Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.79/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_79/2013

Urteil vom 10. Juni 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Pasquini.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Christe,
Beschwerdeführer,

gegen

1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
2.  Geschäft A.________,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Strafzumessung; Grundsatz "in dubio pro reo",

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 8. November 2012.

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X.________ wegen mehrfacher
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (aArt. 19 Ziff. 1 al. 2-5
i.V.m. aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG teilweise i.V.m. Art. 25 StGB),
Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Geldwäscherei zu einer
Freiheitsstrafe von 3½ Jahren. Von den Vorwürfen gemäss Anklageziffern II.4
(Aufbewahren von Streckmitteln), III.2 (Übergabe von ca. 100 Gramm Heroin) und
III.5 (Kauf und Verkauf von ca. 5 Gramm Heroin) sprach es ihn frei. Weiter
verfügte es über die beschlagnahmten Gegenstände und verpflichtete ihn zur
Bezahlung von Schadenersatz an die Privatklägerin.

B.
Das Obergericht des Kantons Zürich stellte die Rechtskraft des
bezirksgerichtlichen Schuldspruchs wegen mehrfacher Widerhandlungen gegen das
BetmG, des Freispruchs und der Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände
fest. Es erklärte X.________ des Diebstahls, des Hausfriedensbruchs und der
Sachbeschädigung schuldig. Vom Vorwurf der Geldwäscherei sprach es ihn frei. Es
verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 38 Monaten, reduzierte die
Schadenersatzzahlung und verwies die Privatklägerin im Mehrbetrag auf den
Zivilweg.

 Dem Einbruchdiebstahl liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 X.________ und Y.________ brachen in einen Verkaufsladen ein, indem sie die
Glasschiebetür mit einem Flachwerkzeug aufwuchteten. Dabei entstand ein
Sachschaden. Aus dem Ladeninnern entwendeten sie Deliktsgut im Wert von rund
Fr. 733.--.

C.
X.________ wendet sich mit Beschwerde an das Bundesgericht und beantragt, er
sei von den Vorwürfen des Diebstahls, des Hausfriedensbruchs und der
Sachbeschädigung freizusprechen. Er sei mit einer Freiheitsstrafe von maximal
22 Monaten zu bestrafen. Eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 3 (Strafpunkt) des
Urteils aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Die Zivilforderung sei abzuweisen. Zudem ersucht er um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro
reo". Er macht geltend, aus den Akten gehe der genaue Fundort des
sichergestellten Abfallsacks mit seinem Fingerabdruck nicht hervor. Daher habe
dieser nur einen beschränkten Beweiswert. Sein Aussageverhalten zu Y.________
möge zwar verdächtig erscheinen, sei aber erklärbar. Dasselbe gelte für seine
Angabe, jener habe vielleicht einen Abfallsack bei ihm mitgenommen und sei
damit zum Verkaufsladen gegangen. Ebenfalls kein Beweis für die Tatbeteiligung
seien seine Aussagen zum Flachwerkzeug. Insgesamt verblieben erhebliche und
vernünftige Zweifel an seiner Schuld am Einbruchdiebstahl (Beschwerde S. 6-8
Ziff. 3).

1.2. Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer habe erst eingeräumt,
Y.________ zu kennen, als man ihm vorgehalten habe, dass beim Tatort ihre
Spuren auf einem Abfallsack gefunden worden seien. Sodann sei der
Beschwerdeführer auf Flachwerkzeuge zu sprechen gekommen, die man ihm gestohlen
habe, ohne dass der Einsatz derselben beim Einbruch in den Verkaufsladen
erwähnt worden sei. Die Vorinstanz wertet diese Aussagen als
Schutzbehauptungen. Der genaue Fundort des Abfallsacks gehe aus den Akten zwar
nicht hervor. Gemäss Polizeirapport müsse ihn der Anzeigeerstatter aber in
unmittelbarer Nähe des Ladens gefunden haben. Die Vorinstanz erachtet den
angeklagten Sachverhalt insbesondere als erstellt, da vor dem Laden kurz nach
der Tat ein Abfallsack mit dem Fingerabdruck des Beschwerdeführers gefunden
wurde (Urteil S. 14-17 E. 3.2-3.5).

1.3. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich
unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137
III 226 E. 4.2 S. 234; zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1; 136 III 552
E. 4.2; je mit Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss klar und substanziiert
begründet werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E.
4.2.3; 136 I 65 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).

1.4. Was der Beschwerdeführer vorbringt, erschöpft sich weitgehend in
appellatorischer Kritik, auf die das Bundesgericht nicht eintritt.
Grösstenteils setzt er sich mit den schlüssigen Ausführungen der Vorinstanz
nicht bzw. nur ansatzweise auseinander und begründet nicht hinreichend,
inwiefern die dem Entscheid zugrunde liegende Begründung bzw. der Entscheid im
Ergebnis rechts- oder verfassungswidrig sein soll. Er beschränkt sich darauf,
seine Sicht der Dinge zu schildern, diese der vorinstanzlichen Beweiswürdigung
gegenüberzustellen und darzulegen, seine Auffassung sei derjenigen der
Vorinstanz vorzuziehen. So führt er beispielsweise aus, gedacht zu haben, er
müsse eine entlastende Begründung zur Art der Tatausführung geben, weshalb er
sonderbare Aussagen zu den Werkzeugen gemacht habe (Beschwerde S. 8). Solche
Vorbringen sind nicht geeignet, offensichtlich erhebliche und schlechterdings
nicht zu unterdrückende Zweifel am Anklagesachverhalt zu wecken. Für die
Begründung von Willkür, unter welchem Gesichtspunkt das Bundesgericht auch
prüft, ob der Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt
ist (BGE 127 I 38 E. 2a mit Hinweisen), genügt nicht, dass das angefochtene
Urteil nicht mit der Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmt oder eine
andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre (
BGE 137 I 1 E. 2.4 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hätte substanziiert
darlegen müssen, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich
unhaltbar sind oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch
stehen und die Beweise sowie Indizien andere Schlussfolgerungen geradezu
aufdrängen. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Er macht
geltend, bei den Widerhandlungen gegen das BetmG trage die Vorinstanz der
Gehilfenschaft zu wenig Rechnung und gewichte demgegenüber die hohe Anzahl
Fahrten zu stark. Weiter berücksichtige sie zu Unrecht seinen schweren Unfall
sowie das Geständnis nicht und lege seine Delinquenz während der laufenden
Strafuntersuchung zu stark zu seinen Ungunsten aus. Schuldangemessen sei eine
Freiheitsstrafe von 22 Monaten. Aus dem angefochtenen Urteil gehe nicht hervor,
in welchem Verhältnis sich die Faktoren blosses Aufbewahren, Gehilfenschaft und
hohe Anzahl durchgeführter Fahrten auf die Einsatzstrafe auswirkten. Die
Begründung genüge den Anforderungen von Art. 50 StGB nicht (Beschwerde S. 8-14
Ziff. 4).

2.2. Die Vorinstanz verweist in ihrer Strafzumessung teilweise auf die
Erwägungen der ersten Instanz und nimmt Ergänzungen sowie Änderungen vor. Bei
der Festlegung des Strafmasses geht sie zutreffend von der qualifizierten
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz als schwerstes Delikt aus, stuft
das Verschulden des Beschwerdeführers als nicht mehr leicht ein und setzt die
(hypothetische) Einsatzstrafe auf 30 Monate fest. Diese erhöht sie wegen des
Einbruchdiebstahls in Anwendung des Asperationsprinzips auf 32 Monate.
Angesichts der Täterkomponenten erachtet sie eine Strafe von 38 Monaten als
angemessen (Urteil S. 18 ff., erstinstanzliches Urteil S. 108 ff.).

2.3. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung (BGE 136 IV 55 E.
5.4 ff.; 132 IV 102 E. 8.1; je mit Hinweisen) und die Anforderungen an ihre
Begründung (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 20 mit Hinweisen) wiederholt dargelegt.
Darauf kann verwiesen werden.

2.4. Die Vorinstanz setzt sich mit den wesentlichen schuldrelevanten
Komponenten auseinander und würdigt alle Strafzumessungsfaktoren zutreffend.
Dass sie sich von unmassgeblichen Gesichtspunkten hätte leiten lassen oder
wesentliche Aspekte unberücksichtigt gelassen hätte, ist nicht ersichtlich. Auf
ihre Ausführungen kann verwiesen werden (Urteil S. 18 ff.).

2.4.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz hätte die aufgrund der
gesamten Drogenmenge auf 38-39 Monate festgesetzte Einsatzstrafe noch um total
35 % (30 % für das blosse Aufbewahren und 40 % für die Gehilfenschaft)
reduzieren müssen (Beschwerde S. 9 f. Ziff. 4.2 f.).

 Die Rüge ist unbegründet. Gestützt auf die Gesamtmenge von 418.5 Gramm reinem
Heroin erachtet die Vorinstanz bei der mehrfach qualifizierten Widerhandlung
gegen das Betäubungsmittelgesetz eine hypothetische Einsatzstrafe von 38-39
Monaten als angemessen. Sie erwägt zutreffend, zum einen wiesen die Handlungen
des Beschwerdeführers als Gehilfe auf eine intensive Mitwirkung am Drogenhandel
hin. Zum anderen habe er sich nicht nur als Gehilfe betätigt, sondern auch als
Aufbewahrer und Händler. Daher sei die (hypothetische) Einsatzstrafe um weniger
als 30 % zu reduzieren. Eine Strafe von 30 Monaten erscheine als
verhältnismässig (Urteil S. 19 f. E. 3.3). Mit diesen Erwägungen verletzt die
Vorinstanz das ihr im Rahmen der Strafzumessung zustehende erhebliche Ermessen
nicht (vgl. BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61 mit Hinweisen).

 Ferner ist nicht erforderlich, dass der Sachrichter die Bewertung der
einzelnen Strafzumessungsfaktoren in Zahlen oder in Prozenten wiedergibt (BGE
136 IV 55 E. 5.6 S. 61 mit Hinweis). Dies gilt entsprechend für die Gewichtung
der im Gesetz genannten Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe (Urteil
6B_372/2011 vom 12. Juli 2011 E. 2.3 mit Hinweis). Die Rüge der Verletzung von
Art. 50 StGB ist unbegründet (Beschwerde S. 10 unten).

2.4.2. Die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers qualifiziert die
Vorinstanz als neutral. Namentlich erwägt sie, es sei nicht nachvollziehbar,
inwiefern sein schwerer Unfall vom 18. Dezember 1998 mit seiner Delinquenz
zusammenhänge (Urteil S. 20 E. 6.1). Dies ist nicht zu beanstanden. Für die
angebliche Naivität des Beschwerdeführers gibt es keine Hinweise (Beschwerde S.
11 Ziff. 4.4, Urteil S. 21 E. 6.2). Die geltend gemachte
Entwicklungsverzögerung hätte der Gutachter bemerkt. Gemäss Gutachten bestehen
in psychologischer Hinsicht aber keine Anzeichen für eine besondere
Strafempfindlichkeit (Hinweis Urteil S. 20 auf erstinstanzliches Urteil S.
120).

2.4.3. Mit Recht berücksichtigt die Vorinstanz die Delinquenz des
Beschwerdeführers während laufender Strafuntersuchung als nicht unerheblich
straferhöhend (Urteil S. 21 f., erstinstanzliches Urteil S. 121 f.; BGE 121 IV
49 E. 2d/cc S. 62). Seinem Einwand, die Straferhöhung sei einzuschränken, weil
er sich bezüglich der Aufbewahrung der Drogen in einem Dilemma befunden habe
(Beschwerde S. 11 f. Ziff. 4.5 f.), kann nicht gefolgt werden. Hierzu kann auf
die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden.

2.4.4. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz gewichte sein
Geständnis und kooperatives Verhalten nicht ausreichend (Beschwerde S. 11 f.
Ziff. 4.5 und S. 13 f. Ziff. 4.7), ist die Beschwerde unbegründet. Die
Vorinstanz führt zutreffend aus, dem Beschwerdeführer könne sein anfängliches
Geständnis nicht strafmindernd angerechnet werden. Ab dem Haftentlassungsgesuch
habe er sein Verhalten geändert. Er sei nicht mehr kooperativ gewesen, habe
jegliche Aussage verweigert und sein Geständnis widerrufen. Das anfängliche
Geständnis habe zwar dazu geführt, dass gewisse Delikte überhaupt aufgedeckt
worden seien, es habe das Verfahren aber weder verkürzt noch vereinfacht
(Urteil S. 21 E. 6.3, erstinstanzliches Urteil S. 121 f.) Geständnisse können
zwar strafmindernd berücksichtigt werden, namentlich wenn sie Ausdruck von
Einsicht und Reue des Täters sind. Ein Verzicht auf Strafreduktion kann sich
indes aufdrängen, wenn das   Geständnis die Strafverfolgung nicht erleichtert
hat (Urteil 6B_473/2011 vom 13. Oktober 2011 E. 5.4 mit Hinweisen).

2.5. Bei einer Freiheitsstrafe von 38 Monaten erübrigt es sich, den Antrag auf
Gewährung des (teil-) bedingten Vollzugs zu behandeln (Beschwerde S. 14 Ziff.
5).

3.
Die Anträge zur Zivilforderung und den Kostenfolgen begründet der
Beschwerdeführer einzig mit den beantragten Freisprüchen (Beschwerde S. 15 f.
Ziff. 6 f.). Darauf ist nicht einzutreten.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge
Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der
finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Beschwerde S. 15 Ziff. 8; Art. 65 Abs. 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Juni 2013
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Pasquini

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