Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.733/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_733/2013

Urteil vom 27. September 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,
2.  Psychiatrisch-Psychologischer Dienst, Postfach, 8090 Zürich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Nichtanhandnahmeverfügung (Abgabe eines falschen Gutachtens),

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom
25. Juni 2013.

Erwägungen:

1.

 X.________ erstattete am 28. November 2012 Strafanzeige gegen den Psychiater
A.________ und weitere Personen des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes
(PPD) des Kantons Zürich wegen falschen Gutachtens (Art. 307 StGB). Die
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern nahm die Strafuntersuchung am 13. Februar
2013 nicht anhand (nachdem sie die Frage des Gerichtsstands geklärt hatte), und
das Kantonsgericht Luzern wies die dagegen gerichtete Beschwerde am 25. Juni
2013 ab. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, den
kantonsgerichtlichen Beschluss aufzuheben und seine Beschwerde gutzuheissen. Er
führt im Wesentlichen aus, die Diagnose einer paranoid-querulatorischen
Persönlichkeitsstörung im Gutachten des PPD vom 20. Mai 2007 sei zu komplex,
als dass sie - selbst bei Vorliegen weiterer Beurteilungen - nach nur einer
persönlichen Sitzung gestellt werden könne. Die Gutachter des PPD hätten
vorsätzlich ein falsches Gutachten abgegeben. Er sei u.a. intersexuell und
leide an depressiven Episoden, was die ihn behandelnden Ärzte des Instituts
B.________ in ihrem Bericht vom 28. Juni 2012 bestätigen würden.

2.

 Ob die Eintretensvoraussetzungen (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 5
BGG) und die Begründungsanforderungen an die Beschwerde (Art. 42 Abs. 2 und
Art. 106 Abs. 2 BGG) erfüllt sind, kann vorliegend dahingestellt bleiben, da
die Beschwerde ohnehin unbehelflich ist.

3.

 Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Sachverständiger ein falsches
Gutachten abgibt, wird gemäss Art. 307 StGB bestraft. Subjektiv erfordert der
Tatbestand Vorsatz.
Gemäss Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die
Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports
feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen
eindeutig nicht erfüllt sind.

4.

 Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zu Recht erwägt, lässt sich die
diagnostische Beurteilung des Beschwerdeführers durch den
gesamtverantwortlichen Gutachter des PPD und dessen wissenschaftlichen
Mitarbeitern unter keinem Gesichtspunkt beanstanden. Der Beschwerdeführer wurde
am 10. Januar 2007 in einer dreistündigen Exploration umfassend vom Gutachter
A.________ unter Mitwirkung einer Psychologin untersucht. Es wurden zusätzliche
diagnostische und testpsychologische Abklärungen (drei Stunden) durch eine
weitere Fachperson durchgeführt. Gestützt auf diese Ergebnisse und die
Informationen aus der Anamnese, die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers
und die Befunderhebung erarbeiteten die Experten unter ausführlicher
Berücksichtigung früherer ärztlicher Beurteilungen die Diagnose einer
paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung, welche sie anhand eines
Internationalen Klassifikationssystems formulierten. Die Ausführungen der
Experten im Gutachten vom 20. Mai 2007 zur Diagnose sind kriterienorientiert,
nachvollziehbar und transparent. Vor diesem gesamten Hintergrund ist nicht
ersichtlich, weshalb die Diagnose einer paranoid-querulatorischen
Persönlichkeitsstörung nach einer dreistündigen Exploration mit zusätzlichen
diagnostischen und testpsychologischen Untersuchungen nicht fehlerfrei gestellt
werden konnte. Für den vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf der vorsätzlichen
Falschdiagnose bestehen nicht die geringsten Anhaltspunkte, und zwar weder in
objektiver noch in subjektiver Hinsicht. Unerheblich ist, dass der
Beschwerdeführer seinen psychischen Zustand bzw. seine gesundheitliche
Verfassung anders wahrnimmt und sich insofern durch die Feststellungen der ihn
behandelnden Psychiater bzw. Psychologen des Instituts B.________ bestätigt
fühlt. Deren rund zweiseitiger Kurzbericht vom 28. Juni 2012 ist nicht
geeignet, irgendwelche Zweifel am rund 70-seitigen, breit abgestützten
Gutachten des PPD bzw. der darin sorgfältig hergeleiteten Diagnose zu wecken.
Es kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid (S. 3 und
4) verwiesen werden.
Die Vorinstanz hat die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft zu
Recht bestätigt. Sie konnte ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, es
bestehe kein für die Eröffnung einer Strafuntersuchung ausreichender
Anfangsverdacht bezüglich des Vorwurfs der Abgabe eines falschen Gutachtens.

5.

 Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil
die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des
Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen
(Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. September 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill

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