Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.367/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_367/2013

Urteil vom 18. Juni 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger,
Beschwerdeführer,

gegen

Dienststelle Wirtschaft und Arbeit (wira), Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern
, Bürgenstrasse 12, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Beitragszeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
vom 8. April 2013.

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 3. bzw. 6. Februar 2012 meldete sich A.________ bei der
Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung und zum Leistungsbezug an. Mit
Verfügung vom 24. Februar 2012 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons
Luzern (nachfolgend Kasse) den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, da er
die vom 3. Februar 2010 bis 2. Februar 2012 dauernde Beitragszeit nicht erfüllt
und diesbezüglich auch kein Befreiungsgrund vorgelegen habe. Die hiegegen
erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 21. Juni 2012 ab. Mit
unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 29. Juni 2012 verneinte
die Dienststelle Wirtschaft und Arbeit des Kantons Luzern (wira) die
Vermittlungsfähigkeit des Versicherten ab 3. Februar 2012.

A.b. Mit Verfügungen vom 27. Juni 2012 gewährte die IV-Stelle Luzern dem
Versicherten ab 1. März bis 30. Juni 2006 eine ganze Invalidenrente, ab 1. Juli
bis 30. September 2006 eine halbe Invalidenrente, ab 1. Oktober 2006 bis 31.
August 2007 keine Invalidenrente und ab 1. September 2007 bis 31. März 2008
eine ganze Invalidenrente. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das kantonale
Gericht mit Entscheid vom 8. April 2013 ab. Diese Sache ist Gegenstand des
Parallelverfahrens 8C_366/2013, das auch mit heutigem Urteil erledigt wurde.

B.
Die gegen den Einspracheentscheid der Kasse vom 21. Juni 2012 eingereichte
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (heute:
Kantonsgericht Luzern) mit Entscheid vom 8. April 2013 ab, nachdem es das
zuhanden der IV-Stelle Luzern erstellte Gutachten der MEDAS vom 23. Dezember
2010 beigezogen hatte.

C.
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen
Entscheides sei festzustellen, dass in der Zeit vom 3. Februar 2010 bis 2.
Februar 2012 ein Befreiungsgrund von der Beitragspflicht vorliege; die Sache
sei zur weiteren Klärung des Anspruchs auf Arbeitslosengelder ab 3. Februar
2012 an die Kasse bzw. die wira zurückzuweisen.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend
gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur
die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art.
105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher
Tatsachen sowie die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den
Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die aufgrund
Letzterer gerichtlich festgestellte Arbeitsfähigkeit und die konkrete
Beweiswürdigung sind Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht publ. E. 4.1
des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/
2009]).

2.
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über die Erfüllung der Beitragszeit als einer
Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1
lit. e, Art. 13 Abs. 1 AVIG), die Rahmenfristen (Art. 9 AVIG) und die Befreiung
von der Erfüllung der Beitragszeit unter anderem bei Krankheit (Art. 14 Abs. 1
lit. b AVIG; Art. 11 Abs. 4 Satz 1 AVIV; BGE 126 V 384 E. 2b S. 386 f.; vgl.
auch BGE 139 V 37 E. 5.1 S. 38) richtig dargelegt. Gleiches gilt zur
Anspruchsvoraussetzung der Vermittlungsfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 lit. f, Art. 15
Abs. 1 AVIG; BGE 125 V 51 S. 58 E. 6a) und zum Beweiswert von Arztberichten (E.
1 hievor). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf
Arbeitslosenentschädigung ab 3. Februar 2012.

3.1. Die Vorinstanz hat mit einlässlicher Begründung - auf die verwiesen wird -
erwogen, dass der Versicherte in der vom 3. Februar 2010 bis 2. Februar 2012
dauernden Rahmenfrist nicht nach Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG von der Erfüllung
der Beitragzeit befreit ist. Denn gemäss dem Gutachten der MEDAS vom 23.
Dezember 2010 sei er in einer behinderungsangepassten Tätigkeit zu 70 %
arbeitsfähig gewesen (zur Gleichstellung von Vollzeit- und
Teilzeitbeschäftigung hinsichtlich der Erfüllung der Beitragszeit vgl. BGE 139
V 37 E. 5.1 S. 39). Diesem Ergebnis ist beizupflichten. Festzuhalten ist
Folgendes:

3.2. Nicht stichhaltig ist der Einwand des Versicherten, er habe die
Einschätzung der MEDAS im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren
angefochten. Denn in diesem Parallelverfahren 8C_366/2013 E. 3 wurde mit
heutigem Urteil entschieden, dass auf das MEDAS-Gutachten vom 23. November 2010
abgestellt werden könne; der Versicherte sei seit 9. November 2009 bis 27. Juni
2012 - mithin auch in der hier fraglichen Rahmenfrist für die Beitragszeit - in
einer leidensangepassten Arbeit zu 70 % arbeitsfähig gewesen. Auf die dortigen
Erwägungen kann verwiesen werden (vgl. auch Urteil 8C_829/2011 vom 9. März 2012
E. 6.2).

3.3. Der Beschwerdeführer wendet ein, er habe keine Kenntnis von seiner
teilweisen Arbeitsfähigkeit gehabt. Er habe klar auf die Stellungnahmen der
SUVA und seiner behandelnden Ärzte vertrauen dürfen, wonach eine 100%ige
Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Anders läge der Fall, wenn er bereits
während der relevanten Beitragsbefreiungszeit Kenntnis von einer
medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit erhalten hätte.
Die Vorinstanz stellte fest, der Versicherte habe vom MEDAS-Gutachten vom 23.
November 2010 kurz nach dem 13. März 2011 Kenntnis nehmen können, als bereits
mehr als zwölf Monate der relevanten Rahmenfrist für die Beitragzeit
verstrichen gewesen seien; damit sei ihm nicht frühzeitig bekannt gewesen, dass
ihm eine leidensangepasste Tätigkeit zu 70 % zugemutet worden sei; er habe auch
nicht erkennen können, dass er sich nicht auf die gegenteilige Einschätzung
seines Hausarztes habe verlassen dürfen, der ihn seit dem 9. November 2009 und
seit dem 26. Januar 2012 bis auf Weiteres als vollständig arbeitsunfähig
erachtet habe. Diese Feststellungen sind unbestritten. Weiter hat die
Vorinstanz jedoch richtig erwogen, dass diese Umstände irrelevant sind, da sich
das Vorliegen des Befreiungstatbestandes Krankheit, Unfall oder Mutterschaft
gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG grundsätzlich nach objektiver
Betrachtungsweise, somit ex post, bestimmt. Ob sich eine versicherte Person
nach eigener Einschätzung gesundheitsbedingt ausser Stande sieht, eine
beitragspflichtige (Teilzeit-) Beschäftigung auszuüben, ist demgegenüber nicht
massgebend. Daran ändert nichts, dass im Zuge der Abklärungen hinsichtlich
unfall- und/oder invalidenversicherungsrechtlicher Ansprüche, die häufig
längere Zeit dauern, allenfalls kontroverse Stellungnahmen der involvierten
Ärzte zur Arbeitsfähigkeit vorliegen (Urteile 8C_988/2008 vom 14. Mai 2009 E.
4.2.1 und C 333/00 vom 11. April 2002 E. 3).
In diesem Lichte ist der Vorinstanz auch beizupflichten, der Versicherte könne
nichts zu seinen Gunsten daraus ableiten, dass ihm basierend auf einer 100%igen
Arbeitsunfähigkeit während dreizehn Monaten (in der Beitragszeit) Taggelder der
Unfallversicherung ausgerichtet worden seien. Ob diese Taggelder - entgegen der
Auffassung der Vorinstanz - bezogen auf die Arbeitsunfähigkeit in einer
leidensangepassten und nicht auf diejenige in der angestammten Tätigkeit
ausgerichtet wurden, ist im vorliegenden Zusammenhang letztlich irrelevant.

4.
Die Verfügung der wira vom 29. Juni 2012, womit die Vermittlungsfähigkeit des
Versicherten ab 3. Februar 2012 negiert wurde, erwuchs unangefochten in
Rechtskraft. Damit fehlte es - wie die Vorinstanz richtig festgestellt hat -
bis zum Erlass dieser Verfügung (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 320) auch an dieser
Anspruchsvoraussetzung. Unbehelflich ist der Einwand des Versicherten, es sei
nicht nachvollziehbar, dass die wira während dem laufenden Verfahren seine
Vermittlungsfähigkeit abgeklärt habe.

5.
Der unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und dem
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. Juni 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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