Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.594/2013
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2013
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2013


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_594/2013

Urteil vom 11. November 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
C.________, vertreten durch
Prof. Dr. iur. Hardy Landolt,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom
7. August 2013.

Sachverhalt:

A. 
C.________, geboren 1952, war als Hilfsarbeiter bei der Bauunternehmung
W.________ beschäftigt gewesen, als er am 12. Januar 2000 von einer Brüstung
stürzte und sich Frakturen an mehreren Rippen und an den Querfortsätzen der
Lendenwirbelkörper 2 und 3 links zuzog. Er konnte seine Tätigkeit teilzeitlich
im April 2000 wieder aufnehmen und arbeitete seit Juni 2000 mit vollem Pensum,
wechselte jedoch im Oktober 2000 zur Firma N.________ AG, wo er als
Hilfsmechaniker angestellt wurde. Am 20. September 2008 verspürte er beim
Ausladen eines mit Steinen gefüllten Kessels aus dem Auto einen einschiessenden
Schmerz in der rechten Schulter. Bei der operativen Sanierung am 20. August
2009 zeigten sich ausgedehnte Rupturen der Supra- und der Infraspinatussehne.
Das Arbeitsverhältnis war von der Arbeitgeberin aus wirtschaftlichen Gründen
auf den 30. September 2009 gekündigt worden. Am 13. März 2012 gewährte die
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), bei welcher C.________ für
die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten
versichert war, für die Folgen der beiden Unfälle eine Integritätsentschädigung
bei einer Integritätseinbusse von 25 %. Mit Verfügung vom 11. Februar 2013 und
Einspracheentscheid vom 5. April 2013 sprach sie ihm mit Wirkung ab dem 1. Juni
2011 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 19 % zu.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus
mit Entscheid vom 7. August 2013 teilweise gut und sprach C.________ eine
Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 23 % zu.

C. 
C.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag auf Rückweisung an die Vorinstanz, eventualiter Zusprechung
einer Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 %.

Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Das kantonale Gericht hat die für den Rentenanspruch massgeblichen Bestimmungen
und Grundsätze zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3. 
Der Beschwerdeführer rügt, dass die Vorinstanz zu Unrecht seinen psychischen
Gesundheitszustand nicht näher abgeklärt habe.

Das kantonale Gericht hat zutreffend in Erwägung gezogen, dass allein ein
Bericht der Frau Dr. med. G.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom
16. März 2010 über die erstmalige Konsultation am Vortag vorliegt, gemäss
welchem der Versicherte an einer reaktiven Depression leide, ohne dass diese
Diagnose jedoch auf die Vorgaben eines anerkannten Klassifikationssystems
abgestützt worden wäre (BGE 130 V 396). Eine weitere Sitzung sei im April 2010
vorgesehen gewesen, bereits im Mai 2010 habe der Versicherte jedoch angegeben,
dass die Behandlung abgeschlossen sei. Aktenkundig sei gemäss dem anlässlich
des Aufenthalts in der Rehaklinik Y.________ aufgezeichneten
Medikamentenspiegel weiter, dass ein Antidepressivum (Remeron) verschrieben
worden sei. Aufgrund dieser Umstände ging das kantonale Gericht davon aus, dass
ein hinreichend erhebliches und längerfristig invalidisierendes psychisches
Leiden nicht ausgewiesen sei. Es wird beschwerdeweise nichts vorgebracht, was
Anlass zu einer anderen Beurteilung zu geben vermöchte, weshalb die beantragten
beweismässigen Weiterungen nicht angezeigt sind und mit der Vorinstanz von
einer 100%igen Arbeitsfähigkeit in einer den somatischen Beschwerden (zu
welchen sich das kantonale Gericht ebenfalls eingehend und zutreffend geäussert
hat) angepassten Tätigkeit auszugehen ist.

4.

4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er zufolge seines vorgerückten
Alters seine Restarbeitsfähigkeit nicht mehr verwerten könne. Er sei seit
Jahrzenten in der Baubranche tätig gewesen und habe seine letzte Stelle (nicht
ganz) 58-jährig verloren, hätte sich ansonsten aber im Alter von 60 Jahren im
Rahmen des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im
Bauhauptgewerbe (GAV FAR) frühpensionieren lassen und Übergangsleistungen in
Anspruch nehmen können.

Entscheidwesentlich ist diesbezüglich, dass die Vorinstanz den Einwand des
Versicherten, der seine Stelle 57-jährig aus wirtschaftlichen Gründen verloren
hat, zu Recht unter dem Aspekt von Art. 28 Abs. 4 UVV geprüft hat. Sie hat die
Anwendbarkeit dieser Bestimmung verneint, was letztinstanzlich nicht
beanstandet wird, und das Alter bei der Beurteilung der erwerblichen
Auswirkungen der Gesundheitsschädigung deshalb ausser Acht gelassen.

