Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.785/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_785/2013

Urteil vom 22. Januar 2014

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Pasquini.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokatin Dr. Monika Guth,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001
Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Betrug; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Ausschuss, vom 24. April 2013.

Sachverhalt:

A.

 Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt verurteilte X.________ mit Strafbefehl vom
22. November 2011 wegen Betruges und mehrfacher Tätlichkeiten zu einer
bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 100.--, bei einer Probezeit von
zwei Jahren, und zu einer Busse von Fr. 3'300.--.

 Auf Einsprache von X.________ hin erklärte ihn das Strafgericht Basel-Stadt am
28. Juni 2012 des Betrugs schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten
Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 100.--, bei einer Probezeit von zwei
Jahren, und mit einer Busse von Fr. 1'000.--. Das Verfahren wegen mehrfacher
Tätlichkeiten stellte es ein.

B.

 Am 24. April 2013 hob das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die
Verurteilung zur Busse auf und bestätigte im Übrigen das erstinstanzliche
Urteil. Dem Entscheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 X.________ veranlasste seinen leicht geistig behinderten Arbeitskollegen
Y.________, ihm Fr. 18'000.-- zu überlassen. Er erzählte diesem, er habe
Schulden, bat ihn mehrfach um Geld und gab ihm an, er könne die Summe Ende 2010
aus einer anfallenden Erbschaft zurückzahlen. Er hatte aber weder die Absicht
noch die Möglichkeit dazu. Y.________ liess sich am 1. März 2010 von seinem
Kollegen zur Bank fahren, wo er Fr. 18'200.-- von seinem Konto abhob. Davon
händigte er X.________ Fr. 18'000.-- aus.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das angefochtene
Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung. Die
Vorinstanz bewerte die Aussagen einseitig. Sie verurteile ihn gestützt auf
widersprüchliche und unbeständige Angaben eines Verbeiständeten. Sie nehme zu
Unrecht an, eine Vermögensdisposition habe stattgefunden (Beschwerde S. 4-8
Ziff. 6-17).

1.2. Die Vorinstanz erachtet die Aussagen des Geschädigten als glaubhaft. Er
habe konstant denselben Hergang der Ereignisse geschildert. Der
Beschwerdeführer habe ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm aufgebaut und
ihm bei der Wohnungsräumung geholfen. Er habe ihn wegen einer Notlage um Geld
gebeten und die Rückzahlung aus einer Erbschaft, die Ende Jahr anfallen werde,
in Aussicht gestellt. Der Geschädigte habe auch die Abfolge der Geldübergabe
immer gleich geschildert. Er habe sehr zurückhaltend ausgesagt und erst auf
Anraten seines Beistands Strafanzeige erstattet. Es sei nicht ersichtlich,
weshalb er den Beschwerdeführer, einen seiner raren Freunde, zu Unrecht hätte
belasten sollen. Überdies wäre er aufgrund der leichten geistigen Behinderung
kaum in der Lage gewesen, sich ein Betrugsszenario wie das vorliegende
auszudenken. Demgegenüber habe sich der Beschwerdeführer in Widersprüche
bezüglich der Höhe der von seinem Kollegen für die Hilfe bei der
Wohnungsräumung erhaltenen Summe verstrickt. Seinem Vorgesetzten habe er
angegeben, es habe sich um Fr. 500.-- gehandelt. In seinen Einvernahmen habe er
indes ausgesagt, er habe Fr. 1'000.-- erhalten. Ein Widerspruch ergäbe sich
auch beim Vergleich der Ausführungen des Beschwerdeführers zur Stückelung des
erhaltenen Betrags mit den Nachforschungen bei der Bank. Er will den Betrag in
Hunderternoten erhalten haben. Der Bankangestellte habe dem Geschädigten die
Fr. 18'200.-- aber in Tausender- und zwei Hunderternoten ausgehändigt. Die
Vorinstanz hält fest, die Aussagen des Geschädigten seien glaubhaft, während an
der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel
bestünden (Urteil S. 5-7 E. 3.4 f., erstinstanzliches Urteil S. 5).

1.3. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234 mit Hinweisen). Willkür liegt
vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung
oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für
die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3; 137 I 1 E. 2.4; je mit
Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss klar und substanziiert begründet
werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65
E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E.
4.2.3 S. 5 mit Hinweisen).

1.4. Mit der Beweiswürdigung der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer
grösstenteils nicht auseinander. Soweit er seine Sicht der Dinge vorträgt, ohne
darzulegen, inwiefern das vorinstanzliche Urteil auch im Ergebnis willkürlich
sein soll, erschöpfen sich seine Vorbringen in appellatorischer Kritik. Darauf
ist nicht einzutreten. Dies ist z.B. der Fall, wenn er ausführt, die Vorinstanz
gehe zu Unrecht davon aus, der Geschädigte habe ihn nicht stark belastet und
sehr zurückhaltend ausgesagt. Entgegen dessen Angaben habe er ihn weder um Geld
gebeten noch sei er mit ihm in Z.________ in einer Bank gewesen (Beschwerde S.
5 Ziff. 10 f. und S. 7 Ziff. 16).

 Die Vorinstanz unterlässt es nicht, entlastende Momente zu würdigen und andere
Möglichkeiten für den Verbleib der Fr. 18'000.-- zu überprüfen (Beschwerde S. 6
Ziff. 12-14). Sie erwägt, die vom Beschwerdeführer vorgebrachten möglichen
anderweitigen Verwendungen dieses Geldes seien spekulativ und liessen keine
ernsthaften Zweifel an den stimmigen Schilderungen des Geschädigten aufkommen
(Urteil S. 6 E. 3.4.1). Dies ist nicht zu beanstanden.

 Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass die Aussagen seines
Arbeitskollegen betreffend Herkunft seines Vermögens unbeständig sind
(Beschwerde S. 7 Ziff. 15 f.). Dieser gab in der staatsanwaltschaftlichen
Einvernahme an, er habe seine 3. Säule aufgelöst, er habe in einem Jahr etwa
Fr. 50'000.-- von der Pensionskasse ausgegeben und das Geld, das er dem
Beschwerdeführer gegeben habe, sei von der 3. Säule gewesen
(Einvernahmeprotokoll vom 1. Juli 2010, kantonale Akten act. 41 f.). An der
erstinstanzlichen Hauptverhandlung führte der Geschädigte aus, er habe dem
Beschwerdeführer gesagt, er habe die 3. Säule aufgelöst. Die Gutschrift von Fr.
41'000.-- auf seinem Konto sei das Erbe seiner Mutter gewesen
(erstinstanzliches Verhandlungsprotokoll vom 28. Juni 2012 und Kontoauszug,
kantonale Akten act. 150 und act. 155 f.). Trotz dieser Unstimmigkeit hält die
Vorinstanz jedoch willkürfrei fest, die Aussagen des Geschädigten seien
hinsichtlich des Hergangs der Ereignisse und der Abfolge der Geldübergabe
konstant gewesen. Daran vermag auch die Unklarheit darüber, ob dieser nach dem
1. März 2010 neben seinem Pass und seiner Bankkarte auch seine Brieftasche
verlor (Beschwerde S. 6 Ziff. 12 f.; Einvernahmeprotokoll vom 1. Juli 2010,
kantonale Akten act. 41; Einvernahmeprotokoll des Vorgesetzten vom 29. Juli
2010, kantonale Akten act. 50; erstinstanzliches Verhandlungsprotokoll vom 28.
Juni 2012, kantonale Akten act. 156), nichts zu ändern.

 Insgesamt ergibt sich aus der Beschwerde nicht, inwiefern die vorinstanzliche
Beweiswürdigung willkürlich sein soll.

2. 

2.1. Der Beschwerdeführer macht eventualiter geltend, er habe nicht in
unrechtmässiger Bereicherungsabsicht gehandelt und sein Verhalten sei nicht
arglistig im Sinne von Art. 146 StGB gewesen. Er habe keinen Täuschungsaufwand
betrieben und auch kein Lügengebäude errichtet. Der Geschädigte habe es an den
grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen fehlen lassen. Zwischen ihnen habe kein
Vertrauensverhältnis bestanden (Beschwerde S. 8-11 Ziff. 18-28).

2.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe den Geschädigten über
seine Rückzahlungsfähigkeit und damit über seinen Leistungswillen getäuscht,
was als innere Tatsache für diesen grundsätzlich nicht überprüfbar sei.
Aufgrund des Vertrauensverhältnisses zwischen ihnen sei es für den
Beschwerdeführer absehbar gewesen, dass der Geschädigte keine Nachforschungen
zur angeblichen Erbanwartschaft oder sonstigen Rückzahlungsfähigkeit des
Beschwerdeführers vornehmen würde. Der Geschädigte sei sehr einsam und labil.
Wegen seiner Schwierigkeiten, sich im Leben zurechtzufinden, sei er
verbeiständet. Er sei gutgläubig und hilfsbereit. Der Beschwerdeführer habe im
Wissen um diese besonderen Umstände gezielt dessen Freundschaft gewonnen. Er
habe um das Vertrauen gewusst, das der Geschädigte ihm entgegengebracht habe.
Zudem räume der Beschwerdeführer ein, dass er dem Geschädigten derart private
Themen nicht offengelegt hätte. Ihre Beziehung sei von einem Ungleichgewicht
geprägt gewesen. Während der Beschwerdeführer behaupte, sie hätten lediglich
einen kameradschaftlichen Umgang gepflegt, sei der Geschädigte von einer
Freundschaft ausgegangen, die mit Vertrauen verbunden sei. Dies habe der
Beschwerdeführer erkennen müssen. Im Übrigen begründeten die leicht
eingeschränkten mentalen Fähigkeiten des Geschädigten eine besondere
Schutzwürdigkeit. Deshalb könne nicht die Rede davon sein, dieser habe es
unterlassen, die elementarsten Vorsichtsmassnahmen zu treffen. Der
Beschwerdeführer habe vorsätzlich und in unrechtmässiger Bereicherungsabsicht
gehandelt (Urteil S. 9 f. E. 4.3 f.; erstinstanzliches Urteil S. 7 f.)

2.3. Den Tatbestand des Betrugs von Art. 146 Abs. 1 StGB erfüllt, wer in der
Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch
Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt und so den
Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen
andern am Vermögen schädigt.

 Arglist ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Täter ein ganzes
Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient.
Arglist wird auch bei einfachen falschen Angaben bejaht, wenn deren Überprüfung
nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, und wenn
der Täter das Opfer von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den
Umständen voraussieht, dass dieses die Überprüfung der Angaben aufgrund eines
besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde. Arglist scheidet aus,
wenn der Getäuschte den Irrtum mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit hätte
vermeiden können. Dabei ist die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des
Betroffenen im Einzelfall entscheidend. Namentlich ist auf geistesschwache,
unerfahrene oder aufgrund von Alter oder Krankheit beeinträchtigte Opfer oder
auf solche, die sich in einem Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis oder
in einer Notlage befinden und deshalb kaum imstande sind, dem Täter zu
misstrauen, Rücksicht zu nehmen. Auf der anderen Seite sind die allfällige
besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des Opfers in Rechnung zu
stellen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung erfordert der
Tatbestand indes nicht, dass das Täuschungsopfer die grösstmögliche Sorgfalt
walten lässt und alle erdenklichen Vorkehren trifft. Entsprechend entfällt der
strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Getäuschten, sondern
nur bei Leichtfertigkeit, die das betrügerische Verhalten des Täters in den
Hintergrund treten lässt (BGE 135 IV 76 E. 5.2 mit Hinweisen).

2.4. Soweit der Beschwerdeführer seiner rechtlichen Argumentation eigene, von
der willkürfreien Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz abweichende oder
ergänzende Tatsachenbehauptungen zugrunde legt, ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten (E. 1.3). Dies ist der Fall, wenn er vorbringt, der Geschädigte
hätte ihm das Darlehen auch gewährt, wenn er keine Notlage vorgespiegelt hätte,
oder wenn er einwendet, er habe den Geschädigten nicht über seine
Rückzahlungsfähigkeit getäuscht, da er das Darlehen auch ohne Erbschaft nach
den vereinbarten neun Monaten hätte zurückzahlen können (Beschwerde S. 9 f.
Ziff. 23 f.).

 Der Schuldspruch wegen Betruges verletzt kein Bundesrecht. Die Vorinstanz
nimmt zu Recht an, der Geschädigte sei mit dem Beschwerdeführer in einem
freundschaftlichen Vertrauensverhältnis verbunden gewesen und jener habe in
unrechtmässiger Bereicherungsabsicht gehandelt. Der Beschwerdeführer konnte
voraussehen, dass der besonders schutzbedürftige Arbeitskollege seine falschen
Angaben über seinen Rückzahlungswillen und seine -fähigkeit nicht überprüfen
werde.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Januar 2014

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Pasquini

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