Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.814/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_814/2013

Urteil vom 28. November 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.

Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug,
An der Aa 4, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Prozesskaution, Willkür,

Beschwerde gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zug,
Strafabteilung, vom 20. Juni 2013.

Sachverhalt:

A.

 Mit Urteil vom 19. Dezember 2012 sprach die Einzelrichterin am Strafgericht
des Kantons Zug Y.________ und Z.________ von den Vorwürfen der Nötigung und
des Hausfriedensbruchs frei und trat auf die Zivilklage des Privatklägers
X.________ nicht ein. Dagegen erklärten X.________ Berufung und Z.________
Anschlussberufung. Mit Verfügung vom 19. März 2013 forderte der Präsident der
Strafabteilung des Zuger Obergerichts X.________ auf, innert 10 Tagen seit
Zustellung der Verfügung eine Prozesskaution von Fr. 8'000.-- zur Deckung
allfälliger Prozesskosten und Entschädigungen an die Gegenparteien zu leisten,
unter Androhung des Nichteintretens im Säumnisfall. Daraufhin ersuchte
X.________ um Erlass der Prozesskaution mit der Begründung, er habe Anspruch
auf unentgeltliche Rechtspflege. Mit Verfügung vom 24. Mai 2013 wies der
Präsident der Strafabteilung das Gesuch ab, weil die unentgeltliche
Rechtspflege gemäss Art. 136 StPO (SR 312.0) dem Privatkläger nur zur
Durchsetzung von Zivilansprüchen gewährt werden könne und X.________ keine
solchen Ansprüche geltend gemacht habe. Er setzte diesem eine nicht
erstreckbare Nachfrist von 10 Tagen zur Leistung der Prozesskaution an und
auferlegte ihm die Verfahrens- und Parteikosten für das Zwischenverfahren.

B.

 X.________ erhob am 27. Juni 2013 Beschwerde in Strafsachen und beantragte,
die angefochtene Verfügung des Präsidenten der Strafabteilung des Zuger
Obergerichts vom 24. Mai 2013 sei aufzuheben und von einer Prozesskaution sei
abzusehen, eventuell sei diese unter Ansetzung einer neuen Nachfrist auf
maximal Fr. 4'000.-- festzusetzen. Das Bundesgericht trat auf jene Beschwerde
am 30. August 2013 (Urteil 1B_226/2013) nicht ein.

C.

 Nachdem X.________ innert der ihm angesetzten Frist die Prozesskaution nicht
geleistet hatte, trat der Präsident der Strafabteilung des Zuger Obergerichts
am 20. Juni 2013 auf die Berufung nicht ein, womit auch die Anschlussberufung
dahinfiel. Die Verfahrenskosten und Parteientschädigungen auferlegte er
X.________.

 

D.

 X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die angefochtene
Verfügung vom 20. Juni 2013 sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

 Der Beschwerdeführer stellt in der Begründung, nicht aber in den Anträgen
seiner Beschwerde das Begehren, das vorliegende Beschwerdeverfahren sei mit dem
Beschwerdeverfahren 1B_226/2013 zu vereinigen. Auf sein Begehren kann nicht
eingetreten werden, nachdem jenes Verfahren mit dem Urteil des Bundesgerichts
vom 30. August 2013 rechtskräftig abgeschlossen wurde.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt, dass die Vorinstanz "in Verletzung von Art. 383
StPO und des Gehöranspruchs" nicht begründet habe, warum vorliegend eine
Kaution auferlegt wurde. Überdies erscheine es mit Art. 29 BV nicht vereinbar,
dem Privatkläger bei einer strafrechtlich motivierten Berufung die
unentgeltliche Prozessführung mangels Mitanfechtung des Zivilpunkts zu
verweigern und ihm eine Prozesskaution aufzuerlegen.

2.2.

2.2.1. Nach Art. 383 StPO kann die Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz
die Privatklägerschaft verpflichten, innert einer Frist für allfällige Kosten
und Entschädigungen Sicherheit zu leisten. Vorbehalten bleibt die
unentgeltliche Prozessführung (Abs. 1). Wird die Sicherheit nicht fristgerecht
geleistet, tritt die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein (Abs.
2). Die Auferlegung einer Sicherheitsleistung ist - analog zum Kostenvorschuss
im Zivilprozess (Art. 98 ZPO), aber anders als die Sicherheitsleistung für die
Parteientschädigung im Zivilprozess (Art. 99 ZPO) - an keine Voraussetzungen
gebunden (Martin Ziegler, in: Basler Kommentar, Schweizerische
Strafprozessordnung, 2011, N. 1 zu Art. 383). Dies gilt unbesehen der Frage, ob
die Privatklägerschaft ein Rechtsmittel nur im Strafpunkt oder auch im
Zivilpunkt erhebt.

2.2.2. In der Botschaft (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts
vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1308 Ziff. 2.9.1) und ihr folgend teilweise
auch in der Literatur (Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung,
Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. zu Art. 383) wird zwar die Auffassung
vertreten, dass die Regelung mit Zurückhaltung anzuwenden sei. Zugleich wird
aber auch darauf verwiesen, dass die Kosten- und Entschädigungspflicht das
Gegenstück zu den sehr weitgehenden Rechtsmittelbefugnissen der
Privatklägerschaft bildet. Um die Vollstreckung allfälliger Kosten- und
Entschädigungsansprüche zu gewährleisten, müsse die Möglichkeit geschaffen
werden, von der Privatklägerschaft entsprechende Sicherheiten zu verlangen (BBl
2006 1308 Ziff. 2.9.1).

2.2.3. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, Kriterien für die Erhebung einer
Sicherheitsleistung zu definieren und stellt es damit in das Ermessen der
Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz. Die vom Beschwerdeführer verlangte
Sicherheitsleistung war den Verhältnissen des Falles durchaus angemessen; einer
besonderen Begründung durch die Verfahrensleitung der Vorinstanz bedurfte sie
deshalb nicht.

2.2.4. Nachdem der Beschwerdeführer die Sicherheitsleistung nicht
(fristgerecht) geleistet hat, ist die Vorinstanz in Anwendung von Art. 383 Abs.
2 StPO zu Recht nicht auf die Berufung eingetreten.

2.3. Auf die Rüge, dass es mit Art. 29 BV nicht vereinbar sei, dem Privatkläger
bei einer strafrechtlich motivierten Berufung die unentgeltliche Prozessführung
mangels Mitanfechtung des Zivilpunkts zu verweigern und ihm eine Prozesskaution
aufzuerlegen, ist nicht einzugehen.

 Die Verweigerung der unentgeltlichen Prozessführung bildet nicht Gegenstand
der angefochtenen Verfügung. Ob der Beschwerdeführer die Zwischenverfügung vom
24. Mai 2013 zusammen mit dem Nichteintretensentscheid vom 20. Juni 2013 hätte
anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG), bedarf keiner weiteren Erörterung
(vgl. auch Urteil 2C_128/2007 vom 17. Oktober 2007, E. 4). Gemäss Art. 42 Abs.
1 und 2 BGG haben Rechtsschriften die Begehren sowie deren Begründung zu
enthalten, wobei in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der angefochtene
Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer stellt nicht den Antrag, dass die
Zwischenverfügung vom 24. Mai 2013 aufzuheben und ihm die unentgeltliche
Rechtspflege für das Verfahren vor dem Obergericht des Kantons Zug zu
bewilligen sei. Ebenso wenig führt er aus, inwiefern die Nichtgewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege mit Art. 29 BV nicht vereinbar sein soll.
Diesbezüglich genügt seine Beschwerde vom 26. August 2013 den Anforderungen von
Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG nicht.

 Im Übrigen sind Bundesgesetze für das Bundesgericht und die anderen
rechtsanwendenden Behörden nach Art. 190 BV massgebend, sodass die
Vereinbarkeit von Art. 136 StPO (Voraussetzungen für die Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege für die Privatklägerschaft) mit der vom
Beschwerdeführer angerufenen verfassungsrechtlichen Bestimmung von Art. 29 BV
(allgemeine Verfahrensgarantien) nicht zu überprüfen ist.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. November 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler

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