4.2. Rechtsprechungsgemäss hat die Unfallversicherung nicht dafür einzustehen,
wenn der Versicherte aus invaliditätsfremden Gründen, zu denen unter anderem
auch das Alter gehört und durch die vor allem die Vermittelbarkeit auf dem
realen Arbeitsmarkt beeinträchtigt wird, keine entsprechende Arbeit findet (BGE
122 V 418 E. 4a S. 423). Dem Umstand, dass - nebst der grundsätzlich allein
versicherten unfallbedingten Invalidität - auch das vorgerückte Alter eine
Ursache der Erwerbslosigkeit oder -unfähigkeit bildet, wird im Bereich der
Unfallversicherung bei der Invaliditätsbemessung mit der Bestimmung von Art. 28
Abs. 4 UVV Rechnung getragen. Wenn ein Versicherter nach dem Unfall die
Erwerbstätigkeit altershalber nicht mehr aufnimmt (Variante I) oder sich das
vorgerückte Alter erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der
Erwerbsfähigkeit auswirkt (Variante II), sind gemäss Art. 28 Abs. 4 UVV für die
Bestimmung des Invaliditätsgrades die Erwerbseinkommen massgebend, die ein
Versicherter im mittleren Alter bei einer entsprechenden Gesundheitsschädigung
erzielen könnte. Damit wird auch berücksichtigt, dass die Invalidenrenten der
Unfallversicherung bis zum Tod der Versicherten zur Ausrichtung gelangen (Art.
19 Abs. 2 UVG), wobei sie - in Abweichung von Art. 17 Abs. 1 ATSG - ab dem
Monat, in dem die berechtigte Person eine Altersrente der AHV bezieht,
spätestens jedoch ab Erreichen des Rentenalters nach Art. 21 AHVG, nicht mehr
revidiert werden können (Art. 22 UVG). Mit Art. 28 Abs. 4 UVV soll demnach
verhindert werden, dass bei älteren Versicherten zu hohe Invaliditätsgrade
resultieren und Dauerrenten zugesprochen werden, wo sie mit Blick auf die
unfallbedingte Invalidität eher die Funktion von Altersrenten aufweisen (BGE
122 V 418 E. 3a S. 421 f. mit Hinweisen; Urteil U 313/06 vom 14. August 2007 E.
3.3). Das vorgerückte Alter (im Bereich von "rund 60 Jahren", BGE 122 V 418 E.
1b S. 419) ist in der Unfallversicherung nur im Rahmen von Art. 28 Abs. 4 UVV
zu berücksichtigen (Urteil U 313/06 vom 14. August 2007 E. 3.4). Die Anwendung
von Art. 28 Abs. 4 UVV setzt hinsichtlich seiner (hier allein in Frage
kommenden) Variante II eine physiologische Altersgebrechlichkeit voraus,
welcher im gesamten Ursachenspektrum der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit
eine im Vergleich zur unfallbedingten Körperschädigung wesentliche Bedeutung
zukommt (BGE 122 V 418 E. 3b i.f. S. 422).

4.3. Während die SUVA unter Berücksichtigung der Bestimmung von Art. 28 Abs. 4
UVV als Valideneinkommen den hypothetischen Lohn eines Versicherten mittleren
Alters beigezogen hat, welcher sich nach den Angaben der vormaligen
Arbeitgeberin auf Fr. 65'000.- beläuft, hat das kantonale Gericht Art. 28 Abs.
4 UVV als nicht anwendbar erachtet und auf den Verdienst von Fr. 67'990.-
abgestellt, den der Beschwerdeführer als Gesunder aktuell verdienen könnte. Es
werden diesbezüglich beschwerdeweise keine Einwände vorgebracht und es bestehen
denn auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich im Fall des Versicherten eine
physiologische Altersgebrechlichkeit massgeblich auf die Arbeits- und
Erwerbsfähigkeit auswirken würde.

5. 
Der Beschwerdeführer beantragt auf Seiten des Invalideneinkommens einen höheren
als den gewährten 15%igen leidensbedingten Abzug vom Tabellenlohn. Die
Bestimmung der Höhe einer solchen Reduktion (BGE 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481; 126
V 75 E. 5 S. 78 ff.) stand indessen im Ermessen des kantonalen Gerichts (BGE
132 V 393 E. 3.3 S. 399), welches die Auffassung der SUVA in diesem Punkt
bestätigt hat. Eine diesbezügliche Angemessenheitskontrolle ist dem
Bundesgericht verwehrt (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 8C_664/2007 vom 14. April
2008 E. 8.1; BGE 134 V 322 E. 5.3 S. 328; 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil
8C_644/2008 vom 19. August 2009 E. 6.1, nicht publ. in: BGE 135 V 353, aber in:
SVR 2010 IV Nr. 6 S. 13). Es ist in der vorinstanzlichen Beurteilung, wonach
die physischen Einschränkungen und das Alter, jedoch keine weiteren
persönlichen oder beruflichen Merkmale zu berücksichtigen seien, keine
rechtsfehlerhafte Ermessensausübung erkennbar.

Mit Blick auf die in E. 4.3 dargelegten Grundsätze über die Berücksichtigung
des vorgerückten Alters im Bereich der Unfallversicherung kann schliesslich der
Rüge des Versicherten, es sei ihm wegen seines Alters kein Invalideneinkommen
mehr anzurechnen, nicht gefolgt werden.

6. 
Es wird schliesslich letztinstanzlich neu geltend gemacht, dass die Löhne in
der Region Ostschweiz um 4,4 % unterhalb des schweizerischen Durchschnittslohns
der Baubranche liegen würden und deshalb eine Parallelisierung der
Vergleichseinkommen zu erfolgen habe. Das Vorbringen von Tatsachen, die bereits
der Vorinstanz hätten unterbreitet werden können, ist grundsätzlich unzulässig
(Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129; Botschaft zur
Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4339 f.
Ziff. 4.1.4.3). Anzumerken bleibt, dass zur Prüfung der
Unterdurchschnittlichkeit des Valideneinkommens einerseits nicht auf das
Lohnniveau in der jeweils in Betracht fallenden Grossregion, sondern auf
gesamtschweizerische Verhältnisse abzustellen ist (SVR 2012 UV Nr. 26 S. 93,
8C_744/2011 E. 5.2). Andererseits ist erst ab einer Differenz von 5 % zu
parallelisieren (BGE 135 V 297 E. 6.1.3 S. 304).

7. 
Die Beschwerde kann ohne Durchführung des Schriftenwechsels (Art. 102 Abs. 1
BGG) erledigt werden.

8. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten
werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. November 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Ursprung

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben