Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.62/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]         
8C_62/2013 {T 0/2}     

Urteil vom 11. September 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

M.________,
vertreten durch Advokat Jürg Tschopp,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 26.
November 2012.

Sachverhalt:

A. 
Der 1957 geborene M.________ arbeitete als Mechanikermeister bei der Firma
S.________ und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch unfallversichert. Am 17. November 2004 wurde er als Velofahrer
von einem Auto angefahren. Er erlitt ein schweres Schädelhirntrauma mit
Oberrandfraktur der Orbita links und Fraktur der Kieferhöhlenwand links, eine
AC-Gelenksdistorsion links und eine Prellung der linken Thoraxseite (Bericht
der Klinik X.________ vom 25. November 2004). Die SUVA erbrachte
Versicherungsleistungen in Form von Heilbehandlung und Taggeld. Sie zog diverse
Arztberichte und das für die IV-Stelle des Kantons Basel-Landschaft erstattete
polydisziplinäre Gutachten des Instituts Y.________ vom 12. Dezember 2008 bei.
Mit Verfügung vom 7. Dezember 2009 stellte die SUVA die Versicherungsleistungen
auf den 31. Dezember 2009 ein. Auf Einsprache des Versicherten hin konsultierte
sie weitere Arztberichte und ein für die IV-Stelle erstelltes polydisziplinäres
Verlaufsgutachten des Instituts Y.________ vom 16. Mai 2011. Mit Entscheid vom
22. September 2011 wies sie die Einsprache ab; sie führte aus, die noch
geklagten gesundheitlichen Beschwerden seien organisch nicht hinreichend
nachweisbar; deren adäquate Unfallkausalität sei zu verneinen.

B. 
In Gutheissung der Beschwerde des Versicherten stellte das Kantonsgericht
Basel-Landschaft fest, er habe ab 1. Januar 2010 Anspruch auf eine Rente bei
einem Invaliditätsgrad von 54 %; im Übrigen wies es die Sache zur Prüfung der
Integritätsentschädigung an die SUVA zurück (Entscheid vom 26. November 2012).

C. 
Mit Beschwerde beantragt die SUVA die Aufhebung des kantonalen Entscheides,
eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.
Der Versicherte schliesst auf Abweisung der Beschwerde; er verlangt die
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend
gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur
die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über den für die Leistungspflicht des
obligatorischen Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden im
Allgemeinen (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f.) sowie bei psychischen Unfallfolgen
(BGE 115 V 133) und Folgen eines Unfalls mit Schleudertrauma der
Halswirbelsäule (HWS) oder äquivalenter Verletzung ohne organisch nachweisbare
Funktionsausfälle im Besonderen (BGE 134 V 109) richtig dargelegt. Gleiches
gilt zum Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5.
S. 125), zum Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) und zur
Invaliditätsbemessung nach dem Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG). Darauf wird
verwiesen.

3. 
Die Vorinstanz stellte auf das Gutachten des Instituts Y.________ vom 12.
Dezember 2008 ab und erwog, beim Verlaufsgutachten des Instituts Y.________ vom
16. Mai 2011 handle es sich um eine unzulässige "second opinion" (hierzu vgl.
BGE 136 V 156 E. 3.3 S. 158). Gleicher Auffassung ist der Versicherte. Die SUVA
wendet ein, das erste Gutachten des Instituts Y.________ sei widersprüchlich
und unvollständig gewesen, weshalb es sich beim Verlaufsgutachten des Instituts
Y.________ nicht um eine unzulässige "second opinion" gehandelt habe. Diese
Frage kann offen bleiben. Denn selbst bei Nichtabstellen auf das
Verlaufsgutachten des Instituts Y.________ vom 16. Mai 2011 ist die Beschwerde
gutzuheissen, wie die folgenden Erwägungen zeigen (vgl. auch Urteil 8C_34/2012
vom 30. April 2012 E. 4).

4. 
Unbestritten ist, dass der Fallabschluss auf den 31. Dezember 2009 unter
Einstellung der vorübergehenden Leistungen mit gleichzeitiger Prüfung des
Anspruchs auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung rechtmässig war, da
von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung überwiegend wahrscheinlich keine
namhafte, ins Gewicht fallende Besserung des Gesundheitszustandes mehr zu
erwarten war (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4.3 und E. 6.1 S. 115 f.).

