Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.132/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_132/2013

Urteil vom 15. Mai 2013
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

M.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Arthur Andermatt,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 9. Januar 2013.

Sachverhalt:

A.
M.________, geboren 1958, war zuletzt von April 1999 bis zur Kündigung durch
die Arbeitgeberin per 31. Mai 2008 als Handarbeiterin voll erwerbstätig und
meldete sich wegen ab April 2008 anhaltenden Beschwerden am 20. Juni 2008 bei
der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach erwerblichen und
medizinischen Abklärungen sowie gestützt auf ein polydisziplinäres Gutachten
vom 17. November 2009 der Medizinischen Abklärungsstelle X.________
(nachfolgend: Gutachten X.________) sprach die IV-Stelle der Versicherten mit
Wirkung ab 1. April 2009 basierend auf einem ermittelten Invaliditätsgrad von
48% eine Viertelsrente zu (zwei Verfügungen vom 12. Januar und 14. Februar
2011).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der M.________ hiess das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 9. Januar 2013 gut und sprach der
Versicherten bei einem Invaliditätsgrad von 52% ab 1. April 2009 eine halbe
Invalidenrente zu.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragte die
IV-Stelle die Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheids sowie die
Bestätigung der beiden Verfügungen vom 12. Januar und 14. Februar 2011. Zudem
ersuchte sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung.

Während M.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von
Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (
BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Die entsprechende Rüge prüft das Bundesgericht
nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert
begründet worden ist.

2.
Strittig ist, ob die Versicherte gemäss angefochtenem Entscheid Anspruch auf
eine halbe oder - nach Auffassung der IV-Stelle - nur auf eine Viertelsrente
der Invalidenversicherung hat.

3.
Das kantonale Gericht hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und die
hiezu von der Rechtsprechung weiter konkretisierten Grundsätze im angefochtenen
Entscheid - soweit hier von Belang - zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

4.
Die Vorinstanz hat in tatsächlicher Hinsicht für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1.2 hievor) festgestellt, dass die
Beschwerdegegnerin in einer leidensangepassten Tätigkeit gesundheitsbedingt nur
noch zu 50% arbeitsfähig ist und der für den Einkommensvergleich massgebende
hypothetische Lohn, welchen die Versicherte als Gesunde 2007 verdient hätte
(Valideneinkommen), Fr. 44'180.- beträgt.

5.
5.1 Gestützt auf diese Tatsachen hat das kantonale Gericht im angefochtenen
Entscheid, auf welchen verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), dargelegt, weshalb
es bei der basierend auf den Angaben gemäss Schweizerischer
Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE) durchgeführten
Ermittlung des trotz des Gesundheitsschadens zumutbarerweise erzielbaren
Einkommens (Invalideneinkommen) im Gegensatz zur IV-Stelle einen
Tabellenlohnabzug von 10% für gerechtfertigt und angemessen hielt und
dementsprechend das massgebende Invalideneinkommen auf Fr. 21'013.10
festsetzte, so dass ein Invaliditätsgrad von 52% resultierte.

5.2 Die Beschwerde führende IV-Stelle rügt, die Vorinstanz habe die
bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Parallelisierung der Vergleichseinkommen
(BGE 135 V 297) und zum Tabellenlohnabzug (BGE 126 V 75) verletzt. Wie von der
Beschwerdegegnerin mit Vernehmlassung vom 25. April 2013 zu Recht eingewendet
wird, beanstandet die IV-Stelle die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung
mit keinem Wort. Insbesondere behauptet die Beschwerdeführerin nicht, das
kantonale Gericht habe die beiden hypothetischen Vergleichseinkommen in
tatsächlicher Hinsicht (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399), soweit auf konkreter
Beweiswürdigung beruhend, offensichtlich unrichtig oder sonstwie in
bundesrechtswidriger Weise festgestellt.

5.3 Soweit die IV-Stelle die Ermittlung des Invalideneinkommens unter
Berücksichtigung eines Tabellenlohnabzuges kritisiert und diesbezüglich eine
Verletzung der bundesgerichtlichen Praxis geltend macht, wonach kein solcher
Abzug zu gewähren ist aufgrund des Umstandes, dass eine grundsätzlich
vollzeitlich arbeitsfähige Person krankheitsbedingt lediglich reduziert
leistungsfähig ist (Urteile 8C_534/2012 vom 4. Februar 2013 E. 4.5 und 8C_20/
2012 vom 4. April 2012 E. 3), beruht ihre Argumentation auf einer nach Art. 99
Abs. 1 BGG unzulässigen neuen Tatsachenbehauptung. Denn erstmals vor
Bundesgericht beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, dass der Versicherten
gemäss Gutachten X.________ aus polydisziplinärer Sicht nicht nur eine 50%-ige
Arbeitsfähigkeit, also eine leidensangepasste Tätigkeit mit einer zeitlichen
Arbeitsfähigkeit von 75% sowie einer zusätzlichen Minderung des Rendements von
25%, sondern - laut neuem Vorbringen der IV-Stelle - innerhalb eines Monats bei
guten Einarbeitungsbedingungen auch eine Steigerung des Rendements um 25%
zumutbar sei; also eine Erhöhung der Leistung "entweder auf 100% Zeit oder 100%
Rendement". Die Beschwerdegegnerin sei "demzufolge [...] in adaptierten
Tätigkeiten zeitlich gesehen zu 100% arbeitsfähig". Die eben genannte
Rechtsprechung rechtfertige jedoch - entgegen der Vorinstanz - bei
vollzeitlicher Arbeitsplatzpräsenz mit krankheitsbedingt eingeschränktem
Rendement keinen Leidensabzug. Diese Argumentation beruht auf einer neuen,
erstmals vor Bundesgericht vorgetragenen Tatsachenbehauptung, welche hier
unbeachtet bleiben muss.

5.4 Bleibt es demnach bei dem gemäss angefochtenem Entscheid auf 52%
ermittelten Invaliditätsgrad, ist die vorinstanzliche Zusprechung einer halben
Invalidenrente ab 1. April 2009 nicht zu beanstanden.

6.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt.

7.
Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende
Wirkung gegenstandslos.

8.
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden
IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat der Beschwerdeführerin
überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Mai 2013

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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