Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.594/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_594/2013

Urteil vom 14. Oktober 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Meili,
Beschwerdeführer,

gegen

1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
2. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Nathan Landshut,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Mehrfache üble Nachrede; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 17. April 2013.

Sachverhalt:

A.

 Mit Schreiben vom 26. Oktober 2009, 20. April 2010 und 17. Dezember 2010 erhob
Y.________ gegen X.________ Privatstrafklage wegen Verleumdung, eventualiter
übler Nachrede. Gemäss Anklage schickte X.________ am 25. Juli 2009 eine E-Mail
an einen Journalisten einer Zeitschrift, der eine Datei namens "Grabschi"
angehängt war. Diese beinhaltete die Strafanzeige vom 28. September 2005 gegen
Y.________ wegen sexueller Handlungen mit seinen Kindern. In der Nacht vom 27.
auf den 28. Juli 2009 schaltete X.________ die Datei auf der Webseite der
A.________ AG auf. Mehrere Personen konnten die Datei zur Kenntnis nehmen, bis
Y.________ sie am 28. Juli 2009 löschte. X.________ wusste, dass die Vorwürfe
gegen Y.________ unwahr und ehrenrührig sind.

B.

 Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X.________ zweitinstanzlich
wegen mehrfacher übler Nachrede zu einer bedingten Geldstrafe von 150
Tagessätzen zu Fr. 350.--, als Zusatzstrafe zu einem Strafbefehl, und zu einer
Busse von Fr. 6'000.--. Vom Vorwurf der mehrfachen Verleumdung sprach es ihn
frei. Es verpflichtete ihn, Y.________ eine Genugtuung von Fr. 2'500.-- zu
bezahlen. Dessen Schadenersatzbegehren verwies es auf den Zivilweg.

C.

 X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, Ziff. 1 lit. a,
Ziff. 2-4 und Ziff. 6-10 des Dispositivs des angefochtenen Urteils seien
aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der mehrfachen üblen Nachrede freizusprechen.
Y.________ sei zu verpflichten, ihm eine Prozessentschädigung von Fr. 25'527.05
(inkl. MwSt.) für die anwaltliche Vertretung im vorinstanzlichen Verfahren zu
bezahlen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

 Y.________ führte seinerseits Beschwerde in Strafsachen (Verfahren 6B_580/
2013). Dieser Fall wurde am 10. Oktober 2013 in Anwendung von Art. 108 BGG mit
Nichteintreten entschieden.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz weise seine Beweisanträge in
willkürlicher antizipierter Beweiswürdigung ab und verletze seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör (Art. 107 Abs. 1 lit. e StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6
EMRK).

1.1.1. Es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn ein Gericht
auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der
bereits abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in
vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch
weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 mit
Hinweisen).

 Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen
Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, andernfalls
darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5
mit Hinweisen).

1.1.2. Die Vorinstanz stellt fest, dass der Beschwerdeführer am 25. Juli 2009
einem Journalisten eine E-Mail sandte, welcher er unter dem Namen
"Grabschi.pdf" die Strafanzeige vom 28. September 2005 gegen den
Beschwerdegegner 2 wegen sexueller Handlungen mit seinen Kindern angehängt
hatte (Urteil S. 8 ff.).

 Die Vorinstanz erachtet auch als erstellt, dass der Beschwerdeführer die Datei
"Grabschi.pdf" am 28. Juli 2009 um 03:21:08 Uhr auf die Webseite der A.________
AG lud. In Würdigung der Aussagen der Zeugen B.________ und C.________ gelangt
die Vorinstanz zum Schluss, dass die Änderungen an der Webseite von überall auf
der Welt und von jedem Computer vorgenommen werden konnten, sofern man über
Benutzername und Passwort verfügte. Der Beschwerdeführer habe am Abend des 27.
Juli 2009 oder Morgen des 28. Juli 2009 die Zugangsdaten der Webseite erhalten,
über die bisher nur der Beschwerdegegner 2 und B.________ verfügt hätten.
Letzterer habe am Abend des 27. Juli 2009 noch an der Webseite gearbeitet und
am 28. Juli 2009 gegen 10.00 Uhr nicht mehr darauf zugreifen können. Dies
beweise, dass im Tatzeitpunkt einzig das Passwort des Beschwerdeführers
zugelassen und nicht gleichzeitig mehrere Zugangsdaten aktiv gewesen seien. Der
Beschwerdegegner 2 habe am 28. Juli 2009 neue Zugangsdaten angefordert und
erhalten. Als der Beschwerdeführer festgestellt habe, dass er nicht mehr auf
das System zugreifen könne, habe er wiederum das Passwort verlangt. Daraus
schliesst die Vorinstanz, der Beschwerdeführer sei auf der Webseite aktiv
gewesen und habe Veränderungen vornehmen wollen. Ferner habe er über einen
externen Zugriff und die Software zur Bearbeitung der Webseite verfügt. Auch
die zeitliche Nähe zum Versand der Datei "Grabschi.pdf" an den Journalisten
spreche dafür, dass der Beschwerdeführer die Datei auf die Webseite geladen
habe. Die Täterschaft eines Dritten schliesst die Vorinstanz aus (Urteil S. 10
ff. und 18 f.).

 Die beantragten Beweismittel ändern nach Ansicht der Vorinstanz an dieser
Beweiswürdigung nichts. Gemäss Beschwerdeführer hätten vier Zeugen bestätigen
können, dass er im Tatzeitpunkt keinen Zugang zu den Örtlichkeiten der
A.________ AG hatte und auch andere Personen Zugriff auf den
"Web-Site-Computer" gehabt hätten. Da von überall auf der Welt auf die Webseite
habe zugegriffen werden können und die theoretische Möglichkeit einer
anderweitigen Täterschaft diese nicht automatisch wahrscheinlich mache, könne
auf die weiteren Zeugeneinvernahmen verzichtet werden. Auch eine "Spiegelung"
des Notebooks des Beschwerdeführers würde nichts am bisherigen Beweisergebnis
ändern. Selbst wenn die benötigte Software nicht auf dem Notebook installiert
wäre, bedeute dies nicht, dass der Beschwerdeführer die Datei nicht von einem
anderen Computer auf die Webseite geladen habe (Urteil S. 14 f.).

 Die Vorinstanz stellt fest, dass auch die Einvernahme von D.________ nichts am
Gesamtbild ändern würde. Dieser könne gemäss Beschwerdeführer bestätigen, dass
sie in der Tatnacht gemeinsam im Tessin waren, wo der Beschwerdeführer über
keinen Computer verfügt habe. Die Vorinstanz führt aus, es sei nicht bekannt,
von welchem Ort auf die Webseite zugegriffen wurde. Zudem sei unklar, ob jemand
während vier Stunden Änderungen vorgenommen habe oder ob die gesamte Webseite
neu geladen worden sei. Es sei irrelevant, wo sich der Beschwerdeführer
aufgehalten habe (Urteil S. 15 ff.). Angesichts des Beweisergebnisses müsse
nicht bis ins Detail nachvollziehbar sein, wie die Datei auf die Webseite
geladen wurde. Auf die drei beantragten Gutachten des
Telekommunikationsunternehmens könne verzichtet werden (Urteil S. 19).

1.1.3. Anfechtungsobjekt ist das Urteil des Obergerichts vom 17. April 2013.
Auf die Kritik des Beschwerdeführers am erstinstanzlichen Urteil ist nicht
einzutreten. Gleiches gilt hinsichtlich seiner Äusserungen zu den Pflichten
eines Untersuchungsrichters.

 Auf die Beschwerde kann weiter nicht eingetreten werden, soweit der
Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz habe seine Beweisanträge auf
Edition eines Berichts zur "Spiegelung" seines Notebooks und auf Einholung
eines Gutachtens zur EDV-Auswertung des Notebooks zu Unrecht abgelehnt. Er
setzt sich nicht mit den diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz auseinander
(Urteil S. 14 f., S. 19) und genügt damit den Begründungsanforderungen nicht
(Art. 42 Abs. 2 und 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68 mit Hinweisen).

 An der Sache vorbei geht der Einwand, es sei unzulässig, wenn die Vorinstanz
den Antrag auf Einvernahme von D.________ mit der Begründung ablehne, dieser
sei nicht glaubwürdig. Die Vorinstanz äussert sich nicht zur Glaubwürdigkeit
von D.________ (vgl. Urteil S. 16).

 Allgemein verkennt der Beschwerdeführer, dass das Bundesgericht keine
Appellationsinstanz ist, die eine freie Prüfung in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht vornimmt. Insbesondere reicht für die Rüge einer
willkürlichen (antizipierten) Beweiswürdigung nicht aus, wenn der
Beschwerdeführer zum Beweisergebnis wie in einem appellatorischen Verfahren
frei plädiert und darlegt, wie seiner Auffassung nach die vorhandenen Beweise
richtigerweise zu würdigen gewesen wären. So argumentiert er eingehend,
D.________ hätte bezeugen können, dass er zur Tatzeit nicht in der Lage gewesen
sei, die Datei auf die Webseite zu laden, womit er als Täter ausgeschlossen
werden könne. Ferner legt er dar, die vier weiteren Zeugen könnten bestätigen,
dass mehrere Personen auf das System hätten zugreifen und die Änderungen an der
Webseite vornehmen können, nicht jedoch er selbst. Der Beschwerdeführer zeigt
auf, welche anderen Personen ein Motiv für die Tat gehabt hätten, und kommt zum
Schluss, dass mehrere Personen, darunter der Beschwerdegegner 2 und dessen
Ex-Frau, als Täter infrage kämen. Hingegen setzt er sich nicht mit der
vorinstanzlichen Würdigung auseinander, wonach er im Tatzeitpunkt die einzige
Person war, welche die Zugangsdaten zur Webseite hatte. Dass eine andere Lösung
oder Würdigung auch vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt
praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51
mit Hinweisen).

 Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass bzw. inwiefern die antizipierte
Beweiswürdigung der Vorinstanz schlechterdings nicht mehr vertretbar sein
sollte. Sie durfte seine Beweisanträge ablehnen, ohne in Willkür zu verfallen.
Sein rechtliches Gehör ist nicht verletzt.

1.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe "diverse Verfahrensfehler"
begangen, legt jedoch nicht dar, inwiefern sie Recht verletzt haben soll. Auch
setzt er sich nicht mit ihrer Begründung auseinander (Urteil S. 13).
Hinsichtlich des Vorbringens, die Aussagen der Ex-Frau des Beschwerdegegners 2
dürften nicht gegen ihn verwendet werden, bleibt unklar, was konkret gerügt
wird. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG).

1.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe ihre
Begründungspflicht und damit sein rechtliches Gehör verletzt, indem sie die
Ablehnung seines Antrags auf Einvernahme von D.________ nicht, nicht genügend
bzw. falsch begründet habe. Die Rüge ist unbegründet (vgl. E. 1.1.2).

2.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
bundesgerichtlichen Kosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Oktober 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Andres

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