5.

5.1. Von organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen - bei denen die
Unfalladäquanz praktisch keine Rolle spielt - kann erst gesprochen werden, wenn
die erhobenen Befunde mit apparativen/ bildgebenden Abklärungen bestätigt
werden und die angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich anerkannt
sind (BGE 138 V 248 E. 5.1 S. 251). Dies gilt auch für neuropsychologische
Defizite (Urteil 8C_948/2012 vom 7. März 2013 E. 2).

5.2.

5.2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob bei Fallabschluss per 31. De-zember 2009
organisch objektiv ausgewiesene Folgen des vom Versicherten am 17. November
2004 erlittenen Kopf- bzw. Schädel-Hirntraumas vorlagen. Die Vorinstanz und der
Versicherte bejahen dies; sie machen im Wesentlichen geltend, es bestünden
neuropsychologische Hirnfunktionsstörungen, eine posttraumatische Hypersomnie
und ein organisches Psychosyndrom. Die Vorinstanz geht von einer Organizität
dieser Beschwerden aus. Die SUVA macht geltend, es bestünden unauffällige
radiologische Befunde.

5.2.2. Nach dem Unfall vom 17. November 2004 war der Versicherte bis 25.
November 2004 in der Klinik X.________ hospitali-siert, wo er konservativ
behandelt wurde. Aufgrund der Computertomografie (CT) des Schädels und des
Mittelgesichts wurde Folgendes festgehalten: Frakturlinie am linken Orbitadach
ohne Dislokation. Kein Frakturhinweis am Orbitaboden. Keine freie Luft
intrakraniell, geringes Hygrom li.-frontal, Frakturlinie caudaler Rezessus der
Kieferhöhle links mit Einblutung (Spiegel) nachweisbar. Ebenso Fissurlinie
ventrale paramediane Kieferhöhlenwand ohne Dislokation. Keine intracerebralen
Blutungen (Bericht der Klinik X.________ vom 25. November 2004). Gemäss dem
Bericht des Dr. med. B.________ vom 13. Dezember 2004 habe die CT vom 9.
Dezember 2004 ein regelrechtes Nativ-CT ergeben; die Traumafolgen hätten sich
zurückgebildet. Im Bericht vom 2. Mai 2005 legte Dr. med. B.________ dar, die
Schädel-CT vom 9. Dezember 2004 habe keinen pathologischen intracerebralen
Befund ergeben. Die Elektroenzephalografie (EEG) vom Alphatyp zeige einzelne
temporo-basale Unregelmässigkeiten ohne Herdbefund oder Krampfpotenziale;
Normalbefund. Für eine traumatisch erklärbare cerebrale Durchblutungsstörung
ergebe sich nach diesen Untersuchungen kein Hinweis. Dr. med. C.________,
Zentrum Z.________, führte gestützt auf eine Magnetresonanztomografie (MRT) der
HWS und des Hinterhauptes vom 3. Januar 2006 aus, es liege ein Normalbefund
vor; es gebe keine Erklärung für die Beschwerden (Bericht vom 9. Januar 2006).
PD Dr. med. G.________ vom letztgenannten Zentrum ging nach einer MRT des
Kopfes vom 9. Februar 2006 von einem altersentsprechenden Normalbefund aus; er
stellte keine bildmorphologisch zu fassenden Residuen bei Zustand nach SAT fest
(Bericht vom 10. Februar 2006). Im Lichte dieser Arztberichte ist davon
auszugehen, dass bei Fallabschluss per 31. Dezember 2009 überwiegend
wahrscheinlich keine organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen mehr
vorlagen.

