Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.410/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_410/2013 {T 0/2}     

Urteil vom 15. Januar 2014

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Frésard, Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
C.________,
handelnd durch Massimo Aliotta, und dieser vertreten durch Rechtsanwältin
Franziska Venghaus,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 24. April 2013.

Sachverhalt:

A. 
Der 1959 geborene C.________ war seit 1. Januar 2007 als Maschinenarbeiter bei
der S.________ AG tätig und dadurch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am
18. April 2011 erlitt er als Beifahrer eines Autos eine Auffahrkollision.
Gleichentags wurde im Spital A.________ eine Schulterkontusion rechts mit
AC-Gelenksbeteiligung diagnostiziert. Am 27. Oktober 2011 reichte C.________
eine Rückfallmeldung ein, in der er als betroffenen Körperteil die
Halswirbelsäule bezeichnete und eine aus dem Unfall resultierende
Arbeitsunfähigkeit ab 6. bis 23. Oktober 2011 angab. Zufolge der
diagnostizierten symptomatischen AC-Gelenksarthrose rechts mit begleitender
Partialruptur der Supraspinatussehne erfolgte am 10. Januar 2012 im Spital
A.________ eine offene Rekonstruktion der Rotatorenmanschette und
AC-Gelenksresektion rechts. Gestützt auf eine ärztliche Beurteilung des
Kreisarztes Dr. med. G.________ vom 24. Februar und 8. März 2012 verneinte die
SUVA mit Verfügung vom 12. März 2012 eine Leistungspflicht für die als Rückfall
gemeldeten Schulterbeschwerden, da kein sicherer oder wahrscheinlicher
Kausalzusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden und dem Unfallereignis
bestehe. Mit Einspracheentscheid vom 25. Juli 2012 hielt die SUVA unter Hinweis
auf eine lediglich vorübergehende Verschlimmerung eines degenerativen
Vorzustandes an ihrem Standpunkt fest.

B. 
C.________ liess dagegen Beschwerde erheben und die Zusprechung der ihm
zustehenden Versicherungsleistungen (Taggelder und Heilungskosten),
eventualiter die Einholung eines Gutachtens durch das Gericht beantragen. Zur
Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die kreisärztlichen (Kurz)
Beurteilungen erfüllten die Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Unter
Beilage einer Chirurgisch-Orthopädischen Beurteilung des Dr. med. L.________,
Facharzt für Chirurgie sowie für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des
Bewegungsapparates, SUVA Versicherungsmedizin, vom 8. Januar 2013 beantragte
die SUVA die Abweisung der Beschwerde. Mit Entscheid vom 24. April 2013 wies
das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau die Beschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt C.________
beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm die ihm
zustehenden Versicherungsleistungen (Taggelder und Heilungskosten)
auszurichten, eventualiter sei die Sache zwecks Einholung eines medizinischen
Gutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht und die SUVA schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung
der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die Grundlagen über den
für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers vorausgesetzten
natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem
Gesundheitsschaden (BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181 mit Hinweisen)
zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Rechtsprechung zum Wegfall
unfallbedingter Ursachen eines Gesundheitsschadens bei Erreichen des status quo
sine vel ante und die damit verbundene Beweislast (SVR 2011 UV Nr. 4 S. 12 E.
3.2, 8C_901/2009) sowie zur Leistungspflicht bei Rückfällen und Spätfolgen
(Art. 11 UVV). Richtig sind schliesslich die Ausführungen zum im
Sozialversicherungsrecht üblicherweise massgebenden Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125) sowie zum
Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232;
125 V 351      E. 3a S. 252). Darauf wird verwiesen.

3. 
Streitig und zu prüfen ist die Leistungspflicht der SUVA für die am    27.
Oktober 2011 als Rückfall gemeldeten Schulterbeschwerden und dabei namentlich
die Frage, ob die Schädigung an der rechten Schulter mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit auf den versicherten Unfall vom 18. April 2011
zurückzuführen ist.

3.1. Die Vorinstanz hat in Würdigung der medizinischen Aktenlage festgestellt,
dass die ab September 2011 geklagten rechtsseitigen Schulterbeschwerden mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) kausal zum Unfall vom 18. April
2011 seien, und deshalb die Verneinung einer Leistungspflicht der SUVA
bestätigt. Sie stützte sich dabei auf die Chirurgisch-Orthopädische Beurteilung
des Dr. med. L.________ vom 8. Januar 2013, welche sie als den
rechtsprechungsgemässen Anforderungen genügend wertete.

3.2. Der Beschwerdeführer kritisiert den vorinstanzlichen Entscheid in
zweierlei Hinsicht. Einerseits sieht er eine Verletzung der Verfahrensgarantien
darin, dass die SUVA mit der Einreichung der Beurteilung vom 8. Januar 2013
Abklärungen unzulässigerweise in das Beschwerdeverfahren verlegt und die
Vorinstanz diese als beweiskräftiges Aktengutachten akzeptiert habe. Wenn das
kantonale Gericht eine im Beschwerdeverfahren eingereichte versicherungsinterne
medizinische Beurteilung als einziges Beweismittel akzeptiere anstatt ein
Gerichtsgutachten einzuholen, so der Beschwerdeführer, verletze es die
Garantien des fairen Verfahrens, u.a. den Grundsatz der prozessualen
Chancengleichheit und das Gebot der Waffengleichheit sowie den Anspruch auf
rechtliches Gehör. Andererseits spricht der Beschwerdeführer der Beurteilung
des Dr. med. L.________ einen Beweiswert ab, da sie im Widerspruch zu den Akten
stehe und die Beschwerden nicht korrekt berücksichtige.

4. 
Im vorliegenden Fall hat die SUVA dem Versicherten mit Schreiben vom 28.
Februar 2012 in Bezug auf die als Rückfall gemeldeten rechtsseitigen
Schulterbeschwerden mitgeteilt, gemäss Beurteilung ihres medizinischen Dienstes
vom 24. Februar 2012 bestehe kein sicherer oder wahrscheinlicher
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 18. April 2011 und den
Schulterbeschwerden, weshalb eine Leistungspflicht zu verneinen sei. Dr. med.
H.________, Arzt für Allgemeine Medizin FMH, teilte der SUVA am 3. März 2012
unter Darlegung des Sachverhalts aus seiner Sicht mit, er verstehe den
ablehnenden Entscheid absolut nicht und hoffe auf ein Zurückkommen auf diesen.
Gestützt auf eine zweieinhalbseitige kreisärztliche Beurteilung des Dr. med.
G.________ vom 8. März 2012 verfügte die SUVA am 12. März 2012 die Ablehnung
der Leistungspflicht. Einspracheweise liess der Versicherte unter Beilage des
Austrittsberichts des Spitals A.________ vom 12. Januar 2012 rügen, die
medizinischen Akten seien unvollständig und in der Verfügung einseitig
gewürdigt worden. Nach Einholung des KG-Eintrages vom 9. Mai und 9. September
2011 sowie eines Zwischenberichts des Dr. med. H.________ vom 9. Juni 2012, des
Überweisungsschreibens an das Spital A.________ vom 12. September 2011 sowie
einer erneuten Stellungnahme des Dr. med. G.________ vom 25. Juli 2012 hielt
die SUVA mit Einspracheentscheid vom 25. Juli 2012 an ihrem Standpunkt fest.
Nachdem der Versicherte beschwerdeweise wiederum eine mangelhafte
Sachverhaltsabklärung und Beweiswürdigung rügen liess und den kreisärztlichen
Kurzbeurteilungen den Beweiswert absprach, reichte die SUVA zusammen mit der
Beschwerdeantwort eine 19seitige Chirurgisch-Orthopädische Beurteilung des Dr.
med. L.________, SUVA Versicherungsmedizin, vom 8. Januar 2013 ein, auf welche
sich der vorinstanzliche Entscheid im Wesentlichen stützt.

5. 
Streitig und zu prüfen ist zunächst, ob die Einreichung der Beurteilung des Dr.
med. L.________ durch die SUVA im kantonalen Beschwerdeverfahren zulässig war.

5.1. Nach Art. 43 Abs. 1 ATSG prüft der Versicherungsträger die Begehren, nimmt
die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen
Auskünfte ein. Das Gesetz weist somit dem Durchführungsorgan die Aufgabe zu,
den rechtserheblichen Sachverhalt nach dem Untersuchungsgrundsatz abzuklären,
und zwar richtig und vollständig, so dass gestützt darauf die Verfügung über
die jeweils in Frage stehende Leistung ergehen kann (Art. 49 ATSG). Die
Verwaltung darf die für die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
notwendigen Abklärungen rechtsprechungsgemäss grundsätzlich nicht ins
Einspracheverfahren verschieben, da dieses sonst weitgehend seinen Sinn und
Zweck verlöre, letztlich die Gerichte zu entlasten (BGE 132 V 368 E. 5 S. 374
mit Hinweisen). Entsprechend darf die Verwaltung nicht zunächst eine Verfügung
mit einer Standard-Begründung erlassen, um in der Folge erst im
Einspracheentscheid die im konkreten Fall massgeblichen Gründe für die
behördliche Anordnung anzuführen und die Begründung damit gleichsam
nachzuschieben. Vielmehr hat sie die Verfügung mit erkennbarer Bezugnahme auf
die getätigten Abklärungen zu begründen (SVR 2009 UV Nr. 30 S. 105 E. 3.3,
8C_413/2008).

5.2. Der Beschwerde sodann kommt nach Art. 56 ff. ATSG als ordentlichem
Rechtsmittel Devolutiveffekt zu. Eingeschränkt wird dieser Effekt indessen
durch Art. 53 Abs. 3 ATSG, welcher bestimmt, der Versicherungsträger könne eine
Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen den Beschwerde erhoben wurde,
so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt.
Die formgültige Beschwerdeerhebung begründet, (zusammen mit der
Beschwerdeantwort des Versicherungsträgers) demnach grundsätzlich die alleinige
Zuständigkeit des kantonalen Gerichts, über das in der angefochtenen Verfügung
(bzw. im angefochtenen Einspracheentscheid) geregelte Rechtsverhältnis zu
entscheiden. Somit verliert der Versicherungsträger die Herrschaft über den
Streitgegenstand, und zwar insbesondere auch in Bezug auf die tatsächlichen
Verfügungs- und Entscheidungsgrundlagen. Die Beschwerdeinstanz hat den
rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln (Art. 61 lit. c
ATSG) und ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Art. 61 lit. d
ATSG). Folgerichtig ist es der Verwaltung grundsätzlich verwehrt, nach
Einreichung des Rechtsmittels weitere oder zusätzliche Abklärungen vorzunehmen,
soweit sie den Streitgegenstand betreffen und auf eine allfällige Änderung der
angefochtenen Verfügung durch Erlass einer neuen abzielen (BGE 136 V 2 E. 2.5
S. 5 mit Hinweis auf BGE 127 V 228 E. 2 b/aa S. 231 f.).

