Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.227/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_227/2013

Urteil vom 22. August 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Freiburg,
Route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Verwaltungsverfahren; Ausstand),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Freiburg
vom 7. Februar 2013.

Nach Einsicht
in die letztinstanzlich mit Urteil des Bundesgerichts 8C_363/2011 vom 11.
Oktober 2012 bestätigte Verfügung der IV-Stelle des Kantons Freiburg vom 24.
Juli 2007, worin ein Anspruch des 1964 geborenen X.________ auf Invalidenrente
verneint ist,
in das dieser Verfügung mit zu Grunde gelegte Gutachten des Psychiaters Dr.
med. H.________ vom 23. Januar 2006,
in das Gesuch von X.________ vom 21. März 2012 um Neuüberprüfung des
Leistungsanspruchs und die hernach geführte Korrespondenz mit Ablehnung einer
Neubegutachtung durch Dr. med. H.________,
in die Verfügung der IV-Stelle vom 25. Mai 2012, worin an der Begutachtung
durch Dr. med. H.________ festgehalten wurde,
in den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom 7. Februar 2012, mit welchem
die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde,
in die dagegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
vom 20. März 2013,
in die Vernehmlassungsantworten der Vorinstanz vom 24. Juli 2013 und der
IV-Stelle vom 8. August 2013,

in Erwägung,
dass im Streit steht, ob der mit der Erstellung der Expertise beauftragte
Sachverständige vom Beschwerdeführer wegen Vorbefassung abgelehnt werden kann,
dass im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung, welche medizinischen Gutachten
im Sozialversicherungsrecht zukommt, an die Unparteilichkeit der begutachtenden
Ärzte ein strenger Massstab anzulegen ist (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 110; 120 V
357 E. 3b in fine S. 367 mit Hinweisen),
dass ein Sachverständiger jedoch nicht allein deshalb als voreingenommen gilt,
wenn er sich schon einmal mit der zu begutachtenden Person befasst hatte und
dabei zu für sie ungünstigen Schlussfolgerungen gelangt war, worauf die
Vorinstanz unter Nennung von BGE 132 V 93 E. 7.2.2 S. 110 zutreffend
hingewiesen hat,
dass entscheidend ist, dass das Ergebnis der Abklärung nach wie vor als offen
und nicht vorbestimmt erscheint (SVR 2009 IV Nr. 16 S. 41 E. 6.2 [Urteil 8C_89/
2007 vom 20. August 2008], mit Hinweis auf BGE 117 Ia 182 E. 3b S. 184),
dass dies in aller Regel zu bejahen ist, wenn der Sachverständige im Anschluss
an eine Neuanmeldung wegen behaupteter gesundheitlicher Veränderungen erneut
zur Begutachtung eingeladen werden soll, stehen hier doch weder die gleichen
Zeiträume noch seine frühere Expertise zur Diskussion,
dass Befangenheit in einem solchen Fall erst entsteht, wenn weitere Umstände
hinzutreten, beispielsweise das erste Gutachten nicht neutral und sachlich
gehalten war (vgl. a.a.O. sowie Urteil I 29/04 vom 17. August 2004 E. 2.2),
dass auch der Vorwurf an den Gutachter, in den vorangegangenen Verfahren keine
Hamilton-Testung zur detaillierteren Einteilung des Schweregrades der
behaupteten Depressionen als jene nach ICD-10 vorgenommen zu haben, keinen
Befangenheitsanschein zu begründen vermag,
dass die Forderung, bei mono- und bidisziplinären Begutachtungen seien die
Experten nach dem Zufallsprinzip zu bestimmen, wie auch die Rüge der
unzureichenden Bemühungen um eine Einigung über den zu beauftragenden
Gutachter, Verfahrensfragen betreffen, die grundsätzlich nicht im Rahmen einer
Beschwerde gegen einen kantonalen Entscheid über Ausstandsbegehren eingebracht
werden können,
dass indessen geltend gemacht werden kann, die Vorinstanz habe diese im
kantonalen Gerichtsverfahren bereits einschlägig vorgebrachten Rügen
unbehandelt gelassen (dazu siehe das zur Publikation vorgesehene Urteil 9C_207/
2012 vom 3. Juli 2013 E. 1.2.6 f.),
dass dieser Einwand bezogen auf die Frage der unterlassenen
Einigungsbestrebungen - anders als jene zur Bestimmung des Gutachters durch das
Zufallsprinzip - begründet ist, stellte dazu doch das kantonale Gericht
lediglich allgemein gehaltene Überlegungen an, ohne sie in erkennbare Weise auf
den konkreten Fall anzuwenden,
dass damit die Sache zur materiellen Behandlung dieser Rüge zurückzuweisen ist,
dass die Beschwerde darüber hinaus aber unbegründet ist, soweit darauf
überhaupt eingetreten werden kann,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Gerichtskosten den Parteien je zur
Hälfte aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG) und die Beschwerdegegnerin dem
Beschwerdeführer eine um 50 % reduzierte Parteientschädigung zu bezahlen hat
(Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG),
dass das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege
gutzuheissen ist, da die Bedürftigkeit aktenkundig ist und die Beschwerde nicht
als aussichtslos zu bezeichnen war (Art. 64 BGG),
dass indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht wird,
wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird,
wenn sie dazu später im Stande ist,

erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts
Freiburg vom 7. Februar 2013 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons
Freiburg vom 25. Mai 2012 werden aufgehoben. Die Sache wird zur neuen
Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Kantonsgericht Freiburg
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Philip Stolkin wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden zu Fr. 250.- dem Beschwerdeführer und
zu Fr. 250.- der Beschwerdegegnerin auferlegt. Der Anteil des Beschwerdeführers
wird vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 400.- zu entschädigen.

5.
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 400.- ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. August 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Grünvogel

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