5.2.3. Im Gutachten des Instituts Y.________ vom 12. Dezember 2008 wurde
ausgeführt, in einer wissenschaftlichen Arbeit über 96 Patienten mit
chronischem Status nach traumatischer Hirnschädigung sei im Jahre 2008 mit
hochauflösenden Kernspintomografien (KST) des Kopfes eine
Hirnvolumenverminderung nachgewiesen worden (The Toronto Traumatic Brain Injury
Study. Neurology 2008: 790: 771-8). Diese Befunde könnten mit der herkömmlich
verfügbaren Diagnostik nicht erhoben werden. Eine Hirnvolumenverminderung,
dürfte auch beim Versicherten vorliegen; die bei traumatischer Hirnverletzung
betroffenen Hirnregionen stünden exakt mit den bei ihm in der
neuropsychologischen Testung der Klinik A.________ auffälligen Defiziten in
Übereinstimmung, da diese auf frontotemporale Einschränkungen hinwiesen.
Hieraus kann der Versicherte jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten. Die KST
ist die synonyme Bezeichnung für die MRT (vgl. Pschyrembel, Klinisches
Wörterbuch, 263. Aufl., Berlin 2012, S. 1067 und 1354). Die MRT des Kopfes des
Versicherten vom 9. Februar 2006 zeigte einen altersentsprechenden Normalbefund
(E. 5.2.2 hievor). Dagegen wurden im Rahmen der Begutachtung des Instituts
Y.________ vom 12. Dezember 2008 keine bildgebenden/apparativen Abklärungen des
Kopfes durchgeführt. Die vom Institut Y.________ bloss vermutete
Hirnvolumenverminderung ist somit nicht belegt.
Ergänzend sei angefügt, dass selbst der funktionellen Magnetresonanztomografie
(fMRT) - einer neueren Form der KST - für die Beurteilung der Unfallkausalität
von Beschwerden nach Schleudertraumen der HWS und äquivalenten
Unfallmechanismen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft kein Beweiswert
zukäme; insbesondere könnte aus den damit erhobenen Befunden nicht geschlossen
werden, dass bestehende Beschwerden auf organisch (hinreichend) nachweisbare
Unfallfolgen zurückzuführen seien (BGE 134 V 231; SVR 2012 UV Nr. 5 S. 17 E.
4.2 [8C_310/2011]). Somit sind von weiteren Abklärungen keine neuen
entscheidwesentlichen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb darauf zu verzichten
ist (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236).

5.3. Dass bei Fallabschluss anderweitig organisch objektiv ausgewiesene
Unfallfolgen vorgelegen hätten, wird nicht geltend gemacht und ist aufgrund der
Akten auch nicht anzunehmen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Gutachten des
Instituts Y.________ vom 12. Dezember 2008. Im Rahmen dieser Begutachtung wurde
röntgenologisch einzig noch die Brustwirbelsäule untersucht, was mässig
degenerative Veränderungen, aber keine posttraumatischen Läsionen, keine
Destruktion und keine entzündlichen Prozesse zeigte.

6. 
Nach dem Gesagten ist eine gesonderte Adäquanzprüfung erforderlich (BGE 138 V
248 E. 4 S. 251). Im strittigen Einspracheentscheid verneinte die SUVA die
Adäquanz nach der Schleudertrauma-Praxis, bei der nicht zwischen physischen und
psychischen Komponenten des Gesundheitsschadens differenziert wird (BGE 134 V
109). Die Vorinstanz bejahte die Adäquanz nach dieser Praxis, dem auch der
Versicherte beipflichtet. Letztinstanzlich verlangt die SUVA die Anwendung der
Praxis zu den psychischen Unfallfolgen unter Ausklammerung der psychischen
Komponenten des Gesundheitsschadens (BGE 115 V 133; SVR 2012 UV Nr. 5 S. 17 E.
3 [8C_310/2011]); gestützt hierauf sei die Adäquanz nicht gegeben; dieses
Ergebnis resultiere auch bei Heranziehung der Schleudertrauma-Praxis. Die
Rechtsfrage nach der anwendbaren Adäquanz-Praxis (BGE 134 V 109 E. 6.2.1 S.
117) kann letztlich offen bleiben. Denn selbst bei Anwendung der
Schleudertrauma-Praxis ist die Adäquanz - wie nachfolgend gezeigt wird - zu
verneinen.

7.

7.1. Die Unfallschwere ist aufgrund einer objektivierten Betrachtungsweise nach
dem augenfälligen Geschehensablauf mit den sich dabei entwickelnden Kräften zu
beurteilen. Irrelevant sind die bei der Adäquanzprüfung bei mittelschweren
Unfällen zu beachtenden Kriterien (E. 8 hienach; SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 5.2
Ingress [8C_398/2012]; Urteil 8C_729/2012 vom 4. April 2013 E. 7.2).

7.2. Die SUVA macht geltend, sie sehe sich nach Art. 99 Abs. 1 BGG veranlasst,
den gesamten Polizeirapport der Polizeidirektion D.________ vom ........ mit
Vernehmungen der Zeugin vom ........ und des Versicherten vom ........
aufzulegen. Hierzu ist festzuhalten, dass diese Akten - soweit sie hier von
Relevanz sind und nachfolgend zitiert werden - bereits vorinstanzlich vom
Versicherten aufgelegt wurden, weshalb sie nicht unter das Novenverbot fallen.
Im Übrigen sind sie unbeachtlich (BGE 135 V 194; nicht publ. E. 2.3 des Urteils
BGE 135 V 163, in SVR 2009 BVG Nr. 30 S. 109 [9C_920/2008]).

7.3. In der Unfallbeschreibung der Polizeidirektion D.________ vom ........
wurde festgehalten, der Automobilist habe die Untere Kanalstrasse in Richtung
Friedrichstrasse befahren und dort nach links abbiegen wollen. Der Versicherte
sei als Velofahrer auf der Oberen Kanalstrasse in Richtung Friedrichstrasse
gefahren mit der Absicht, diese in Richtung Untere Kanalstrasse zu überqueren.
An beiden Einmündungen befänden sich Stopp-Zeichen. Der Autofahrer habe beim
Stopp angehalten und sei dann in die Kreuzung eingefahren. Vermutlich
zeitgleich habe dies der Versicherte getan, ohne zuvor an der Stopp-Stelle
angehalten zu haben. Der Autofahrer habe ihn übersehen, worauf es in der
Kreuzungsmitte zum Zusammenstoss gekommen sei. Die Zeugin gab der
Polizeidirektion D.________ am ........ an, das Auto sei mit seiner linken
vorderen Seite gegen den Versicherten gestossen. Das Auto sei ihrer Ansicht
nach relativ langsam gefahren. Der Versicherte sei lediglich vorne links gegen
das Fahrzeug geflogen und anschliessend mit einer Kopfverletzung seitlich auf
der Strasse gelegen. Am 11. Januar 2005 berichtete dieser der SUVA, er habe ein
normales Tempo gehabt, habe es dann stark verlangsamt und sei dann ohne
eigentlichen Halt geradeaus weitergefahren. Der Automobilist habe ihm den Weg
abgeschnitten, worauf es zur Kollision gekommen und er offenbar linksseitig zu
Boden gefallen sei. Einen Helm habe er nicht getragen.
Die Vorinstanz qualifizierte diesen Unfall als mittelschwer im mittleren
Bereich, wovon auch der Versicherte ausgeht. Die SUVA geht letztinstanzlich von
einem mittelschweren Unfall an der Grenze zu den leichten Ereignissen aus.
Unfälle, bei denen Velofahrer von einem Auto angefahren wurden, gelten häufig
als mittelschwere Ereignisse im Grenzbereich zu den leichten Unfällen (siehe
Urteile 8C_1045/2010 vom 16. März 2011 Sachverhalt lit. A und E. 5.1, 8C_322/
2007 vom 1. Juli 2008 E. 5.1 und 8C_530/2007 vom 10. Juni 2008 E. 5.2.2 mit
Hinweisen). Es besteht jedoch kein Anlass, den hier in Frage stehenden Unfall
anders als die Vorinstanz zu taxieren, zumal die Beschwerdeführerin
ursprünglich auch von einem mittelschweren Unfall im mittleren Bereich ausging.
Demnach kann die Adäquanz nur bejaht werden, wenn mindestens drei der sieben
Adäquanzkriterien erfüllt sind oder eines besonders ausgeprägt vorliegt (SVR
2010 UV Nr. 25 S. 100 E. 4.5 [8C_897/2009]).

8. 
Die Vorinstanz bejahte die drei Kriterien der besonderen Eindrücklichkeit des
Unfalls, der erheblichen Beschwerden und der erheblichen Arbeitsunfähigkeit
trotz ausgewiesener Anstrengungen bis zum Fallabschluss. Der Versicherte beruft
sich auf weitere Kriterien. Die SUVA verneint sämtliche Kriterien.

8.1. Ob besonders dramatische Begleitumstände oder eine besondere
Eindrücklichkeit des Unfalls vorliegen (BGE 134 V 109 E. 10.2.1 S. 127),
beurteilt sich objektiv und nicht aufgrund des subjektiven Empfindens bzw.
Angstgefühls der versicherten Person. Jedem mindestens mittelschweren Unfall
ist eine gewisse Eindrücklichkeit eigen, was somit noch nicht für eine Bejahung
des Kriteriums ausreichen kann (nicht publ. E. 3.5.1 des Urteils BGE 137 V 199;
SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 6.1). Es wird nur das Unfallgeschehen an sich
betrachtet; die dabei erlittene Verletzung und der nachfolgende Heilungsprozess
werden nicht einbezogen (Urteil 8C_15/2013 vom 24. Mai 2013 E. 7.1). Von einer
besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls vom 17. November 2004 kann nicht
gesprochen werden. Das Kriterium ist nicht erfüllt (vgl. auch Urteile 8C_1045/
2010 E. 5.2, 8C_322/2007 E. 5.3 und 8C_530/2007 E. 5.2.3).

8.2. Das Kriterium der Schwere oder besonderen Art der erlittenen Verletzungen
(BGE 134 V 109 E. 10.2.2 S. 127) ist zu verneinen. Unbehelflich ist die
Berufung des Versicherten auf die Schädelfrakturen; hierzu führte die
Vorinstanz richtig aus, dass sie ohne operative Eingriffe folgenlos ausheilten.

8.3. Zu prüfen ist weiter das Kriterium der fortgesetzt spezifischen,
belastenden ärztlichen Behandlung bis zum Fallabschluss auf den 31. Dezember
2009 (BGE 134 V 109 E. 10.2.3 S. 128). Dieses Kriterium bedingt, gesamthaft
betrachtet, eine kontinuierliche, mit einer gewissen Planmässigkeit auf die
Verbesserung des Gesundheitszustandes gerichtete ärztliche Behandlung von
ungewöhnlich langer Dauer. Blosse ärztliche Verlaufskontrollen und
Abklärungsmassnahmen sowie manualtherapeutische und medikamentöse Behandlungen
vermögen das Kriterium nicht zu erfüllen (Urteil 8C_686/2012 vom 28. Mai 2013
E. 7.3). Operativen Eingriffen musste sich der Versicherte nicht unterziehen.
Unmittelbar nach dem Unfall war er vom 17. bis 25. November 2004 in der Klinik
X.________ hospitalisiert. Vom 27. Juni bis 7. September 2005 hielt er sich
stationär in der Klinik A.________ auf, wo Physiotherapie,
Hirnleistungstraining, Ergotherapie und physikalische Massnahmen durchgeführt
wurden. Vom 16. Oktober bis 4. November 2006 war der Versicherte in der Reha
E.________ hospitalisiert; dort fanden Physiotherapie, klinisch-psychologische
Betreuung, Ergotherapie und Tanztraining statt. Vom 3. bis 5. Mai und 3. bis 4.
Juli 2006 sowie vom 29. Januar bis 1. Februar 2007 weilte er im Schlaflabor der
Klinik F.________. Im Übrigen nahm er im Wesentlichen Medikamente ein und
unterzog sich ambulanten ärztlichen, neuropsychologischen sowie physio- bzw.
manual-, psycho- und ergotherapeutischen Behandlungen. Insgesamt dauerte die
ärztliche Behandlung lange, weshalb das Kriterium als erfüllt angesehen werden
kann. Im Lichte der durchgeführten Therapien ist es aber nicht besonders
ausgeprägt.

