter
geforderten zusätzlichen Sachverhaltsabklärungen.

4.
Soweit sich die Beschwerdeführerin im letztinstanzlichen Verfahren erstmals
gegen die der Prämienforderung zu Grunde gelegte Lohnsumme von Fr. 12'000.-
wendet, ist darauf nicht weiter einzugehen, da es sich dabei um ein neues,
unzulässiges Vorbringen handelt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Damit dringt sie auch mit
ihrem diesbezüglichen Eventualantrag nicht durch. Es hat somit mit der
vorinstanzlichen Bestätigung des Einspracheentscheids vom 26. September 2011
sein Bewenden.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, A.________, dem Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. Juni 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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