Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.825/2013
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2013
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2013


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_825/2013

Urteil vom 21. Januar 2014

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Christof Enderle,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Arbeitsunfähigkeit, Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 12. August 2013.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1971 geborene A.________ leidet seit ihrer Kindheit unter
Hautproblemen. Sie schloss das neusprachliche Gymnasium mit der Matura Typ D in
Basel ab. Im Jahre 1990 absolvierte sie im Rahmen einer beruflichen Massnahme
der IV-Stelle Basel-Stadt eine Kurzausbildung zur Büroangestellten. Mit
Verfügung vom 23. Mai 1997 eröffnete ihr die IV-Stelle, weitere Massnahmen
beruflicher Art seien nicht notwendig. Am 21. Juni 2000 erwarb die Versicherte
an der Handelsschule des KV das Zertifikat Informatikanwenderin SIZ sowie am
28. Juni 2002 dasjenige als Web Publisher SIZ. Mit Verfügung vom 2. Juli 2001
wies die IV-Stelle ihr Gesuch vom 19. Februar 2000 um Gewährung beruflicher
Massnahmen ab. Vom 1. Februar 2001 bis 31. Mai 2002 war die Versicherte in
einem Callcenter und vom 1. August 2002 bis 31 August 2003 bei der H.________
im PC-Support angestellt.

A.b. Am 16. Februar 2004 zog sich die Versicherte bei einem Unfall mit dem
Motorroller eine mehrfragmentäre Tibiakopffraktur und eine subkapitale
Humerusfraktur rechts zu. Am 23. Februar und 22. April 2004 sowie am 6.
September 2005 wurde sie am rechten Knie operiert; am 12. Juli 2006 wurde ihr
eine Totalprothese eingesetzt. Mit Verfügung vom 1. Juli 2010 sprach ihr die
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ab 1. April 2010 eine
Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 30 % und eine
Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 30 % zu.

A.c. Am 14. März 2005 meldete sich die Versicherte wegen der Kniebeschwerden
rechts bei der IV-Stelle zum Leistungsbezug an. Diese gewährte ihr
Berufsberatung und Abklärung der Eingliederungsmöglichkeiten, im Zeitraum vom
1. Oktober 2007 bis 31. März 2010 mehrere Arbeitstrainings und am 7. August
2007 einen Kostenbeitrag für ein Elektrofahrzeug. Mit Verfügungen vom 16.
August 2012 gewährte die IV-Stelle der Versicherten ab 1. Februar 2005 eine
ganze Invalidenrente (Invaliditätsgrad 100 %), ab 1. Juni 2005 eine halbe
Invalidenrente (Invaliditätsgrad 50 %), ab 1. Dezember 2005 eine ganze
Invalidenrente (Invaliditätsgrad 100 % bzw. 75 %), ab 1. September 2007 eine
halbe Invalidenrente (Invaliditätsgrad 50 %) und ab 1. Januar 2009 eine ganze
Invalidenrente (Invaliditätsgrad 100 %). Ab 1. Juli 2010 verneinte sie einen
Rentenanspruch, da der Invaliditätsgrad seit 1. April 2010 nur noch 35 %
betrage.

B. 
Die gegen die letztgenannte Verfügung erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 12. August
2013 ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt die Versicherte, in Aufhebung des kantonalen
Entscheides sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihr ab 1. Juli 2010 eine ganze
Rente auszurichten; eventuell sei die Sache zur weiteren medizinischen
Abklärung an die Vorinstanz resp. die IV-Stelle zurückzuweisen.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in
seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2
BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen
sowie die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den
Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die aufgrund
Letzterer gerichtlich festgestellte Gesundheitslage bzw. Arbeitsfähigkeit und
die konkrete Beweiswürdigung sind Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht
publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S.
164 [9C_204/2009]).

2. 
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über den Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 1 lit.
b, Art. 28 Abs. 2 IVG), die Invaliditätsbemessung nach dem Einkommensvergleich
(Art. 16 ATSG, Art. 28a Abs. 1 IVG; BGE 135 V 297 E. 5.1-5.3 S. 300 ff., 130 V
343 E. 3.4 S. 348 ff.), den Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1, Art. 61
lit. c ATSG), den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V
218 E. 6 S. 221) und den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
232) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass auf die
rückwirkende Zusprechung einer abgestuften oder befristeten Invalidenrente die
für die Rentenrevision geltenden Bestimmungen analog anzuwenden sind (nicht
publ. E. 4.3.1 des Urteils BGE 137 V 369, in SVR 2012 IV Nr. 12 S. 61[9C_226/
2011]; BGE 131 V 164 E. 2.3.4 S. 166 f.).

3. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den Rentenanspruch der
Versicherten ab 1. Juli 2010 zu Recht verneint hat.

3.1. Die Vorinstanz hat in Würdigung der medizinischen Akten mit einlässlicher
Begründung erkannt, der Versicherten sei mit Blick auf die Restfolgen des
Unfalls vom 16. Februar 2004 (Knieverletzung rechts und Humerusfraktur rechts)
die bisherige Tätigkeit im Bereich PC-Support, Webdesign und Internetverkauf
während 2 x 3 Stunden täglich zumutbar. Durch die weiteren Gesundheitsstörungen
- Diabetes, Asthma bronchiale, Schilddrüsenproblematik, Hautleiden und
Adipositas - werde ihre Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Auf die
vorinstanzlichen Erwägungen wird verwiesen.

3.2. Die als Folge des Unfalls vom 16. Februar 2004 von der Vorinstanz
festgestellte Restarbeitsfähigkeit wird von der Versicherten nicht bestritten,
womit es sein Bewenden hat. Im Weiteren erhebt die Versicherte keine Rügen, die
zur Bejahung einer Rechtsverletzung führen oder die vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig oder rechtsfehlerhaft
nach Art. 95 BGG erscheinen lassen (E. 1 hievor). Festzuhalten ist Folgendes:

3.3. Soweit sich die Versicherte bezüglich der Hautproblematik auf die Berichte
der Dres. med. U.________, Dermatologie und Venerologie, vom 3. April 2000,
G.________, Hautkrankheiten FMH, vom 8. November 2000, K.________, Allgemeine
Innere Medizin, vom 11. Januar 2001 (die Versicherte gibt fälschlicherweise das
Jahr 2011 an) und der Klinik X.________ vom 16. März 2005 beruft, ist dies
unbehelflich. Denn massgebend ist, ob sie wegen der Hautproblematik ab 1. Juli
2010 bis zum Erlass der streitigen Verfügung am 16. April 2012 (BGE 132 V 215
E. 3.1.1 S. 320) in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt war; Arztberichte, die
dies bejahen würden, führt sie nicht ins Feld. Vielmehr ging Dr. med.
V.________, Facharzt für Allgemeinmedizin FMH, Regionaler Ärztlicher Dienst
(RAD) der IV-Stelle, in der Aktenstellungnahme vom 21. Dezember 2011 davon aus,
die Hautproblematik schränke die Arbeitsfähigkeit nicht zusätzlich ein (zur
Aufgabe des RAD, die Leistungsfähigkeit zu beurteilen, vgl. Art. 59 Abs. 2 und
2bis IVG; Art. 49 IVV; zum Beweiswert ärztlicher Aktenstellungnahmen siehe SVR
2010 UV Nr. 17 S. 63 E. 7.2 [8C_239/2008]; RKUV 1993 Nr. U 167 S. 95 E. 5d).

3.4. Weiter wendet die Versicherte ein, sie leide unter einem Asthma
bronchiale, einem Prädiabetes bei Adipositas, einer Schilddrüsenproblematik,
einem Vitaminmangel und einer Pollenallergie. Diesbezüglich beruft sie sich
einzig auf die Berichte des Dr. med. S.________, Innere Medizin, Endokrinologie
/Diabetologie, vom 17. Oktober 2012 und des Spitals Y.________ vom 6. Dezember
2012. Hieraus kann sie im Lichte der eingeschränkten bundesgerichtlichen
Kognition nichts zu ihren Gunsten ableiten. Denn diese Berichte wurden nach dem
massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses vom 16. April 2012 erstellt und
enthalten insbesondere keine Angaben zur Arbeitsfähigkeit (vgl. Urteil 8C_180/
2011 vom 7. Dezember 2011 E. 6.2.3); die Versicherte macht nicht substanziiert
geltend, inwiefern diese Berichte geeignet sind, die Beurteilung in Bezug auf
diesen Zeitpunkt zu beeinflussen (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366, 99 V 98 E. 4 S.
102).

3.5. Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine neuen entscheidrelevanten
Ergebnisse mehr zu erwarten sind, ist darauf zu verzichten (antizipierte
Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236).

4. 
Streitig und zu prüfen ist weiter die beruflich-erwerbliche Seite der
Invaliditätsbemessung (zur diesbezüglichen bundesgerichtlichen Kognition vgl.
BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).

4.1.

4.1.1. Beim Einkommensvergleich (BGE 135 V 297 E. 5.1-5.3 S. 300 ff.) ging die
Vorinstanz sowohl beim Validen- als auch beim Invalideneinkommen gestützt auf
die Tabelle TA1 der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung (LSE) 2008 (indexiert auf das Jahr 2010) vom
Anforderungsniveau 3 (Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt), Pos. 72
Informatikdienste, aus.
Die Versicherte beanstandet das Abstellen auf das Anforderungsniveau 3 beim
Invalideneinkommen. Es sei offensichtlich unrichtig, wenn die Vorinstanz ihre
Chancen auf dem Arbeitsmarkt zweifellos als besser einschätze als diejenigen
einer Arbeitnehmerin ohne Ausbildung. Sie werde nur noch einfache Arbeiten
ausführen können.

4.1.2. Die Frage nach der massgeblichen LSE-Tabelle ist frei überprüfbare
Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Entgegen der Versicherten kann nicht
gesagt werden, die von ihr erworbenen Zertifikate als Informatikanwenderin SIZ
vom 21. Juni 2000 und als Web Publisher SIZ vom 28. Juni 2002 seien im heutigen
Marktumfeld keine Hilfe mehr. Nicht stichhaltig ist auch ihr Argument, seit
August 2003 stehe sie in keinem Arbeitsverhältnis mehr. Denn immerhin war sie
gemäss ihren Angaben bei der IV-Anmeldung vom 14. März 2005 als Freischaffende
weiterhin in den Bereichen PC-Support, Webdesign und Internetverkauf tätig. Am
8. März 2007 gab sie der SUVA an, ihr Ziel sei der Ausbau ihres
Internetverkaufsgeschäfts. Unzutreffend ist schliesslich das Argument der
Versicherten, sie könne nur noch einfache Arbeiten ausführen (vgl. E. 3
hievor). Nach dem Gesagten ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz
beim Invalideneinkommen von Berufs- und Fachkenntnissen der Versicherten
ausging.

4.2. Die Vorinstanz nahm beim Invalideneinkommen einen 10%igen leidensbedingten
Abzug vom LSE-Tabellenlohn vor; weiter führte sie aus, selbst bei einem Abzug
von 15 % resultiere ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 38 %. Die
Versicherte bringt vor, der veranschlagte Abzug basiere auf der Vermutung, dass
die unfallfremden gesundheitlichen Einschränkungen keine Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit hätten, was falsch bzw. abklärungsbedürftig sei. Mit diesem
Einwand vermag der Versicherte nicht aufzuzeigen, dass die Vorinstanz bei der
Festsetzung des Abzuges vom Tabellenlohn ihr Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt
hätte (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399), zumal die vorinstanzliche
Arbeitsfähigkeitsschätzung nicht zu beanstanden ist (vgl. E. 3 hievor).

4.3. Im Übrigen wird der Einkommensvergleich nicht bestritten, weshalb es mit
dem rentenausschliessenden Invaliditätsgrad ab 1. Juli 2010 sein Bewenden hat.

5. 
Die unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. Januar 2014

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Jancar

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben