Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.795/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_795/2013

Urteil vom 15. November 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Barth,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Sennhofstrasse 17, 7001 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Verletzung von Verkehrsregeln; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Strafkammer,
vom 19. Juni 2013.

Sachverhalt:

A.

 X.________ wird vorgeworfen, am 21. Juli 2011 um 12.05 Uhr auf der
Prättigauerstrasse zwischen Grüsch und Schiers mindestens zwei Fahrzeuge
überholt zu haben, obwohl der Abstand zu einem auf der Gegenfahrbahn
herannahenden Auto nicht ausreichend gewesen sei. Der Abstand zum überholten
Fahrzeug sei ebenfalls ungenügend gewesen.

B.

 Das Bezirksgericht Prättigau/Davos sprach X.________ der groben Verletzung der
Verkehrsregeln (ungenügender Abstand beim Überholen zum Gegenverkehr und zum
überholten Fahrzeug) schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe
von 20 Tagessätzen zu Fr. 170.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren und mit
einer Busse von Fr. 600.--.
Am 19. Juni 2013 sprach das Kantonsgericht von Graubünden X.________ der groben
Verletzung der Verkehrsregeln (ungenügender Abstand beim Überholen zum
Gegenverkehr) und der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln (ungenügender
Abstand beim Überholen zum überholten Fahrzeug) schuldig. Im Übrigen wies es
die Berufung von X.________ ab.

C.

 Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, das Urteil des
Kantonsgerichts von Graubünden aufzuheben und ihn vom Vorwurf der Verletzung
von Verkehrsregeln freizusprechen. Eventualiter sei er der einfachen Verletzung
der Verkehrsregeln gemäss Art. 34 Abs. 4 und 35 Abs. 2 in Verbindung mit aArt.
90 Ziff. 1 SVG für schuldig zu befinden und milde zu bestrafen.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Kantonsgericht erwägt, dass der Beschwerdeführer Y.________ mit einer
Geschwindigkeit von 90 bis 100 km/h überholte, während Z.________ ihm mit einer
Geschwindigkeit von 80 km/h (abgebremst auf 60 km/h) entgegenkam. Betreffend
den Abstand zum entgegenkommenden Fahrzeug erachtet die Vorinstanz die Aussagen
von Z.________ und Y.________ als überzeugend. Z.________ erklärte, dass der
Abstand 20 bis 30 Meter betrug, Y.________ gab eine Distanz von 15 bis 25
Metern an. Gestützt darauf erachtet die Vorinstanz Art. 35 Abs. 2 SVG als
verletzt und nimmt eine grobe Verkehrsregelverletzung an.

1.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass von einem Abstand vom
entgegenkommenden Fahrzeug von mindestens 165 Metern auszugehen sei. Dies
ergäbe sich daraus, dass er das Überholmanöver 200 bis 300 Meter vor dem ihm
entgegenkommenden Fahrzeug begonnen und es - bei einer Differenz von 30 km/h
zwischen seiner Geschwindigkeit und derjenigen des überholten Fahrzeugs - nach
rund drei Sekunden abgeschlossen habe. Ausserdem argumentiert er, dass bei
einem Abstand von lediglich 20 bis 30 Metern Z.________ mit Sicherheit eine
Vollbremsung eingeleitet hätte oder hätte einleiten müssen. Ebenfalls hätte der
Lenker des dem Fahrzeug von Z.________ folgenden Polizeiwagens abbremsen oder
zumindest vom Gas gehen müssen. Z.________ habe hingegen - wenn überhaupt -
lediglich kurzzeitig den Fuss vom Gaspedal genommen und dieses wenige Sekunden
später wieder betätigt. Aus den Strafakten gehe nicht hervor, dass das
Polizeiauto hinter dem Fahrzeug von Z.________ verlangsamt habe. Die
Distanzangaben könnten daher nicht korrekt sein.

1.3. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweisen). Willkür liegt vor, wenn
der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung
oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für
die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3; 137 I 1 E. 2.4; je mit
Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss klar und substanziiert begründet
werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65
E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E.
4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).

