Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.338/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_338/2013

Urteil vom 12. August 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
B.________, handelnd durch R.________,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 19. März 2013.

Sachverhalt:

A.
Der 1990 geborene B.________ leidet an körperlichen und geistigen Behinderungen
ungeklärter Ätiologie und ist daher nicht in der Lage, seine Angelegenheiten
selbst zu besorgen. Am 22. September 2009 wurden seine Eltern, R.________ und
G.________, vom Amtsgericht M.________, Deutschland, als ehrenamtliche Betreuer
bestellt und je zur alleinigen Vertretung des Betroffenen berechtigt. Nachdem
B.________ in die Schweiz umgezogen war, meldete ihn sein Vater am 26. Juli
2010 bei der IV-Stelle des Kantons Zürich zum Leistungsbezug an. Nach
Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach die IV-Stelle dem Versicherten
mit Verfügung vom 4. Januar 2013 ab 1. Januar 2013 bei einem Invaliditätsgrad
von 80 % eine ganze Rente der Invalidenversicherung, ausmachend Fr. 1'170.- pro
Monat, zu.

B.
Auf die durch R.________ hiegegen erhobene Beschwerde trat das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 19. März 2013
nicht ein, da dieser auch auf Aufforderung hin keine Vollmacht von B.________
dem Gericht eingereicht habe.

C.
Mit Beschwerde beantragen R.________ und B.________, die Vorinstanz sei unter
Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides zu verpflichten, über die
Beschwerde vom 4. Februar 2013 einen materiellen Entscheid zu fällen.

Die IV-Stelle des Kantons Zürich und das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht nicht auf die Beschwerde
vom 4. Februar 2013 eingetreten ist, weil der Vater nicht rechtzeitig eine
Vollmacht seines volljährigen Sohnes eingereicht habe.

3.

3.1. Die Befugnis zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Einspracheentscheid
oder eine Verfügung an das kantonale Gericht richtet sich nach Art. 59 ATSG.
Danach ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung oder
den Einspracheentscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren
Aufhebung oder Änderung hat.

3.2. Die Legitimation, einen bestimmten Anspruch auf dem Rechtsmittelweg
geltend zu machen, steht in einem engen Zusammenhang mit der Befugnis, die
versicherte Person bei der Verwaltung zum Bezug der entsprechenden Leistung
anzumelden. Ist eine Person berechtigt, die Anmeldung vorzunehmen, kommt ihr
regelmässig auch die Legitimation zu, den streitigen Anspruch im
Verwaltungsprozess selbstständig zu verfolgen. Gemäss Art. 66 Abs. 1 IVV sind
zur Geltendmachung des Anspruchs befugt: Der Versicherte, sein gesetzlicher
Vertreter sowie Behörden oder Dritte, die den Versicherten regelmässig
unterstützen oder dauernd betreuen. Behörden und Dritte, welche diese
Voraussetzungen erfüllen, können auch die entsprechenden Entscheide auf dem
Rechtsmittelweg weiterziehen (vgl. Urteil I 559/05 vom 31. März 2006 E. 2 mit
weiteren Hinweisen).

4.
Es steht fest und ist unbestritten, dass der Versicherte nicht in der Lage ist,
seine Angelegenheiten selber zu besorgen. Aus diesem Grund wurden die Eltern
des Versicherten vom Amtsgericht M.________, Deutschland, zu ehrenamtlichen
Betreuern bestellt und je zur alleinigen Vertretung des Versicherten
berechtigt. Wie weit diese Massnahmen und insbesondere die gerichtliche
Vollmacht nach dem Umzug in die Schweiz noch gelten, braucht nicht
abschliessend geklärt zu werden, da damit jedenfalls feststeht, dass der
Versicherte von seinem Vater regelmässig unterstützt und dauernd betreut im
Sinne von Art. 66 Abs. 1 IVV wurde. Damit hatte der Vater ein eigenständiges
Recht zur Geltendmachung des Leistungsanspruch; ein solches wurde von der
Beschwerdegegnerin denn auch diskussionslos anerkannt. Nach der erwähnten
Rechtsprechung darf der Vater demnach den entsprechenden Entscheid auch auf dem
Rechtsmittelweg weiterziehen, ohne dass er dafür eine Vollmacht seines Sohnes
benötigte. Welchen Wert der "Vollmacht" vom 4. März 2013 des Sohnes zukommt,
braucht demnach ebenso wenig geprüft zu werden wie die Frage, ob die IV-Stelle
nicht verpflichtet gewesen wäre, dieses an sie gelangte Schreiben gestützt auf
Art. 30 und Art. 58 Abs. 3 ATSG umgehend an das kantonale Gericht
weiterzuleiten. Jedenfalls hat die Vorinstanz durch ihr Beharren auf einer
schriftlichen Vollmacht und ihrem entsprechenden Nichteintretensentscheid gegen
die bundesrechtliche Legitimationsregelung verstossen. Der vorinstanzliche
Entscheid ist demnach aufzuheben und die Sache an das kantonale Gericht
zurückzuweisen, damit es über die übrigen Eintretensvoraussetzungen befinde
und, wenn diese erfüllt sind, die Beschwerde materiell behandle.

5.
Die offensichtlich begründete Beschwerde wird im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2
lit. b BGG erledigt. Die Gerichtskosten sind demnach der Beschwerdegegnerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. August 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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