Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.15/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

8C_15/2013 {T 0/2}

Urteil vom 24. Mai 2013
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

S.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Monica Armesto,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 5. November 2012.

Sachverhalt:

A.
Der 1956 geborene S.________ war Bauarbeiter bei der Firma E.________ AG und
damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch
unfallversichert. Am 4. Juli 2009 verunfallte er mit dem Auto in Spanien. Er
zog sich eine Flexionsdistraktionsverletzung HWK6/7 (mit kompletter
Berstungsfraktur HWK6, Frakturverlauf durch beide Laminae HWK7), eine
Deckplattenimpressionsfraktur BWK1 und 2 sowie eine leichte traumatische
Hirnverletzung zu. Am 10. Februar 2010 wurde er im Spital A.________ operiert
(Laminoplastie HWK5); am 24. Februar 2010 erfolgte daselbst eine weitere
Operation (ventrale Spondylodese und Dekompression mit Beckenspan HWK6/7 sowie
Cervios-Cage HWK5/6 und Vectra-Platte 36 mm rigide HWK5 auf HWK7). Die SUVA
erbrachte die gesetzlichen Leistungen in Form von Heilbehandlung und Taggeld.
Mit Verfügung vom 24. Oktober 2011 sprach sie dem Versicherten ab 1. Dezember
2011 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 42 % und eine
Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 20 % zu. Seine
Einsprache wies sie mit Entscheid vom 6. März 2012 ab.

B.
In teilweiser Gutheissung der hiegegen geführten Beschwerde hob das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau den Einspracheentscheid auf und wies
die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen im Sinne der Erwägungen und zum
anschliessenden Erlass einer neuen Verfügung an die SUVA zurück (Entscheid vom
5. November 2012).

C.
Mit Beschwerde beantragt die SUVA, der kantonale Entscheid sei insoweit
aufzuheben, als damit die Adäquanz der psychischen Beschwerden des Versicherten
bejaht worden sei.
Der Versicherte schliesst auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich, da das Verfahren noch
nicht abgeschlossen wird und die Rückweisung auch nicht einzig der Umsetzung
des oberinstanzlich Angeordneten dient, um einen selbstständig eröffneten Vor-
oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Die Zulässigkeit der
Beschwerde setzt somit - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass die
Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b). Im Umstand, dass dieser
Entscheid mit der Bejahung der adäquaten Kausalität zwischen dem Unfall des
Versicherten vom 4. Juli 2009 und den von ihm geklagten psychischen Beschwerden
materiell verbindliche Feststellungen enthält, welche die SUVA bei Vorliegen
der übrigen Erfordernisse verpflichten, Leistungen zuzusprechen, und der darauf
beruhende Endentscheid praktisch nicht angefochten und das Ergebnis nicht mehr
korrigiert werden könnte, ist ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne
des Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu erblicken (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE
135 V 279, aber in: SVR 2009 UV Nr. 40 S. 137 [8C_531/2008]; SVR 2013 UV Nr. 3
S. 7 E. 1 [8C_398/2012]). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
Der Beschwerdegegner, dem die Vorinstanz weniger als beantragt zugesprochen
hat, konnte ihren Entscheid mangels eines für ihn nicht wieder gutzumachenden
Nachteils nicht anfechten. Die Frage der adäquaten Unfallkausalität seiner
psychischen Beschwerden wird vom Bundesgericht endgültig beurteilt, weshalb dem
Beschwerdegegner die Möglichkeit eingeräumt werden muss, hierzu Stellung zu
nehmen. Auf seine diesbezüglichen Vorbringen ist daher vollumfänglich
einzutreten (E. 6 f. hienach; BGE 138 V 106 E. 2 S. 110).

2.
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend
gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur
die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).

Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

3.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Rechtsprechung zu dem für die
Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers nebst anderem
erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall
und dem eingetretenen Schaden richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4.
Unbestritten ist, dass der Fallabschluss auf den 30. November 2011 unter
Einstellung der vorübergehenden Leistungen mit gleichzeitiger Prüfung des
Anspruchs auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung rechtmässig war, da
von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung überwiegend wahrscheinlich keine
namhafte, ins Gewicht fallende Besserung des Gesundheitszustandes mehr zu
erwarten war (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4.3 und E. 6.1 S. 115 f.).