8.4. Adäquanzrelevant können nur in der Zeit zwischen dem Unfall und dem
Fallabschluss ohne wesentlichen Unterbruch bestehende erhebliche Beschwerden
sein. Die Erheblichkeit beurteilt sich nach den glaubhaften Schmerzen und nach
der Beeinträchtigung, welche die verunfallte Person durch die Beschwerden im
Lebensalltag erfährt (BGE 134 V 109 E. 10.2.4 S. 128). Am 15. Februar 2005 gab
der Versicherte dem Case Manager an, als Hobby sei er im bäuerlichen
Familienbetrieb (Vieh und Obst) tätig. Gemäss den Berichten des ihn
behandelnden Psychologen lic. phil. R.________ vom 25. November 2005 und 9.
September 2006 war er in der Lage, nach der Arbeit (hierzu E. 8.7 hienach)
selber mit dem Auto nach Hause zu fahren. Bei der kreisärztlichen Untersuchung
vom 7. Mai 2007 führte der Versicherte aus, normalerweise stehe er um 06.30 Uhr
auf, gehe nach dem Frühstück hinaus, auch weil ihm die frische Luft gut tue.
Dann gehe er auf die Viehweide, um zu kontrollieren, ob alles in Ordnung sei.
Er kontrolliere dann zum Beispiel den Traktor (Ölstand, Batterie etc.). Er habe
einen Stuhl in den Hof gestellt, auf dem er die meiste Zeit sitze, weil sein
Antrieb nur für allergeringste Tätigkeiten reiche. Etwas mehr möge er machen an
Tagen, wo er ohne Kopfschmerzen aufwache (im 2007 sei das vielleicht an 25 - 30
% der Tage gewesen). Nach dem Mittagessen müsse er regelmässig schlafen, an
einem guten Tag vielleicht 45 Min., an einem schlechten Tag bis 16.00
allenfalls bis 17.00 Uhr. Wegen Konzentrationsproblemen könne er praktisch
überhaupt nicht mehr lesen; die Obergrenze seien für ihn die Bibelverse auf dem
Abreisskalender. TV schaue er jetzt mehr, vor allem am Abend; einen
durchschnittlichen Spielfilm könne er sich ansehen, wenn er nicht allein
schaue. Seine Frau sei zeitweise überfordert; früher hätten sie viel
zusammengearbeitet in der Landwirtschaft, heute habe sie fast alle
Verantwortung allein, auch in der Kindererziehung. Er sei noch reizbar und
ungeduldig mit den Kindern. Im Rahmen der Begutachtung des Instituts Y.________
vom 12. Dezember 2008 legte der Versicherte dar, ein normaler Tag sehe so aus,
dass er gegen 06.30 Uhr aufstehe, frühstücke und meistens seine Frau in den
Stall begleite, wo er an der frischen Luft sei. Oft gehe er dann mit dem
Fahrrad (5 km-Strecke) zur Physiotherapie, an gewissen Tagen dann weiter mit
dem Zug nach H.________ ins Thermalbad, aus welchem er dann erst gegen Abend
wieder zurückkehre. Den Abend verbringe er meist zu Hause und gehe zwischen
21.00 und 23.00 Uhr ins Bett. Insgesamt ist das Kriterium nicht besonders
ausgeprägt erfüllt.

8.5. Der Versicherte macht geltend, im Verlaufsgutachten des Instituts
Y._______ vom 16. Mai 2011 werde behauptet, seine Beschwerden hätten sich in
ein rein psychiatrisches Geschehen gekehrt; würde dieser Ansicht gefolgt,
müsste eine ärztliche Fehlbehandlung angenommen werden. Aus den Akten kann
nicht auf eine Fehlbehandlung geschlossen werden, welche die Unfallfolgen
erheblich verschlimmert hat (BGE 134 V 109 E. 10.2.5 S. 129). Der Versicherte
führt denn auch keinen Arztbericht an, in dem dies in Betracht gezogen wird
(vgl. Urteil 8C_15/2013 vom 24. Mai 2013 E. 9).

8.6. Auf einen schwierigen Heilungsverlauf und erhebliche Komplika-tionen (BGE
134 V 109 E. 10.2.6 S. 129) darf nicht schon aus der blossen Dauer der
ärztlichen Behandlung und der geklagten Beschwerden geschlossen werden. Es
bedarf besonderer Gründe, welche die Genesung bis zum Fallabschluss
beeinträchtigt oder verzögert haben (SVR 2007 UV Nr. 25 S. 81 E. 8.5 [U 479/
05]). Der Umstand, dass trotz verschiedener Therapien keine Beschwerdefreiheit
erreicht werden konnte, reicht allein nicht aus (Urteil 8C_686/2012 E. 7.5).
Besondere Gründe für die Bejahung des Kriteriums bestehen hier nicht und werden
auch nicht substanziiert geltend gemacht.

