Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.946/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_946/2013

Urteil vom 10. Dezember 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Carlo Häfeli,
Beschwerdeführer,

gegen

1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
2. A.Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. David Gibor,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Drohung (Art. 180 StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 24. Juli 2013.

Sachverhalt:

A.

 Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 24. Juli 2013 von der
Anklage der Drohung und Nötigung zum Nachteil von B.Y.________ frei. Es
erklärte ihn der Drohung zum Nachteil von A.Y.________ schuldig und verurteilte
ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 30.--.

B.

 X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben und er sei von der Anklage der Drohung freizusprechen. Er
ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständigung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Vorinstanz geht in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass es am 4.
Januar 2010 zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Privatklägern und
dem Beschwerdeführer, zunächst in der Wohnung des Beschuldigten und kurze Zeit
später in derjenigen der Privatkläger kam. Gegenstand der Auseinandersetzung
war der Vorwurf des Privatklägers B.Y.________, der Beschwerdeführer unterhalte
eine Liebesbeziehung mit seiner Ehefrau A.Y.________. Die Vorinstanz gelangt
nach umfassender Würdigung der Aussagen der Beteiligten (Urteil, S. 11 - 38)
zum Schluss, dass weder die Aussagen des Beschwerdeführers noch diejenigen der
Privatkläger glaubhaft sind und auch nicht auf die Aussagen des während der
Auseinandersetzung anwesenden Bruders des Beschwerdeführers abgestellt werden
kann. Die dem Schuldspruch zugrunde liegende Beweiswürdigung der Vorinstanz
basiert im Wesentlichen auf einer rund vierminütigen Bild- und Tonaufnahme,
welche C.Y.________, die Tochter der Privatkläger, während eines Teils der
Auseinandersetzungen in deren Wohnung mit ihrem Mobiltelefon aufgezeichnet hat.

1.2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verwertbarkeit der Bild- und
Tonaufzeichnung. Er macht geltend, dass es sich bei diesen Aufnahmen um ein
rechtswidrig erlangtes Beweismittel handle, welches einem Verwertungsverbot
unterliege.

1.3. Nach Art. 179bis Abs. 1 StGB wird auf Antrag bestraft, wer ein fremdes
nichtöffentliches Gespräch ohne die Einwilligung aller daran Beteiligten mit
einem Abhörgerät abhört oder auf einen Tonträger aufnimmt. Art. 179quater StGB
bedroht denjenigen auf Antrag mit Strafe, der eine Tatsache aus dem
Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne Weiteres zugängliche
Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem
Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt.

 Beide Straftatbestände dienen dem Schutz der Privatsphäre. Während in der
einen Konstellation die Vertraulichkeit des Wortes im Vordergrund steht, geht
es bei der anderen um den Schutz der Geheim- oder Privatsphäre vor visueller
Auskundschaftung. Auch wenn dies vom Gesetz nicht ausdrücklich verlangt wird,
setzen die strafbaren Handlungen gegen den Geheim- oder Privatbereich einen
Geheimhaltungswillen des Betroffenen voraus. Dieser ist in seinem Vertrauen auf
Diskretion nur solange geschützt, als er nicht seine Einwilligung zur Aufnahme
erteilt bzw. ausserhalb des speziell geschützten Bereichs mit der Aufzeichnung
seines Verhaltens rechnen muss. Fehlt es aber am Geheimhaltungswillen des
Betroffenen, entfällt auch die Strafbarkeit.

1.4. Der Beschwerdeführer hatte aus eigener Initiative und freiwillig die
Wohnung der Privatkläger aufgesucht. Es musste ihm bewusst sein, dass er sich
in einer fremden Wohnung aufhielt und das Hausrecht den Privatklägern zustand.
Die Tochter der Privatkläger entschloss sich erst, mit ihrem Mobiltelefon die
Auseinandersetzung aufzuzeichnen, als diese bereits im Gang war und ein
bedrohliches Ausmass angenommen hatte. Die Aufnahme erfolgte offen und war für
den Beschwerdeführer jederzeit erkennbar. Dies hielt ihn nicht davon ab, den
Privatklägern zu drohen, er werde ihre Kinder umbringen, falls sie seiner
Forderung nach Wegzug nicht nachkommen sollten. Damit hat der Beschwerdeführer
klar zum Ausdruck gebracht, dass er keinen Wert auf die Vertraulichkeit des
Wortes und den Schutz seiner Privatsphäre legte. Vielmehr erklärte er sich
konkludent mit der Aufzeichnung seines Verhaltens in der ihm fremden Wohnung
einverstanden. Damit entfällt die Unrechtmässigkeit der Bild- und Tonaufnahmen,
sodass sie in dem gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfahren verwertbar
sind.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Vorinstanz habe Bundesrecht
verletzt, indem sie den Tatbestand der Drohung als erfüllt erachtete. Die
Drohung sei nicht ernst gemeint gewesen und habe die Beschwerdegegnerin nicht
wirklich erschüttert.

2.2. Bei der Prüfung, ob eine Drohung im Sinne des Gesetzes schwer und geeignet
ist, den Geschädigten in Schrecken oder Angst zu versetzen, ist nach der Praxis
des Bundesgerichtes grundsätzlich ein "objektiver" Massstab anzulegen. In der
Regel ist dabei auf das Empfinden eines vernünftigen Menschen mit einigermassen
normaler psychischer Belastbarkeit abzustellen (Urteil 6B_192/2012 vom 10.
September 2012 E. 1.1 mit Hinweisen).

2.3. Die Vorinstanz hält für das Bundesgericht verbindlich (vgl. Art. 105 Abs.
1 BGG) fest, der Beschwerdeführer habe gegenüber den Privatklägern "bei seinen
eigenen Kindern" geschworen, dass er ihre Kinder "an den Ohren und Beinen
zerreisse", wobei er eine entsprechende Geste gemacht habe (Urteil, S. 40).
Diese Äusserung ist offensichtlich schwerer Natur (vgl. BGE 99 IV 216 E. 1a
["casser la gueule"]). Ausserdem waren die Drohungen objektiv geeignet, auch
eine nicht übertrieben ängstliche Person in Schrecken oder Angst zu versetzen.
Die Vorinstanz stellt fest, dass die Geschädigte (auch subjektiv) tatsächlich
Angst empfand.

 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, die rechtliche
Subsumtion der Vorinstanz in Zweifel zu ziehen. Diese hat zutreffend darauf
hingewiesen, dass die Reaktion der Beschwerdegegnerin: "Dann zerreiss sie
doch", nicht als Ausdruck eines fehlenden Schreckens, sondern als verzweifelter
Versuch zu verstehen ist, Gleichgültigkeit vorzutäuschen. Fehl geht der
Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf die in anderen Ethnien geltenden
Umgangsformen bzw. auf den "archaischen Hintergrund" der Auseinandersetzung.
Die gegenüber einer Mutter geäusserte Drohung, ihre Kinder umzubringen, ist
unbesehen um den kulturellen Hintergrund der Betroffenen unerträglich und durch
nichts zu rechtfertigen.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind die
bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist abzuweisen,
da die Beschwerde von vornherein aussichtslos erschien. Seiner finanziellen
Lage ist mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Dezember 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler

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