Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.14/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_14/2013

Urteil vom 20. August 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
H.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald,
Beschwerdeführer,

gegen

AXA Versicherungen AG,
General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern,
vom 15. November 2012.

Sachverhalt:

A.
H.________, geboren 1962, war als Vermögensverwalter (Gestore patrimoniale) der
X.________ AG tätig und in dieser Eigenschaft bei der Winterthur Schweizerische
Versicherungs-Gesellschaft (heute: AXA Versicherungen AG; nachfolgend: AXA)
obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert.
Mit eigenhändig unterzeichneter Bagatellunfall-Meldung UVG vom 11. Januar 2005
informierte der Versicherte die AXA, dass er am 2. Januar 2005 in Indien auf
einer Zugfahrt in einem Couchette-Schlafwagen aus dem Bett gefallen und heftig
den Rücken und Kopf angeschlagen habe. Die AXA erbrachte ein Taggeld und
übernahm die Heilbehandlung. Im Herbst 2005 konnte die AXA ihre Leistungen
formlos einstellen und den Fall abschliessen. 2008 liess der Versicherte erneut
aufgeflammte lumbale Rückenbeschwerden rückfallweise zum Unfall vom 2. Januar
2005 anmelden. Mit Verfügung vom 1. Februar 2011, bestätigt durch
Einspracheentscheid vom 25. Juli 2011, verneinte die AXA diesbezüglich einen
Anspruch auf Leistungen nach UVG, weil der Status quo sine nach dem Unfall vom
2. Januar 2005 im Zeitpunkt des folgenlosen Fallabschlusses noch im gleichen
Jahr des Unfalles erreicht worden sei und die ab 2008 geltend gemachten
Rückenbeschwerden nicht in einem anspruchsbegründenden Kausalzusammenhang mit
dem Unfall vom 2. Januar 2005 stünden.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde des H.________ wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern mit Entscheid vom 15. November 2012 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt H.________
beantragen, der angefochtene Gerichts- und der Einspracheentscheid seien
aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die ab Juni 2008 geklagten Beschwerden
"auf das Unfallereignis vom 2. Januar 2005 zurückzuführen sind, und es seien ab
dem 29. September 2008 die entsprechenden Unfalltaggelder auszurichten."
Eventuell sei "das Dossier zur Sachverhaltsergänzung an die Vorinstanz"
zurückzuweisen, gegebenenfalls seien "vom Bundesgericht selbst noch Beweise
abzunehmen." Mit nachträglicher Eingabe vom 18. Januar 2013 ersucht H.________
um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung, eventualiter
seien "dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten sowie der
Gerichtskostenvorschuss zu erlassen."
Während die AXA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung.

D.
Mit Eingabe vom 22. April 2013 nimmt H.________ zur Vernehmlassung der AXA
Stellung und reicht zusätzliche Unterlagen ein. Unaufgefordert lässt H.________
sodann durch seine Rechtsvertreterin mit Schreiben vom 19. Juni 2013 eine
"Klarstellung des Sachverhalts" hinsichtlich des Unfallherganges schildern.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht
gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen
Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen
wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

1.3. Soweit mit Eingabe vom 19. Juni 2013 neue, vom vorinstanzlich und von der
AXA festgestellten Sachverhalt abweichende Tatsachenbehauptungen erhoben
werden, handelt es sich um - auch in Verfahren betreffend die Zusprechung oder
Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung (BGE 135 V 194 E. 2 und
3 S. 196 ff.) - unzulässige Noven im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG, welche hier
nicht zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil 8C_418/2012 vom 29. Oktober 2012 E.
1.3 mit Hinweisen), zumal der Beschwerdeführer keine Gründe anführt, inwiefern
erst der vorinstanzliche Entscheid den Anlass zu diesen Vorbringen gegeben
habe.

2.

2.1. Das kantonale Gericht hat die nach der Rechtsprechung für den Anspruch auf
Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG) geltenden
Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhanges zwischen dem
Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S.
181) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf die Ausführungen zu den
Bestimmungen und Rechtsgrundsätzen betreffend Rückfälle und Spätfolgen (Art. 11
UVV; BGE 118 V 293 E. 2c S. 296 mit Hinweisen) sowie zur Praxis, wonach der
Unfallversicherer nicht auf der Anerkennung des natürlichen
Kausalzusammenhanges beim Grundfall und bei früheren Rückfällen behaftet werden
kann, weil die unfallkausalen Faktoren durch Zeitablauf - bei Verschlimmerung
oder Manifestation eines krankhaften Vorzustandes durch einen Unfall mit
Erreichen des Status quo ante oder Status quo sine (vgl. RKUV 1994 Nr. U 206 S.
328 E. 3b [U 180/93], 1992 Nr. U 142 S. 75 E. 4b [U 61/91], je mit Hinweisen) -
wegfallen können. Korrekt sind im Weiteren die Hinweise zu dem im
Sozialversicherungsrecht bei der Beantwortung von Tatfragen üblichen Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit
Hinweisen) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte
und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 ff., je
mit Hinweisen ). Darauf wird verwiesen.

2.2. Zu ergänzen ist, dass es dem Leistungsansprecher obliegt, das Vorliegen
eines natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen dem als Rückfall oder Spätfolge
postulierten Beschwerdebild und Unfall nachzuweisen. Nur wenn die
Unfallkausalität mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt ist, entsteht
eine erneute Leistungspflicht des Unfallversicherers; dabei sind an den
Wahrscheinlichkeitsbeweis umso strengere Anforderungen zu stellen, je grösser
der zeitliche Abstand zwischen dem Unfall und dem Auftreten der
gesundheitlichen Beeinträchtigung ist (SVR 2005 MV Nr. 1 S. 1, M 1/02 E. 1.2;
RKUV 1997 Nr. U 275 S. 188, U 93/96 E. 1c am Ende; Urteil 8C_24/2013 vom 18.
Juni 2013 E. 2.2 i.f. mit Hinweis).

3.
Gemäss Bericht der Praxis für klinische Neuropsychologie Y._______ vom 21.
Januar 2005 litt der Beschwerdeführer laut eigenen anamnestischen Angaben,
welche er anlässlich der neuropsychologischen Untersuchung vom 21. Juni und 17.
/18. August 2004 - also rund ein halbes Jahr vor dem hier angeblich
ursächlichen Unfall vom 2. Januar 2005 - verlauten liess, bereits damals nach
langem Sitzen an wiederholt auftretenden Schmerzen im unteren Rücken. Zudem
steht fest, dass der Versicherte zwischen Ende 2005 und Juni 2008 keine
aktenkundig belegte - insbesondere ärztliche - Behandlung der ab 2008
rückfallweise zum Unfall vom 2. Januar 2005 geklagten lumbalen Rückenschmerzen
beanspruchen musste. Angesichts dieser Ausgangslage sowie unter
Berücksichtigung des formlosen Fallabschlusses im Jahre 2005 und mit Blick auf
die einschlägige Rechsprechung (vgl. E. 2.2 hievor) trägt der Beschwerdeführer
die Beweislast in Bezug auf den Nachweis, dass die von ihm ab 2008 geklagten
Beschwerden mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit in einem natürlich kausalen Zusammenhang zum Unfall vom 2.
Januar 2005 stehen.

4.
Das kantonale Gericht hat die Aktenlage pflichtgemäss gewürdigt. Mit
einlässlicher und überzeugender Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 109
Abs. 3 BGG), hat es zutreffend erkannt, dass der Versicherte am 2. Januar 2005
keine organisch objektiv ausgewiesenen Unfallverletzungen (vgl. dazu SVR 2012
UV Nr. 5 S. 17, 8C_310/2011 E. 4.5 Ingress mit Hinweisen) davon trug, sondern
eine traumatische Aktivierung eines klinisch stummen degenerativen Vorzustandes
an der lumbalen Wirbelsäule erlitt, welche praxisgemäss nach derzeitigem
medizinischem Wissensstand - wie auch in casu (vgl. E. 3 hievor) - in der Regel
nach sechs bis neun Monaten, spätestens aber nach einem Jahr als abgeschlossen
zu betrachten ist (Urteil 8C_794/212 E. 2.3 mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführer vermag aus dem Privatgutachten der Orthopädin Dr. med.
G.________ vom 28. November 2011 nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Weder aus
dem Privatgutachten noch aus der übrigen Aktenlage ergeben sich Hinweise
darauf, dass sich der Versicherte am 2. Januar 2005 mit dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit eine organisch objektiv ausgewiesene
Verletzung der Wirbelsäule zugezogen hat, oder die hier zur Diskussion
stehenden, im Jahre 2008 rückfallweise zum genannten Ereignis angemeldeten
lumbalen Rückenbeschwerden überwiegend wahrscheinlich in einem natürlich
kausalen Zusammenhang mit einem organisch objektivierbaren unfallbedingten
Gesundheitsschaden stehen. Insbesondere verkennt Dr. med. G.________
offensichtlich, dass die Beweisregel "post hoc ergo propter hoc" (vgl. BGE 119
V 335 E. 2b/bb S. 341 f.) im Sinne der natürlichen Vermutung, Beschwerden
müssten unfallbedingt sein, wenn eine vorbestehende Erkrankung der Wirbelsäule
bis zum Unfall schmerzfrei war, unfallmedizinisch nicht haltbar und
beweisrechtlich nicht zulässig ist, sofern der Unfall - wie hier - keine
strukturellen Läsionen an der Wirbelsäule und namentlich keine
Wirbelkörperfrakturen verursacht hat (SVR 2009 UV Nr. 13 S. 52, 8C_590/2007 E.
7.2.4 mit Hinweis). Aus welchen Gründen die Rechtsprechung zu ändern wäre, legt
der Beschwerdeführer nicht dar. Verwaltung und Vorinstanz verneinten zu Recht
relevante Brückensymptome. Soweit der Versicherte unter Hinweis auf Beschwerden
im Zusammenhang mit einer am 20. Juli 2001 erlittenen Distorsion der
Halswirbelsäule (HWS) Brückensymptome geltend zu machen versucht in Bezug auf
die ab Sommer 2008 rückfallweise als Folge des Unfalles vom 2. November 2005
geklagten Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, hat die AXA nach
unbestrittenen Ausführungen im Einspracheentscheid vom 25. Juli 2011 ihre
Leistungen hinsichtlich der HWS-Beschwerden mit unangefochten in Rechtskraft
erwachsener Verfügung vom 22. Januar 2007 per 29. August 2006 eingestellt, so
dass seither auch diesbezüglich nicht von unfallbedingten Beschwerden
gesprochen werden kann. Unter den gegebenen Umständen hat die Vorinstanz in
zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (vgl. BGE 137 V 64 E. 5.2 S. 69; 136 I
229 E. 5.3 S. 236) ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c
ATSG) auf weitere Abklärungen verzichtet.

5.

5.1. Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt.

5.2. Der unterliegende Versicherte trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm wegen Aussichtslosigkeit der
Beschwerde nicht gewährt werden (Art. 64 BGG; BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135
f.).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. August 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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