8.7. Das Kriterium der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener
Anstrengungen bis zum Fallabschluss (BGE 134 V 109 E. 10.2.7 S. 129 f.) bezieht
sich nicht nur auf den angestammten Beruf, sondern auch auf alternative
leidensangepasste Arbeiten (Urteil 8C_686/2012 E. 7.6). Im von der Vorinstanz
und vom Versicherten ins Feld geführten Gutachten des Instituts Y.________ vom
12. Dezember 2008 wurde unter anderem ausgeführt, im angestammten Beruf sei er
vollständig arbeitsunfähig. In einer Tätigkeit mit primären Anforderungen an
das planerische, strategische, konzeptuelle und logisch-schlussfolgernde
Denken, bei der die Merkfähigkeit neuer Inhalte per se von sekundärer Bedeutung
sei, bestehe eine Arbeitsfähigkeit von 80 % (ganztags verwertbar). Auf Grund
der verminderten Belastbarkeit und der Aufmerksamkeitsdefizite gelte es der
Arbeitsdauer, den Pausen, dem Arbeitstakt und der Verantwortlichkeit besondere
Beachtung zu schenken, was praktisch evaluiert werden müsse. Die Arbeit sollte
auch körperlich wenig belastend sein für Nacken- und Schultergürtel. Diese
zumutbare Arbeitsfähigkeit gelte ab einer etwa fünfmonatigen vollständigen
Arbeitsunfähigkeit nach dem Unfall vom 17. November 2004. Am 15. Februar 2005
gab der Versicherte dem Case Manager an, seit 17. Januar 2005 sei er wieder
halbtags am Arbeitsplatz und erbringe eine knapp vollwertige Leistung. Am 12.
Mai 2005 teilte der Arbeitgeber dem Case Manager mit, er wisse nie so recht,
wann der Versicherte eigentlich da sei; die Situation sei für einen geordneten
Betrieb alles andere als gut. Am 17. Oktober 2005 notierte der Case Manager,
seit 19. September 2005 arbeite der Versicherte wieder halbtags und erbringe
dabei eine hälftige Leistung, womit der Attest einer 25%igen Arbeitsfähigkeit
realistisch sei. Gemäss Angaben des Arbeitgebers vom 15. Mai 2006 arbeitete der
Versicherte weiterhin vormittags bei Erbringung einer vielleicht hälftigen
Leistung. Am 7. Mai 2007 gab der Versicherte dem Kreisarzt an, seit Mitte
Oktober sei er zu 100 % arbeitsunfähig geschrieben. Im Rahmen der Begutachtung
des Instituts Y.________ vom 12. Dezember 2008 legte er dar, seit zwei Jahren
habe er nicht mehr gearbeitet. Vom 2. bis 23. Juni 2009 absolvierte der
Versicherte im Auftrag der IV-Stelle Basel-Landschaft im Spital I.________ eine
berufliche Abklärung; diese Massnahme wurde abgebrochen, weil er nicht in der
Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Insgesamt ist das
Kriterium mangels ausgewiesener Anstrengungen, im Rahmen des gemäss Gutachten
des Instituts Y.________ Zumutbaren einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht
erfüllt.

8.8. Da nur zwei Kriterien erfüllt sind, aber nicht besonders ausgeprägt, ist
die adäquate Unfallkausalität des Gesundheitsschadens und damit die
Leistungspflicht der SUVA ab 1. Januar 2010 zu verneinen. Auf weitere
Abklärungen ist in antizipierter Beweiswürdigung auch diesbezüglich zu
verzichten (E. 5.2.3 hievor).

9. 
Der unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art.
68 Abs. 2 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm gewährt werden; er hat
der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art.
64 Abs. 1, 2 und 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft vom 26. November 2012 wird aufgehoben.

2. 
Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Advokat
Jürg Tschopp wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 11. September 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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