Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.117/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_117/2013

Urteil vom 4. Juni 2013

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Weber Peter.

Verfahrensbeteiligte
H.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Jan Herrmann,
Beschwerdeführerin,

gegen

AXA Versicherungen AG,
General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang; Rückfall),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 8. November 2012.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1967 geborene H.________ war seit 1. April 2000 als Konditormeisterin
bei der Confiserie X.________ tätig und dadurch bei der AXA Versicherungen AG
(nachfolgend: AXA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Mit
einer von der Versicherten mitunterzeichneten Unfallmeldung vom 25. November
2003 hatte der Arbeitgeber der AXA mitgeteilt, dass sich die Versicherte am 14.
November 2003 beim "Ein- und Ausladen von Rohstoffen" am "Knie links und
rechts" verletzt habe. Der erstbehandelnde Hausarzt Dr. med. F.________,
Allgemeine Medizin FMH, hatte im Formular UVG-Versicherung "erstes Arztzeugnis"
vom 12. Dezember 2003 bei der Versicherten am 17. November 2003 eine
Kniedistorsion links diagnostiziert. Unter "Angaben des Patienten" hielt er
fest, "beim Joggen Fehltritt mit dem linken Knie mit sofortigem Schmerz.
Schmerzzunahme bei Treppen absteigen". Die AXA erbrachte die gesetzlichen
Leistungen. Dies umfasste die Kosten der ärztlichen Behandlung durch Dr. med.
F.________ für drei Konsultationen, letztmals anfangs März 2004.

A.b. Am 28. Juni 2011 wurde vom Arbeitgeber der Versicherten ein Rückfall zum
Unfall vom 14. November 2003 gemeldet. Nach Einholung einer Stellungnahme des
beratenden Arztes Dr. med. O.________, FMH Orthopädische Chirurgie, vom 4.
November 2011 lehnte die AXA mit Verfügung vom 22. Dezember 2011 eine
Leistungspflicht für den Rückfall mangels überwiegender Wahrscheinlichkeit
eines natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zum Unfallereignis vom 14.
November 2003 ab. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid
vom 26. April 2012).

B.
Die hiegegen, unter Beilage einer Stellungnahme des Dr. med. M.________,
Chirurgie FMH, vom 15. Mai 2012, erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 8. November 2012 ab.

C.
Die Versicherte lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides
sei die AXA zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen aus UVG auszurichten.
Eventualiter sei die Streitigkeit an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung nach
Einholung einer ärztlichen Expertise zurückzuweisen.
Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Auf die Durchführung eines
Schriftenwechsels wurde verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer
von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE
130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE
133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist die Leistungspflicht der AXA für die ab Juni 2011
geltend gemachten Beschwerden an den Knien. Nicht mehr streitig sind dagegen
die vorinstanzlichen Erwägungen, wonach der (formlose) Fallabschluss im März
2004 nicht zu beanstanden ist und der von der Versicherten im Juni 2011 erneut
geltend gemachte Leistungsanspruch zu Recht als Rückfallmeldung betrachtet
wurde.

3.
Im angefochtenen Entscheid werden die für die Beurteilung der Streitsache
massgebenden rechtlichen Grundlagen, namentlich betreffend den für den
Leistungsanspruch nebst anderem vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Gesundheitsschaden (BGE 129 V 177 E.
3.1 S. 181 mit Hinweisen), insbesondere bei Rückfällen und Spätfolgen (Urteil
8C_113/2010 vom 7. Juli 2010 E. 2.3; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 E. 3b),
zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf den im
Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) sowie den
Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125
V 351 E. 3 S. 352). Darauf wird verwiesen.

4.

