Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.389/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_389/2013

Urteil vom 15. Oktober 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
H.________,
vertreten durch Rechtsdienst Integration Handicap,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 14. März 2013.

Sachverhalt:

A. 
H.________, geboren 1951, war bei der X.________ AG angestellt und für den
Sicherheitsbereich der Geschäftsstelle Zürich zuständig, als er sich am 20.
März 1996 bei einem Motorradunfall am linken Unterarm verletzte. Es verblieben
Belastungs- und Funktionsbeschwerden, weshalb er als Warenhausdetektiv nicht
mehr eingesetzt werden konnte und ihm die Stelle von der Arbeitgeberin per 30.
Juni 1998 gekündigt wurde. Ab dem 1. Juni 1999 führte er eine Tankstelle. Die
IV-Stelle des Kantons Zürich gewährte unter der Annahme, dass H.________ in
einer leidensangepassten Tätigkeit zu 100% arbeitsfähig sei und seit dem 1.
Juni 1999 auch ein rentenausschliessendes Einkommen zu erzielen vermöge, eine
bis zum 30. Juni 1999 befristete Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von
48%. Nach seiner Neuanmeldung bezog H.________, wiederum unter Annahme einer
100%igen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit, seit dem 1.
Juli 2006 erneut eine Viertelsrente bei einem Invaliditätsgrad von 48%. Im Zuge
eines von Amtes wegen eingeleiteten Revisionsverfahrens holte die IV-Stelle ein
Gutachten des Dr. med. S.________, Orthopädische Chirurgie und Traumatologie
des Bewegungsapparates FMH, vom 28. April 2010 ein. Mit Verfügung vom 3.
November 2011 hob sie die Invalidenrente unter Hinweis auf einen
rentenausschliessenden Invalidiätsgrad von 16% auf.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 14. März 2013 ab.

C. 
H.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides und der
Revisionsverfügung vom 3. November 2011. Des Weiteren ersucht er um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art.
105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG)
und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.,
134 V 250 E. 1.2 S. 252, je mit Hinweisen). Unter Berücksichtigung der
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315, 65 E. 1.3 S. 67 f.,
je mit Hinweisen).

2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen der
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung
mit Art. 4 Abs. 1 IVG), zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2
IVG), zur Ermittlung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG), zur Rentenrevision (Art.
17 ATSG) sowie zum Beweiswert von Arztberichten und medizinischen Gutachten (
BGE 135 V 465 E. 4.3 S. 468 ff.; 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3. 
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen ist der Beschwerdeführer gestützt auf
das Gutachten des Dr. med. S.________ in einer leidensangepassten Tätigkeit
auch weiterhin zu 100% arbeitsfähig. Das kantonale Gericht geht indessen davon
aus, dass sich hinsichtlich der Funktionstüchtigkeit und Belastbarkeit der
linken Hand zufolge einer Anpassung und Gewöhnung an die vorhandenen
Einschränkungen eine erhebliche Verbesserung eingestellt habe. Es bestehe eine
geringere Behinderung als bei der Rentenzusprechung im Jahr 2006 und eine
Umschulung sei für die Ausübung einer leidensangepassten Tätigkeit nicht
erforderlich. Aus diesem Grund sei dem Versicherten, der zwischenzeitlich einen
Imbisswagen betrieben, später ein Bistro geführt hatte und seit dem 1. August
2007 als selbstständig erwerbender Taxifahrer tätig war, ein höheres
Invalideneinkommen als bisher anzurechnen. Die Vorinstanz stellte nunmehr
anders als noch bei der ursprünglichen Rentenzusprechung auf den statistischen
Durchschnittslohn aller Wirtschaftszweige (Total) für Tätigkeiten nach
Anforderungsniveau 3 (statt 4) ab und gewährte einen 10%igen leidensbedingten
Abzug (anstelle einer 20%igen Reduktion). Dagegen richtet sich die Beschwerde.
Es wird sinngemäss im Wesentlichen geltend gemacht, dass nicht eine erhebliche
Veränderung in den gesundheitlichen oder erwerblichen Verhältnissen zur
Aufhebung der Rente geführt habe, sondern dass das kantonale Gericht zu Unrecht
die erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung neu beurteilt habe.

4. 
Ob die vom kantonalen Gericht angenommene Verbesserung der Funktionstüchtigkeit
und Belastbarkeit der linken Hand bei ansonsten gleichbleibender 100%iger
Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit eine Rentenrevision zu
rechtfertigen vermöchte (vgl. BGE 130 V 343 E. 3.5 S. 349), braucht nicht
abschliessend geklärt zu werden. Entscheidwesentlich ist, dass sich die
Anwendung von Anforderungsniveau 3 gestützt auf die vorinstanzlichen Erwägungen
nicht rechtfertigen lässt (zur diesbezüglich freien Kognition des
Bundesgerichts: BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; SVR 2008 IV Nr. 4 S. 9, I 732/06
E. 4.2.2).

Die Anrechnung eines Invalideneinkommens entsprechend dem statistischen
Durchschnittslohn aller Wirtschaftszweige (Total) setzt Berufs- und
Fachkenntnisse in verschiedenen Branchen voraus. Inwieweit sich der
Beschwerdeführer seit der Rentenzusprechung per 1. Juli 2006 solche
Fertigkeiten angeeignet hätte oder zufolge einer gesundheitlichen Verbesserung
zum unfallbedingt vor über zehn Jahren aufgegebenen angestammten Beruf hätte
zurückkehren beziehungsweise als gelernter Verkäufer auf andere besondere, etwa
handwerkliche Talente hätte zurückgreifen können, wird im angefochtenen
Entscheid nicht dargelegt. Dass der Versicherte in erwerblicher Hinsicht von
der vom kantonalen Gericht angenommenen gesteigerten Funktionstüchtigkeit der
linken Hand zufolge Gewöhnung beträchtlich profitieren könnte, ist damit nicht
ausgewiesen. Abzustellen war auf Seiten des Invalideneinkommens daher auch
weiterhin, wie bei der letzten Rentenzusprechung, auf Anforderungsniveau 4. Auf
die Höhe des von der Vorinstanz gewährten 10%igen Abzuges vom Tabellenlohn (BGE
129 V 472 E. 4.2.3 S. 481; 126 V 75 E. 5 S. 78 ff.) ist hier nicht
zurückzukommen; es ergibt sich daraus keine rentenrelevante Änderung.

Damit steht dem Beschwerdeführer auch über den 31. Dezember 2011 hinaus eine
Viertelsrente zu.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
Prozessausgang entsprechend der Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1
Satz 1 BGG); des Weiteren hat sie dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung
zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist
damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 14. März 2013 und die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Zürich vom 3. November 2011 werden aufgehoben.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Oktober 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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