1.4. Der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges schätzte seinen Abstand zum
Beschwerdeführer auf 20 bis 30 Meter. Entgegen den Ausführungen des
Beschwerdeführers gab er an, kurzzeitig stark abgebremst und erst wieder
beschleunigt zu haben,  nachdem der Beschwerdeführer wieder auf der richtigen
Seite war. Hätte er nicht verlangsamt, wäre es höchstwahrscheinlich zu einer
Frontalkollision gekommen (Untersuchungsakten act. 5, Fragen 2, 6 und 8). Der
Lenker des überholten Autos schätzte die Distanz des Beschwerdeführers zum
entgegenkommenden Fahrzeug auf 3 bis 5 Autolängen, also maximal 15 bis 25
Meter, und erklärte, es sei einem glücklichen Umstand zuzuschreiben, dass nicht
ein schwerer Unfall passierte (Untersuchungsakten act. 4, Fragen 7 und 11). Die
Vorinstanz erachtet diese übereinstimmenden Aussagen als überzeugend. Der
Einwand des Beschwerdeführers, wonach auch der Fahrer des darauffolgenden
Polizeiautos hätte bremsen müssen, vermag die Beweiswürdigung der Vorinstanz
nicht zu erschüttern. Der Beschwerdeführer stützt seine Ausführungen auf die
Annahme, dass der Abstand zwischen dem Fahrzeug von Z.________ und demjenigen
der Polizei maximal 20 Meter betrug (Beschwerde, Seite 6). Solches stellt die
Vorinstanz nicht fest. Im Polizeirapport wird lediglich ausgeführt, dass die
Beamten den Abschluss des Überholmanövers mitverfolgen konnten und dass ihre
Beobachtung aus einer geschätzten Distanz von 50 bis 70 Metern erfolgte
(Untersuchungsakten act. 1, Seite 2). Dies lässt keinen Schluss zum Abstand der
beiden Fahrzeuge und zum notwendigen Verhalten des Lenkers des Polizeiwagens
zu. Der Beschwerdeführer kann daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten.
Ebenso wenig vermag die vom Beschwerdeführer vorgenommene Berechnung des
Abstandes aufgrund der geschätzten Geschwindigkeiten die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung in Frage zu stellen. Seine Berechnung beruht auf der
Annahme, dass das Überholmanöver in drei Sekunden abgeschlossen werden konnte.
Die Argumentation erschöpft sich in einer blossen Behauptung und vermag keine
Willkür darzutun. Zudem gaben die Auskunftspersonen an, der Beschwerdeführer
habe mindestens zwei (Z.________, Untersuchungsakten act. 5, Frage 4) bzw.
"mehrere" (Y.________, Untersuchungsakten act. 4, Frage 3) Fahrzeuge
gleichzeitig überholt (Entscheid, S. 13). Dies schliesst aus, dass der
Beschwerdeführer das Überholmanöver in drei Sekunden abschliessen konnte. Die
Vorinstanz durfte auf die Aussagen von Z.________ und Y.________ abstellen und
den Abstand zum entgegenkommenden Fahrzeug als ungenügend erachten, ohne in
Willkür zu verfallen.

2.

 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe den objektiven Tatbestand der
groben Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von aArt. 90 Ziff. 2 SVG nicht
erfüllt. Er habe durch seine Fahrweise weder eine konkrete Gefährdung noch eine
erhöhte abstrakte Gefahr geschaffen. Auch der subjektive Tatbestand von aArt.
90 Ziff. 2 SVG sei nicht erfüllt. Der Gefährlichkeit seines Verhaltens sei er
sich nicht bewusst gewesen und habe es auch nicht sein müssen. Aufgrund der
gegebenen Verhältnisse habe er davon überzeugt sein dürfen, das Überholmanöver
durchführen zu können, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden oder zu
behindern. Der Umstand, dass dies auch der Fall gewesen sei, bestätige die
Richtigkeit seiner Beurteilung. Der Abstand zum entgegenkommenden Fahrzeug sei
ausreichend gewesen.
Damit entfernt sich der Beschwerdeführer von den verbindlichen tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG), ohne aufzuzeigen,
inwiefern diese willkürlich sind. Er legt nicht dar, in welcher Hinsicht die
Vorinstanz bei der von ihr festgestellten Sachlage Bundesrecht (aArt. 90 Ziff.
2 SVG) verletzt hat. Seine Beschwerde genügt den Anforderungen von Art. 42 Abs.
2 BGG nicht. Darauf ist nicht einzutreten.

3.

 Die Vorinstanz erklärt den Beschwerdeführer auch der leichten Verletzung der
Verkehrsregeln gemäss Art. 34 Abs. 4 SVG schuldig. Der Antrag des
Beschwerdeführers auf vollumfängliche Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils
richtet sich ebenfalls gegen diesen Schuldspruch. Dennoch macht der
Beschwerdeführer diesbezüglich keine Ausführungen, weshalb die Beschwerde keine
ausreichende Begründung im Sinne von Art. 42 Abs. 2 BGG enthält. Darauf ist
nicht einzutreten.

4.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Kosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. November 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Schneider

Der Gerichtsschreiber: Moses

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