Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.673/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
6B_673/2013; 6B_674/2013

Urteil vom 31. Oktober 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.

Verfahrensbeteiligte
6B_673/2013
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Hansen,
Beschwerdeführer 1,

und

6B_674/2013
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Ole Eilers,
Beschwerdeführer 2

gegen

1. Z.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Nathan Landshut,
2.  Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung (versuchte Erpressung, versuchte
Nötigung),

Beschwerde gegen die Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Bern,
Strafabteilung, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 31. Mai 2013.

Sachverhalt:

A.

 Die A.________ AG, die B.________ AG und die C.________ Trading Limited
erhoben mit Eingaben vom 11. November 2012 und verschiedenen Ergänzungen
Strafklage gegen X.________ und Y.________ wegen des Verdachts auf versuchte
Erpressung, evtl. versuchte Nötigung und weitere Delikte. Die
Staatsanwaltschaft des Kantons Bern erliess am 6. Juni 2012 separate
Nichtanhandnahmeverfügungen und stellte diese vorerst den beiden Beschuldigten
und den drei Privatklägern und am 3. Oktober 2012 auch Z.________, dem
(indirekten) Alleinaktionär der drei Gesellschaften, zu.

B.

 Auf Beschwerde von Z.________ hob das Obergericht des Kantons Bern mit
getrennten Beschlüssen vom 31. Mai 2013 die Nichtanhandnahmeverfügungen auf und
wies die Staatsanwaltschaft an, eine Untersuchung gegen X.________ und
Y.________ zu eröffnen.

C.

 X.________ und Y.________ erheben mit separaten Eingaben Beschwerde in
Strafsachen. Sie beantragen, die Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Bern
seien aufzuheben und die Strafuntersuchung sei einzustellen.

Erwägungen:

1.

 Die den angefochtenen Beschlüssen zugrunde liegenden Strafklagen beruhen im
Wesentlichen auf dem gleichen Sachverhalt und die beiden Beschwerden betreffen
die gleichen Rechtsfragen. Es rechtfertigt sich daher, sie gemeinsam zu
behandeln und die Verfahren zu vereinigen (vgl. BGE 126 V 283 E. 1; 113 Ia 390
E. 1; je mit Hinweisen).

2.

2.1. Die angefochtenen Beschüsse sind Entscheide in Strafsachen im Sinne von
Art. 78 Abs. 1 BGG und wurden von einer letzten kantonalen Instanz gefällt
(Art. 80 Abs. 1 BGG). Sie schliessen das strafprozessuale Vorverfahren aber
nicht ab, sondern weisen die Staatsanwaltschaft an, ein Strafverfahren gegen
die beiden Beschwerdeführer zu eröffnen.

 Selbstständig eröffnete Zwischenentscheide sind nur unter den Voraussetzungen
von Art. 92 oder 93 BGG beim Bundesgericht anfechtbar. Da die Beschlüsse weder
die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (vgl. Art. 92 BGG), sind sie nur
anfechtbar, falls sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken
könnten (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerden
sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an
Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93
Abs. 1 lit. b BGG).

2.2. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit.
a BGG muss rechtlicher Natur sein. Das setzt voraus, dass er sich auch mit
einem späteren günstigen Entscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt.
Die rechtliche Wirkung der angefochtenen Entscheide erschöpft sich in der
Eröffnung der Untersuchung. Wie die Einleitung des Vorverfahrens (Art. 300 Abs.
2 StPO), die Eröffnung der Untersuchung (Art. 309 Abs. 3 StPO), die Mitteilung
über den Abschluss der Untersuchung (Art. 318 Abs. 3 StPO) oder die
Anklageerhebung (Art. 324 Abs. 2 StPO) durch die Staatsanwaltschaft nicht
anfechtbar sind, kann auch der gerichtliche Zwischenentscheid über die
Eröffnung der Untersuchung nicht Gegenstand eines selbstständigen
Beschwerdeverfahrens sein (Urteil 6B_618/2013 vom 29. August 2013 E. 1.2;
Urteil 6B_3/2013 vom 25. Februar 2013 E. 2.1).

 Im Rahmen der zu eröffnenden Untersuchung stehen den Beschwerdeführern alle
prozessualen Rechte zur Verfügung, um sich gegen die ihres Erachtens zu Unrecht
erhobenen Tatvorwürfe zur Wehr zu setzen. Nach abgeschlossener Untersuchung
wird die Staatsanwaltschaft zu entscheiden haben, ob sie einen Strafbefehl
erlassen, Anklage erheben oder das Verfahren einstellen will (Art. 318 Abs. 1
i.V.m. Art. 2 Abs. 2 StPO). Es steht somit fest, dass nach eröffneter
Untersuchung ein abschliessender Endentscheid ergehen wird, der seinerseits
wiederum den ordentlichen Rechtsmitteln unterliegt. Auf die gegen den
Zwischenentscheid gerichteten Beschwerden ist deshalb nicht einzutreten,
ansonsten sich das Bundesgericht zweimal mit der gleichen Sache zu befassen
hätte (vgl. BGE 135 II 30 E. 1.3.2; Urteil 6B_618/2013 vom 29. August 2013 E.
1.2).

2.3. Eine Gutheissung der Beschwerde könnte zwar sofort einen Endentscheid
herbeiführen und würde damit Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
Beweisverfahren ersparen (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Dem steht nicht nur das
Legalitätsprinzip (Art. 2 StPO), sondern auch der Untersuchungsgrundsatz (Art.
6 StPO) und die Pflicht zur Strafverfolgung (Art. 7 StPO) entgegen. Eine
Nichtanhandnahme kann grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit bzw.
offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen angeordnet werden (Art. 310
Abs. 1 StPO). Bei dieser Beurteilung verfügen die Staatsanwaltschaft und die
Vorinstanz über einen gewissen Ermessensspielraum, in den das Bundesgericht mit
Zurückhaltung eingreift (BGE 138 IV 86 E. 4). Zum heutigen Zeitpunkt kann nicht
davon ausgegangen werden, dass die gegen die Beschwerdeführer erhobenen
Tatvorwürfe klar straflos sind.

3.

 Auf die Beschwerden ist nicht einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang sind
die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 6B_673/2013 und 6B_674/2013 werden vereinigt.

2. 
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern je zur Hälfte
auferlegt, unter solidarischer Haftung für den ganzen Betrag.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Oktober 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler

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