4.1. Nach Würdigung der medizinischen Aktenlage gelangte die Vorinstanz zum
Ergebnis, dass auf die Stellungnahme des Dr. med. O.________, beratender Arzt
der AXA, vom 4. November 2011 insbesondere mangels Auseinandersetzung mit den
aktuellen medizinischen Berichten nicht abgestellt werden könne. Zudem stellte
sie fest, dass die Einschätzung des operierenden Arztes Dr. med. M.________ vom
15. Mai 2012 nicht genüge, um einen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen den
im Juni 2011 geltend gemachten Beschwerden und dem Unfallereignis vom 14.
November 2003 mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit zu belegen. Dies ist nicht zu beanstanden.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin führen zu keiner andern Beurteilung.
Zum einen gilt, dass nach der Rechtsprechung im Streitfall eine
Leistungszusprechung einzig gestützt auf die Angaben des behandelnden Arztes
kaum je in Frage kommt (BGE 135 V 465 E. 4.5 S. 470). Zum andern ist mit der
Vorinstanz entgegen der Einschätzung des Dr. med. M.________ nicht erstellt,
dass sich die Versicherte die fraglichen Knieverletzungen tatsächlich
anlässlich des im konkreten Fall einzig zur Diskussion stehenden Ereignisses
vom 14. November 2003 zugezogen hat. So nahm Dr. med. M.________ Prämissen als
ausgewiesen an, die nicht als gesichert gelten können. Insbesondere ist
festzuhalten, dass weder der genaue Hergang des Vorfalls im Jahre 2003 noch die
konkreten unmittelbaren Folgen dieses Ereignisses an den Knien feststehen. So
ist beim Unfallhergang im Bericht des erstbehandelnden Arztes Dr. med.
F.________ vom 12. Dezember 2003 von einem Fehltritt beim Joggen "mit dem
linken Knie mit sofortigem Schmerz" die Rede, während in der Unfallmeldung des
Arbeitgebers vom 25. November 2003 ein Vorfall auf der Treppe beim Ein- und
Ausladen von Rohstoffen beschrieben wurde. Zudem machte Dr. med. F.________
einzig Angaben zu Problemen und Befunden am linken Knie, während in der
Unfallmeldung als betroffene Körperteile Knie links und rechts angegeben
wurden. Insofern kann die Eignung eines Ereignisses, eine Kniedistorsion
beidseits zu verursachen, kaum zuverlässig beurteilt werden. Wenn Dr. med.
M.________ im Operationsbericht als Erklärung der von ihm festgestellten
identischen Verletzungen an beiden Knien die von der Versicherten erwähnte
"spagatähnliche" Distorsion anführte und im Bericht zur Begründung der
Unfallkausalität festhielt, die Patientin habe eine typische Kniedistorsion
beidseits erlitten, welche eine Meniskushinterhornläsion verursachen könne,
vermag dies entgegen der Beschwerdeführerin nicht zu überzeugen. Wenn diese
geltend macht, es sei sehr unwahrscheinlich, dass sie an zwei Knien identische
Verletzungen aus mehreren Unfällen hätte davon tragen können, ändert dies
nichts, zumal im MRI Unterschiede zu verzeichnen sind. Gegen eine zuverlässige
Kausalitätsbeurteilung sprechen sodann die Differenzen in Bezug auf die
Lokalisation der initialen Schmerzen (mediales Meniskusvorderhorn links) und
den später operierten Bereichen (mediale Hinterhornläsion beider Kniegelenke)
sowie das erhebliche zeitliche Intervall ohne dokumentierte Behandlungen. Mit
der Vorinstanz beruht sodann der Hinweis des Dr. med. M.________, dass die
Versicherte vor dem fraglichen Ereignis beschwerdefrei gewesen sei, ebenso wie
die Darstellung, dass sie seit dem Ereignis immer wieder wechselnde mediale
Kniegelenksschmerzen mit zum Teil Einklemmungen gehabt habe, nicht auf
medizinischen Abklärungen, sondern auf den Schilderungen der Beschwerdeführerin
selbst, welche gemäss eigenen Angaben (Schreiben vom 1. August 2011) nach dem
Abschluss der Behandlung vom 2. März 2004 nirgends in Behandlung gewesen war.
Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass Dr. med. M.________ bei seiner
Kausalitätsbeurteilung auf den vermeintlichen Grundsatz "post hoc ergo propter
hoc" abstellte, was für den Nachweis eines natürlichen Kausalzusammenhangs
nicht genügt (vgl. dazu BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341 f.). Die Vorinstanz hat
mithin zu Recht nicht auf dessen Kausalitätsbeurteilung abgestellt.

4.2. Weiter erkannte die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid, dass von
ergänzenden medizinischen Abklärungen abzusehen sei, da es aufgrund der
Aktenlage an rechtsgenüglich nachgewiesenen Brückensymptomen zwischen dem
Unfallereignis vom 14. November 2003 und den von der Versicherten im Juni 2011
geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen fehle und daran auch eine
nachträgliche Begutachtung nichts zu ändern vermöge. Sie stellte fest, dass
damit der erforderliche natürliche Kausalzusammenhang nicht erstellt sei und
die Übernahme der Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit dem
Unfallereignis zu Recht verneint wurde.
Mit der Beschwerdeführerin kann diese Schlussfolgerung nicht ohne weiteres
bestätigt werden. Ausgehend vom Fehlen von Brückensymptomen - was nicht mehr
strittig ist - wäre, wie sie zu Recht anführt, der Nachweis im Sinne eines
Rückfalls zu erbringen. Dies ändert am Ergebnis allerdings nichts. So kann im
vorliegenden Fall entgegen der Beschwerdeführerin nicht davon ausgegangen
werden, dass ergänzende medizinische Abklärungen Aufschlüsse darüber geben
könnten, ob das Verletzungsbild mit dem Unfallereignis übereinstimmt und der
natürliche Kausalzusammenhang mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt
ist, wofür sie die Beweislast trägt. Denn im konkreten Fall hängen die
Schwierigkeiten der kausalen Beurteilung und Zuordnung weniger von der Qualität
und Vollständigkeit der Arztberichte ab, als vielmehr von der materiellen Sach-
und Ausgangslage. Die Beweisschwierigkeiten sind vorliegend vor allem auf die
fehlende (medizinische) Dokumentation und die fehlenden (medizinischen)
Abklärungen in den Jahren 2003 und 2004 über den initialen Befund und den
weiteren Verlauf sowie auf die Unklarheiten und Widersprüche über den
Unfallhergang und die unmittelbaren (primären) Unfallfolgen sowie die
erhebliche Zeitspanne zwischen Grundereignis und Rückfall zurückzuführen.
Insbesondere fehlt ein klarer radiologischer Befund betreffend die Verletzungen
am Knie links im Anschluss an das Ereignis von 2003. Als klinischer Befund
wurde lediglich eine unspezifische Druckdolenz im Bereich des proximalen
Seitenbandes medial und des medialen Meniskusvorderhorns links festgehalten.
Bezüglich des Knies rechts enthalten die echtzeitlichen Unfallunterlagen keine
medizinischen Feststellungen, sodass es hier bereits am Nachweis einer
unfallkausalen, primären Gesundheitsschädigung mangelt, auf die die heutigen
Befunde und Beschwerden zurückgeführt werden könnten. Zieht man in Betracht,
dass selbst der genaue Unfallhergang letztlich unklar ist und widersprüchlich
angegeben wurde, so lässt sich eine kausale Zuordnung zwischen dem Ereignis im
Jahre 2003 und den erst im Jahre 2011 an beiden Knien festgestellten Befunden
nicht mehr mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit belegen.
Insofern hat die Vorinstanz zu Recht in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 136
I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94) auf
ergänzende medizinische Abklärungen verzichtet und einen Leistungsanspruch der
Versicherten verneint. Die Beschwerde ist damit abzuweisen.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 4. Juni 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Weber Peter

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