Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.126/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_126/2013

Urteil vom 19. Juni 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
G.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Rentenaufhebung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 20. Dezember 2012.

Sachverhalt:

A.
Nachdem G.________, geboren 1968, am 22. Juni 1996 als Beifahrerin in eine
Auffahrkollision verwickelt war und sich am 29. Mai 1997 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet hatte, sprach ihr die
IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 26. Januar 1998 ab 1. Juni 1997
eine ganze Invalidenrente zu. Anlässlich mehrerer Revisionen wurde die Rente
jeweils bestätigt. Im Februar 2009 leitete die IV-Stelle erneut ein
Revisionsverfahren ein, in dessen Verlauf sie beim medizinischen
Abklärungsinstituts X.________ ein polydisziplinäres Gutachten vom 24. Juni
2010 einholte. Nach Stellung von Ergänzungsfragen, zu welchen das medizinische
Abklärungsinstitut X.________ am 31. August und 28. Dezember 2010 sowie am 3.
Februar 2011 Stellung nahm, verfügte die IV-Stelle am 31. Mai 2011 die
Aufhebung der Invalidenrente.

B.
Mit Entscheid vom 20. Dezember 2012 wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich die dagegen erhobene Beschwerde ab.

C.
G.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es sei ihr unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids
weiterhin eine ganze Invalidenrente zu gewähren. Eventualiter sei die Sache an
die Vorinstanz zu erneutem Entscheid zurückzuweisen; subeventualiter sei die
Sache zur Prüfung von Eingliederungsmassnahmen an die IV-Stelle zurückzuweisen.
IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Stellungnahme.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art.
97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach
Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage
geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung
einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge
Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt.
Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG
genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr
ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen
darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung
einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind.
Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den
Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt
werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV
286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Aufhebung der
Invalidenrente durch die IV-Stelle bestätigt hat.

3.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der
Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und der
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) sowie die Voraussetzungen einer Rentenrevision
(Art. 17 ATSG; BGE 130 V 343 E. 3.5 S. 349), einschliesslich der massgebenden
zeitlichen Vergleichspunkte (BGE 133 V 108; 130 V 71 E. 3.2.3 S. 75),
zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die Aufgabe des Arztes bei der
Ermittlung des Invaliditätsgrades (BGE 132 V 93 E. 4 S. 99) und die
Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V
351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.

4.
Die Vorinstanz hat gestützt auf das Gutachten des medizinischen
Abklärungsinstituts X.________ vom 24. Juni 2010 und dessen Ergänzungen vom 31.
August 2010, 28. Dezember 2010 und 3. Februar 2011 sowie auf das Gutachten der
ärztlichen Abklärungsstelle Y.________ vom 18. Dezember 2007 einerseits und die
Berichte des Dr. med. R.________, Facharzt für Neurologie, vom 11. und 30. Juni
1997 sowie den Austrittsbericht der Rehaklinik A.________ vom 19. Februar 1997
andererseits in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (E. 1.2)
festgestellt, dass eine Verbesserung des Gesundheitszustandes gegenüber der
Situation von 1998 bei der erstmaligen Zusprechung der Rente ausgewiesen und
der Versicherten ihre angestammte Tätigkeit als Juristin im Umfang von
mindestens 80 % zumutbar sei, und hat nach Ermittlung eines nicht
rentenbegründenden Invaliditätsgrades von 20 % die bisherige Invalidenrente
aufgehoben.
Was die Versicherte dagegen vorbringt, vermag nicht durchzudringen: Der
Umstand, dass ein Gutachten beim medizinischen Abklärungsinstitut X.________
eingeholt wurde, heisst nicht, dass es grundsätzlich den Anforderungen der
Rechtsprechung (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) nicht zu
genügen vermag. Auch stellt nach konstanter Rechtsprechung die regelmässige
Beauftragung eines Instituts mit einer Begutachtung für sich allein keinen
Ausstandsgrund dar, zumal sich Ausstandsbegehren nur gegen Personen, nicht aber
gegen Institute richten können (BGE 137 V 210 E. 1.3.3 S. 226). Weiter ist ein
Gutachten, welches vor Erlass des BGE 137 V 210 eingeholt wurde und somit den
dort gesetzten Massstäben nicht entsprechen kann, nicht grundsätzlich
unbeachtlich (BGE 137 V 210 E. 6 S. 266). Der Versicherten wurden denn auch -
gemäss dem damals geltenden Verfahren (BGE 133 V 446 E. 7.4 S. 449) - in
korrekter Weise die beteiligten Sachverständigen vorgängig namentlich
mitgeteilt und im Rahmen des Vorbescheids die Möglichkeit zur Stellungnahme
gegeben; in der Folge beanstandete der Rechtsvertreter das Gutachten des
medizinischen Abklärungsinstituts X.________ sowie dessen Ergänzung vom 31.
August 2010 verschiedentlich, formulierte aber keine konkrete Ergänzungsfrage.
Dennoch hat die IV-Stelle das medizinische Abklärungsinstitut X.________ um
Stellungnahme zu den Einwänden gebeten und unter Beilage der Ergänzungen des
medizinischen Abklärungsinstituts X.________ vom 28. Dezember 2010 und 3.
Februar 2011 erneut Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, worauf die
Versicherte eine Vielzahl von Ergänzungsfragen stellen liess. Diese wurden
gestützt auf die Beurteilung des Dr. med. M.________, Facharzt für Neurologie
sowie für Psychiatrie und Psychotherapie, RAD-Arzt, dem medizinischen
Abklärungsinstituts X.________ nicht unterbreitet, was die IV-Stelle in ihrer
Verfügung vom 31. Mai 2011 entsprechend begründete. Damit liegt keine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, sondern es kann höchstens
fraglich sein, ob die Beantwortung der Ergänzungsfragen inhaltlich notwendig
war. Dies ist zu verneinen, da sich aus dem Gutachten des medizinischen
Abklärungsinstituts X.________, welches die Anforderungen der Rechtsprechung
erfüllt (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352), eine
Verbesserung des Gesundheitszustandes, wie er sich anlässlich der Begutachtung
präsentierte, gegenüber jenem, welcher der Rentenzusprechung im Jahr 1998
zugrunde lag, ergibt; diese Einschätzung des medizinischen Abklärungsinstituts
X.________ wird bestätigt durch die Schlussfolgerungen im Gutachten der
ärztlichen Abklärungsstelle Y.________ vom 18. Dezember 2007, welches - ebenso
wie das Gutachten der Neurologischen Poliklinik, Spital B.________, vom 20.
Dezember 2000 - der IV-Stelle erst im Rahmen des 2009 eingeleiteten
Revisionsverfahrens zur Kenntnis gebracht wurde und deshalb
invalidenversicherungsrechtlich nicht als Vergleichszeitpunkt in Frage kommen
kann.
Soweit sie das Fehlen einer neuropsychologischen (Teil-) Begutachtung rügt, ist
der Versicherten entgegenzuhalten, dass bereits im Gutachten der ärztlichen
Abklärungsstelle Y.________ festgestellt wurde, das kognitive Störungsbild sei
nicht mit einer leichten traumatischen Hirnverletzung oder einem
Schleudertrauma der HWS vereinbar und die ausserordentlich tiefen Ergebnisse,
welche nicht den tatsächlichen kognitiven Leistungen entsprechen würden,
liessen sich aus neuropsychologischer Sicht mit der niedrigen
Leistungsbereitschaft und der infolge des ausgeprägten jahrelangen
Schonverhaltens reduzierten Stresstoleranz erklären; weiter äusserte die
ärztliche Abklärungsstelle Y.________ den Verdacht auf eine u.a. psychische
Ursache der kognitiven Defizite sowie auf eine Somatisierungsstörung und
empfahl eine psychiatrische Abklärung, wie dies bei chronischen
Schmerzpatienten üblich sei. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden,
dass das medizinische Abklärungsinstitut X.________ auf eine
neuropsychologische Abklärung verzichtete, hingegen eine psychiatrische
Exploration vornahm.
Die Vergleichszeitpunkte sind zutreffend (1998 und aktuelle Begutachtung), da
im Rahmen der Rentenbestätigungen keine umfassende Überprüfung erfolgte,
sondern die IV-Stelle nach Einholung eines Berichts des behandelnden Arztes von
einem unveränderten Sachverhalt ausging und keine weitergehende
Sachverhaltsermittlung mit anschliessender Beweiswürdigung und
Einkommensvergleich veranlasste (vgl. BGE 133 V 108). Nicht zu beanstanden ist
weiter, dass Vorinstanz und Verwaltung beim Vergleichseinkommen keine
überdurchschnittliche Lohnentwicklung angenommen haben, da die dafür
notwendigen Anhaltspunkte nicht rechtsgenüglich nachgewiesen sind; dazu gehört
auch die Aussage des früheren Vorgesetzten, wonach die Versicherte eine
"Powerfrau" gewesen sei, fügt er doch an, sie sehe die Vergangenheit zu
positiv.
Schliesslich hat sich die Vorinstanz zu Recht mit einem Hinweis zur Prüfung von
Eingliederungsmassnahmen begnügt, da diese nicht Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens sind.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Dem Ausgang des Prozesses entsprechend hat
die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Juni 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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