Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.83/2013
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_83/2013

Urteil vom 5. Februar 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Departement Volkswirtschaft und Inneres,
Amt für Justizvollzug, Bahnhofplatz 3c, 5001 Aarau,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Abklärung der Hafterstehungsfähigkeit,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1.
Kammer, vom 14. November 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer wurde 2003 zu 13 Monaten Zuchthaus verurteilt. Die Strafe
konnte wegen fehlender Hafterstehungsfähigkeit während mehrerer Jahre nicht
vollzogen werden.

Am 22. August 2011 ersuchte das Amt für Justizvollzug des Kantons Aargau (AfJ)
den zuständigen Arzt der Justizvollzugsanstalt Lenzburg (JVA) abzuklären, ob
aufgrund der in den bisherigen Arztzeugnissen und -berichten geschilderten
gesundheitlichen Probleme in der JVA die erforderliche medizinische Behandlung
und dementsprechend der Vollzug möglich sei. Über das Schreiben wurde der
Beschwerdeführer am 23. August 2011 orientiert.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde und beantragte, die Aufforderung
vom 23. August 2011 an den Gefängnisarzt, eine Stellungnahme betreffend
Hafterstehungsfähigkeit abzugeben, sei aufzuheben. Es sei das AfJ anzuweisen,
eine Hafterstehungsprüfung durch den Amtsarzt bzw. einen Facharzt anzuordnen.

Der Regierungsrat des Kantons Aargau trat am 19. September 2012 auf die
Beschwerde nicht ein. Zum einen stelle das Schreiben vom 22./23. August 2011
keinen anfechtbaren Entscheid im Sinne des kantonalen
Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) dar. Zum anderen könne auf die Eingabe
als Rechtsverweigerungsbeschwerde nicht eingetreten werden, weil dem
Beschwerdeführer ein Entscheid über die Hafterstehungsfähigkeit nicht
verweigert worden sei.

Auf eine kantonale Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am
14. November 2012 nicht ein. Unter anderem führte es aus, der Regierungsrat
habe zu Recht festgestellt, dass das blosse Einholen einer Meinungsäusserung
der JVA zur Möglichkeit des Vollzugs keine anfechtbare Verfügung darstelle.
Auch der Erwägung betreffend Rechtsverweigerungsbeschwerde sei beizupflichten,
denn diese stehe in erster Linie gegen unzulässige Passivität der zuständigen
Behörde offen. Solange diese ein Verfahren aktiv und beförderlich führe, könne
der Betroffene eine von ihm gewünschte abweichende Art der Verfahrensführung
nicht mittels Rechtsverweigerungsbeschwerde erzwingen.
Der Beschwerdeführer beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des
Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

2.
Soweit sich der Beschwerdeführer nicht mit den Fragen befasst, ob das Schreiben
vom 22./23. August 2011 eine anfechtbare Verfügung im Sinne des VRPG darstellt,
und ob er dem AfJ zu Recht Rechtsverweigerung vorgeworfen hat, ist er nicht zu
hören, denn letztlich hing der Ausgang des kantonalen Verfahrens nur von der
Beantwortung dieser beiden Fragen ab (vgl. angefochtenen Entscheid S. 6 E.
4.3). Deshalb muss sich das Bundesgericht z.B. zur einleitenden Erwägung der
Vorinstanz, das missbräuchliche Verhalten des Beschwerdeführers verdiene keinen
Rechtsschutz (vgl. angefochtenen Entscheid S. 5/6 E. 4.2.2), nicht äussern.

3.
In Bezug auf die erste Frage macht der Beschwerdeführer geltend, jede Anordnung
einer staatlichen Stelle oder Behörde, die in die Rechte eines Bürgers
eingreife, stelle eine Verfügung dar (Beschwerde S. 5). Damit verkennt er, dass
mit der blossen Anfrage an einen Arzt, ob in einer Anstalt in Bezug auf gewisse
gesundheitliche Probleme die notwendige medizinische Behandlung gewährleistet
sei, die Rechte des Betroffenen noch nicht tangiert werden. Seine sinngemässe
Rüge, das AfJ habe vorgesehen, die Prüfung der Hafterstehung faktisch
abschliessend durch den Gefängnisarzt vornehmen zu lassen (vgl. Beschwerde S.
6), ist eine durch nichts glaubhaft gemachte Behauptung. Die Vorbringen sind
unbegründet.

4.
Zur zweiten Frage führt der Beschwerdeführer aus, es stelle eine
Rechtsverweigerung dar, dass sich das AfJ trotz der klaren Sachlage geweigert
habe, eine anderweitige und umfassende Begutachtung anzuordnen (Beschwerde S.
6). Damit übersieht er, dass heute nicht darüber zu entscheiden ist, ob die
Anordnung des AfJ sinnvoll war. Jedenfalls wurde das Amt aktiv, weshalb von
einer Rechtsverweigerung nicht die Rede sein kann.

5.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos geworden. Bei diesem Ausgang sind die
Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau,
1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Februar 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn