Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.8/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_8/2013

Urteil vom 5. April 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Stadtrichteramt Zürich, Gotthardstrasse 62, 8002 Zürich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Wiederherstellung der Frist; Verjährung (Verletzung
von Verkehrsregeln),

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts
des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 6. Juni 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Stadtrichteramt der Stadt Zürich büsste den Beschwerdeführer mit Verfügung
vom 9. Dezember 2009 wegen einer Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsrecht
mit Fr. 250.--. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Einsprache. Mit
eingeschriebenem Brief vom 8. März 2011 an seine Adresse in Zürich lud ihn das
Stadtrichteramt für den 29. März 2011 zur persönlichen Einvernahme vor mit dem
Hinweis, dass ein unentschuldigtes Nichterscheinen trotz gehöriger Vorladung
als Rückzug der Einsprache im Sinne von Art. 355 Abs. 2 StPO gelte. Da sich der
Beschwerdeführer in Israel aufhielt, nahm ein bevollmächtigter Vertreter den
Brief am 15. März 2011 am Postschalter in Empfang.

Das Stadtrichteramt stellte mit Verfügung vom 31. März 2011 fest, der
Einvernahmetermin sei trotz ordnungsgemässer Vorladung unentschuldigt nicht
eingehalten worden, weshalb die Einsprache als zurückgezogen gelte.

In der Zwischenzeit hatte der Vertreter des Beschwerdeführers den Brief des
Statthalteramtes vom 8. März 2011 nach Israel weitergeleitet. Der
Beschwerdeführer teilte dem Statthalteramt in einem Schreiben, welches er am
28. März 2011 der Post in Jerusalem übergab, mit, dass es ihm nicht möglich
sei, zur anberaumten Einvernahme zu erscheinen. Das Schreiben ging beim
Statthalteramt am 4. April 2011 ein.

Am 14. Juni 2011 ersuchte der Beschwerdeführer das Statthalteramt um eine
Antwort auf sein Verschiebungsgesuch vom 28. März 2011. Am 28. Juni 2011
orientierte ihn das Statthalteramt über die Lage und wies ihn auf die
Möglichkeit eines Fristwiederherstellungsgesuchs hin. Am 13. Oktober 2011
stellte und begründete der Beschwerdeführer ein solches Gesuch. Er habe einen
Bevollmächtigten bestellt, der seinen Briefkasten in Zürich alle paar Tage
leere und dadurch Briefe für ihn in Empfang nehme bzw. bei der Post abhole.
Sodann leite der Bevollmächtigte ihm auftragsgemäss alle 14 Tage die Post nach
Israel weiter. Bei einer Zeitspanne von nur drei Wochen zwischen dem Schreiben
vom 8. März 2011 und dem Vorladungstermin habe ihn die Vorladung in Israel
nicht rechtzeitig erreichen können.
Das Statthalteramt lehnte das Fristwiederherstellungsgesuch am 26. Oktober 2011
ab. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich
am 6. Juni 2012 ab.

Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde beim Bundesgericht, seine
Einsprache sei zu behandeln und gutzuheissen.

2.
Die Beschwerde ist nicht unterzeichnet (act. 1). Der Beschwerdeführer hat sie
indessen mit einem späteren Schreiben, welches unterschrieben ist, bestätigt
(act. 10). Eine Rücksendung der Beschwerde zwecks Verbesserung des Mangels
erübrigt sich.

3.
Der Beschwerdeführer macht zu Unrecht geltend, in der Zwischenzeit sei die
Verjährung eingetreten (Beschwerde Ziff. 1). Nachdem die Einsprache als
zurückgezogen gilt, wurde die Verfügung vom 9. Dezember 2009 zum
rechtskräftigen Urteil (Art. 354 Abs. 3 StPO). Am 9. Dezember 2009 war die
Übertretung vom 23. Oktober 2009 nicht verjährt (Art. 109 StGB).

4.
Materiell kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Entscheid
S. 6-11 E. II). Die Vorladung des Beschwerdegegners wurde durch die Übergabe an
den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 15. März 2011 rechtsgenügend und
rechtzeitig zugestellt. Da es sich um ein eingeschriebenes Dokument einer
Behörde handelte, hätte der Brief umgehend geöffnet oder an den
Beschwerdeführer weitergeleitet werden müssen. Dass er erst zwölf Tage später
in die Hände des Beschwerdeführers geriet, ist darauf zurückzuführen, dass
dieser seinen Vertreter im Hinblick auf behördliche Sendungen nicht richtig
instruiert und nur beschränkt bevollmächtigt hatte. Er hat den Umstand, dass er
erst einen Tag vor dem Termin von der Vorladung erfuhr und nicht mehr
rechtzeitig reagieren konnte, selber verschuldet.
Was der Beschwerdeführer vorbringt, dringt nicht durch. Es ist offensichtlich,
dass eine Entschuldigung vor dem Verhandlungstermin eingehen muss. Dass diese
Selbstverständlichkeit weder im Gesetz noch in der Vorladung ausdrücklich
festgehalten wird, ist nicht zu bemängeln. Um dies zu wissen, muss man auch
nicht "Jahre lang studieren" (Beschwerde Ziff. 2). Es mag sein, dass der
Beschwerdeführer sich dafür schämt, in einer Strafuntersuchung zu stehen, und
dass er deshalb einem Bevollmächtigten keine Einsicht in behördliche Sendungen
geben will. Dies ändert aber nichts daran, dass er seinen Bevollmächtigten
nicht dahingehend instruiert hat, er müsse ihn bei eingeschriebenen
behördlichen Sendungen ohne jeden Verzug orientieren (Beschwerde Ziff. 4).

Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen.

5.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Er führt in der Beschwerde aus, er sei bis zum Ende seines Studiums finanziell
in einem Engpass (Beschwerde Ziff. 3). Das Vorbringen kann als Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege entgegengenommen werden. Dieses ist in Anwendung
von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Im
Übrigen sind Studenten nicht von vornherein bedürftig. Da der Beschwerdeführer
es unterlässt, seine Bedürftigkeit zu belegen, kommt eine Reduktion der
Gerichtskosten nicht in Betracht.

6.
Der Beschwerdeführer, der sich in Israel aufhält, hat es unterlassen, in der
Schweiz ein Zustellungsdomizil zu bezeichnen. Er ersucht darum, von einer
Veröffentlichung im Amtsblatt abzusehen (act. 10). Folglich kann eine
offizielle Mitteilung des Urteils an ihn unterbleiben (Art. 39 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Stadtrichteramt Zürich und dem Obergericht des Kantons
Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Das Exemplar für den
Beschwerdeführer verbleibt bei den Akten.

Lausanne, 5. April 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn