Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.625/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_625/2013

Urteil vom 22. November 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Nötigung; Willkür, Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 5. April 2013.

Sachverhalt:

A.

A.a. Nach der Anklageschrift erstattete X.________ am 6. April 2004
Strafanzeige wegen Drohungen gegen A.________. Dieser wurde nach
bezirksgerichtlicher Verurteilung vom Obergericht des Kantons Zürich am 20.
Juni 2005 freigesprochen.

RA B.________ vom Anwaltsbüro C.________ hatte A.________ in dieser Strafsache
verteidigt. Nach dem Freispruch wurde er von X.________ mit Telefonanrufen und
Faxmeldungen beschimpft und gegenüber Dritten verleumdet, und es wurden ihm auf
ihre Veranlassung Waren geliefert, die er nie bestellt hatte. In der Folge
weitete sie diese Handlungen auf RA Dr. C.________ und dessen Kanzlei aus. Als
sich RA B.________ selbstständig machte, hörten die Vorkommnisse auf.

A.b. Ab Anfang des Jahres 2010 bis zu ihrer Verhaftung am 10. Oktober 2010
begann X.________, Dr. C.________ und seiner Ehefrau sowie seiner Ex-Frau und
einer Kanzleimitarbeiterin zahlreiche anonyme, teils drohende Telefonanrufe (4.
Juni bis 12. Oktober 2010) und SMS/Fax (14. Januar bis 11. Oktober 2010)
zukommen zu lassen. Ausserdem nahm sie vom 25. Januar bis 6. Juli 2010
Falschbestellungen vor. Sie wollte damit Dr. C.________ zwingen, mit ihr wegen
des verlorenen Prozesses in Sachen A.________ in Kontakt zu treten.

Die Staatsanwaltschaft klagte X.________ wegen mehrfacher Nötigung an.

B. 
Das Bezirksgericht Zürich bestrafte X.________ am 20. Juni 2012 wegen
mehrfacher Nötigung zum Nachteil von Dr. C.________ mit 12 Monaten
Freiheitsstrafe (wovon 66 Tage durch Haft erstanden waren) und sprach sie von
der Anklage der Nötigung der drei Privatklägerinnen frei. Es ordnete eine
ambulante Behandlung an und schob den Vollzug der Strafe nicht auf.

Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 5. April 2013 auf Berufung von
X.________ und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft den
bezirksgerichtlichen Schuldspruch und setzte die Freiheitsstrafe auf 9 Monate
fest (unter Anrechnung der erstandenen Haftstrafe). Es ordnete eine ambulante
Behandlung gemäss Art. 63 StGB an und schob den Vollzug der Freiheitsstrafe
zugunsten der Massnahme auf.

C. 
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das
obergerichtliche Urteil aufzuheben, die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen und ihr die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

Erwägungen:

1. 
In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene
Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Strengere Anforderungen gelten, wenn
die Verletzung von Grundrechten einschliesslich willkürlicher
Sachverhaltsfeststellung gerügt werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E.
1.4; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2). Allgemein gehaltene Einwände, lediglich
erneute Bekräftigungen des im kantonalen Verfahren eingenommenen Standpunkts
oder die blosse Behauptung des Gegenteils genügen nicht (Urteil 6B_557/2012 vom
7. Mai 2013 E. 1).

Die Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht,
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig bedeutet willkürlich (
BGE 137 III 226). Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht, ist darauf
nicht einzutreten (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5).

2. 
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung des Anklageprinzips. Es fehle an
einer präzisen Umschreibung des Sachverhalts.

Die Rüge ist unbegründet. Es kann auf das vorinstanzliche Urteil S. 7 sowie die
Erwägungen des Bezirksgerichts S. 14-16 verwiesen werden.

3. 
Die Beschwerdeführerin macht eine willkürliche Tatsachenfeststellung und
Beweiswürdigung, eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo sowie der
Begründungspflicht gemäss Art. 80 Abs. 2 StPO geltend. Sie habe aufgrund der
Haftsituation ein fingiertes Geständnis abgelegt und nach der Haftentlassung
aus Angst vor einer Rückversetzung weiterhin falsche Geständnisse abgelegt.
Ihre Aussagen seien frei erfunden. Inwiefern die bei der Hausdurchsuchung
sichergestellten Unterlagen das Geständnis stützen sollten, werde von der
Vorinstanz nicht substanziiert begründet. Die herangezogenen "Tatsachen und
Indizien" reichten nicht aus, um zweifelsfrei von ihrer Täterschaft ausgehen zu
können. Zweifel seien auch angebracht, weil D.________ in die Untersuchung
nicht weiter eingebunden und nicht abgeklärt worden sei, ob es sich bei dessen
Aussagen um reine Schutzbehauptungen handelte.

Eine Verletzung von Art. 80 Abs. 2 StPO ist nicht nachvollziehbar. Der Anspruch
auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV ist angesichts der
ausführlichen kantonalen Urteile offensichtlich nicht verletzt (vgl. BGE 137 II
266 E. 3.2; 135 III 670 E. 3.3.1; 134 I 83 E. 4.1). Eine Verfassungsverletzung
ist weder belegt noch ersichtlich. Auf die appellatorischen Vorbringen ist
nicht einzutreten (oben E. 1).

4. 
Die Beschwerdeführerin behauptet zu Unrecht eine bundesrechtswidrige
Strafzumessung.

Mit der straferhöhenden Berücksichtigung der Vorstrafen (Urteil S. 24) verletzt
die Vorinstanz das ihr zustehende weite Ermessen nicht (BGE 134 IV 19 E. 2.1).
Vorstrafen sind grundsätzlich straferhöhend zu gewichten (BGE 136 IV 1 E.
2.6.2).

Die Vorinstanz verkennt das Gutachten aus dem Jahre 2003 nicht. Sie stützt sich
willkürfrei auf das eigens erstellte, aktuelle Gutachten aus dem Jahre 2010 und
hält entsprechend fest, dass keine verminderte Schuldfähigkeit besteht, aber
die psychische Erkrankung das Verschulden der Beschwerdeführerin erheblich
mildert (Urteil S. 23).

Die Alkoholabhängigkeit musste nicht weiter strafmildernd berücksichtigt
werden. Wie die Beschwerdeführerin vorbringt, bestehen gemäss aktuellem
Gutachten deswegen keine Hinweise auf eine herabgesetzte Steuerungsfähigkeit
(Beschwerde S. 13).

Die Vorinstanz begründet die Wahl der Strafart gestützt auf BGE 134 IV 82 E.
4.1, 97 E. 4.2.2 bundesrechtskonform (Urteil S. 24 f.). Insbesondere liess sich
die mehrfach einschlägig vorbestrafte Beschwerdeführerin durch die bisherigen
Strafverfahren offenkundig nicht beeindrucken (ferner Urteil 6B_333/2012 vom
11. März 2013). Angesichts des hohen Rückfallrisikos sind die Voraussetzungen
des bedingten Strafvollzugs gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB nicht erfüllt.

5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der
Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 BGG). Angesichts ihrer finanziellen
Situation sind die Gerichtskosten herabzusetzen (Art. 65 Abs. 2 und 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung wäre ihr auch mangels Rechtsvertretung nicht
auszurichten (BGE 133 III 439 E. 4).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. November 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Briw

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