Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.610/2013
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_610/2013

Urteil vom 12. Dezember 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Pasquini.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Dr. iur. Nicolas Roulet,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001
Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz; verdeckte
Ermittlung (aBVE),

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Ausschuss, vom 16. Mai 2013.

Sachverhalt:

A.

 Am 21. November 2009 ging auf einem Mobiltelefon bei der Polizei die SMS ein:
"Hallo koleg ich bin J.________ und das ist meine new number ok". Drei Tage
später antwortete der Polizist Y.________ mittels SMS, um ein Treffen zu
vereinbaren und den Absender zu identifizieren. Daraufhin konnte J.________
(alias Z.________) bis zur A.________-Strasse in B.________ gefolgt und
angehalten werden. Anlässlich der Durchsuchung der Wohnung, zu der er den
Schlüssel besass, konnten u.a. Betäubungsmittel sichergestellt werden. Auf der
Verpackung waren Finger- bzw. Handflächenabdrücke von X.________. Der bei einer
Hausdurchsuchung am 17. Januar 2010 an der C.________-Strasse in B.________
beschlagnahmte Gummihandschuh, der zum Strecken von Heroin verwendet worden
war, wies DNA-Spuren von X.________ auf.

 X.________ wurde wegen des Verdachts der qualifizierten Widerhandlung gegen
das Betäubungsmittelgesetz verhaftet. Sein Verteidiger beantragte der
Staatsanwaltschaft, gewisse Aufzeichnungen betreffend eine mutmasslich zum
Drogenhandel benutzte Wohnung (A.________-Strasse in B.________) aus den Akten
zu entfernen und unter Verschluss zu halten oder zu vernichten. Im Zusammenhang
mit der Wohnung an der C.________-Strasse in B.________ sei zu dokumentieren,
wie es dazu gekommen sei, dass die Polizei einen Hinweis erhalten habe, wonach
Streckmittel angeliefert würden. Die Staatsanwaltschaft wies die Anträge ab.
Die von X.________ gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt ab. Mangels nicht wieder
gutzumachenden Rechtsnachteils trat das Bundesgericht auf die Beschwerde von
X.________ nicht ein (Verfahren 1B_325/2011).

B.

 Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte X.________ am 13. Oktober
2011 wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren. Vom Vorwurf der
mehrfachen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz sprach es ihn frei. Es
entschied über die Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände.

 Auf Berufung von X.________ hin bestätigte das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt am 16. Mai 2013 das Urteil des Strafgerichts.

C.

 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, den Entscheid des
Appellationsgerichts teilweise aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der
qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz freizusprechen
und unverzüglich auf "freien Fuss" zu setzen. Eventualiter sei er zu einer
Freiheitsstrafe von 3 ½ Jahren zu verurteilen und unverzüglich auf "freien
Fuss" zu setzen. Subeventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung
an die Vorinstanz zurückzuweisen. X.________ ersucht um unentgeltliche
Rechtspflege.

D.

 Das Appellationsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde und verweist
grundsätzlich auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Die
Staatsanwaltschaft stellt mit Eingabe vom 22. Oktober 2013 den Antrag, die
Beschwerde sei abzuweisen. X.________ verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 

1.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör
sei verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV). Im vorinstanzlichen Verfahren habe er sich
nicht zu den Eingaben der Beschwerdegegnerin vom 24./28. Januar 2013 äussern
können (Beschwerde S. 6 Ziff. 15, S. 7 Ziff. 17, S. 15 Ziff. 27 und S. 17 Ziff.
29).