5.
5.1 Umstritten ist, ob ab 1. Dezember 2011 ein adäquater Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall vom 4. Juli 2009 und den geklagten psychischen Beschwerden
des Versicherten vorliegt. Dies ist unbestrittenermassen nach der Praxis zu den
psychischen Unfallfolgen zu beurteilen, mithin unter Ausklammerung der
psychischen Beschwerdekomponenten des Gesundheitsschadens (BGE 115 V 133; vgl.
auch BGE 134 V 109 E. 6.1 S. 116).

5.2 Nicht strittig ist, dass der Unfall vom 4. Juli 2009 (vgl. E. 7.2 hienach)
aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den sich dabei entwickelnden
Kräften (SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 5.2 Ingress) als mittelschwer im mittleren
Bereich zu qualifizieren ist. Demnach kann die Adäquanz nur bejaht werden, wenn
mindestens drei der sieben Adäquanzkriterien erfüllt sind oder eines besonders
ausgeprägt vorliegt (SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 6 Ingress).

6.
6.1 Die Vorinstanz erwog, nicht erfüllt seien die beiden Kriterien der Schwere
oder besonderen Art der erlittenen Verletzungen, insbesondere ihrer
erfahrungsgemässen Eignung, psychische Fehlentwicklungen auszulösen, sowie des
schwierigen Heilungsverlaufs und der erheblichen Komplikationen. Gegeben seien
die drei Kriterien der besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls, der
körperlichen Dauerschmerzen und der langen, physisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit, weshalb die Adäquanz zu bejahen sei. Demnach könne offen
bleiben, ob die beiden Kriterien der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen
Behandlung und der ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich
verschlimmert habe, erfüllt seien.
Die SUVA macht geltend, keines der Adäquanzkriterien sei erfüllt.

6.2 Der Beschwerdegegner bestreitet nicht, dass die zwei Kriterien der Schwere
oder besonderen Art der erlittenen Verletzungen, insbesondere ihrer
erfahrungsgemässen Eignung, psychische Fehlentwicklungen auszulösen, und der
ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung nicht erfüllt sind. Hiermit
hat es somit sein Bewenden. Er beruft sich auf die fünf Adäquanzkriterien der
besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls, der körperlichen Dauerschmerzen, der
ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert
habe, des schwierigen Heilungsverlaufs und der erheblichen Komplikationen sowie
des Grades und der Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit.

7.
7.1 Ob besonders dramatische Begleitumstände oder eine besondere
Eindrücklichkeit des Unfalls vorliegen, beurteilt sich objektiv und nicht
aufgrund des subjektiven Empfindens bzw. Angstgefühls der versicherten Person.
Zu beachten ist, dass jedem mindestens mittelschweren Unfall eine gewisse
Eindrücklichkeit eigen ist, welche somit noch nicht für eine Bejahung des
Kriteriums ausreichen kann (nicht publ. E. 3.5.1 des Urteils BGE 137 V 199; SVR
2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 6.1). Es wird nur das Unfallgeschehen an sich und nicht
die dabei erlittene Verletzung betrachtet. Der nachfolgende Heilungsprozess
wird bei diesem Kriterium nicht einbezogen (Urteil 8C_893/2012 vom 14. März
2013 E. 5.3).

7.2 In der Unfallmeldung vom 20. Juli 2009 wurde angegeben, der Versicherte
habe die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren; dieses sei von der Strasse
abgekommen und habe sich überschlagen. Im Schreiben vom 1. August 2009 gab der
Versicherte der SUVA an, der Unfall sei auf der Autobahn passiert. Er habe
keine Erinnerung an den Unfallhergang. Das Auto müsse sich, laut Aussagen,
mehrmals gedreht haben und sei gegen eine Mauer geprallt. In der amtlichen
Tatbestandsaufnahme der spanischen Behörden wurde der Unfallhergang im
Wesentlichen wie folgt beschrieben: Am 4. Juli 2009, gegen 11.15 Uhr, sei das
vom Versicherten gelenkte Auto auf trockener und von rutschigen Substanzen
freier Strasse, wo diese eine weite Rechtskurve mache und leicht abschüssig
sei, links leicht von der Fahrbahn abgekommen. Danach habe er das Auto
ruckartig nach rechts gesteuert, wodurch dieses unkontrolliert die Fahrbahn
gequert und rechts komplett von der Fahrspur abgekommen sei, gegen die
Grasböschung gestossen sei, sich überschlagen habe und auf dem Wagendach zum
Stillstand gekommen sei. Als Haupt- oder auslösende Ursache des Unfalls werde
eine mögliche Schläfrigkeit des Autolenkers angenommen.
Letztinstanzlich führt der Versicherte aus, wesentlich sei, dass der Unfall auf
der Autobahn bei hoher Geschwindigkeit erfolgt sei, das Fahrzeug die
Fahrstreifen unkontrolliert überquert habe, wobei flüssiger Verkehr geherrscht
habe. Das Auto sei an der Böschung auf der Motorhaube und der Windschutzscheibe
liegen geblieben, wobei das Dach in den Abwasserkanal der Böschung hinausgeragt
habe. Er und seine Beifahrerin hätten sich nicht selbst aus dem Auto befreien
können und hätten von der Feuerwehr geborgen werden müssen. Bis zur Bergung
habe er sich weder bewegen noch durch die Windschutzscheibe etwas sehen können.
Demnach erscheine der Unfall als besonders eindrücklich. Er erinnere sich bloss
nicht daran, wie er die Herrschaft über das Fahrzeug verloren habe; jedoch
könne er sich an den Abschluss des Unfalls, insbesondere die Momente bis zur
Bergung, doch erinnern. In den Akten werde keine Amnesie erwähnt, so dass er
das Unfallereignis verarbeiten müsse.
7.3
7.3.1 In vergleichbaren Fällen hat das Bundesgericht wie folgt entschieden
(vgl. die Praxisübersicht in SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 6.1): Bejaht wurde das
Kriterium bei einem Versicherten, dessen Fahrzeug sich mit einer angegebenen
Geschwindigkeit von rund 90 km/h über die Mittelleitplanke hinweg überschlug
und auf dem Dach zu liegen kam. Dabei wurde der Versicherte aus dem Fahrzeug
geschleudert (Urteil U 492/06 vom 16. Mai 2007 Sachverhalt A und E. 4.3.1). Als
diskutabel wurde erachtet, ob ein Unfall, bei welchem der von der Versicherten
gelenkte Personenwagen ausgangs einer Kurve mit einer Geschwindigkeit von ca.
60 km/h ins Schleudern kam, rechts der Fahrbahn an eine ansteigende Böschung
geriet, sich überschlug und auf dem Dach liegend auf die andere Seite der
Fahrbahn rutschte, wo er zum Stillstand kam, das Kriterium zu erfüllen vermöge
(Urteil 8C_803/2007 vom 3. September 2008 Sachverhalt A und E. 3.4.2). Verneint
wurde das Kriterium bei der Insassin eines Autos, das sich auf der Autobahn bei
einer Geschwindigkeit von ca. 95 km/h wegen eines Reifenplatzers überschlug und
auf dem Dach liegen blieb (nicht publ. E. 3.3.2 des Urteils BGE 129 V 323, aber
in: RKUV 2003 Nr. U 481 S. 203 [U 161/01]).
7.3.2 Die Vorinstanz bejahte das Kriterium unter Berufung auf das Urteil U 492/
06. Indessen wurde der Versicherte vorliegend nicht aus dem Auto geschleudert.
Weiter ist zu beachten, dass er im an die SUVA gerichteten Schreiben vom 1.
August 2009 - also rund einen Monat nach dem Unfall - ausführte, er habe keine
Erinnerung an den Unfallhergang (vgl. E. 7.2 hievor). Auf diese Angabe ist
entgegen seinem letztinstanzlichen Vorbringen abzustellen, da die so genannten
spontanen "Aussagen der ersten Stunde" in der Regel unbefangener und
zuverlässiger sind als spätere Darstellungen, die bewusst oder unbewusst von
nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher oder anderer Art
beeinflusst sein können (BGE 121 V 45 E. 1a S. 47; 115 V 133 E. 8c S. 143;
Urteil 9C_606/2012 vom 14. Januar 2013 E. 4.2). Dem Kriterium der
Begleitumstände/Eindrücklichkeit kann daher nicht die gleiche Bedeutung
beigemessen werden, wie wenn eine ungetrübte Erinnerung an den Unfall und die
damit verbundenen Begleitumstände gegeben wäre. Dem steht nicht entgegen, dass
nicht auf das subjektive Erleben des Unfallgeschehens, sondern auf dessen
objektive Eignung, bei den Betroffenen psychische Beeinträchtigungen
auszulösen, abzustellen ist. Insgesamt ist das Kriterium daher nicht erfüllt
(vgl. nicht publ. E. 3.5.1 des Urteils BGE 137 V 199 mit Hinweisen; Urteil
8C_721/2011 vom 11. November 2011 E. 5.1).
Der Versicherte bringt vor, es sei fraglich, ob stur auf die Erinnerungen der
verunfallten Person abzustellen sei. Ein verdrängtes Ereignis könne durchaus
noch im Unterbewusstsein verankert sein und gerade deshalb zu psychischen
Beschwerden führen. Die fehlende bewusste Erinnerung an den genauen
Geschehensablauf bedeute nicht, dass die verunfallte Person keine
bruchstückhafte Erinnerung an den Unfall hätte und durch diese
Erinnerungsbruchstücke psychisch belastet sei. Diese Einwände sind
unbehelflich. Denn Gründe für eine Praxisänderung (siehe BGE 135 I 79 E. 3 S.
82) sind nicht ersichtlich.

8.
Zu prüfen ist, ob körperliche Dauerschmerzen im Sinne von über den gesamten
Zeitraum andauernden Beschwerden vorlagen (RKUV 2005 Nr. U 549 S. 241 E. 5.2.6
[U 380/04]; Urteil 8C_729/2012 vom 4. April 2013 E. 8.4). Dieses Kriterium ist
- der Vorinstanz folgend - zu bejahen, wie sich aus den Berichten des Spitals
A.________ vom 14. Januar und 23. Mai 2011, des Kreisarztes Dr. med.
G.________, Facharzt für Chirurgie FMH, vom 11. Juli 2011 sowie des Dr. med.
T.________, Innere Medizin spez. Rheumatologie FMH Manuelle Medizin (SAMM), vom
26. Oktober 2011 ergibt. Letzterer beschrieb als Unfallfolge weiter
persistierende Schmerzen mit links dominanten Halswirbelsäulen-Schmerzen mit
Ausstrahlung in die Occipitalregion links, Hinterkopf links, mediane Schmerzen
im Bereich der ganzen Brustwirbelsäule, speziell ausgesprochen beim Gehen,
längeres Gehen von mehr als einer Stunde sei nicht möglich, Schwäche in den
Beinen, Kraftlosigkeit beider Arme. Insgesamt liegt das Kriterium aufgrund der
Akten aber nicht besonders ausgeprägt vor; Gegenteiliges macht der Versicherte
denn auch nicht geltend.

9.
Die Vorinstanz erwog, es sei nicht erstellt, ob die Unfallfolgen durch die
Behandlung in Spanien, wo die Frakturen nicht erkannt worden seien, erheblich
verschlimmert worden seien. Immerhin habe sich das Spital A.________, wo die
Frakturen am 31. Juli 2009 diagnostiziert worden seien, nicht zu umgehenden
Massnahmen veranlasst gesehen. Das Repona-Gestell sei erst anlässlich des zwei
Tage später erfolgten Wiedereintritts ins Spital angepasst worden. Wie es sich
mit diesem Kriterium verhalte, könne aber offen bleiben. Der Versicherte wendet
ein, seine schweren Verletzungen seien von den erstbehandelnden Ärzten in
Spanien übersehen worden. Insbesondere hätte die instabile
Halswirbelkörperfraktur stabilisiert werden müssen, um zu verhindern, dass das
Myelon geschädigt werde. Die Frakturen seien erst in der Schweiz entdeckt
worden, wo er sich aufgrund der starken Schmerzen im Spital A.________
vorgestellt habe. Sie seien zuerst konservativ mittels eines Repona-Gestells
behandelt worden. Im Februar 2010 hätten die Frakturen aufgrund der
diagnostizierten zervikalen Myelopathie operativ stabilisiert werden müssen.
Der SUVA ist beizupflichten, dass aus den Akten nicht auf eine Fehlbehandlung
geschlossen werden kann, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert hat.
Der Versicherte führt denn auch keinen Arztbericht an, in dem eine solche
Fehlbehandlung in Betracht gezogen wird (vgl. auch Urteil 8C_729/2012 E. 8.5).

10.
Aus der blossen Dauer der ärztlichen Behandlung und der geklagten Beschwerden
darf nicht schon auf einen schwierigen Heilungsverlauf und erhebliche
Komplikationen geschlossen werden. Es bedarf hiezu besonderer Gründe, welche
die Genesung bis zum Fallabschluss beeinträchtigt oder verzögert haben (SVR
2007 UV Nr. 25 S. 81 E. 8.5 [U 479/05]). Der Umstand, dass trotz verschiedener
Therapien keine Beschwerdefreiheit erreicht werden kann, genügt allein nicht
(Urteil 8C_729/2012 vom 4. April 2013 E. 8.6). Besondere Gründe für die
Bejahung des Kriteriums sind hier nicht gegeben. Hieran ändert nichts, dass der
Versicherte am 10. und 23. April 2010 an der Wirbelsäule operiert wurde.
Gleiches gilt für den Umstand, dass bei ihm wegen vielen Liegens am 17. Mai
2010 eine Thrombose unterhalb des Leistenbandes links festgestellt wurde; diese
konnte medikamentös (Marcoumar) und mit Kompressionsstrümpfen problemlos
behandelt werden. Immerhin war der Versicherte bei Fallabschluss am 30.
November 2011 aus somatischer Sicht in einer leidensangepassten Tätigkeit zu 75
% arbeitsfähig (E. 11 hienach; vgl. auch Urteil 8C_729/2012 E. 8.6 betreffend
mehrere Operationen).

11.
Das Kriterium des Grades und der Dauer der physisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit bezieht sich nicht allein auf das Leistungsvermögen im
angestammten Beruf (SVR 2012 UV Nr. 23 S. 83 E. 4.2.6 [8C_435/2011]; RKUV 2001
Nr. U 442 S. 544 [U 56/00]; Urteil 8C_729/2012 E. 8.7). Der Unfall ereignete
sich am 4. Juli 2009. Kreisarzt Dr. med. G.________ legte im Bericht vom 11.
Juli 2011 dar, somatischerseits sei der Versicherte in der angestammten
Tätigkeit als Bauarbeiter nicht mehr arbeitsfähig. Zumutbar seien ihm leichte
bis mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeiten mit einem Gewichtslimit von
maximal 15 kg, ohne Zwangshaltungen für die Wirbelsäule, ohne häufige
Rotationsbewegungen für den Kopf, ohne das Besteigen von Leitern und Gerüsten,
ohne sitzende, kauernde und hockende Arbeiten und ohne Tätigkeiten an
stossenden, schlagenden und vibrierenden Maschinen. Für dieses
Leistungsspektrum bestehe ab 8. Juli 2011 eine 50%ige, voraussichtlich ab 1.
Juli 2011 eine 60%ige und voraussichtlich ab 1. November 2011 eine 75%ige
Arbeitsfähigkeit. Eine weitere Steigerung der Arbeitsfähigkeit erscheine nicht
möglich. Es bestehe ein deutlich erhöhter Pausenbedarf, dem diese Einteilung
Rechnung trage. Diese Einschätzung des Kreisarztes ist unbestritten. In diesem
Lichte ist das Kriterium erfüllt; eine besondere Ausprägung desselben besteht
aber nicht, was der Versicherte auch nicht vorbringt.

12.
Nach dem Gesagten sind höchstens die beiden Kriterien der körperlichen
Dauerschmerzen sowie des Grades und der Dauer der physisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit erfüllt, aber unbestrittenermassen nicht besonders
ausgeprägt, weshalb die adäquate Unfallkausalität der psychischen Beschwerden
und eine entsprechende Leistungspflicht der SUVA zu verneinen ist.

13.
Der unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons Aargau vom 5. November 2012 wird aufgehoben, soweit damit die adäquate
Unfallkausalität der psychischen Beschwerden des Versicherten bejaht wird. Die
Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über den Anspruch auf
Invalidenrente und Integritätsentschädigung neu entscheide.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. Mai 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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