5.3. Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht muss schliesslich
gemäss Art. 61 lit. a ATSG einfach und rasch sein. Die anzustrebende Raschheit
des Verfahrens schliesst es aus, dass die Verwaltung während des kantonalen
Verfahrens umfangreiche und zeitraubende Zusatzabklärungen tätigt. Aufgrund der
gebotenen Einfachheit des Prozesses kann der Versicherungsträger im Weiteren
rechtsprechungsgemäss keine Abklärungsmassnahmen treffen, welche der Mitwirkung
der versicherten Person bedürften. Erlaubt sind der Verwaltung demgegenüber in
aller Regel punktuelle Abklärungen (wie das Einholen von Bestätigungen,
Bescheinigungen oder auch Rückfragen bei medizinischen Fachpersonen oder
anderen Auskunftspersonen). Wegleitende Gesichtspunkte für die Beantwortung der
Frage, was im kantonalen Verfahren noch zulässiges Verwaltungshandeln
darstellt, bilden die inhaltliche Bedeutung der Sachverhaltsvervollständigung
und die zeitliche Intensität allfälliger weiterer Abklärungsmassnahmen (BGE 136
V 2 E. 2.7 S. 6 mit Hinweisen auf BGE 127 V 228 E. 2b/aa+bb S. 231 ff.).

5.4. Zusammenfassend grenzen die dargelegten Regelungen die Zuständigkeiten im
Administrativverfahren und im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren voneinander
ab und dienen dem Gebot der Einfachheit und Raschheit des Verfahrens (Art. 61
lit. a ATSG). Aus dem in diesem Zusammenhang mehrfach zitierten BGE 127 V 228
ergibt sich, dass im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren eine
Sachverhaltsvervollständigung durch die Verwaltung im Rahmen punktueller
Abklärungen rechtsprechungsgemäss in aller Regel noch zulässig ist, wohingegen
umfassendere Abklärungen wie eine medizinische Begutachtung mit Mitwirkung der
versicherten Person oder vergleichbare zeitraubende Beweismassnahmen den Rahmen
sprengen.

5.5. Verfügung und Einspracheentscheid der SUVA waren unter Hinweis auf die
kreisärztlichen Kurzbeurteilungen des Dr. med. G.________ begründet worden. Die
mit der Beschwerdeantwort eingereichte umfassende Aktenbeurteilung des Dr. med.
L.________ vom 8. Januar 2013 sodann erfolgte ohne Mitwirkung des Versicherten
und verursachte keine namhafte zeitliche Verzögerung des Verfahrens. Sie wurde
dem Beschwerdeführer vor Durchführung des zweiten Schriftenwechsels zugestellt.
Da es sich bei der versicherungsinternen Aktenbeurteilung des Dr. med.
L.________ vom 8. Januar 2013 nicht um ein Gutachten nach Art. 44 ATSG handelt,
ist der Einwand des Versicherten bezüglich Verletzung von Mitwirkungsrechten
nicht stichhaltig (BGE 135 V 465 E. 4.2 S. 468 mit Hinweis). Unter
Berücksichtigung der obgenannten Kriterien war die Einreichung der
Aktenbeurteilung durch die SUVA im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zulässig.

6. 
Eine andere Frage ist, ob die Vorinstanz auf die mit der Beschwerdeantwort
eingereichte Aktenbeurteilung des Dr. med. L.________ vom       8. Januar 2013
abstellen durfte oder ob sie ein Gerichtsgutachten hätte einholen müssen.

6.1. Anspruch auf ein Gerichtsgutachten besteht rechtsprechungsgemäss, wenn die
Abklärungsergebnisse aus dem Verwaltungsverfahren in rechtserheblichen Punkten
nicht ausreichend beweiswertig sind (BGE 137 V 210 E. 4.4.1.5 S. 265). Zu
beachten ist diesbezüglich, dass Berichten versicherungsinterner medizinischer
Fachpersonen praxisgemäss nicht dieselbe Beweiskraft zukommt, wie einem
gerichtlichen oder einem im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger
in Auftrag gegebenen Gutachten. Soll ein Versicherungsfall ohne Einholung eines
externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge
Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der
Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen
Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 135 V 465 E.
4.4   S. 470; vgl. auch Urteil 8C_ 224/2013 vom 17. Juni 2013 E. 2.2).

6.2. Wie der Beschwerdeführer geltend macht und was die Vorinstanz im
angefochtenen Entscheid bestätigt, sind die im Verwaltungsverfahren eingeholten
ärztlichen Beurteilungen des Kreisarztes Dr. med. G.________ sehr knapp
gehalten. Die Kurzbeurteilung vom 24. Februar 2012 beschränkt sich auf die
Feststellung, es liege keine Kausalität vor, weil während sechs Monaten keine
ärztliche Behandlung notwendig gewesen sei, weshalb Brückensymptome fehlten,
und weil das MRI ausschliesslich degenerative Veränderungen zeige. Nachdem Dr.
med. H.________ im Schreiben vom 3. März 2012 an die SUVA auf die in den
erwähnten sechs Monaten durchgeführte Behandlung sowie auf die am 10. Januar
2012 stattgefundene offene Rekonstruktion der Rotatorenmanschette und
AC-Gelenkresektion hingewiesen hatte, hielt Dr. med. G.________ am 8. März 2012
an seiner Beurteilung fest. Auf rund zweieinhalb Seiten hielt er den
aktenmässigen Verlauf fest, ohne jedoch die hausärztliche Behandlung und den
operativen Eingriff zu erwähnen, und beurteilte die Situation unter Hinweis
darauf, dass über die Behandlung vom 9. Mai 2011 keine Unterlagen vorlägen.
Nach Vervollständigung der Unterlagen im Einspracheverfahren hielt Dr. med.
G.________ im Rahmen einer erneuten kurzen Stellungnahme vom 25. Juli 2012 an
seiner Beurteilung fest mit der Begründung, er verneine einen unfallbedingten
bone bruise und das Ergebnis des MRI trete bei degenerativen Veränderungen
gewöhnlich auf. Mit den Einwendungen des Hausarztes Dr. med. H.________ setzte
er sich wiederum nicht auseinander.

6.3. Die aus dem Verwaltungsverfahren vorhandenen Abklärungsergebnisse des
Kreisarztes Dr. med. G.________ können mithin nicht als beweiswertige
Beurteilungsgrundlage betrachtet werden. Sie sind sehr knapp gehalten, basieren
teilweise auf einer unvollständigen Aktenlage und ziehen daraus bezüglich
fehlender Behandlung einen falschen Schluss. An dieser mangelhaften
Beurteilungsgrundlage vermag auch die von der SUVA im kantonalen Verfahren mit
der Beschwerdeantwort eingereichte Chirurgisch-Orthopädische Beurteilung des
Dr. med. L.________ vom 8. Januar 2013 nichts zu ändern. Entgegen den
Erwägungen des kantonalen Gerichts handelt es sich dabei nicht um ein (Akten-)
Gutachten (vgl. E. 5.5), sondern lediglich um eine medizinische Stellungnahme
einer Partei. Sie ist überdies sehr theoretisch und umfangreich, beschränkt
sich seitenweise auf die Zusammenfassung der medizinischen Vorakten sowie die
Wiedergabe von medizinischer Literatur und geht kaum auf den konkreten Fall
ein. Da somit auch unter Würdigung der Aktenbeurteilung des Dr. med. L.________
entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht von einer genügend beweiswertigen
Beurteilungsgrundlage ausgegangen werden kann, braucht nicht weiter auf das in
prozessualer Hinsicht in Frage gestellte Vorgehen (vgl. E. 3.2) der SUVA
eingegangen zu werden. Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit
sie zur Frage der (Teil-) Unfallkausalität ein Gerichtsgutachten einhole und
alsdann über die Beschwerde neu entscheide.

7. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Rückweisung der Sache zu
ergänzenden Abklärungen und neuem Entscheid mit noch offenem Ausgang gilt
hinsichtlich der Kosten- und Entschädigungsfolgen als volles Obsiegen des
Beschwerdeführers, weshalb die Beschwerdegegnerin als unterliegende Partei die
Gerichtskosten zu tragen und dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine
Parteientschädigung zu entrichten hat (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 und Abs.
2 BGG; BGE 133 V 642).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 24. April 2013 aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen
wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Januar 2014

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch

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