Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.443/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_443/2013

Urteil vom 18. Dezember 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Henzer,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Fahrlässige Tötung, Willkür, Verletzung des rechtlichen Gehörs,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer, vom 21. März 2013.

Sachverhalt:

A.

 X.________ wartete am 20. April 2010, um 17.30 Uhr, mit seinem Lastwagen
Skania R420 an zweiter Stelle hinter einem Personenwagen vor dem Rotlicht an
der A.________-Strasse in B.________. Er hatte seinen Lastwagen, der über
mehrere Kontrollspiegel verfügte, mit denen er die gesamte rechte Fahrerseite
und den Bereich des toten Winkels rechts vor dem Fahrzeug einsehen konnte,
zentimetergenau am rechten Strassenrand und rund 1.3 bis 1.5 Meter hinter dem
vor ihm wartenden Fahrzeug abgestellt. Von ihm unbemerkt überholte C.________,
geboren 1995, den Lastwagen während der Rotlichtphase mit seinem Motorfahrrad
rechts über das Trottoir und stellte sich anschliessend leicht quer zur
Fahrbahn unmittelbar vor dessen Front. C.________ wurde, als das Lichtsignal
auf grün wechselte, vom anfahrenden Lastwagen erfasst und überrollt. Er erlag
noch auf der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen.

B.

 Die Präsidentin III des Bezirksgerichts Zofingen sprach X.________ am 10.
Januar 2012 von Schuld und Strafe frei. Die Forderungen der Zivilkläger wies
sie ab. Auf Berufung der Strafkläger und der Staatsanwaltschaft hin erklärte
das Obergericht des Kantons Aargau X.________ mit Urteil vom 21. März 2013 der
fahrlässigen Tötung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 180
Tagessätzen à Fr. 100.--, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von
drei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 4'500.--, bei schuldhaftem
Nichtbezahlen umwandelbar in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Tagen.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er beantragt,
das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe
freizusprechen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung
und zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Vorinstanz hält dem Beschwerdeführer zunächst zugute, dass er bei der
Zufahrt zur Lichtsignalanlage alles ihm Zumutbare vorgekehrt habe, um zu
vermeiden, dass sich Verkehrsteilnehmer vor oder neben sein Fahrzeug stellen
können. So habe er bewusst keinen Abstand zum rechts neben ihm liegenden
Trottoir gelassen, um ein allfälliges Aufschliessen eines Velo- oder
Mofalenkers zu verunmöglichen, und habe auch zum vor ihm stehenden Fahrzeug nur
einen minimalen Abstand eingehalten. Er sei sich bewusst gewesen, dass sich
Fahrrad- und Mofafahrer mitunter verkehrsregelwidrig verhielten, indem sie
slalomartig überholten oder sich vor wartende Fahrzeuge stellten. Er habe die
seines Erachtens zur Vermeidung eines solchen Verhaltens erforderlichen
Schritte unternommen.

 Die Vorinstanz nimmt an, da der Beschwerdeführer an der betreffenden Kreuzung
ganz an den Trottoirrand habe fahren können, habe er seine Aufmerksamkeit in
erster Linie auf das Geschehen vor ihm, insbesondere auf den Fussgängerstreifen
und die Lichtsignalanlage, richten dürfen und habe das Geschehen hinter und
neben ihm nicht ständig im Blick halten müssen. Wegen der Lichtsignalanlage
habe er den Verkehr auf der Kreuzung aber nicht in einem Masse beobachten
müssen, wie dies auf Kreuzungen ohne Lichtsignalanlage der Fall gewesen wäre.
Es sei ihm deshalb ohne Weiteres zumutbar gewesen, auch regelmässige Blicke in
den Front- und Rückspiegel zu werfen (angefochtenes Urteil S. 8). Der
Beschwerdeführer habe insbesondere aufgrund des Umstands, dass es sich beim
Unfallort um eine stark befahrene, teilweise an ein Wohngebiet angrenzende
Innerortsstrasse mit Trottoir und Unterführung gehandelt habe, damit rechnen
müssen, dass Fussgänger und Fahrrad- oder Mofalenker die Strasse an seinem
Standort betreten bzw. befahren oder sich vor ihm einreihen könnten. Selbst ein
Überholmanöver, wie es vom Geschädigten vollzogen worden sei, sei angesichts
der herrschenden örtlichen Umstände nicht derart abwegig gewesen, dass damit
nicht hätte gerechnet werden müssen. Zwar habe sich der Geschädigte
verkehrsregelwidrig verhalten, indem er mit seinem Mofa den stehenden Lastwagen
rechts über das Trottoir überholt und sich vor diesem wieder eingereiht habe.
Dies habe den Beschwerdeführer jedoch nicht davon entbunden, sich vor dem
Losfahren mit einem Blick in den Frontspiegel zu vergewissern, ob die Fahrbahn
vor ihm tatsächlich frei war. Eine Sorgfaltspflichtverletzung könnte dem
Lastwagenlenker nur dann nicht zur Last gelegt werden, wenn sich mit Sicherheit
hätte ausschliessen lassen, dass er auch bei Aufwendung aller gehörigen und
zumutbaren Vorsicht einen im sichttoten Bereich seines Fahrzeugs verborgenen
anderen Verkehrsteilnehmer hätte erkennen können und er mit einem solchen
aufgrund der konkreten Verhältnisse auch nicht hätte rechnen müssen. Er habe
nicht unbesehen davon ausgehen dürfen, dass der nicht durch die Frontscheibe
überblickbare Raum vor seinem Lastwagen frei war, sondern hätte sich dessen vor
dem Anfahren vergewissern müssen. Dies gelte umso mehr, als er während der
Standphase dem neben ihm liegenden Trottoir bis auf gelegentliche Blicke in den
Seitenspiegel, keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt habe. Er habe daher
sorgfaltspflichtwidrig gehandelt (angefochtenes Urteil S. 9 f.).

1.2. Die erste Instanz hatte demgegenüber angenommen, der Beschwerdeführer habe
die ihm zumutbaren Vorkehrungen getroffen, um auszuschliessen, dass ein anderer
Verkehrsteilnehmer ihn rechts überhole und sich vor sein Fahrzeug stelle. Der
Geschädigte habe sich verkehrsregelwidrig verhalten, indem er auf dem Trottoir
an der Motorfahrzeugkolonne vorbeigefahren sei. Das Trottoir sei den
Fussgängern vorbehalten. Mit diesem verkehrsregelwidrigen und gefährlichen
Verhalten des Geschädigten habe der Beschwerdeführer nicht rechnen müssen. Er
habe deshalb keine Veranlassung gehabt, beim Wegfahren in den Frontspiegel zu
blicken. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass der Raum zwischen seinem
Lastwagen und dem vor ihm stehenden Fahrzeug frei war und habe dies nicht
überprüfen müssen (erstes instanzliches Urteil S. 7 f.).

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die Feststellung des
Sachverhalts. Er macht geltend, gemäss Unfallskizze habe die Kollision
frühestens drei Meter nach Anfahrt des Lastwagens stattgefunden und sei der
Geschädigte ca. 13 Meter nach der Anfahrt des Fahrzeugs überrollt worden.
Dieser sei mithin nicht unmittelbar beim Anfahren vom Lastwagen erfasst worden.
Dass der Geschädigte sich in die stehende Kolonne zwischen dem Lastwagen und
dem vor ihm wartenden Personenwagen eingereiht habe, sei somit nicht erstellt.
Die Kolonne habe sich vielmehr bereits in Bewegung gesetzt und der vor dem
Lastwagen wartende Personenwagen habe sich bereits entfernt gehabt, als es zur
Kollision gekommen sei. Nur so sei es dem Geschädigten möglich gewesen, sich
vor dem Lastwagen in die Lücke zu zwängen. Daraus ergebe sich, dass er (der
Beschwerdeführer) den Unfall mit einem Blick in den Frontspiegel nicht hätte
verhindern können. Dass er nicht in den Frontspiegel geblickt habe, sei daher
nicht adäquat kausal gewesen. Im Übrigen sei der Unfall aufgrund des Umstands,
dass der Geschädigte nur gerade eine halbe Sekunde sichtbar gewesen sei, bei
einer Reaktionszeit von 1 Sekunde auch nicht vermeidbar gewesen (Beschwerde S.
6 f.).

2.2. Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz kann gemäss Art. 97
Abs. 1 BGG nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h.
willkürlich ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne
von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann. Die Rüge der willkürlichen Feststellung des
Sachverhalts prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit,
als sie explizit vorgebracht und substantiiert begründet wird, inwiefern der
angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel
leidet (BGE 138 I 171 E. 1.4; 136 II 489 E. 2.8; 133 IV 286 E. 1.4; je mit
Hinweisen).

 Den kantonalen Instanzen steht bei der Beweiswürdigung ein weiter Spielraum
des Ermessens zu. Willkür gemäss Art. 9 BV liegt nur vor, wenn der angefochtene
Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren Beweiswürdigung beruht, d.h.
wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem
offenkundigen Fehler beruhen, oder wenn jene erhebliche Beweise übersieht oder
solche willkürlich ausser Acht lässt. Dabei genügt es nicht, wenn sich der
angefochtene Entscheid lediglich in der Begründung als unhaltbar erweist; seine
Aufhebung rechtfertigt sich nur, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist
(BGE 138 I 49 E. 7.1 und 305 E. 4.3; 138 V 74 E. 7; je mit Hinweisen).

2.3. Was der Beschwerdeführer gegen die tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz vorbringt, erschöpft sich weitgehend in einer appellatorischen
Kritik am angefochtenen Urteil, auf welche das Bundesgericht nicht eintritt.
Der Beschwerdeführer hätte substantiiert darlegen müssen, inwiefern die
Feststellungen des Kantonsgerichts offensichtlich unhaltbar sind und die
vorhandenen Beweise andere Schlussfolgerungen geradezu aufdrängen. Diesen
Anforderungen genügt seine Beschwerde nicht.

 Dies gilt namentlich, soweit sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt
stellt, der Geschädigte habe sich dynamisch in den Verkehr eingefügt und nicht
vor dem Lastwagen auf die Grünphase gewartet. Die Vorinstanz stützt sich für
ihren Entscheid u.a. auf die Aussagen des Zeugen D.________, der von der
Autobahn Richtung E.________ als erstes Auto vor dem Rotlicht im Linksabbieger
nach F.________ stand. Dieser gab an, er habe vor dem Lastwagen plötzlich einen
Mofa-Lenker gesehen, welcher sich in einem 30-Grad Winkel unmittelbar vor dem
Lastwagen befunden habe. Im Moment als er jenen wahrgenommen habe, sei der
Lastwagen angefahren und habe ihn überrollt. Der Mofa-Lenker habe sich
lediglich etwa eine halbe Sekunde vor dem Lastwagen befunden, bevor dieser
angefahren sei (Untersuchungsakten act. 23). Wie die Vorinstanz zu Recht
annimmt (angefochtenes Urteil S. 11), lässt sich aus diesen Schilderungen nicht
mit hinreichender Sicherheit auf einen dynamischen Geschehensablauf schliessen.
Jedenfalls ist dieser Schluss nicht schlechterdings unhaltbar. Insbesondere
lässt sich aus den Bekundungen des Zeugen D.________ auch nichts über die
Vermeidbarkeit ableiten, zumal dieser nach seinen Angaben nicht sagen konnte,
wie lange sich der Geschädigte vor dem Lastwagen befunden hatte. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht aus den Aussagen der Zeugin G.________. Nach ihren
Bekundungen hievte der Geschädigte, als die Kolonne stillstand, sein Mofa vor
ihrem Wagen auf das Trottoir. Als die Ampel auf grün geschaltet habe, habe sich
der Verkehr in Bewegung gesetzt und sei ca. 10 Sekunden später wieder stehen
geblieben (Untersuchungsakten act. 30). Dass sich die Fahrzeugkolonne gleich im
Anschluss an das Vordrängen des Geschädigten in Bewegung gesetzt hätte, lässt
sich ihren Angaben nicht entnehmen. Schliesslich sagte der Beschwerdeführer
selbst aus, der Geschädigte sei vermutlich via Trottoir neben seinem Lastwagen
vorbeigefahren und habe sich unmittelbar vor diesem aufgestellt
(Untersuchungsakten act. 20).

 Insgesamt beschränkt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf, den
bestrittenen Feststellungen seine eigene Sichtweise der Geschehnisse
gegenüberzustellen und noch einmal alle Einwendungen vorzubringen, die er im
kantonalen Verfahren erhoben hat. Es mag zutreffen, dass eine Würdigung der
Beweise, wie er sie als richtig ansieht, ebenso in Betracht gezogen werden
könnte oder gar vorzuziehen wäre, doch genügt dies nicht, um Willkür zu
bejahen. Die Beschwerde erweist sich demnach in diesem Punkt als unbegründet,
soweit sie überhaupt den Anforderungen an die Beschwerdebegründung genügt (BGE
138 I 49 E. 7.1 und 305 E. 4.3; 138 V 74 E. 7; 137 I 1 E. 2.4).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer macht in rechtlicher Hinsicht geltend, er habe seine
Sorgfaltspflichten nicht verletzt. Er habe bei der Zufahrt zur
Lichtsignalanlage alles ihm Zumutbare vorgekehrt, um zu vermeiden, dass sich
ein Verkehrsteilnehmer vor oder neben sein Fahrzeug habe stellen können. Da er
an der Kreuzung ganz an den Trottoirrand gefahren sei, habe er seine
Aufmerksamkeit in erster Linie auf das Geschehen vor ihm, insbesondere auf die
stark frequentierte Kreuzung, den Fussgängerstreifen und die Lichtsignalanlage
richten dürfen. Angesichts der konkreten baulichen Situation, insbesondere mit
einer Fussgängerunterführung, habe er nicht damit rechnen müssen, dass ein
Fussgänger die Strasse überqueren oder ein anderer Verkehrsteilnehmer
unmittelbar vor seinem Fahrzeug auftauchen könnten. Der Geschädigte habe sich
in krass verkehrswidriger Weise verhalten. Der Schluss der Vorinstanz, wonach
er mit einem solchen Überholmanöver habe rechnen müssen, verletze den
Vertrauensgrundsatz (Beschwerde S. 8 ff.).

3.2. Gemäss Art. 117 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft, wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht.
Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens
aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht
nimmt (Art. 12 Abs. 3 StGB). Die Unvorsichtigkeit ist pflichtwidrig, wenn der
Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen
persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 Satz 2 StGB). Ein
Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung setzt somit voraus, dass der Täter den
Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Dies ist der
Fall, wenn der Täter im Zeitpunkt der Tat auf Grund der Umstände sowie seiner
Kenntnisse und Fähigkeiten die Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte
erkennen können und müssen, und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten
Risikos überschritten hat. Wo besondere, der Unfallverhütung und der Sicherheit
dienende Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der
zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 135 IV 56
E. 2.1 S. 64 mit Hinweisen).

 Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter
mindestens in ihren wesentlichen Zügen vorhersehbar sein. Für die Beantwortung
der Frage, ob der Täter die Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte
erkennen können und müssen, gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss sein
Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den
Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder
mindestens zu begünstigen (BGE 135 IV 56 E. 2.1 S. 64 f. mit Hinweisen).
Weitere Voraussetzung für die Zurechnung des Erfolgs ist dessen Vermeidbarkeit.
Dabei wird im Sinne eines hypothetischen Kausalverlaufs geprüft, ob der Erfolg
bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Die
Fahrlässigkeitshaftung setzt voraus, dass das Verhalten des Täters mindestens
mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE
135 IV 56 E. 2.1 S. 65 mit Hinweisen).

3.3. Gemäss Art. 26 Abs. 1 SVG muss sich jede Person im Verkehr so verhalten,
dass sie andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert
noch gefährdet. Nach dem aus dieser Grundregel abgeleiteten Vertrauensgrundsatz
darf jeder Strassenbenützer, der sich selbst ordnungsgemäss verhält, sofern
nicht besondere Umstände dagegen sprechen, darauf vertrauen, dass sich die
anderen Verkehrsteilnehmer ebenfalls ordnungsgemäss verhalten, ihn also nicht
behindern oder gefährden (BGE 129 IV 39 E. 1 und 282 E. 2.2).

 Nach Art. 31 Abs. 1 SVG hat der Lenker sein Fahrzeug ständig so zu
beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Er muss
jederzeit in der Lage sein, auf die jeweils erforderliche Weise auf das
Fahrzeug einzuwirken und auf jede Gefahr ohne Zeitverlust zweckmässig zu
reagieren. Er muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden
(Art. 3 Abs. 1 VRV; BGE 127 II 302, E. 3c). Das Mass der Aufmerksamkeit,
welches vom Fahrzeugführer verlangt wird, richtet sich nach den gesamten
konkreten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen
Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen. Wenn
er sein Augenmerk im Wesentlichen auf bestimmte Stellen zu richten hat, kann
ihm für andere eine geringere Aufmerksamkeit zugebilligt werden (BGE 122 IV 225
E. 2b; 120 IV 63 E. 2a, mit Hinweisen). Der Fahrzeuglenker, der in den Phasen
des Stillstands im stockenden Kolonnenverkehr seine Aufmerksamkeit aus
irgendwelchen Gründen nicht ausschliesslich der Strasse und dem Verkehr
zugewandt hat, muss sich vor der Weiterfahrt besonders sorgfältig vergewissern,
ob sich die Verhältnisse zwischenzeitlich geändert haben, ob etwa ein Radfahrer
seitlich aufgeschlossen oder sich vor ihn geschoben hat (Urteil des
Bundesgerichts 6P.68/2006 vom 6. September 2006 E. 3.3.2).

 Gemäss Art. 34 Abs. 3 SVG hat der Fahrzeugführer, der seine Fahrtrichtung
ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des
Fahrstreifens, auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge
Rücksicht zu nehmen. Wer nach rechts abbiegen will, hat sich nach Art. 36 Abs.
1 SVG gegen den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die
Strassenmitte zu halten. Vor dem Wegfahren hat sich der Fahrzeugführer zu
vergewissern, dass er keine Kinder oder andere Strassenbenützer gefährdet (Art.
17 Abs. 1 VRV). Nach der Rechtsprechung besteht für den nach rechts abbiegenden
Fahrzeuglenker, der sich vorschriftsgemäss an den rechten Strassenrand hält und
nach rechts abbiegen kann, ohne zuvor brüsk zu bremsen oder nach der Gegenseite
ausholen zu müssen, keine Veranlassung, ihn vor dem Abbiegen auch zur
Beobachtung des nachfolgenden Verkehrs zu verpflichten, sofern er nicht selber
eine für andere Verkehrsteilnehmer unklare oder gefährliche Verkehrslage
schafft (BGE 127 IV 34 E. 2b).

3.4. Im zu beurteilenden Fall fuhr der Beschwerdeführer bei der Signalanlage
dicht an den rechten Strassenrand, so dass zwischen seinem Lastwagen und dem
Trottoir kein genügend freier Platz verblieb, um ihn rechts zu überholen (vgl.
Art. 42 Abs. 3 VRV). Insofern hat er Art. 34 SVG nicht verletzt. Die kantonalen
Instanzen werfen ihm denn auch nicht vor, dass er den nachfolgenden Verkehr
nicht beachtet hätte. Vielmehr wird ihm zur Last gelegt, dass er bei der
Grünphase losfuhr, ohne sich zu versichern, dass sich kein anderer
Verkehrsteilnehmer vor seinem Lastwagen platziert hatte. Dabei steht ausser
Frage, dass der Beschwerdeführer den Geschädigten aufgrund seiner den toten
Winkel ausleuchtenden Spiegel hätte sehen können, und für ihn somit keine
Veranlassung bestand, sich vom Sitz kurz zu erheben oder sich seitlich zu
verschieben (vgl. BGE 107 IV 55 E. 2c). Die Vorinstanz beruft sich in diesem
Zusammenhang zu Recht auf die Literaturmeinung, nach welcher
Lastwagenchauffeure immer damit rechnen und besonders darauf achten müssen, ob
sich rechts neben ihren Fahrzeugen, auch etwa vom Strassenrand oder dem
Trottoir herkommende Mofa- und Fahrradfahrer einschieben. Damit werde der den
Lastwagen immanenten Gefährlichkeit Rechnung getragen ( RENÉ SCHAFFHAUSER,
Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2002, N
775, S. 353). Dazu bestand im vorliegenden Fall auch deshalb Anlass, weil es
sich beim Unfallort nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz um
eine teilweise an ein Wohngebiet angrenzende Innerortsstrasse handelt, bei dem
mit einem vermehrten Aufkommen von Fussgängern und Fahrrad- bzw.
Motorfahrradverkehr zu rechnen ist.

 In der Tat muss von einem Lastwagenchauffeur, der vor einem Rotlicht hält und
anschliessend rechts abbiegen will, verlangt werden, dass er sich vor dem
Losfahren nach Umschalten der Signalanlage auf Grün vergewissert, ob sich nicht
ein Velo- oder Mofa-Fahrer während der Wartezeit vor der Ampel vor seinem
Camion eingeschoben hat. In jedem Fall muss er so langsam anfahren, dass ein
allenfalls vor ihm platzierter Verkehrsteilnehmer rechtzeitig wegfahren kann.
Indem der Beschwerdeführer lediglich das Geschehen auf der Kreuzung bei der
Lichtsignalanlage beobachtete und hin und wieder in die beiden Aussenspiegel
blickte, war seine Aufmerksamkeit einseitig fokussiert und damit nicht
situationsangemessen. Insofern hat der Beschwerdeführer sein Fahrzeug nicht in
dem von Art. 31 Abs. 1 SVG vorgeschriebenen Umfang beherrscht. Der Schuldspruch
wegen fahrlässiger Tötung verletzt daher kein Bundesrecht. Dies gilt umso mehr,
als der Beschwerdeführer während der Rotlichtphase seine Aufmerksamkeit nicht
in erster Linie auf den vortrittsberechtigten Verkehr auf einer Querstrasse und
auf Fussgänger auf einem Fussgängerstreifen richten musste, wie ein
Lastwagenlenker, der aus einem Stoppsack heraus nach rechts in eine
vortrittsberechtigte Strasse einbiegen will (vgl. BGE 127 IV 34 E. 3c/bb, S. 44
f.; vgl. auch 122 IV 225 E. 2c, S. 229). Dass sich der Geschädigte selber
verkehrsregelwidrig verhalten hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sein
Manöver war jedenfalls nicht derart aussergewöhnlich, dass damit schlechthin
nicht gerechnet werden müsste, und dieses wog nicht derart schwer, dass es als
wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolgs erschiene und das
sorgfaltswidrige Verhalten des Beschwerdeführers in den Hintergrund drängte.
Zudem hätte sich der Beschwerdeführer auch vor dem Lastwagen einreihen können,
wenn er nicht auf dem Trottoir überholt hätte, sondern wenn er sich etwa in den
Verkehr neu hätte einfügen wollen. Insofern steht sein Fehlverhalten nicht in
einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unfall, wie in einem Fall, in welchem
ein Mofa-Lenker dem vortrittsberechtigten Lastwagenchauffeur in krass
verkehrswidriger Weise den Weg abschneidet (BGE 122 IV 225 E. 2c, S. 30).

 Die Beschwerde erweist sich daher auch in diesem Punkt als unbegründet.

4.

4.1. Der Beschwerdeführer rügt, dass die Vorinstanz das Berufungsverfahren
schriftlich geführt habe. Aufgrund der Ausdehnung des Verfahrens auf Sachfragen
hätte die Vorinstanz ein mündliches Verfahren durchführen müssen. In jedem Fall
habe sie sich nicht genügend mit seiner Berufungsantwort auseinandergesetzt und
damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Beschwerde S. 11 ff.).

4.2. Die Verfahrensleiterin erachtete die Anwesenheit des Beschuldigten nicht
als erforderlich. Sie nahm davon Vormerk, dass alle Parteien mit der
schriftlichen Durchführung des Berufungsverfahrens einverstanden waren und auf
eine Verhandlung und eine mündliche Urteilseröffnung verzichtet hatten.
Demgemäss ordnete sie mit Verfügung vom 5. Oktober 2012 die Durchführung des
schriftlichen Verfahrens an (Berufungsakten [nicht pag.]; angefochtenes Urteil
S. 5 Ziff. 5). Der Beschwerdeführer hatte zuvor mit Schreiben vom 17. September
2012 an die Verfahrensleiterin einer allfälligen Anordnung des schriftlichen
Verfahrens zugestimmt (Berufungsakten [nicht pag.]).

4.3. Gemäss Art. 406 Abs. 2 StPO kann die Verfahrensleitung mit dem
Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren anordnen, wenn die
Anwesenheit der beschuldigten Person nicht erforderlich ist (lit. a) und wenn
Urteile des Einzelgerichts Gegenstand der Berufung sind (lit. b).

4.4. Die Durchführung des schriftlichen Verfahrens verletzt kein Bundesrecht.
Die Vorinstanz hat dieses Verfahren im Einverständnis der Parteien gemäss Art.
406 Abs. 2 StPO angeordnet. Ausserdem bildete ein Urteil eines Einzelgerichts
Gegenstand der Berufung. Eine Ausdehnung des im Sinne von Art. 406 Abs. StPO
auf die Beurteilung von Rechtsfragen beschränkten schriftlichen Verfahrens auf
die Überprüfung von Sachfragen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_634/2012 vom
11. April 2013) liegt hier nicht vor. Inwiefern die Vorinstanz den Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt haben soll, wird aus der Beschwerde nicht
ersichtlich.

 Die Beschwerden ist auch in diesem Punkt unbegründet.

5.

 Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Bei diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Dezember 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Boog

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