Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.211/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_211/2013 {T 0/2}     

Urteil vom 3. Oktober 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
T.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow,
Beschwerdeführerin,

gegen

Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG,
Mythenquai 2, 8002 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden
vom 17. September 2012.

Sachverhalt:

A.

A.a. T.________ arbeitete im Blumengeschäft X.________ und war bei der Genfer
Allgemeine Versicherungsgesellschaft (heute: Zürich Versicherungsgesellschaft
AG, nachstehend: "Zürich") obligatorisch unfallversichert, als sie am 6.
Februar 2000 bei einem Bahnunglück aus dem Schlafwagenbett geschleudert wurde
und sich eine Verletzung der HWS zuzog. Mit Verfügung vom 3. Juni 2004 sprach
ihr die Zürich ab 1. September 2003 eine Invalidenrente gestützt auf eine 40
%-ige Erwerbsunfähigkeit und eine Integritätsentschädigung auf Basis einer
Einbusse von 40 % zu.

A.b. Mit Verfügung vom 25. Februar 2011 stellte die Invalidenversicherung ihre
Leistungen rückwirkend auf den 31. Dezember 2007 ein. Diese Verfügung erwuchs
unangefochten in Rechtskraft.

A.c. Die daraufhin veranlasste Rentenrevision durch den Unfallversicherer
führte zu einer rückwirkend verfügten abgestuften Rente für das Jahr 2008 auf
Basis eines Invaliditätsgrads von 11 % und einer Renteneinstellung auf den 31.
Dezember 2008, sowie zu einer Rückforderung von zu Unrecht erbrachten
Versicherungsleistungen im Umfang von Fr. 54'828.- (Verfügungen vom 10. Oktober
2011). Daran hielt die Zürich mit Einspracheentscheid vom 20. Januar 2012 fest.

B. 
Die von T.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 17. September 2012 ab.

C. 
Mit Beschwerde lässt T.________ beantragen, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids sei die Zürich anzuweisen, die 40 % - ige
Invalidenrente über den 31. Dezember 2007 hinaus unbefristet weiterhin
auszuzahlen, eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung der erwerblichen
Verhältnisse an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss
Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls
wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht
prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie
eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 

2.1 Gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG wird die Invalidenrente von Amtes wegen oder auf
Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben,
wenn sich der Invaliditätsgrad erheblich ändert.
2.2 Eine Rentenherabsetzung oder Aufhebung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG
setzt eine anspruchserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus,
welche entweder in einer objektiven Verbesserung des Gesundheitszustandes mit
entsprechend gesteigerter Arbeitsfähigkeit oder in geänderten erwerblichen
Auswirkungen einer im Wesentlichen gleich gebliebenen
Gesundheitsbeeinträchtigung liegen kann. Demgegenüber stellt eine bloss
abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhaltes
keine revisionsrechtlich relevante Änderung dar ( BGE 112 V 371E. 2b S. 372
unten; in BGE 136 V 216 nicht publizierte E. 3.2 des Urteils 8C_972/2009,
publiziert in: SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1 mit Hinweis).
2.3 Die Frage der wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen
beurteilt sich durch Vergleich des Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der
ursprünglichen Rentenverfügung bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit der
streitigen Revisionsverfügung. Eine rechtskräftige Revisionsverfügung gilt - im
Hinblick auf eine weitere Revision - ihrerseits als (neue) Vergleichsbasis,
wenn sie auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer
Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines
Einkommensvergleichs (bei Anhaltspunkten für eine Änderung in den erwerblichen
Auswirkungen des Gesundheitszustands) beruht (vgl. BGE 133 V 108).

3.

3.1. Im angefochtenen Entscheid vom 17. September 2012 ging das kantonale
Gericht davon aus, dass bei der rentenzusprechenden Verfügung ein
Prozentvergleich vorgenommen worden sei, welcher zu einer 40 %-igen
Invalidenrente geführt habe. Revisionsweise sei für das Jahr 2009 von einem
Valideneinkommen in Höhe von Fr. 57'188.- und, gestützt, auf den IK-Auszug des
Jahres 2009, von einem Invalideneinkommen von Fr. 55'250.- auszugehen. Dies
führe zu einem rentenausschliessenden Invaliditätsgrad ab 31. Dezember 2008.

3.2. Beschwerdeweise wird geltend gemacht, der Invaliditätsgrad sei anhand
eines Prozentvergleichs ermittelt worden, weshalb ein Wechsel der
Berechnungsmethode bei unveränderten gesundheitlichen Verhältnissen nicht
statthaft sei. Ferner dürfe bei einer Selbstständigerwerbenden nicht auf die
IK-Auszüge abgestellt werden, sondern es müsse eine betriebswirtschaftliche
Abklärung vorgenommen werden.

3.3. Vorab ist festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin mit
Einspracheentscheid vom 20. Januar 2012 gestützt auf die aufgenommene
selbstständige Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin sowohl einen
Einkommensvergleich für das Jahr 2008 wie auch für das Jahr 2009 vornahm. Für
das Jahr 2008 errechnete sie einen Invaliditätsgrad von 11 % und reduzierte
entsprechend die Rentenleistung für das Jahr 2008. Der Einkommensvergleich für
das Jahr 2009 führte zur Renteneinstellung auf den 31. Dezember 2008. Streitig
ist demnach, ob die Beschwerdeführerin über den 31. Dezember 2007 weiterhin
Anspruch auf eine 40 %-ige Invalidenrente hat, insbesondere ob die
Vorgehensweise bei der Ermittlung des Invaliditätsgrads die
Revisionsvoraussetzungen erfüllt und bundesrechtskonform ist. Unangefochten
blieb demgegenüber die gleichzeitig verfügte Rückforderung.

4. 

4.1. Eine Revision kann dann durchgeführt werden, wenn sich die tatsächlichen
Verhältnisse ändern (vgl. E. 2.2). Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine
Revision durch die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gegeben. Das
beschwerdeweise vorgebrachte Argument, die Berechnungsmethode dürfe nicht
geändert werden, ist dabei unbehelflich. Der Prozentvergleich - der eine
zulässige Variante des Einkommensvergleichs ist - hatte anlässlich der
rentenzusprechenden Verfügung seine Berechtigung, was auch nicht bestritten
wird (vgl. in BGE 138 V 339 nicht publizierte E. 3 des Urteils 9C_302/2012,
publiziert in SVR 2012 IV Nr. 56 S. 200; BGE 114 V 310 E. 3a S. 312; Urteile
8C_501/2011 vom 1. März 2012 E. 4.4 und 8C_327/2011 vom 12. August 2011 E.
3.3.2.2; zur Abgrenzung zwischen Prozent- und Betätigungsvergleich siehe auch
Ulrich Meyer, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 2. Aufl. 2010, S. 298
ff.). Wenn im nachfolgenden Revisionsverfahren die beiden Vergleichseinkommen
hinreichend genau eruiert werden konnten, ist es nicht zu beanstanden, dass der
Unfallversicherer den Rentenanspruch anhand eines eigentlichen
Einkommensvergleichs prüfte (Urteile 8C_127/2013 vom 22. April 2013 E. 3.2.1,
vgl. auch 8C_210/2012 vom 27. April 2012 E. 4.1).

4.2. Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde bestehen keine Anhaltspunkte,
beim Valideneinkommen ebenfalls von einem Einkommen aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit auszugehen. Die Ausführungen, wonach zur Ermittlung des
Invalideneinkommens bei Selbstständigerwerbenden nicht auf die IK-Auszüge
abgestellt werden könne, widersprechen der höchstrichterlichen Rechsprechung.
Gemäss dieser hat die Einkommensermittlung so konkret wie möglich zu erfolgen.
Dabei kann das Einkommen von Selbstständigerwerbenden grundsätzlich auf Grund
der IK-Einträge bestimmt werden (Urteil 8C_576/2008 vom 10. Februar 2009 E. 6.2
mit Hinweisen). Weist das erzielte Einkommen starke und verhältnismässig
kurzfristig in Erscheinung getretene Schwankungen auf, ist dabei auf den
während einer längeren Zeitspanne erzielten Durchschnittsverdienst abzustellen
(ZAK 1985 S. 464 E. 2c, I 370/84; vgl. auch AHI 1999 S. 237 E. 3b, I 377/98,
mit Hinweisen; Urteil 8C_576/2008 vom 10. Februar 2009 E. 6.2).

4.3. Es steht fest und ist unbestritten, dass sich die Versicherte aufgrund
ihrer Qualifikationen und Ressourcen weiter entwickeln konnte und die Firma
Y.________ gründete. Insbesondere nicht bestritten ist die Höhe des Einkommens
gemäss IK-Auszügen für die Jahre 2008 und 2009. Weder wurde von der
Beschwerdeführerin dargetan, noch ergeben sich aus den Akten Hinweise darauf,
dass sich die Einkommenssituation in den folgenden Jahren erheblich
verschlechtert hätte. Demnach durften Vorinstanz und Verwaltung davon ausgehen,
dass die Versicherte ab dem Jahre 2009 in der Lage ist, ein
rentenausschliessendes Einkommen zu generieren. Ebenfalls nicht zu beanstanden
ist die Vorgehensweise des Unfallversicherers, zu Gunsten der
Beschwerdeführerin für das Jahr 2008 zu berücksichtigen, dass sich ihr Geschäft
noch in der Aufbauphase befand und demnach für dieses Jahr lediglich das
tatsächlich erzielte Einkommen als Invalideneinkommen anzuerkennen. Da bereits
dieses Einkommen eine erhebliche Einkommenssteigerung gegenüber dem Zeitpunkt
der ursprünglichen Rentenzusprache bedeutet (zur erforderlichen
Erheblichkeitsgrenze der Sachverhaltsänderungen bei einer Veränderung des
Invaliditätsgrades von mehr als 5 %, BGE 133 V 545 E. 6.2 S. 547), durften
Vorinstanz und Verwaltung von einem Invaliditätsgrad von 11 % für das Jahr 2008
und einem rentenausschliessenden Invaliditätsgrad für die Folgejahre ausgehen.
Die Beschwerde der Versicherten ist demnach abzuweisen.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. Oktober 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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