1.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV umfasst auch das
Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten
und sich dazu äussern zu können (sog. Replikrecht). Die Wahrnehmung dieses
Rechts setzt voraus, dass die fragliche Eingabe der Partei vor Erlass des
Urteils zugestellt wird, damit sie entscheiden kann, ob sie sich dazu äussern
will (BGE 137 I 195 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Es obliegt dem Gericht, ein
effektives Replikrecht zu gewähren. Hierfür kann es den Parteien eine Frist
setzen (vgl. BGE 133 V 196 E. 1.2). Es kann die Eingabe aber auch lediglich zur
Kenntnisnahme zustellen, wenn von den Parteien, namentlich von anwaltlich
Vertretenen oder Rechtskundigen, erwartet werden kann, dass sie umgehend
unaufgefordert Stellung nehmen oder eine Stellungnahme beantragen (BGE 138 I
484 E. 2.4; Urteil 5A_296/2013 vom 9. Juli 2013 E. 3.1). Das Gericht hat mit
dem Entscheid so lange zuzuwarten, bis es annehmen darf, der Adressat habe auf
eine Eingabe verzichtet (BGE 133 I 100 E. 4.8; Urteil 2C_560/2012 vom 21.
Januar 2013 E. 4.4; je mit Hinweisen). Die Rechtsprechung bejaht in der Regel
eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn das Gericht nur wenige Tage nach
Mitteilung der Eingabe entscheidet. Vor Ablauf von zehn Tagen darf es
jedenfalls nicht, hingegen nach 20 Tagen schon, von einem Verzicht auf das
Replikrecht ausgehen (Urteile 5A_155/2013 vom 17. April 2013 E. 1.4; 6B_482/
2012 vom 3. April 2013 E. 4.5; je mit Hinweisen).

1.3. Die Rüge ist unbegründet. Der Beschwerdeführer war bereits im kantonalen
Verfahren anwaltlich vertreten. Sein Verteidiger musste die Rechtsprechung zum
Replikrecht kennen und wissen, dass ihm ein Recht auf Vernehmlassung zustand,
das er innert angemessener Frist einzufordern hatte, ansonsten ein Verzicht
angenommen würde. Die Vorinstanz stellte dem Beschwerdeführer bzw. seinem
Verteidiger die zweiseitige Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 24. Januar 2013
und den dreiseitigen Nachtrag am 29. Januar 2013 zur Kenntnis zu (kantonale
Akten S. 1335 ff. und S. 1348). In den über drei Monaten bis zur Urteilsfällung
am 16. Mai 2013 reichte der Beschwerdeführer weder Gegenbemerkungen ein, noch
ersuchte er um eine Frist zur Stellungnahme. Unter diesen Umständen durfte die
Vorinstanz zum Schluss gelangen, er habe auf sein Replikrecht verzichtet.

2.

 Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden, soweit der Beschwerdeführer
erneut geltend macht, den Akten könne nicht zweifelsfrei entnommen werden,
woher der Hinweis stamme, am 17. Januar 2010 würden Streckmittel an die
C.________-Strasse geliefert. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es
sich um Erkenntnisse aus unbewilligten verdeckten Ermittlungen oder um einen
Zufallsfund handle. Daher könne auf die Erkenntnisse aus der Hausdurchsuchung
nicht abgestellt werden (Beschwerde S. 13 ff. Ziff. 26; Berufungsbegründung S.
8 ff. Ziff. 12 ff., kantonale Akten S. 1268 ff.). Der Beschwerdeführer setzt
sich nicht (substanziiert) mit den diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz
auseinander (Urteil S. 10 E. 8.1 f.) und genügt damit den
Begründungsanforderungen nicht (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG; BGE 136 I 65 E.
1.3.1 mit Hinweisen).

3. 

3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 141 und Art. 289 StPO,
der einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über die
verdeckte Ermittlung (AS 2004 1409; nachfolgend aBVE) sowie des Gebots des
"fair trail". Der Einsatz des Polizisten Y.________ vom 24. November 2009 sei
eine verdeckte Ermittlung gewesen. Dafür habe keine Genehmigung vorgelegen.
Selbst wenn der erste Kontakt von der Zielperson ausgehe, sei gemäss
bundesgerichtlicher Rechtsprechung jegliches Anknüpfen von Kontakten mit einer
verdächtigen Person zu Ermittlungszwecken durch einen nicht als solchen
erkennbaren Polizisten, als verdeckte Ermittlung zu qualifizieren. Es sei
unklar, wie Z.________ an die Nummer des von der Polizei verwendeten
Mobiltelefons gelangt sei. Nicht der Beschwerdeführer müsse ein allenfalls
fehlerhaftes Vorgehen der Polizei nachweisen. Entsprechend dem Grundsatz "in
dubio pro reo" müssten die Strafverfolgungsbehörden seine Schuld belegen, wozu
auch der Nachweis der Rechtmässigkeit von Beweiserhebungen gehöre. Es genüge
nicht, auf die Behauptung der involvierten Polizei abzustellen, wonach keine
Hinweise bekannt seien, dass die Telefonnummer der polizeilichen
Fahndungsgruppe gezielt in Umlauf gesetzt worden sei. Es sei davon auszugehen,
dass Z.________ seine SMS nur an potenzielle Konsumenten und nicht an
Angehörige der Polizei versendet habe. Die Beweiswürdigung der Vorinstanz sei
willkürlich (Beschwerde S. 7 ff. Ziff. 17 ff. und S. 17 Ziff. 29).

3.2. Die Vorinstanz erwägt, nicht jedes kurze Gespräch eines nicht als solchen
erkennbaren Polizisten mit einem Verdächtigen oder mit einer zu dessen Umfeld
gehörenden Person zu Ermittlungszwecken stelle eine verdeckte Ermittlung dar.
Wenn zwischen dem polizeilichen Mittelsmann und der Zielperson keine
Interaktion im Hinblick auf die Begehung einer Straftat stattfinde, liege kein
Anknüpfen von Kontakten vor. Z.________ habe wahllos SMS versandt, um neue
Kunden zu werben. Er habe sich nicht dafür interessiert, wem die Telefonnummern
gehörten. Erst aufgrund dieser Kontaktnahme habe der Fahnder mit einer SMS
antworten und ein Treffen vorschlagen können. Z.________ habe per SMS
mitgeteilt, er werde an einem bestimmten Platz eintreffen, worauf ihn der
Fahnder habe beobachten können. Wenn sich unter den Kontaktierten auch ein
Fahnder befinde, könne dies nicht mit einem Einschleusen ins Milieu verglichen
werden. Zudem habe der Fahnder nicht auf ein Drogengeschäft hingewirkt. Er habe
nur versucht, den Gesprächspartner am Treffpunkt zu identifizieren, und ihn
anschliessend observieren lassen. Die Identifikation von Z.________ sei somit
nicht im Rahmen einer verdeckten Ermittlung erfolgt. Die Beweise, die bei der
Hausdurchsuchung gefunden wurden, seien verwertbar (Urteil S. 6 f. E. 5.2).

3.3. Am 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5.
Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) in Kraft getreten. Gemäss Art. 448 Abs. 2 StPO
behalten Verfahrenshandlungen, die vor Inkrafttreten der StPO angeordnet oder
durchgeführt worden sind, ihre Gültigkeit. Dieser Grundsatz gilt auch für die
Verwertbarkeit und Folgen der Ungültigkeit altrechtlich erhobener Beweise
(Urteil 6B_684/2012 vom 15. Mai 2013 E. 2.3 mit Hinweisen; vgl. Urteil 6B_336/
2011 vom 10. Januar 2012 E. 2, wonach das Legalitätsprinzip im Strafprozess
gebietet, die Beweise nach dem jeweils gültigen Recht zu erheben).

 Die Zulässigkeit des Einsatzes von Y.________ vom 24. November 2009 und die
Frage nach der Verwertbarkeit der danach gewonnenen Erkenntnisse richten sich
nach dem damals geltenden Prozessrecht, namentlich dem aBVE. Die Rüge der
Verletzung von Art. 141 und Art. 289 StPO ist unbegründet.

3.4. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich
unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137
III 226 E. 4.2 S. 234; zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1; 136 III 552
E. 4.2; je mit Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss klar und substanziiert
begründet werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E.
4.2.3; 136 I 65 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische
Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV
1 E. 4.2.3 mit Hinweisen). Inwiefern das Sachgericht den Grundsatz "in dubio
pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt hat, prüft das Bundesgericht
ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Willkür. Diese aus der Unschuldsvermutung
abgeleitete Maxime wurde wiederholt dargelegt, worauf zu verweisen ist (BGE 127
I 38 E. 2a S. 41 mit Hinweisen).

 Soweit der Beschwerdeführer die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
und ihre Beweiswürdigung beanstandet, legt er nicht dar, weshalb diese
schlechterdings unhaltbar sind. Er beschränkt sich darauf, seine Sicht der
Dinge darzustellen. Darauf ist nicht einzutreten. Dies ist der Fall, wenn er
vorbringt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Polizei das
beschlagnahmte Mobiltelefon eines Drogenkonsumenten verwendet habe (Beschwerde
S. 10).

3.5. Die verdeckte Ermittlung nach aBVE hat zum Zweck, mit Angehörigen der
Polizei, die nicht als solche erkennbar sind, in das kriminelle Umfeld
einzudringen und damit beizutragen, besonders schwere Straftaten aufzuklären
(Art. 1 aBVE). Die Ernennung und der Einsatz des verdeckten Ermittlers
bedurften der richterlichen Genehmigung (Art. 7 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1
aBVE). Fehlte diese, durften die durch die verdeckte Ermittlung gewonnenen
Erkenntnisse weder für weitere Ermittlungen noch zum Nachteil einer
beschuldigten Person verwendet werden (Art. 18 Abs. 5 Satz 2 aBVE).

 Trotz der in der Lehre geäusserten Kritik hat das Bundesgericht an der in BGE
134 IV 266 begründeten Rechtsprechung festgehalten. Danach ist im Zweifelsfall
davon auszugehen, dass jedes Anknüpfen von Kontakten mit einer verdächtigen
Person zu Ermittlungszwecken durch einen nicht als solchen erkennbaren
Polizeiangehörigen ungeachtet des Täuschungsaufwands und der
Eingriffsintensität als verdeckte Ermittlung im Sinne des aBVE zu qualifizieren
ist (a.a.O. E. 3.7; Urteil 6B_837/2009 vom 8. März 2010 E. 3.1 f. mit
Hinweisen). Es hat klargestellt, dass das wesentliche Kriterium des Anknüpfens
von Kontakten das Element eines aktiven, zielgerichteten Verhaltens enthält.
Auch kurze verdeckte Kontakte, die in der Lehre etwa als verdeckte Fahndung
bezeichnet werden, gelten als verdeckte Ermittlung (Urteile 6B_334-337/2011 vom
10. Januar 2012 E. 3.2.1 mit Hinweis). Sofern der Polizist aktiv und
zielgerichtet den Kontakt anknüpft, ist dessen Scheinkauf von Betäubungsmitteln
ebenfalls als verdeckte Ermittlung im Sinne des aBVE zu qualifizieren, selbst
wenn der Kauf einfach und isoliert ist und nur wenige Sekunden dauert (Urteile
6B_207/2010 vom 22. April 2010 E. 3.2 mit Hinweis; 6B_743/2009 und 6B_837/2009
vom 8. März 2010 E. 3.2 f. bzw. E. 3.3 f.). Auch der jugendliche
Alkoholtestkäufer nimmt aktiv und zielgerichtet zum Zwecke des Abschlusses
eines Geschäfts Kontakt mit der Zielperson auf. Insofern unterscheidet sich ein
solcher Testkauf von dem im Urteil 6B_141/2011 vom 23. August 2011 beurteilten
Fall (sog. Veruntreuungsfalle), in dem zwischen den Beteiligten keine
Interaktion im Hinblick auf die Begehung einer strafbaren Handlung stattfand.
Beim Alkoholtestkauf wird die Zielperson wie beim Drogenscheinkauf aufgrund des
Verhaltens des Kaufinteressenten zu einer konkreten Straftat veranlasst und
überführt sich gleich selber, indem sie das Geschäft abschliesst (Urteile
6B_334-337/2011 vom 10. Januar 2012 E. 4.4 mit Hinweisen). Das Element eines
aktiven, zielgerichteten Verhaltens ist nicht ohne Weiteres gegeben, wenn ein
nicht als solcher erkennbarer Polizeiangehöriger z.B. bei einer Observation von
der Zielperson angesprochen wird, sich auf ein kurzes Gespräch einlässt und zu
erkennen gibt, dass er an der angebotenen Leistung nicht interessiert ist
(Urteil 6B_837/2009 vom 8. März 2010 E. 3.4 mit Hinweis).

3.6. Die Vorinstanz verletzt kein Bundes- oder Konventionsrecht, wenn sie den
Einsatz von Y.________ nicht als verdeckte Ermittlung im Sinne des aBVE
qualifiziert. Zwar antwortete er "J.________", der nach der Verdachtslage mit
Betäubungsmitteln handelte (Polizeirapport vom 24. November 2011, kantonale
Akten S. 546), mit einer SMS. Insoweit verhielt er sich aktiv und gab sich
dabei auch nicht als Angehöriger der Polizei zu erkennen. Er spiegelte
"J.________" vor, sich mit ihm treffen zu wollen. Diese Interaktion zielte aber
lediglich darauf ab, "J.________" zu identifizieren. Im Weiteren verhielt sich
Y.________ passiv. "J.________" antwortete per SMS, er werde in knapp einer
Minute an einem gewissen Platz eintreffen. Dort konnte Y.________ eine
bestimmte Person feststellen. Bei deren anschliessenden Observierung wurde
festgestellt, wie sie eine Liegenschaft betrat. Als die Polizei sie dort
kontrollierte, konnte in Minigrip-Säcklein abgepacktes Heroin, das zuvor von
"J.________" (alias Z.________) verwendete Mobiltelefon und ein Schlüssel zu
einer Wohnung im Gebäude sichergestellt werden. Es folgte die Hausdurchsuchung
(Urteil der Vorinstanz vom 20. Mai 2011 S. 5 E. 3.1). Angesichts der konkreten
Umstände erscheint das Verhalten von Y.________ nicht als aktiv und
zielgerichtet im Sinne der Rechtsprechung, weshalb sein Einsatz nicht unter den
Anwendungsbereich des aBVE fällt. Die Frage der Verwertbarkeit von
Folgebeweisen stellt sich daher nicht (Beschwerde S. 12 f. Ziff. 24).

4.

 Die Rüge des Beschwerdeführers, das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000
betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1) sei
verletzt (Beschwerde S. 7 Ziff. 17 und S. 11 Ziff. 22), ist unbegründet. Es ist
weder ersichtlich noch dargelegt, inwiefern dieses Gesetz vorliegend zur
Anwendung kommt.

5. 

5.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, das vorinstanzliche Verfahren habe
übermässig lange gedauert, obschon es schriftlich durchgeführt worden sei. Nach
Eingang der Berufungsantwort seien acht Monate verstrichen bis die Vorinstanz
Erkundigungen vorgenommen habe. Danach sei während über drei Monaten erneut
keine Instruktion erfolgt. Die Verletzung des Beschleunigungsgebots sei
strafmindernd zu berücksichtigen (Beschwerde S. 7 Ziff. 17 und S. 15 ff. Ziff.
28 f.).

5.2. Die Vorinstanz verneint eine Verletzung des Beschleunigungsgebots. Sie
hält fest, der Beschwerdeführer sei am 13. Januar 2011 festgenommen worden. Die
erste Instanz habe ihr Urteil bereits neun Monate später, am 13. Oktober 2011,
ausgefällt. Von der Zustellung des begründeten Urteils bis zum vorliegenden
Berufungsentscheid seien 1 ½ Jahre vergangen. Aufgrund der Vorbringen des
Beschwerdeführers habe der Fall umfassend geprüft werden müssen. Die Akten
seien umfangreich. Überdies habe sein Haftentlassungsgesuch vom 13. November
2012 behandelt werden müssen. Auch die gesamte Verfahrensdauer von rund zwei
Jahren und drei Monaten könne nicht als übermässig lange bezeichnet werden
(Urteil S. 11 f. E. 10).

5.3. Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, das Strafverfahren
voranzutreiben, um den Beschuldigten nicht unnötig über die gegen ihn erhobenen
Vorwürfe im Ungewissen zu lassen (BGE 133 IV 158 E. 8 mit Hinweis).
Entscheidend für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer ist
eine Gesamtbetrachtung des konkreten Einzelfalls. Von den Behörden und
Gerichten kann nicht verlangt werden, dass sie sich ständig einem einzigen Fall
widmen. Zeiten, in denen das Verfahren stillsteht, sind unumgänglich. Wirkt
keiner dieser Zeitabschnitte stossend, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen (
BGE 130 IV 54 E. 3.3.3; 124 I 139 E. 2c; je mit Hinweisen).

5.4. Die Rüge der Verletzung des Beschleunigungsgebots ist unbegründet. Die
Dauer des vorinstanzlichen Verfahrens von rund 17 Monaten ist nicht zu lange.
Es sind entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers keine längeren
Zeitspannen zu verzeichnen, in denen die Vorinstanz untätig blieb. Letzterer
begründete seine Berufung mit Eingabe vom 6. März 2012 (kantonale Akten S. 1261
ff.). Die Beschwerdegegnerin reichte ihre Stellungnahme am 4. April 2012 ein
(kantonale Akten S. 1277 ff.). Am 2. Mai 2012 verfügte die Vorinstanz, das
Berufungsverfahren werde schriftlich durchgeführt (kantonale Akten S. 1300).
Auf Ersuchen des mit dem Strafverfahren von Z.________ befassten Gerichts
übermittelte sie die Verfahrensakten, welche am 8. November 2012 zurückkamen
(kantonale Akten S. 1304). Am 13. November 2012 stellte der Beschwerdeführer
ein Haftentlassungsgesuch, das die Vorinstanz am 15. November 2012 ablehnte
(kantonale Akten S. 1317 ff.). Sie nahm am 14. Dezember 2012 Erkundigungen bei
der Kantonspolizei Basel-Stadt vor (kantonale Akten S. 1323 ff.). Am 16. Januar
2013 wies sie die Beschwerdegegnerin an, sich zu informieren, wie es zum
Hinweis auf die Lieferung von Streckmittel gekommen sei (kantonale Akten S.
1333). Die Beschwerdegegnerin reichte die schriftlichen Auskünfte mit Eingaben
vom 24. bzw. 28. Januar 2013 ein (kantonale Akten S. 1335 ff.). Die Dauer von
etwas mehr als drei Monate für die Ausfertigung des vorinstanzlichen Entscheids
ist angesichts des aufwendigen und umfangreichen Verfahrens mit dem
Beschleunigungsgebot vereinbar.

6.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
ist gutzuheissen, da seine Bedürftigkeit ausgewiesen ist und seine
Rechtsbegehren nicht zum vornherein aussichtslos waren (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Demnach sind keine Kosten zu erheben und ist dem Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers eine angemessene Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse
auszurichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, und es wird dem
Beschwerdeführer Advokat Dr. iur. Nicolas Roulet als unentgeltlicher
Rechtsbeistand beigegeben.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Advokat Dr. iur. Nicolas Roulet wird mit Fr. 3'000.-- aus der
Bundesgerichtskasse entschädigt.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Dezember 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Pasquini

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben