Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.215/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_215/2013

Urteil vom 4. Juni 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
R.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Franziska Beutler,
Beschwerdeführerin,

gegen

Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG,
PRD Rechtsdienst, Hohlstrasse 552, 8048 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Unfallbegriff),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung,
vom 11. Februar 2013.

Sachverhalt:

A.
R.________, geboren 1964, meldete der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft
(nachfolgend: Allianz), bei welcher sie für die Folgen von Berufs- und
Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert war, am 1. September
2011, dass sie sich am 24. Juli 2010 einen Zahn abgebrochen habe. Sie habe ein
Nussbrot-Sandwich gegessen, in dem sich ein Stück Nussschale befunden habe. Mit
Verfügung vom 11. Mai 2012 und Einspracheentscheid vom 27. Juli 2012 lehnte die
Allianz ihre Leistungspflicht ab.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 11. Februar 2013 ab.

C.
R.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache zu
weiteren Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventualiter sei der
Unfallversicherer zur Übernahme der Heilbehandlung zu verpflichten.

 Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Unfallbegriff
nach Art. 4 ATSG zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Das frühere Eidgenössische Versicherungsgericht (seit 1. Januar 2007: I. und
II. sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts) hat in ständiger
Rechtsprechung erkannt, dass die blosse Vermutung, der Zahnschaden sei durch
einen Fremdkörper verursacht worden, nicht genügt für die Annahme eines
ungewöhnlichen äusseren Faktors ( Turtè Baer, Die Zahnschädigung als Unfall in
der Sozialversicherung, SJZ 1992, S. 324, mit Hinweisen). In diesen Fällen
liegt Beweislosigkeit vor, deren Folgen die versicherte Person zu tragen hat,
welche aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte (BGE
138 V 218 E. 6 S. 221 f.; 117 V 261 E. 3b S. 264 mit Hinweisen), und es besteht
keine Leistungspflicht des Unfallversicherers. Eine blosse Vermutung, dass der
Schaden durch einen ungewöhnlichen äusseren Faktor eingetreten sei, liegt nach
der Rechtsprechung insbesondere auch dann vor, wenn der fragliche Gegenstand
zwar benannt wurde, der entsprechende Nachweis aber nicht erbracht werden
konnte (RKUV 2004 Nr. U 515 S. 418, U 64/02 E. 2.2, E. 2.2.2; RKUV 2004 Nr. U
518 S. 433, U 252/02 E. 6.3).

4.
Wie das kantonale Gericht zutreffend erkannt hat, ist im vorliegenden Fall
nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass der Zahnschaden durch
einen ungewöhnlichen äusseren Faktor verursacht worden sei.

 Entscheidwesentlich ist (neben dem Fehlen des fraglichen Gegenstands, der zur
Zahnschädigung geführt haben soll), dass der Unfallversicherer die
tatsächlichen Verhältnisse mittels Frageblatt detailliert erhoben und damit
seine Verpflichtung zur richtigen und vollständigen Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts erfüllt hat (Untersuchungsgrundsatz; vgl. BGE
138 V 218 E. 6 S. 221; RKUV 2004 Nr. U 515 S. 418, U 64/02 E. 2.2.3), dass sich
aber mangels schlüssiger Beantwortung der gestellten Fragen nicht zuverlässig
beurteilen lässt, ob das Ereignis vom 24. Juli 2010 als Unfall zu qualifizieren
sei. Zwar erwähnte die Versicherte sowohl in der Unfallmeldung vom 1. September
2011 als auch auf dem Frageblatt am 25. September 2011, sie habe auf ein Stück
Nussschale gebissen, welches sich in einem Nussbrot-Sandwich befunden habe. Auf
dem vom Unfallversicherer vorgelegten "Frageblatt Zahnschaden" war zunächst der
Hergang zu schildern und wurde dann danach gefragt, ob sich dabei etwas
Besonderes zugetragen habe ("Biss auf harten Gegenstand, Art des Gegenstands").
Die dritte Frage lautete: "Haben Sie den Gegenstand gesehen oder handelt es
sich um eine Vermutung Ihrerseits-" Die Versicherte beantwortete sie nicht
wirklich. Sie gab dazu Folgendes an: "Nachdem ich darauf gebissen habe, habe
ich den Zahn und die Nussschale rausgespuckt." Es ist nicht nachvollziehbar,
weshalb die Beschwerdeführerin auf diese unmissverständlich formulierte
konkrete Frage keine präzise Antwort hätte geben können. Rechtsprechungsgemäss
vermag es nicht zu überzeugen, wenn sie erst nach dem vorinstanzlichen
Entscheid ergänzt, dass sie die Nussschale in der ausgespuckten Kaumasse
deutlich habe identifizieren können. Letztinstanzlich macht die
Beschwerdeführerin geltend, dass sie sich nur im Rahmen der Unfallmeldung sowie
auf dem Frageblatt Zahnschaden dazu habe äussern können und sich nicht
veranlasst gesehen habe, ihre Aussage durch weitere Beweismittel zu
untermauern. Der Unfallversicherer war indessen nicht gehalten, die Versicherte
im Nachgang zu seinen umfassenden Erhebungen zur weiteren Substantiierung des
gemeldeten Geschehnisses aufzufordern (RKUV 2004 Nr. U 515 S. 418, U 64/02 E.
2.2.3). Weitere Befragungen, wie sie die Beschwerdeführerin beantragt, sind aus
diesen Gründen nicht angezeigt, zumal eine nachträgliche Schilderung des
Sachverhalts durch sie selber oder die letztinstanzlich angerufene Zeugin nicht
zu überzeugen vermöchte.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten
werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 4. Juni 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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